ruinöse Erziehungsmethoden
11. April 2013
„Weißt du, Mama“, sprach der große Sohn heute morgen, „dass ihr damals mit uns in diese Ruine* gezogen seid, war ein ganz großes pädagogisches Element eurer Erziehung. So sind wir nämlich von klein auf an sämtliche handwerklichen Tätigkeiten und Werkzeuge herangeführt worden.“ Zwinkerte und verschwand in die Schule.
Den ganzen Tag denke ich schon darüber nach, denn unsere Ruine* hat uns neben Geld auch viel Zeit und Nerven gekostet. Zeit und Nerven zu Lasten der Kinder, die mit müden, angestrengten Eltern zurechtkommen oder im totalen Renovierungschaos leben mussten. Ich schrieb irgendwann bereits darüber, wiederhole es aber, weil es hier so schön reinpasst, noch einmal: als wir vor ziemlich genau vierzehn Jahren in die Ruine* zogen, war das Kinderzimmer der einzige, fertige Raum. Nach und nach, im Laufe dieser vierzehn Jahre, eroberten wir die Ruine und zogen von Zimmer zu Zimmer, wieder zurück und kreuz und quer, Sie lasen ja bisweilen über unsere Hau-Ruck-Zimmertausch-Aktionen. Jede einzelne, so spontan sie auch war, führte letztlich zu einer Verbesserung unserer Wohnsituation, weil neue Bedürfnisse damit gestillt wurden. Aber jede Renovierung brachte auch Chaos, Frustration und Erschöpfung mit sich. Offensichtlich haben die Kindelein das aber ganz gut weggesteckt oder der große Sohn hat mein Talent geerbt, Dinge schönzureden.
Eine neue Renovierung steht an. Eigentlich sollte es nun endlich das Dach sein, doch als der beste Vater meiner Kinder neulich das Kartoffelfeld umgrub, tat sich vor ihm im wahrsten Sinne des Wortes der Boden auf. Unser Kartoffelfeld ist über einem Gewöbelkeller, der von der Straße aus einen Zugang hat. Im Zugang der Straßensanierung vor ein paar Jahren haben sich im Eingang zum Kellergewölbe einige Steine gelockert. Mal abgesehen vom Glück im Unglück, hätte der beste Vater meiner Kinder ja auch einfach in das entstandene Loch fallen können, ist die ganze Sache ziemlich blöd. Und mit blöd meine ich Scheiße. Wir wissen zwar noch nicht, in welchem Umfang die Sanierungsarbeiten laufen müssen oder was sie kosten, sie bringen aber meine/unsere gesamte Hausplanung durcheinander. Angefangen damit, dass ich vielleicht keine Kartoffeln setzen kann und endend hoffentlich nicht mit der Hiobsbotschaft, dass das tragende Gewölbe des Kellers in Mitleidenschaft gezogen ist.
Kurze Beschreibung?
Wir haben zwei Gewölbekeller. Über den größten Teil des einen Kellers wurde die Grüne Villa gebaut, er führt bis zur Mitte des oberen Gartenstückes. Wir nutzen ihn nur zur Lagerung von Sommer- bzw. Winterreifen, denn – wie es sich für einen echten Weinkeller gehört – er ist kühl und feucht. Bei langanhaltendem Regen fließt ein Bach hindurch.
Der zweite Gewölbekeller liegt neben unserem Haus. Er ist nur von der Straße aus zugänglich, durch ein Tor mit zwei Flügeln. Neben dem Eingang zum Gewölbekeller gibt es ein sehr schmales Gartentürchen, das über/auf den Keller führt. Über dem Keller, der nicht ganz unterirdisch ist (ein Halbgeschosskeller quasi, falls Ihnen das bei der Vorstellung hilft) liegen knapp zwei, drei Meter hoch Erde. Mein Kartoffelfeld. Zur Straße hin ist dieses Gartenstück mit einem lächerlichen Mäuerchen abgegrenzt, also gut drei Meter über Straßenniveau. Zwischen Mäuerchen und Eingang zum Keller klafft das Loch. Es besteht somit die Gefahr, dass das Mäuerchen zusammen mit ein bißchen viel Erde auf die Straße rutscht. Hoffentlich nicht auf einen Fußgänger, der gerade vorbeigeht und sowieso schon Kopfschmerzen hatte.
Den Keller selbst nutzen wir nicht. Uralte Autoreifen vom Vorbesitzer liegen noch darin und ein bißchen Winzermüll, angefangen von alten Stickeln bis hin zu großen Glasballons, in denen hoffentlich nur sehr alte Hefe schwappt. Ich war noch nie ganz drin, doch der beste Vater meiner Kinder behauptet, dass das Gewölbe stabil sei. Und der Keller eigentlich hübsch ist. Nun ja.
Vor Jahren hatten wir die Idee, den Keller einstürzen zu lassen. Also das Gewölbe irgendwie zu zerstören und mitsamt der darüberliegenden Erde in den Keller rauschen zu lassen. Wahrscheinlich wäre das ungefähr auf Straßenniveau herausgekommen und wir hätten endlich einen gescheiten Zugang zu unserem Garten bekommen. Und vielleicht einen Stellplatz für unser Auto. Da wir aber am Hang leben und das Nachbarhaus unter uns liegt und sich obendrein äußerst vertrauensvoll an den Keller schmiegt (und zudem nur ein halbes Haus ist. Wirklich, ein halbes Haus. Malen Sie ein Haus auf ein Papier und falten sie es längs in der Mitte. So sieht das Nachbarhaus von vorne aus.), besteht die Gefahr, dass das Haus gleich mit in den Keller fällt. Mit Rücksicht auf die Nachbarn und deren drohende Obdachlosigkeit verwarfen wir den Plan. (noch bevor wir überhaupt Erkundigungen über das Finanzielle eingeholt hatten.)
Nun, da der Keller oder zumindest der Eingang, schwächelt, treten diese Überlegungen wieder in den Vordergrund. Und wütend bin ich auch, weil diese beknackte Straßensanierung mir erneut die Pläne durchkreuzt. Damals legten wir die Dachsanierung als Eigenbeteiligung auf die Straße, jetzt beseitigen wir, mit neu Angespartem, damit aus der Sanierung entstandene Schäden, die sich leider nicht als solche nachweisen lassen. Mist, blöder.
Und da ich es nicht ändern kann, werde ich es wohl mit Humor nehmen müssen. Mich auf künftigen Blogcontent freuen und mich damit trösten, dass offenbar sämtliche Renovierungen/Sanierungen an und rund um die Grüne Villa dazu beigetragen haben, dass ich meine Kinder als ziemlich gut gelungen bezeichnen kann. Wenn das mal kein Trost ist.
(falls irgendwelche PR-Menschen einer Dachsanierungsfirma hier mitlesen: wir sind sehr gerne bereit, einen Langzeittest zu wagen. Derzeit liegen fiese Eternitplatten auf einem schmächtigen Dachstuhl. Angeblich soll es Platten geben, die kein Asbest spucken, wenn sie löchrig werden und die man toll ersatzweise auf den vorhandenen Dachstuhl legen kann. Melden Sie sich, nur keine Hemmungen.)
*Ruine ist nur eine andere, womögliche realistischere Bezeichnung der Grünen Villa
11. April 2013 um 18:19
Wie wär es damit, diesen Keller einfach mit Bauschutt zu verfüllen und den Eingang nett zu vermauern? So richtig nutzbar ist das Teil ja doch nicht mehr…
11. April 2013 um 18:21
Viktor, welcher Bauschutt? Soll ich den kaufen? Oder von irgendwem liefern lassen? :) Ausserdem scheint erstmal nicht der Keller das Problem, sondern der Eingang hinein.
11. April 2013 um 18:32
Es gibt genügend Leute die Geld bezahlen um ihren Bauschutt loswerden zu dürfen… aber hilft ja tatsächlich nix wenn der EIngang das Problem ist… ;-)Vielleicht findet sich im äääh… virtuellen (weil nicht vorhandenen) Bauschutt noch nettes Ziegelmaterial, mit denen man den EInang vermauern kann…? (Und was will mir mein Hirn sagen, wenn ich eben erst mal von Ziegenmaterial schreiben wollte?? ;-) )
Liebe Grüße
Katha
11. April 2013 um 20:32
Liebe Frau Mutti,
was der Herr Sohn da gesagt hat, kann ich als „renovierungsgeschädigtes“ Kind meiner Eltern nur bestätigen! Und auch meiner Mutter tut es auch heute (30 Jahre nach Renovierungsbeginn) noch leid, dass wir „armen“ Kinder die Renovierung inklusive gestresste Eltern ertragen mussten.
Mittlerweile ist meine eigene Tochter in dem Alter, in dem ich war, als es mit der Renovierung losging, und wir denken über einen Hauskauf nach.
Nach Murphy wird wahrscheinlich unsere Tochter uns dann später vorwerfen, dass ihre Eltern ständig gestresst waren und nie Zeit für sie hatten :-D.
Liebe Grüße
Frau Frosch
11. April 2013 um 21:46
Oh, my lord – und ich jammere hier doch tatsächlich still vor mich hin, weil uns unsere unglasierten italienischen Dachziegel Frühjahr für Frühjahr vom Dach bröseln, weil jeden Winter ca. 30 Stück von ihnen die Kälte nicht überstehen und wir nach 5 Jahren Freude am neuen Dach schon über das nächste neue Dach nachdenken müssen…. Okay – ich hör auf zu jammern. Schöne italienische Dachziegel werden eh völlig überbewertet, wer braucht die schon…
Weiterhin gute Nerven!
Annilu
12. April 2013 um 07:30
Guten Morgen!
Bei dem Beitrag heute Morgen, alleine die Überschrift mußte ich schmunzeln! Denn auch wir leben in einer, naja, der Schraubenschlüßelschwinger nennt es liebevoll-den Traum seines Lebens, Ruine! Selbstgekauft und selbstverpfu**** . Nein, so darf man das nicht sehen….
Wie ich also den Eimer aufstellte und mich fragte, ob DIY am Haus wirklich Sinnvoll ist, und das Wasser aufwischte, das aus meiner Decke tropft, dachte ich auch ziemlich genau daran, das wir in einer Mietswohnung solche Dinge nicht hätten durch unser, wohlgemerkt mühsam erarbeitetes, Geld selber in einer, wieder ach so tollen DIY-Manier, abarbeiten bzw. reparieren müßten…..Aber was tut man nicht alles für seinen Traum vom eigenen Haus!
Wenns denn nur ein Haus wäre…neiheinnn es mußte gleich ein verd**** Bauerhof/Resthof sein….
Die super Eigenschaft alles schön zureden, habe ich leider von niemandem gelernt!
Ob Fiete dadurch auch „Renovierungsgeschädigt“ wird???
Schlägt das gleich so zu buche??
Und wie werden solche Kinder?????
Kreisch…nicht noch schlimmer oder????
*lach*
Ich wünsch Euch gute Nerven und eine gute Portion Humor!!!Das kann Frau immer gebrauchen!
Viel Glück bei der Ergebnissuche!!!
LG
12. April 2013 um 07:38
Wie sagte unser Nachbar so schön, als wir unser Haus kauften: „Mit einem Haus wird man NIE fertig!“ Recht hatte er…auch hier immer mal wieder Baustellen.
Für IHRE jedoch fehlt mir ein wenig die Vorstellungskraft…Keller die keine sind und dann doch wieder und durch die Bäche fließen…äußerst interessant! Wir müssen da mal eine Ortsbegehung machen!
Für Sie leider jedoch teuer:-(
Allerdings denke ich vielleicht könnten Sie ja schon ein wenig mit dem Verkauf dieses „Winzermülls“ wieder reinholen…also Weinballons (okay „saubere“ Weinballons) sind sicher SEHR gefragt. Was Stickeln sind entzieht sich leider meiner Kenntnis…sind die wertvoll? Und wer weiß was sich noch findet? So ein richtig altes Weinschätzchen?
Vielleicht reicht es ja für einen spannenden Roman mit mehr als 3000 Worten ;-)
LG Uschi
12. April 2013 um 09:15
Oh noch jemand mit Bach im Keller. Sehr schön ;)
12. April 2013 um 14:26
Liebe frau…äh…Mutti
Ich kann es mir irgendwie nicht vorstellen.
Vielleicht ein Bild davon einstellen? Dann hat evtl. Jemand für dieses Problem den zündnenden Gedanken, der noch nicht mal soooooooo teuer sein muß.
Nur so eine Idee von mir
LG Heckse
12. April 2013 um 18:50
Oh, ich kann sie so gut verstehen.
Saublöde Situation!
Aber: immer wenn ich Fotos von ihrer Villa sehe, denke ich dass das Haus und Grundtsück schon einen richtigen Charme hat. Und die Fotos sehen immer wunderschön aus und sehr individuell.
13. April 2013 um 05:45
Oha, sozusagen ein Tagebruch in den Keller… Das mit dem Bauschutt würde ich wirklich in Erwägung ziehen, denn das Zeug ist formstabiler als Luft. Betreten, und sei es zur Rettung des Nibelungenschatzes (da besteht wohl keine Aussicht…?) würde ich das Gewölbe nicht mehr, denn Erde ist bekanntlich schwer. Und wo ein Loch drin ist, da bricht ein Gewölbe vielleicht recht gern noch weiter ein. So unbeliebt die Jungs von der Bauaufsicht auch sein können, ich würde sicherheitshalber dort um Rat suchen. Nicht, dass Ihnen der ganze Keller samt Kartoffeln und mehreren hundert oder tausend Kubikmetern bester Erde freudig zur Begrüßung entgegenkommt, wenn Sie demnächst in Ihre Straße einbiegen.
Und: Gratulation zu dem gelungenen Sohn. Ihre Kinder haben bestimmt gelernt, dass eine konzertierte Aktion und die Verfolgung gemeinsamer Ziele etwas sehr Befriedigendes sind und nicht nur Spaß machen sondern auch Ausdauer und Zielstrebigkeit vermitteln.
13. April 2013 um 11:21
Ist es sicher, dass sich die Schäden nicht nachweisen lassen? Mir ist klar, dass in Zeiten leerer Stadtsäckel gerne die Verantwortung auf den Bürger abgeschoben wird, aber die Stadt/Gemeinde hat eine Versichereung. Und klar, die zahlen nat. auch nicht auf Zuruf, aber wenn Sie eine Rechtschutzversicherung haben, würde ich mich auf jeden Fall mal anwaltlich beraten lassen.
Und aus alten Weinballons kann man doch toll was machen …
14. April 2013 um 12:35
Zum K….. dass Häuser sich immer einmischen und die Planungen ihrer Besitzer so über den Haufen werfen. :-(
Wenn wirklich nur der Eingang betroffen ist und das Gewölbe ansonsten noch stabil, dann würde ich doch darüber nachdenken, den Eingang wieder zu stabilisieren und den Keller zu vermieten.
An eine Band die froh ist, niemanden zu stören, wenn sie da laut proben. Oder als Lagerraum.
Dann kann er seine eigene Sanierung mitfinanzieren und/oder das für ihn zurückgetretene Dach
Schiet isses natürlich trotzdem
LG
Mechthilda
15. April 2013 um 11:13
Liebe Frau Mutti,
ich finde gerade den passenden Beitrag nicht – mir geht Ihr Naan-Brot nicht mehr aus dem Kopf. Ist das Rezept schon von Ihnen verbloggt worden, bzw. irgendwo zu bekommen? Es sieht wirklich gar zu köstlich aus.
Ihnen eine schöne Woche!
Judith
20. April 2013 um 14:39
Oh, bitte lassen Sie das von einem echten Fachmann prüfen… Ich wohne ganz in der Nähe des (ehemaligen) Kölner Stadtarchivs und kann mir das in die Grube fallende Nachbarhaus besser vorstellen als mir lieb ist.
Unser „Bach“ im Keller ist übrigens ein diskreter Wasserfall an der Wand. Auf jeden Fall drücke ich die Daumen, daß sich eine lässig finanzierbare Lösung finden läßt (haha, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, nicht wahr?!)
LG, Bele
22. April 2013 um 18:53
Frau Mutti,
ich finde Sie einfach spitze!
Grüße
aus
Essenheim