Elterntanzstunde

19. April 2013

Der Termin rückte unaufhaltbar näher: die Elterntanzstunde. Gedacht, um das Tanzkönnen der Eltern der Abschlussballkinder aufzufrischen, damit sie elegant neben ihren Sprösslingen über die Tanzfläche wirbeln können. Insbesondere wichtig für den besten Vater meiner Kinder, wenn nämlich der große Moment kommt, da der Vater mit der Tochter Hacke-Spitze-Polka tanzen muss.

Einschub: ich bin ein Meister im Reinsteigern. Ich mag keine Menschenansammlungen in sehr kleinen Räumen. Ich habe Probleme mit bestimmtem Licht.

Gestern abend war es also soweit. Die Kleidungsfrage stand nicht aufdringlich im Vordergrund, aufbrezeln müssen wir uns erst nächste Woche Samstag. Ich wählte also Rock und Chucks, der beste Vater Jeans und Hemd, dazu allerdings die „feinen“ Schuhe, um das „Tanzgefühl dafür zu bekommen“. Seine Füße sahen äußerst fremd aus. Und ich hatte kalte Hände, allerdings nicht wegen unbändiger Vorfreude.

Einschub: ich will nichts lernen, ich will es können. Wenn ich etwas nicht kann, habe ich das Gefühl, dass alle gucken und kichern. Ich weiß natürlich, dass das völliger Quatsch ist, werde das mulmige Gefühl trotzdem nicht los.

Auf dem Weg zur Tanzschule trafen wir bereits auf einige Elternpaare. Eigentlich waren es die Männer, die missmutig dreinschauten, die Frauen waren schick gekleidet, mit stöckeligen Schuhen und erwartungsvoll geröteten Wangen. Ich fühlte mich underdressed und unwohl deswegen.

Im Foyer der Tanzschule warteten der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib zusammen mit ca. 25 anderen Elternpaaren auf den Beginn des Kurses. Ein enges Foyer, für weitaus weniger Menschen gedacht mit freiem Blick durch eine Glaswand auf eine ziemlich kleine Tanzfläche. Dort tanzten zu lustiger Discokugelbeleuchtung etwa zehn Paare. Angefeuert von einem Tanzlehrer und nein, Begeisterung schwappte nicht rüber. Das war alles irgendwie piefig und miefig. Ich stand in meine Ecke gedrückt, konnte, nein – wollte die Jacke nicht ausziehen und bekam langsam Atemnot. Der beste Vater meiner Kinder schaute ein kleines bißchen besorgt, weiß er doch um meine Macken. Doch noch war ich voll des guten Willens, diese Sache durchzuziehen.

Zehn Minuten später gingen wir. Ich hatte es nicht geschafft, niemand hätte mich auf diese oder eine andere Tanzfläche gekriegt.

Das war nun nicht der gewünschte Abschluss des Abends und als uns die Tochter mit einem fröhlichen „na ihr Tänzer!“ begrüßte, fühlte ich mich wie ein echter Versager. Zum Glück weiß auch meine Tochter um meine Macken und obendrein ist sie ein ungemein positiver, zupackender Mensch. „Dann bringe ich euch das eben bei!“, erklärte sie und schnappte sich ihren großen Bruder als Vorführobjekt. Der zeigte sich zwar willig doch tappsig und so endete dieser Abend noch ganz grandios und fröhlich in unserem Wohnzimmer. Cha-Cha-Cha kann ich jetzt und den langsamen Walzer. Die Tochter erzählte irgendwas vom Bierkastentanz und behauptete, dass Samba wirklich ganz leicht ist.

Nun ja. Wir haben ja noch anderthalb Wochen und eigentlich muss ja nur der beste Vater meiner Kinder zeigen was er kann. Ich könnte ja bei der Elterntanzrunde mal dringend auf´s Klo müssen.

16 Kommentare zu “Elterntanzstunde”

  1. Frau_Mahlzahn sagt:

    Oh, wie kann ich das nachempfinden! Das unwohle Gefühl und dass Dich da keine zehn Pferde auf die Tanzfläche bekommen hätten!

    Andererseits… freue ich mich schon darauf, wenn irgendwann einmal mein Mann seine Tochter über das Parkett schwingen muss — das wird ein Spektakel! Er behauptet nämlich immer, er sei eine „Führungskraft“, aber wenn’s an Tanzen geht… decken wir das Mäntelchens des Schweigens darüber, ;-).

    So long,
    Corinna

  2. Andrea sagt:

    Alternativ könnte man auch „Knie“ haben. Das hatte ich jedenfalls beim letzten Anlass vor ca. öhm 20 Jahren.
    Danke für diesen Beitrag! Man befürchtet ja zuweilen, dass es nur einem selber so ginge und allen anderen ganz anders. Scheint nicht so zu sein. Puuuuh.
    Ich bin übrigens schon sehr auf Ihr Kleid gespannt, denn im Gegensatz zu Ihnen hätte ich schon Probleme damit, einen Rock oder ein Kleid zu tragen – schließlich könnten alle gucken und denken „wie sieht die denn aus?!“. Macht „in Echt“ natürlich auch keiner.
    Schlimmer geht also immer………..

    Bis denn,
    Andrea

  3. Daniela sagt:

    Ich kann Sie SO.GUT. verstehen.

  4. FrauNebeL sagt:

    Großartiges Tochterkind! Und noch großartiger, daß es dann ein schöner Abend geworden ist.
    Und ich kann das sehr gut nachempfinden – ich allerdings hätte vermutlich nicht den Schneid besessen, die Veranstaltung zu verlassen, obwohl das sicherlich 1000 Mal besser wäre an manchen Punkten (denn auch hier: sonderbare Macken). So würde ich mich sicherlich in katastrophale Zustände manövrieren.
    Sollte ich aber irgendwann mal in eine ähnliche Situation kommen, werd ich an Sie denken. Und den schönen Abend, der entstand! Und hoffentlich handeln ;)

  5. Nadelfun sagt:

    Jep… das kenne ich ebenfalls und kann es auch so unterschreiben…
    allerdings wären wir wohl nicht gegangen, sondern ich hätte das „aus sitzen“ müssen *hust*

    …und super, wenn ihr daheim dann trotzdem noch für den „großen Tag“ geübt habt ;c)

  6. susalabim sagt:

    oh ja, ich verstehe sie gut! ich werde bei solchen tanzanlässen (hochzeiten und so) stocksteif und störrisch wie ein alter esel (sagt der liebste)… ich mag nicht tanzen wie es irgendwer mal vorgeschrieben hat… und ich kann es auch nicht mehr (das wissen aus dem anfängertanzkurs von vor knapp 30 jahren ist nicht mehr vorhanden- und eigentlich hat mir auch damals schon das eisessen „danach“ den größeren spaß gemacht)…
    liebe grüße von susa

  7. Uschi sagt:

    Manchmal glaube ich…wir haben ganz ähnliche Macken;-)

    LG Uschi

  8. Christina sagt:

    Liebe Frau Mutti,

    vielleicht kann ich sie ein bisschen beruhigen, auf dem Abschlussball unserer Tochter vor 1 1/2 Jahren musste ja auch mein Mann tanzen, aber für Elterntanzrunden war da absolut überhaupt kein Platz.

    Selbst die Tanzjugendlichen hatten überhaupt nicht genug Platz ihre gelernten Tänze vorzustellen. Eingezogen wurde bei uns in 3!!! Etappen, und Jungs gab sowieso nicht genug.
    Ca. 20 Mädchen gingen von Anfang ( der Tanzstunden) an leer aus, und so durften manche Jungs 3x am Abschlussballabend mit 3 verschiedenen Mädchen einziehen.
    Wenn es nicht einer der tollsten Tage für die Kinder hätte sein sollen, hätten wir Eltern am liebsten die Presse informiert, oder wären frühzeitig gegangen.
    So eine Massenveranstaltung ohne Niveau, die uns auch noch 45 Euro Eintritt gekostet hatte, nee, sowas braucht kein Mensch.

    Also keine Angst, manchmal kann man sich nur wundern, wirklich.
    Dabei hatten wir noch Glück, wir saßen nur in der Nähe des Flures, andere Eltern saßen dicht an der Tanzfläche und hatten ständig Füße, Kleider oder sonstwas vorm Gesicht. Die konnten dann noch nicht mal was sehen.

    Aber mal sehen wie es im nächsten Jahr wird, wenn der Sohn dann zur Tanzschule geht/gehen will/soll.
    Womöglich muss ich dann auch tanzen?? Aber das können wir ja dann auch im Wohnzimmer üben.

    Liebe Grüße aus der Provinz,
    Christina

  9. stahldame sagt:

    Nicht jeder muss alles mögen ;-)
    Normalerweise sind Bälle eh so überfüllt, dass außer „rechts und stehn und links und stehn“ nix geht. Und das werden Sie souverän hinbekommen.

  10. Tusnelda sagt:

    …schade eigentlich… Meine Zwillingstöchter tanzen in eben derselben Tanzstunde inzwischen als Fortgeschrittene, und am Freitagabend warte ich gerne, bis sie nach Hause kommen. Sie poltern dann fröhlich herein, haben rote Backen und lachen und kichern, zeigen und erklären die neu gelernten Tanzschritte – und erzählen von den Einsätzen des showbegabten Tanzlehrers. Der hat nämlich wirklich Unterhaltungswert. Unsere Elterntanzstunde fand im Dezember statt, mein Mann musste mit wirklich großem Einsatz bestochen werden, damit er mitkam. Und dann geschah das völlig Unerwartete: er wurde im Laufe des Abends immer lockerer – und beim letzten Tanz – einer Hochgeschwindigkeitspolka – standen wir beide laut lachend und völlig außer Puste auf der Tanzfläche. Inmitten von ganz vielen anderen Elternpaaren, denen es ganz genauso erging, die „richtig guten Tänzer“ waren klar in der Minderheit. Und auch der Ball war die reine Freude (auch wenn der frisch Motivierte leider krankheitshalber zuhause bleiben musste): vielen jungen Menschen, die sichtlichen Spaß am Tanzen und aneinander haben zuzusehen, war wirklich eine Freude. Nichttänzer gabe es glaube ich auch, aber die fallen nicht auf, denn es ist ja keiner da, der „kontolliert“ wie oft wer nun auf der Tanzfläche war. Jedenfalls werden wir den kommenden Ball auch besuchen, und ich bin sicher, dass das nicht der letzte sein wird…

  11. Frau Mutti sagt:

    Tusnelda ;) , auf den Ball freue ich
    mich sehr. (und ich schrieb auch eher über mein Empfinden, als eine vernichtende Kritik an Tanzstunde und Rest.)

  12. aprikaner sagt:

    der Ball wird sicher trotzdem schick ! Mein Mitgefühl

    Liebe Grüße
    anja

  13. Tin@ sagt:

    Ich habe gerade gestern mit meiner 14 Jährigen Tochter besprochen, dass sie sehr gern in die Tanzschule gehen darf – aber weder ihr Vater noch ich werden auf irgendwelchen Bällen auftauchen. Ich kann nicht tanzen, ich will nicht tanzen und ich werde mich nicht freiwillig bei einer Veranstaltung den ganzen Abend wahlweise langweilen oder unwohl fühlen und dafür auch noch bezahlen.

  14. minibar sagt:

    Wir waren bei keinem Ball, an dem unsere Tochter teilgenommen hat.
    Sie war auf einigen Bällen. Sie war dann auch in einer Tanzformation. Damit auch im Ausland…
    Wír waren nie dabei.

  15. Sigrid sagt:

    Schade! Dabei ist Tanzen doch etwas so schönes. Aber seine Macken kann man nun mal nicht ablegen.
    Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Zuschauen.

  16. Mel sagt:

    ich hörte nie davon, das es eine Elterztanzlernstunde oder einen soclehn abend gbt, aber unser junior betritt ende des Jahres auch erstmal den Kindergarten.

    Ich finde es gut wie es bei Ihnen gelaufen ist, jeder hat so seine Macken und wenn es nicht geht ist es eben so.