Sie hatten da eine Frage.

Der große Sohn wurde dafür bezahlt, dass er das Stück Wildnis für das Rosa Gartenhüttchen gerodet hat, den Boden geebnet, ein Fundament gegraben, tonnenweise Sand und Schotter geschleppt und letztlich Pflastersteine darauf gelegt hat. Außerdem hat er mir im Frühling den Gemüsegarten umgegraben. Ich hatte ihm diesen harten Gartenarbeits-Job nach dem Abitur angeboten, als Überbrückung bis zu seinem FÖJ, gegen ordentliche Bezahlung. Nach einiger Bedenkzeit und vielleicht auch mangels besserer Alternativen nahm er den Job an.

Ansonsten werden die Kinder nicht dafür bezahlt, dafür, dass sie im Haushalt oder Garten mithelfen, Straße kehren oder Schneeschieben. Wir leben alle zusammen in Haus und Garten, wir sorgen gemeinsam dafür, dass es dort wohnlich und schön ist. So einfach, so kompliziert, denn genauso wie ich keine rechte Lust auf den Haushaltskram habe, sind auch die Kindelein nicht allzu sehr begeistert von diesen Tätigkeiten. Mittlerweile erkennen sie aber durchaus gewisse Notwendigkeiten :) Ich schreibe ziemlich oft, dass unser Erziehungskonzept auf „bestechen, bedrohen, erpressen“ fußt, doch das lässt sich eigentlich auch viel milder und erziehungsratgeberfreundlicher ausdrücken: verhandeln, erklären, abmachen. Wir sitzen beispielsweise beim Wochenendsfrühstück zusammen und sammeln, was getan werden muss. Da kommen einige Punkte zusammen und es ist für jeden etwas dabei. Die Aufteilung wird immer irgendwie gerecht, denn wer Straße und Terrasse kehrt, muss nicht alles staubsaugen. Wer Rasen mäht, muss nicht Unkraut jäten. Und wer für´s Mittagessen oder den Nachmittagskuchen sorgt, der ist eben von den anderen Jobs befreit, weil er sowieso hinterher die Küche wieder in Ordnung bringen muss. Das klappt prima, nicht nur am Wochenende.

Gestern morgen kehrte ich Terrasse und Straße, der große Sohn sollte die Spülmaschine ausräumen. So der Plan. Ich traf aber, gerade als ich fertig mit dem Kehren der Straße war, auf die alte Nachbarin, die sich an ihrem Rollator die Straße entlangschleppte. Den Lendenwirbel hat sie sich gebrochen und mit 88 steckt man das irgendwie nicht mehr so leicht weg. So kam es, dass der große Sohn den Straßenabschnitt der Nachbarin von Sturmschäden befreite und ich für ihn die Spülmaschine ausräumte, weil ich absolut keine Lust mehr zum Kehren hatte. Das ist im Grunde genommen nicht erwähnenswert, weil es einfach so funktioniert hier: ich mache …, dafür kannst du  … erledigen.

Ich habe von klein auf Mithilfe eingefordert (und mal ehrlich: es ginge leichter und schneller, wenn man die Kleinen nicht mithelfen ließe) und von klein auf haben die Kinder mit uns „durchwirbeln und ranklotzen“ gespielt: alle packen an, danach gibt´s zusammen einen Film, Oder eine Schüssel Pudding. Oder es wurde gegrillt. Oder, oder. Es gab nie Geld, die gewonnene Zeit durch die gemeinsame Arbeit wurde zusammen „besonders“ verbracht und genossen.

Mittlerweile ist Mithilfe selbstverständlich geworden und darüber bin ich sehr, sehr froh. Froh macht mich auch, wenn ich beobachten kann, dass die Kinder auch unter sich die Jobs verhandeln, ohne dass es dabei zu Streitereien oder „das ist ungerecht“-Geplärre kommt.

Das ganze Geheimnis ist also: Beharrlichkeit und Gerechtigkeit. Und ein gute Prise Spaß bei der Arbeit. Früher lief Ritter Rost beim Putzen, heute eben Seeed, mitsingen lässt sich immer.

Am Rosa Gartenhüttchen, an MEINEM Gartenhüttchen, haben alle freiwillig mitgearbeitet, weil es eben auch Spaß macht, zusammen zu arbeiten.

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Das Gartenhüttchen ist zur Wetterseite hin offen, weil die geschlossene Seite neugierige Nachbarn abgrenzt und die offenen Seiten den weltschönsten (Sonnenuntergangs-)Blick auf die Weinberge gewähren. Deshalb.

10 Kommentare zu “Werden die Kinder bezahlt?”

  1. Anna sagt:

    Herzlichen Glückwunsch! Sie scheinen da mächtig viel richtig gemacht zu haben!
    Ich wäre später sehr stolz wenn ich das bei unseren Kindelein und insgesamt im Leben auch so hinbekomme!
    Respekt!

  2. MonikaZH sagt:

    Danke. Ich wusste dass es sehr gute Gründe für die Aufstellungsweise des Hüttchens gibt. Trotzdem Danke für’s Neugier-befriedigen.

    Zum Thema „Kinder bezahlen“ – wir haben versucht es genauso zu machen wie Sie. Aus den gleichen Gründen. Klappt (inzwischen) sehr gut, auch mit der Freundin des Lieblingssohnes die seit knapp zwei Jahren praktisch bei uns wohnt. Nur so geht es, finde ich. Es ist ja eben unser aller Zuhause.

    Aus den gleichen Gründen gibt’s bei uns auch kein Zeugnisgeld. Jeder macht seinen Job – die Kinder halt Schule – so gut wie er kann. Und wenn das Zeugnis da ist wird sich gefreut wenn’s gut ist, oder besser als das letzte, vielleicht auch mal ein bisschen gemeckert wenn Faulheit der Grund für eine nicht so schöne Note ist, aber anschliessend wird der Beginn der wunderbar-faulen Ferienzeit gefeiert, mit einem besonderen Essen oder worauf auch immer wir gerade Lust haben. Anfangs, da haben Sie Recht, ist dieses Verantwortung übergeben, mitmachen, mitbestimmen lassen sehr anstrengend – aber unter dem Strich zahlt sich das aus.

  3. Uta sagt:

    Liebe Frau Mutti, wenn ich irgendwann alles genau so beschreiben kann, wie sie es heute über ihre Kinder erzählen, dann hab ich alles richtig gemacht! Für mich klingen da genau die Ansätze heraus, die ich auch vermitteln möchte.
    Das denke ich jedes Mal, wenn ich „Geschichten“ über Ihre Kinder / mit Ihren Kindern lese. Ich schließe mich an: Respekt!

  4. Lily sagt:

    Was haben Ihre Kinder für ein Glück, Frau-äh-Mutti. Ich kenne viele, die das „Geht schneller wenn allein gemacht“ vertreten(haben)- unter anderem meine eigenen Eltern. Das tut nicht gut. Macht schnell überforderte, chaotische Kinder, die, selbst wenn gutwillig, einfach nicht sehen, was zu tun ist und dann nicht wissen, wie anfangen.

  5. Brigitte sagt:

    Nö, wir haben auch nie für die Mithilfe im Haushalt bezahlt. Allerdings fällt mir ein, dass die Tochter jahrelang darum bettelte bügeln zu dürfen. Als sie es endlich durfte und konnte, zog sie aus. Hmpf.
    Regnerische Grüsse, Brigitte

  6. Evi Balzar sagt:

    Genau so hatten wir es seinerzeit auch gehandhabt. Auch bei solch schweren Arbeiten wie sie der große Sohn geleistet hat. Das sind Arbeiten außer der Reihe, für die man einem Handwerker viel, viel mehr Geld zahlen müsste.
    LG Evi

  7. Jutta sagt:

    Klingt prima, das „Erziehungskonzept“. Bei mir durften/dürfen (der Kleine ist ja erst 3) die Kindelein auch alles machen, nur sobald sie es dann können (und eine Hilfe wären) – wollen sie es nicht mehr. Meine Tochter schafft es mit 7 pubertätsgleiche Wutanfälle zu bekommen, wenn sie mal ein bißchen mithelfen soll. Was da schief lief weiß ich auch nicht. Aber ich werde beharrlich sein, auf Einsicht hoffen und dabei immer schön die Kinder-CDs anmachen ;-))
    Im rosa Hüttchen sitzen, Wein schlürfen und den Sonnenuntergang beobachten – perfekt! Mir scheint ihr habt alles richtig gemacht!
    Schöne Grüße
    Jutta

  8. Petra sagt:

    Für mich liest sich das auch alles sehr stimmig und rund. Ich selber habe als Kind mithelfen müssen. Klar, auch nicht immer gerne, zumal ich in einem Haushalt mit viel (sehr viel ;-)) Land aufgewachsen bin. Da gab es gar keine Fragen, da musste ich einfach mit ran. Klar auch nicht immer gerne. Aber ehrlich, im Nachhinein bin ich mehr wie dankbar, dass ich so aufgewachsen bin. Mit meiner eigenen Tochter habe ich es ähnlich gehandhabt. Auch sie musste im Garten mit ran. Wobei sie heute sagt, dass die Gartenarbeit für sie der Alptraum schlechthin gewesen sei. Tja und dann gibt’s eine fast 3jährige Enkeltochter, die eine klares „nein“ zur Antwort gibt, wenn man sie fragt, ob sie den Tisch mit abräumen hilft. Ok…. meine Kolleginnen quittierten das mit Gelächter und meinten, falsche Formulierung. Das weiß ich inzwischen auch, aber etwas dümmlich aus der Wäsche ab ich schon geguckt. ;-)
    In diesem Sinne, weiter so…
    Ich lese so gerne bei Ihnen!!
    Viele Grüße
    Petra

  9. klingelfee sagt:

    mein Kindchen arbeitet auch gemeinsam mit mir im Haushalt. Sie hilft nicht, denn helfen würde ja implizieren, dass sie es uneigennützig tut. Aber die Kinder profitieren ja auch davon, erstens leben sie in einem Haushalt, in dem sie auch mitbestimmen können (wer die Wäsche zusammenlegt, tut das auf seine Art oder wohin das Geschirr geräumt wird)und zweitens lernen sie fürs Leben. Mein Kindchen wird bestens gerüstet sein, wenn es in eine eigene Wohnung zieht. Und als Kindchen die letzten sechs Monate beim Vater lebte, war er beeindruckt, so ein erwachsenes, selbstständiges Kind zu bekommen.
    Ich freu mich auf mehr Geschichten,
    lg aus Wien
    klingelfee

  10. kaltmamsell sagt:

    Das liest sich großartig – und ich fragte mich sofort, warum dieses Konzept (jeder will es hier schön haben, also packt jeder an) in meiner Kindheit nicht geklappt hat und ich jede Aufforderung zum Anpacken (die meine Lesezeit kürzte) als Belästigung empfand: Weil ich die meisten Arbeiten nicht einsah und als persönlichen Fimmel meiner Mutter empfand.
    Jeden Werktag musste gesaugt, Staub gewischt, das Bad geputzt werden – das war ja wohl völlig bescheuert. Und daran sollte ich mitwirken statt ein Buch zu lesen? Es hätte vermutlich geholfen, wenn ich Teppich/Regale/Bad mal in wirklicher Putzbedürftigkeit gesehen hätte.