daheim und bei anderen

6. Januar 2015

„Wir haben neulich mal gründlich den Jugendraum aufgeräumt und geputzt, der hatte es total nötig!“, erzählten die Kindelein. Gespült, gesaugt, Staub gewischt und sogar die Fenster geputzt. Sie haben also gelernt, wie diese Putzerei geht und scheinbar haben sie auch einen Blick dafür, wann das nötig ist. Als letzte Komponente zur finalen Mutter-Zufriedenheit fehlt jetzt nur noch, dass sie auch daheim sehen, wenn Staubratten in den Ecken liegen, der Müll überquillt oder irgendjemand ihnen „Putz mich!“ in den Staub auf dem Regal geschrieben hat.

Aber wahrscheinlich ist das normal, dass man den heimischen Dreck nicht so sieht.

Als ich heute morgen das Schaufenster des Weltladens von Weihnachtsschnickeldi befreite und stattdessen Teppiche, Körbe und Tücher hineinräumte, ärgerte ich mich über Spinnweben in den Ecken und polierte Fingertatschen von den Scheiben. Daheim dürfen Spinnen (kleinere Spinnen. Oder solche, die sich schnell genug verstecken können) in den Ecken leben und zum Fenster putzen ist es viel zu kalt.

Und damals™, als ich noch Zeltlager betreute und leitete, reisten wir immer Tage vor den Kindern an, um Küche, Toiletten, Waschräume und Vorratskammer gründlich durchzuputzen, weil „die so schlimm aussahen“.

Vielleicht ist meine Hoffnung doch nicht ganz unberechtigt, dass meine Kindelein das irgendwann mit den eigenen vier Wänden ganz gut hinbekommen? In den Zimmern der Kindelein räume und putze ich seit Jahren nicht mehr, ab und zu werfe ich einen mutigen Blick hinein und weise liebevoll auf Missstände hin: „Saustall, aufräumen.“ Der große Sohn hat einen eher lässigen Umgang mit seiner Kleidung. Oder verlernt, wie man eine Schranktür öffnet. Er lagert seine Kleidung bevorzugt am Fußende des Bettes oder auf seinem Sofa. Deshalb habe ich den Kleidung-nach-dem-Trocknen-zusammenlegen-Service für ihn eingestellt. Wenn er vergisst, wo die Sammelstelle der Dreckwäsche ist und die schmutzigen Klamotten aus Versehen unter seinem Schreibtisch oder Bett sammelt, können diese natürlich auch nicht gewaschen werden. Es kommt also bisweilen zu Engpässen, aber die Waschmaschine kann er natürlich bedienen.

Der Jüngste ist Jäger und Sammler. Korken, Steine, Stöcke, Magic-Karten, DINGE halt, liegen kreuz und quer, hinter, über, unter, zwischen Comicheften, oft von einer Staubschicht bedeckt. Er kann sich nicht trennen, aber zwanzigtausend Einzelteile abstauben mag er auch nicht. Seine Kleidung sammelt er so lange auf der Stuhllehne, bis der Stuhl kippt. Auch er hat das Prinzip „Schrank“ nicht so recht verstanden. Und sein Schreibtisch ist derart vollgerumpelt, dass genau ein Din A4 Blatt darauf passt. Reicht ja für die Hausaufgaben.

Das Zimmer der Tochter ist nahezu makellos. Das Bett gemacht, ordentlich mit Quiltdecke darüber. Kleidung wird in den Schrank geräumt, der Schreibtisch frei. Dafür hinterlässt sie Klamottenstapel im Bad, verliert ständig ihre Hausschuhe oder Socken, stapelt Schals, Mützen und Tücher auf statt in der Kommode im Flur und lässt immer den Badschrank offen.

Es wird alles gut und es ist nur eine Phase.

(ich hatte in meinem Kinderzimmer eine große (Sitz)Kiste mit Klappdeckel. Dort hinein schmiss ich mein ganzes Gerümpel, wenn ich aufräumen musste. Ich schmiss auch ungegessene Schulbrote hinein. Und einmal auch einen missglückten Kuchen, den Oma Eis zum Muttertag hätte bekommen sollen. Vierteljährlich entsorgte ich heimlich eine große Tüte scheußlich verschimmelten Kram. Was sind da schon ein paar dreckige Socken zwischen Staubratten.)

(heute bin ich viel ordentlicher)

(aber fragen Sie mich, bevor Sie eine Schranktür aufmachen)

 

 

 

11 Kommentare zu “daheim und bei anderen”

  1. Frau Nessy sagt:

    Es war übrigens erstaunlich, welche Häuslichkeit und Reinlichkeit ich plötzlich an den Tag legte, nachdem ich meine eigenen vier Wände hatte.

  2. dorothy_jane sagt:

    Ich konnte unterschiedliche Phasen in den 10 Jahren nach dem Auszug feststellen:

    Phase 1 (Jahr 1): eigene 1-Zi-Whg, superordentlich und hyperhygienisch, weil nie zuhause – läuft. „Ich kann das viel besser als Mama!“

    Phase 2 (Jahr 2-3): eigene 1-Zi-Whg, geputzt wird nur wenn Besuch kommt, ansonsten ist es ja nur der eigene Dreck und Besuch kommt nur alle 3 Monate – Hauptsache, ich bin sauber! „Wie schafft Mama das noch zusätzlich zur Arbeit?“

    Phase 3 (Jahr 4): eigene 1-Zi-Whg, das Gerümpel der letzten beiden Jahre muss weg, es wird sauber und aufgeräumt! „Langsam hab ich den Bogen raus!“

    Phase 4 (Jahr 5-8): gemeinsame WG mit 3 anderen – „Der Dreck ist nicht von mir, weil mein Zimmer ist ja orentlich und ergo kann das gar nicht mein Geschirr in der Spüle sein! Und die Pelzzucht im Kühlschrank ist definitiv von wem anders!!“

    Phase 5 (ab Jahr 9): gemeinsame Whg mit dem Partner – siehe Phase 1 und 3.

    Natürlich vollkommen übertrieben, unrealistisch und sicherlich bei mir niiiiieeeeemals so gewesen!! ;)

  3. Uschi sagt:

    Interessant…Söhne scheinen allgemein ein Problem mit Schranktüren zu haben…zumindest kann ich das Phänomen hier auch immer wieder beobachten!

    LG Uschi

  4. stoffhexerei sagt:

    Hach, Frau Mutti, es beruhigt mich, dass es bei Ihnen auch so ist. Erst heute hatte ich wieder diese nervige Diskussion über Wäscheberge in den Kinderzimmern, die immer dann den Weg in die Wäschetonne finden, wenn ich gerade fertig bin mit Wäsche waschen.
    Ich glaube, ich muss mir ein bisschen von Ihrer Gelassenheit klauen.

  5. Yaspiz sagt:

    Liebe Frau Mutti,
    danke, ich weiss nicht, wie ich ohne solche Posts überleben soll. Bitte schreiben Sie weiter.
    Das Beste für Sie alle auch im Neuen Jahr!
    Yaspiz

  6. asty sagt:

    Liebe Frau äh Mutti

    die „Brüder“ Ihrer Söhne leben hier bei mir (10, 14 und 16).

    Immer schön, wenn ich lese, dass es bei den anderen doch sehr ähnlich zu und her geht.

  7. Seifenfrau sagt:

    Hm – hier haben wir auch das Sohn-Schrantür-Symptom.

  8. schwiegermutter inklusive sagt:

    Wenn ich das so lese, komme ich zu der Überzeugung, meine beiden Töchter sind in Wirklichkeit Söhne…zickige Söhne.

  9. Schäfchen sagt:

    Wenn das Schranktürproblem ein Söhneproblem ist, hab ich mindestens zwei Söhne. Welche Erkenntnis für eine reine Mädelsmama!

    Allerdings … mit dem regelmäßigen Wegwerfen der verschimmelten Schulbrote klappt das hier (noch) nicht.

    Ansonsten leidet die Dreckwäsche hier auch daran, dass der Weg zum Wäschekorb zwischen nicht zu findenden Schranktüren und Staubmäusen in den Pubizimmern regelmäßig in Vergessenheit gerät. Engpässe sind dann ein sogenanntes PAL (Problem Anderer Leute, weil ich leider nicht immer dann wasche, wenn es dringend benötigt wird sondern abhängig von meiner Zeit. Und alleine waschen ist hier noch kein Thema.

    Übrigens: ich war anderswo immer ordentlicher und hilfsbereiter als daheim. Muss ein nicht unübliches Phänomen sein, ich sammle auch Lob über meine Kinder wo ich mich dann frage „Über wen haben die grad geredet? Mein Kind kanns nicht gewesen sein.“

  10. BeaBehrens sagt:

    Danke für den Hinweis auf die Bänderkiste. Mal schauen, ob es die oder etwas ähnliches noch gibt. Eine sehr gute Idee.

  11. Missy sagt:

    Es ist doch irgendwie komisch!
    Ich weiß noch, wie mein Zimmer gern aussah! Eine einzige Rumpelhöhle die meine Mutter gern mal mit der Gartenharke bearbeitete, damit ich endlich aufräume (natürlich nur bildlich gesprochen). Aufräumen? Och nö ist ja viel zu anstrengend, umständlich, zeitraubend… und dann? Ja dann zog ich aus, in eine WG. Mein Zimmer wurde einmal die Woche grundgereinigt, ich hielt Ordnung und auch an den Putzplan hielt ich mich.
    Schließlich die eigenen vier Wände mit meinem Mann zusammen. Einmal die Woche großer Hausputz, nebenbei täglich aufräumen und vielleicht mal gründlich ausmisten.
    Heute, größere Wohnung, wir sind beide Arbeiten ist es immer noch so, wobei ich sagen muss das immer ein kleines Rumpeleckchen geblieben ist. ;)
    Gleiches beobachte ich nun bei meiner Tochter, obwohl sie mittlerweile auch selbstständig aufräumt, wenn sie was verloren hat oder gar nicht mehr durchs Zimmer kommt. Meist nehme ich sie jedoch bei der Hand.

    Es besteht also durchaus Hoffnung, dass es später bei deinen Kindern in der Wohnung mal ordentlich aussieht! Und wenn nicht, na dann steht Mama halt mal mit dem Putzlappen vor der Tür, spätestens dann werden sie es um jeden Preis verhindern wollen, dass nochmal sowas passiert! ;)