Vor sieben* Jahren war ich zum letzten Mal schwanger. Ungeplant.

In der elften Woche endete die Schwangerschaft, nach Blutungen und einem unguten Gefühl. Auf dem Ultraschall war kein Herzschlag mehr zu sehen. Daheim gab ich meinem Körper die Erlaubnis loszulassen. Es dauerte zwei Stunden, voller Krämpfe und bitterer Tränen,dann war es vorbei.

Im Garten gibt es ein klitzekleines Grab. „Das Kind, das zu früh geboren ist, liegt da.“, sagen die Kinder.

Gestern, als wir die Erinnerungskisten durchwühlt haben, fiel mir der Mutterpass in die Hände. Ein Ultraschallbild. Mehr ist nicht geblieben. Aber es schmerzt, immer noch, immer wieder. Gerade jetzt, Ende Januar, Anfang Februar.

Das Schlimmste ist vielleicht, dass ich mich so allein fühle in meinem Kummer. Für den besten Vater meiner Kinder ist die „Sache“ erledigt, weit weg. Hat nicht sollen sein, vielleicht besser so, es gibt ja auch drei gesunde Kinder. Die hinreissenden Bestien … sind fasziniert von der Geschichte. Wollen im „Wie ein Kind entsteht“-Buch sehen, wie klein das Kind war und wollen wissen, warum es nicht weiterleben konnte.

Für mich ist es immer präsent, der Schmerz, das „was wäre wenn“, der Verlust, das „Warum?“, der Zorn und die Leere. Aber weinen tue ich nur, wenn keiner dabei ist, denn sollte ich nicht langsam geheilt sein? (nein.)

(es gab ein par Fehlgeburten in meinem Leben, doch diese letzte … die hat mir hinterrücks in die Kniekehlen getreten.)

*Korrektur: acht Jahre. 2001.

24 Kommentare zu “Das verflixte 7*. Jahr – anders”

  1. Lakritz und Schokolade sagt:

    Verdammt, ich hab was im Auge.
    In beiden.
    *reib*

    Der Gutschein wird seinen großen Moment bekommen, sagt mir mein Urin, bald.

  2. IneS. sagt:

    *einfachnurindenArmnehmunddrück*

    Ohne Worte.

  3. Jac sagt:

    „Trauerst Du noch immer um Dein Kind?
    Ja, mein Kind ist ja auch immer noch tot.“

    Liebe Frau Mutti,

    für Traurigkeit gibt es kein Ablaufdatum. Manchmal zieht es mir auch heute noch, nach bald 9 Jahren, den Boden unter den Füssen weg, wenn mich die Erinnerung an David von hinten links erwischt.

    Gestehen Sie sich zu, traurig zu sein, und zwar nicht nur, wenn’s keiner sieht, sondern gerade eben auch dann, wenn es alle sehen.
    Schlimmer nur als tot sein ist totschweigen.

    Darf ich Ihnen ein paar Tempos reichen?

    Liebe Grüsse, Jacqueline

  4. Ingrid. (Für Frau … äh … Mutti.) « Lakritz und Schokolade sagt:

    […] Januar 2009 von Lakritz und Schokolade Dieser Beitrag von Frau … äh … Mutti hat mir gerade die Augen nass gemacht und ihre Bemerkung über […]

  5. ami sagt:

    ich denk an sie.

  6. Monika sagt:

    Hmpf.

    ‚Der Grashalm wächst nicht schneller wenn man daran zieht‘ (unbekannte Quelle)

    Das steht auf dem Schaufenster des Beerdigungsinstitutes das wir mit der Bestattung meiner Schwester betraut hatten. Jedesmal wenn mich die Trauer wieder anspringt denke ich an diesen Satz und gestehe mir zu dass ich noch immer (4.5 Jahre seither) hadere, trauere, heule, mich erinnere. Und werde es mir auch in 10 oder 20 Jahren noch zugestehen, die Erinnerung an sie mag zwar verblassen mit der Zeit und die Trauer weniger hart zuschlagen, einfach weil Zeit vergangen ist, aber ich muss (und kann) das nicht ‚abstellen‘. Sie auch nicht.

  7. Judith sagt:

    Ich habe im letzten Jahr unser erstes Baby verloren. Ende der zwölften Woche nach einer sehr schweren Schwangerschaftszeit. Allerdings war es bei mir ohne Blutungen oder irgendwelche Anzeichen.
    Es war einfach irgendwann tot. Ganz still und leise.
    Es vergeht kein Tag an dem ich nicht an es denke und an dem es nicht weh tut das Baby verloren zu haben.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass man irgendwann „geheilt“ ist. Es ist ja nun nicht so als wär es die Lieblingssocke gewesen die da auf einmal kaputt gegangen ist. Es war ein kleiner Mensch. Winzig zwar aber lebendig…

    Liebe mittrauernde Grüße,
    Judith

  8. zwockel sagt:

    Liebe Frau Mutter,

    ich bin gerade auf deine Seite gestossen und musste ersteinmal schlucken. Ich kann nicht sagen, dass ich es annähernd nachempfinden kann was du durchmachst.
    Ein Kind zu verlieren, egal zu welcher Zeit, reißt einem das Herz raus. Und es braucht viele Pflaster um den schmerz zu ertragen und zu leben. Da heilt auch die Zeit keine Wunden.

    Ich drücke dich ganz dolle.

    Liebe Grüße
    Martina

  9. tanja sagt:

    Warum solltest Du Dein Kind vergessen müssen?

    *drück*

  10. Gabi K sagt:

    ja… frau vergisst es nicht. Es taucht immer wieder mal auf und tritt noch mal nach in die Kniekehlen…

    LG
    Gabi K

  11. steffi sagt:

    sowas vergißt frau leider nie und mann hat es einfach nicht gesehen, keine veränderungen seines körpers gespürt, keine schwangerschaftshormone produziert und dann geht das vergessen einfach leichter. ist bei uns auch so…

    fühlen sie sich feste umarmt

  12. Corinna sagt:

    Liebe Frau .. äh … Mutti,

    wie gut verstehe ich Sie und trauere mit Ihnen. Mir ging es ganz genauso, am 22.11.07. Nur leider hatte das ganze außerdem ein chirurgisches Nachspiel. Fast täglich habe ich es derzeit außerdem vor Augen, weil ich den Mutterpass immer wieder in der Hand halte, denn ich erwarte in den nächsten Tagen glücklicherweise eine Tochter. Aber sie wird immer mein „drittes“ Kind bleiben, nicht das zweite..

    Viele liebe tränenfeuchte Grüße
    Corinna

  13. smila sagt:

    *schluck*

  14. Ringelstruempfe sagt:

    Eben.

    *in-den-Arm-nehm*

  15. Andrea sagt:

    Ich drücke Sie auch ganz feste!

  16. Anna sagt:

    Liebe Frau … äh…Mutti,
    ich fühle mit Ihnen. Meine kleine Tochter wird in diesem Jahr 5. Eigentlich wären es 2 Geburtstagskinder, aber der Zwilling ist damals nicht mit ihr gewachsen, plötzlich war er (wieso er? Ich fühl mich so…) einfach nicht mehr bei ihr. Sie hat ganz lange immer an der rechten Seite der Gebärmutter gelegen, wie um ihm Platz zu machen…
    Und obwohl die Schwangerschaft noch nicht weit fortgeschritten war, obwohl ich nicht blutete und nix krampfte,obwohl ich zumindest ein süßes Baby im Arm hatte, tut es immer mal wieder weh. So wie jetzt, wenn ich plötzlich ganz nah dabei bin.
    Alles Liebe von Anna

  17. eva sagt:

    liebe frau mutti,
    egal, wie lang der verlust eines geliebten menschens(leins) her ist, egal, ob 7, 11 oder 5467 wochen alt-
    es tut immer weh!
    mein mann hat genau so reagiert…sie erleben es eben nicht am eigenen leib. ich mache ihm da keinen vorwurf!
    am 1.februar 2004 ging unsere eigentliche nr. 2, meine eigentliche nr. 3. eigentlich wären es heute 5, und nr. 1 wäre jetzt fast 15 jahre alt.
    ich hätte gern ein grab im garten von beiden, obwohl nr. 1 nicht gewollt war!
    ich finde das gut, und ich finde es bewundernswert, dass Sie da so offen mit ihren kindern umgehen. (so liest es sich jedenfalls)
    mein vater ist auch schon tot, der starb am 4. februar 84, und dessen grab gibt es schon gar nicht mehr. obwohl ich nie hinging, finde ich es verdammt schwer zu wissen, dass es nun nirgendwo mehr einen ort gibt, wo ich hingehen KÖNNTE, falls mir mal danach ist.
    ich hab beschlossen, ich geh „einfach“ in mein herz hinein, wenn ich mich mit ihm treffen möchte.
    und das tun Sie genau so. das ist genau richtig!

    wir frauen machen schon was mit in einem frauenleben!

    es ist heut ein herrlicher tag, geniessen wir ihn einfach.

    lg eva
    p.s. ich trau mich ja eigentlich grad gar nicht zu kommentieren ;)

  18. Michaela sagt:

    Hallo Frau.. äh… MUtti..

    das „komische Gefühl“ des Verlustest kenn ich leider auch… Anfang April dieses Jahres würde mien Mädchen 18 Jahre werden. Sie durfte /konnte nur 32 Woche in meinem Bauch leben.

    LG MIchaela

  19. Bine sagt:

    Ja, ich auch Frau Mutti, nach 19 Jahren noch. Oft denke ich, heute würde ein Kind nach der 25. Woche vll. überleben können. Es tut weh, besonders am 2. Januar und ich vermute, es wird immer weh tun.

    Mit Ihnen fühlende Grüße

    Bine

  20. Al sagt:

    Ach Mann, Frau Frau …äh… Mutti,

    schlimmschlimmschlimm.

    Ich fühle mit Ihnen. Ehrlich.

  21. Lobo sagt:

    Tja,

    das ist doch der Segen des Internets.
    Einfach die Sorgen von der Seele schreiben und plötzlich merkt man, das das was man durchmacht garnicht so außergewöhnlich ist, das es da draussen Menschen gibt, die ähnliches erfahren haben und genauso denken.

    Bist du sicher das dein Mann das „abgehakt“ hat ?
    Männer tun nämlich oftmals so, als wären sie ganz hart und gefühllos,um den sprichwörtlich „harten Mann“ zu spielen und die kräftige Schulter zu sein an der Frau sich ausweinen kann. Im Innern brodelt es aber und wenn keiner zusieht wird (zB beim Bloglesen) eine kleine Träne aus dem Augenwinkel gedrückt.

    Ich hab mal bei einem sog. Lebensseminar mitgemacht, da hab ich gesehen was Mann so alles ruterschluckt und verdrängt.Vor allem bei mir selbst …

  22. DüneSieben sagt:

    Ach Mist, ja. Ich habe da auch noch eine Geschichte „auf Lager“. Aber ich habe nicht den Mut, wie Sie. Noch nicht. Aber ich bin angestupst. Danke dafür.
    (Und alles Gute!)

  23. Minerva sagt:

    Oh.

    Diese Gefühle werden nie vergehen, aber mal schwächer und mal stärker unsere Gedanken und unser Leben beeinflussen. Ich wünsche… was eigentlich? Vielleicht, das wir alle lernen, damit zu leben und nicht daran zu Grunde zu gehen.

  24. lesebrille sagt:

    Ja, ich denke immer noch daran, mal mehr, mal weniger. Manchmal überlege ich, was wäre wenn…. Wie würde ich/wie heute leben ? Und überhaupt, wohin sind die 19 Jahre hin ? Ich leg mal eine Grübelrunde ein.