„Liebe Frau Mutti“, schrieb die Klecksefrau, „ich hab mir da was ausgedacht. Magst du nähen?“

„Klar!“, dachte und mailte ich und bekam ein niegelnagelneues Ebook und eine Einladung der Klecksefrau, das Ebook doch direkt bei ihr zu testen, damit Ausreden wie „ich hab keinen Stoff“ oder „Reissverschlüsse kann ich nicht“ überhaupt keine Chance haben. (Woher kennt sie mich so gut?)
Ich nahm die Einladung an und kaufte eine Zugfahrkarte.
Am Rosenmontag fuhr ich von Mainz über Köln nach Düsseldorf, dort durfte ich umsteigen. Mit nur einem Zug nahm ich sozusagen an allen drei großen Fastnachtsumzügen teil und ich darf Ihnen verraten: das war kein Vergnügen. Im IC wurde (feucht)fröhlich gefeiert, in der Regionalbahn zum Zielbahnhof boten witzige Jugendliche in Tierkostümen der „netten, älteren Dame“ (huust) „ein Schlückchen Schampus“ (= Rotkäppchensekt) an. Im Nachhinein ist es lustig, im Zug war ich nur noch genervt. Blöde Sauferei, blöde.

Bei der Klecksefrau kam dann die große Erholung. Bekocht werden und sich um nichts kümmern müssen, ein kleiner Urlaub bei lieben Menschen. Einen Ausflug über die niederländische Grenze war im Urlaubspaket enthalten, die schokoladenfastende Familie steht jetzt einer großen Versuchung in Form einiger Packungen Schokostreusel und -flocken gegenüber. Für mich gab es etliche Meter hübschen Stoffes und glauben Sie mir, es muss das Paradies sein, einmal wöchentlich einen Stoffmarkt vor der Tür zu haben.
Ich erstand allerfeinsten Cordstoff für drei Röckchen, für die Tochter, Oma Eis und mich.
Und weil diese Ganglion-Sache noch immer nicht ausgestanden ist (und möglicherweise sogar etwas anderes ist), dehnte ich den Urlaub ein ganzes Stück weiter aus und ließ die Fachfrau für mich arbeiten.

Ich lernte, wie man perfekt einen Reissverschluß einnäht

und dass es nicht schlimm ist, wenn der Differentialtransport der Overlockmaschine die Taschen einkräuselt,

denn dann zaubern die keinen dicken Hintern, sondern lassen sich sauber umklappen und annähen.

Ich lernte, dass Vlieseline durchaus nützlich, dass Bügeln zwar lästig aber sinnvoll und der Gebrauch von vielen Stecknadeln nicht peinlich ist.

Vom Zuschnitt bis zum fertigen Rock vergingen knapp zweieinhalb Stunden und hätte die Klecksefrau nicht dauernd Fragen beantworten und „warte mal kurz, ich will das fotografieren“-Geduld beweisen müssen, wäre sie wahrscheinlich noch eine halbe Stunde früher fertig gewesen.

So sieht er aus, mein neuer Rock, aus streichelzartem Stenzo-Cord, nach dem Rockschnitt
„Jeanie“, das es ab 21. Februar bei Farbenmix als Ebook geben wird.
Und so sieht er aus, wenn er mein gebärfreudiges Becken in Größe 42/44 umschmeichelt.

Auf dem Tisch meines Nähzimmers liegt der Zuschnitt eines weiteren Rockes, diesmal für die Tochter und deshalb deutlich kleiner (vorsichtshalber hat diesen Zuschnitt auch noch die Klecksefrau übernommen :)) und morgen muss Oma Eis entscheiden, ob ihr der Cord, den ich ihr mitgebracht habe, gefällt. Danach muss nur noch spontan meine Hand heilen und es gibt kein Halten mehr. Der Sommer wird rocken.

Falls Sie wissen wollen, welches Lied mir beim Schreiben dieses Artikels im Kopf herumdudelte (wahrscheinlich ahnen Sie es sowieso), bitte sehr:


Falco – Jeanny von sayit

Und zum Schluss auch an dieser Stelle: Liebe Uschi, herzlichen Dank für Kost, Logis, lehrreiche Stunden und den vielen Spaß, den ich mit Dir und bei Euch hatte.

13 Kommentare zu “Nähen … lassen. (und ein bißchen mehr)”

  1. FloVoCasa sagt:

    Ohhh der wird sofort gemerkt! ISt sehr schön geworden Dein Röckchen und von einem gebärfreudigen Becken ist da gar nix zu erkennen ;)

    LG Yvonne

  2. Jeanie sagt:

    Schönes Röckchen und wie immer so wunderbar geschrieben, daß ich fast meinen könnte, ich sei dabei gewesen *g* Ausgesprochen schade, daß ich das Röckchen mit meinem Namen niemals tragen kann (Nicht nur, weil ich absolut nicht nähen kann, sondern eher wegen meiner etwas arg ausladenden Figur.. :-(( )

    Aber am Allerschönsten: Das Lied am Ende ;-) Dankeschön dafür :-D

    Ich wünsch Ihnen so sehr gute Besserung für Ihre Hand!!

  3. claudia sagt:

    Ein wunderschöner Rock!
    Muss man sich wohl merken.
    Und sieht auf dem Foto höchstens wie 36/38 aus !!!!

    LG Claudi

  4. Andrea sagt:

    Ich habe den Rockschnitt schon bei der Klecksefrau gesehen. Der sieht toll aus. Hach ja, wenn man nähen könnte. Ich werde mal meine beste Nähfreundin drauf ansetzen, wenn der Schnitt im Shop ist :-).
    Liebe Grüße und eine schöne Woche,
    Andrea

  5. Uschi sagt:

    Hach…nun fühle ich mich aber arg geschmeichelt…ich – „Fachfrau im Paradies“. Klingt schön, allerdings hast du vergessen, dass mich das Paradies vor der Haustüre leider auch viel zu oft in Versuchung und damit in den Ruin bringt bzw. bringen kann. Meine Zurückhaltung beim Stoffkauf beruht daher nämlich nur auf jahrelangen Hamsterkäufen, die sich nun die Mäuse einverleiben:-(

    Für mich war das gemeinsame Nähen viel spaßiger, so angeregte Unterhaltung habe ich selten in meinem Kämmerchen. Und wie wir ja schon feststellten für das fotografische Festhalten diverser Nähschritte ist eine „dritte Hand“ sehr hilfreich!

    Ich freue mich, dass es dir bei uns wieder mal gut gefallen hat, vielen Dank für deinen lieben Besuch!

    Liebe Grüße

    Uschi

    Und das Röckchen ist toll – sagte ich das schon? :-)

  6. Marie Sturm sagt:

    Oooooooooh! *neidischseufz* Einen wöchentlichen Stoffmarkt vor der Tür, das hätte ich auch gern! Bei uns kommt der „Stoffmarkt Holland“ zweimal im Jahr vorbei und dann bin ich jedes Mal hoffnungslos überfordert von der Auswahl!

    Der Rock ist toll geworden! Sehr schöner Schnitt!

    Ich drücke die Daumen, dass das Ganglion sich nicht zu was anderem verpuppt und dem baldigen Power-Nähen nichts im Wege steht.

    Herzlichst
    Marie

  7. Marion sagt:

    Der Rock ist superschön an Ihnen, liebe Frau ähh..Mutti
    Groartig geschrieben. Sie haben viele Talente und machen den Lesern damit viel Freude.

  8. Frau Nordlicht sagt:

    Hach,
    der sieht schön aus, Ihr Rock (und nun wirklich nicht wie Größe 42/44 – fällt auch wahrscheinlich nur groß aus – der Schnitt!!). Der Termin 21.02. ist gespeichert, ausreichend Stöffchen liegen im Regal, vielleicht klappts ja noch bis zum Urlaub im März mit einem neuen Rock.
    Für das Gangliom, das evtl. keines ist, wünsche ich gute Besserung!
    Liebe Grüße wünscht Frau Nordlicht

  9. Frau_Mahlzahn sagt:

    Uaaah, ich h.asse dieses Lied!

    Aber der Rock ist echt schön, ;-).

    So long,
    Corinna

  10. barbara sagt:

    wenn denn bei mir der schnitt in 42/44 wirklich passen sollte(*daumendrück*) dann werde ich nienienie wieder jammern: „ich bin zu dick“

    eine bessere werbung für den schnitt kann es gar nicht geben!!

  11. Steffi sagt:

    Liebe Frau Mutti!
    Der Rock steht ihnen hervorragend!
    Dieses Kompliment und liebe Grüße von einer anderen „netten, älteren Dame“ (Haha, also wirklich. Die Jugend!)
    :-)

  12. Wiebke sagt:

    Es erstaunt mich immer wieder wie unterschiedlich die Geschmäcker sind. Ich würde NIE, NIE so einen Rock anziehen, aber Ihnen steht er sehr gut :o) Gottseidank gibt es für jeden Topf den Deckel. Ich bin mehr der Totenkopf-Shirt Träger mit irgendwelchen Jeans… ;o)

  13. minibar sagt:

    Also echt, am Rosenmontag den Rhein hochfahren, das war keine gute Idee ;-)
    Aber der Rock sieht echt super aus. Also hat sich der heroische Einsatz doch gelohnt.