Im Sommer ließ der Jüngste die eher ungeliebte Schulzeit hinter sich, in der Tasche die Berufsreife (=Hauptschulabschluss). Wehmütig war niemand in der Familie, es hatte sich eher große Erleichterung breit gemacht, dass er diesen Abschluss erreichte. Es gab kurz vor Notenschluss ein paar wackelige Fächer, doch letztlich konnte er viel und gut aufarbeiten und das Zeugnis sieht prima aus. (Dass wir der Schule keine Träne nachweinen ist sicherlich auch darin begründet, dass die dortigen Lehrkräfte, obwohl sie vom bestehenden Ausbildungsvertrag wussten, eine Notwendigkeit darin sahen, blaue Briefe zu versenden, statt Fünfer Vierer sein zu lassen, wieviele Minus dahinter stehen wäre ja egal gewesen.)

Schule aus!

Schule aus!

Die letzten Sommerferien begannen, die letzten Sommerferien für alle Kindelein übrigens, denn auch für Töchterlein startete das letzte Schul(halb)jahr nach den Ferien.

Gemeinsam mit seinem großen Bruder fuhr der Jüngste eine Woche als Koch mit in die Mädchenfreizeit. (Töchterlein fuhr als Betreuerin mit und wir hatten eine wunderbare Woche ohne Kinder daheim. Also ohne menschliche Kinder, denn da ist ja noch das Hundekind, dass einen deutlich höheren Betreuungsaufwand hat, als meine nahezu erwachsenen Kindelein. Nun ja, selbstgebackenes Elend, quasi.) Zeit zum Ausruhen blieb nach dem Kocheinsatz für 30 Leute kaum, denn die Dolomiten riefen. Zusammen mit dem besten Vater meiner Kinder und seinen Geschwistern turnte der Jüngste auf halsbrecherischen Wegen herum, zum Glück gut gesichert mit Klettergurt und Helm. Und dann begann die Zeit im Jahr, der der Jüngste seit vielen Jahren immer entgegenfiebert: das Zeltlager. Wiederum zusammen mit seinen Geschwistern (der große Bruder als Betreuer, die Tochter als Küchendame) verreiste er knapp zwei Wochen.

Kam zurück und stieg in seine künftige Arbeitskluft.

Er ist Klempner von Beruf!

Er ist Klempner von Beruf!

Seit zwei Monaten verlässt er sehr früh das Haus und kommt erst am Nachmittag zurück – müde und verdreckt, aber sehr zufrieden und glücklich. Die Berufsschule begeistert ihn, wie zu erwarten war, nicht sonderlich, doch wir haben die Abmachung, dass er sein Bestmöglichstes gibt. Immerhin hängt die Ausbildung daran. Die Berufsschule muss sehr, sehr anstrengend sein. Vor zwei Wochen waren wir dort zum Elternabend, bei dem ich irgendwie aus Versehen Klassenelternsprecherin wurde, was wahrscheinlich dort aber der leichteste Job ohne jegliche Verpflichtungen sein wird. Der Klassenlehrer berichtete, dass im ersten Schuljahr Unterricht nicht möglich sei. Zu groß sei die Anzahl der Störenden im Unterricht, weswegen kaum Lehrstoff vermittelt würde. Im zweiten Schuljahr habe sich aber erfahrungsgemäß die Klasse halbiert und nur diejenigen, die tatsächlich eine Ausbildung machen wollen und interessiert mitarbeiten, sind übrig. Ich möchte mir nicht vorstellen, wieviel Frust und Nervenverlust die Lehrtätigkeit an einer solchen Schule mit sich bringen muss. Dem Jüngsten, der unter Lautstärke und präsenter Gewalt leidet, motivieren wir mit: „nur noch EIN Jahr! Du schaffst das!“ Mehr geht leider nicht.

Im Grunde geht es ihm aber einfach nur gut. Von dem, was er von seinem Meister lernt erzählt er mir mehr, als in den ganzen Schuljahren vorher das, was ihm Lehrer erzählten. Seine Schultern sind mittlerweile ein gutes Stück breiter, er hat eine beeindruckende Muskulatur entwickelt und wirft sehr lässig mit Fachbegriffen aus seinem Beruf um sich.

Anlagenmechaniker für Solar, Wasser und Heizung. In etwas über drei Jahren zwar erst, aber jetzt schon angekommen.

11 Kommentare zu “Was bisher geschah – der Jüngste”

  1. Mari sagt:

    Hallo, Frau Mutti!

    Schön, mal wieder hier von Ihnen zu lesen.
    Ihnen und Ihren Lieben weiterhin alles Gute und
    dem Jüngsten meine Gratulation.

    Grüße aus dem Pott,
    Mari

  2. Anne sagt:

    Kennen Sie Tom Sharpes genialen, komisch-skurrilen Krimi „Puppenmord“?
    „Henry Wilt ist Hilfslehrer an einer Berufsschule auf dem platten Lande, beruflich und im Eheleben tritt er auf der Stelle. Der Mittdreißiger hat es seit zehn Jahren mit künftigen Gasinstallateuren, Maurern und Fleischern zu tun, denen er die hohe Literatur näher bringen soll.“
    Ich hab Tränen gelacht (und war froh, nicht an einer Berufsschule zu sein) http://www.krimi-couch.de/krimis/tom-sharpe-puppenmord-oder-bis-dass-ihr-tod-in-scheidet.html

  3. Frau Mutti sagt:

    Au ja! Puppenmord ist grandios! Danke fürs Erinnern, muss ich mal wieder lesen.

  4. Graugrüngelb sagt:

    Klingt gut. Ich freue mich sehr, dass er so angekommen ist, in dem, was er jetzt tut.
    (Und ich möchte nochmal sagen, dass ich es schön finde, hier wieder lesen zu können. Twitter ist einfach nicht meins.)

  5. Christine sagt:

    *quietsch* :-)
    Ich hab eben erst gesehen, daß es hier wieder Neues zu lesen gibt und bin begeistert – ein Glück, daß ich Ihren Blog einfach nicht aus meinen Lesezeichen löschen konnte :-)
    Was ist das denn für ein Hundekind? Wie alt, welche Rasse, Fotos? :-)
    Hach, ich freu mich so! Schön, daß Sie wieder da sind :-)

  6. Helga sagt:

    Wie schön, dass Sie wieder zu lesen sind Frau Mutti.

    Ich bin begeistert!

    Liebe Grüße, Helga

  7. Sandra sagt:

    Frau Mutti, Sie desillusionieren mich! Ich dachte, dass im beschaulichen Nierstein und Umgebung auch die Berufsschulwelt noch in Ordnung ist. Ich bin seit 12 Jahren im Berufsschul-Business (HandwerkBerlin und Brandenburg). Solche Klassen habe ich eigentlich nur erlebt, wenn der Großteil der Schüler aus außerbetrieblichen Einrichtungen kam. Ist das beim Sohn auch so? Wenn es aber Azubis aus „normalen Betrieben“ sind, die freidrehen, bin ich schon schockiert. Zu meiner eigenen Lehrzeit sind solche Exemplare zurück in den Betrieb geschickt worden, aber das ist heute wahrscheinlich verboten…
    Ja, es schlaucht, aber was wirklich deprimierend ist, dass Schüler wie der Frau Mutti Sohn, die eigentlich wollen und Unterstützung brauchen, zu kurz kommen.
    Schön, dass es wieder Nierstein-News gibt! :-)

  8. Frau Mutti sagt:

    Die Berufsschule des Jüngsten ist in Ingelheim, Auszubildende aus dem gesamten Kreis kommen dort zusammen. Es ist ein Elend, für Schüler und Lehrer!

  9. Spontiv sagt:

    Der Junior möge durchhalten! Das war vor 30 Jahren bei meiner Lehre leider auch nicht anders, selbst später in der Uni gab es ersten nach dem aussieben der ersten Semestern die notwendige Ruhe zum lernen.

  10. Spontiv sagt:

    Und Deutsche Sprach hammse mir da auch nicht beigebracht. Grmpf.

  11. Gabi K sagt:

    ich freue mich so für den Jüngsten! Er wird sein Ding machen!
    Und Berufsschulen sind einfach unmöglich! Habe auch zwei Jungens da durchgeboxt, irgendwie.