Weihnachtsfeiern, gemischt

27. Dezember 2015

Wir trafen uns am 23. Dezember traditionell mit Freunden im Park zum Weihnachtsblasen, bescherten am 24. genauso traditionell nach dem Familiengottesdienst und verbrachten den ersten Weihnachtsfeiertag vor dem Fernseher, um alle Hobbit-Filme zu sehen, weil sich der Jüngste das gewünscht hatte. (Apropos Jüngster: DANKE für alle Daumen, am 5. Januar 2016 setzte er seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker fort, in einem größeren Betrieb. HURRA!)

Und am zweiten Weihnachtsfeiertag feierten wir dann groß. „Meine“ Syrer waren geladen, wir wussten nicht, ob sie sich trauen und wenn ja, wieviele kommen würden. Spontan waren auch der Schwager, die Schwägerin und deren beiden Kinder angereist, wir luden sie und den Opa ebenfalls ein.

Ich hatte lang hin und her überlegt, was ich kochen würde und irgendwann beschloss ich, ziemlich Deutsch zu kochen. Es gab (Rinder)Gulasch, selbstgemachte Nudeln und Feldsalat. Hinterher hausgemachtes Vanilleeis mit heißen Himbeeren. Schlicht, leicht zu kochen und zumindest bei meiner Familie auf der „Essen wir gerne“-Liste recht weit oben.

Zwei Syrer kamen. Meine beiden Sprachschüler, 16 und 33 Jahre alt.Ob die anderen sich nicht trauten oder ob die Einladung falsch verstanden worden war – egal.

Anfangs war es schwierig, ziemlich verkrampft. Mein Schwiegervater war besorgt, dass wir alle Englisch sprechen würden und er ausgegrenzt sei, doch meine Sprachschüler sprechen kein Englisch, nur wenige Brocken Deutsch. Wir sprechen weder Arabisch noch Kurdisch. Aber wir lächelten viel und irgendwann war das Eis gebrochen. Mit Händen und Füßen, analogen und digitalen Übersetzungshilfen unterhielten wir uns. Wir lernten einige Worte Arabisch, ich kann jetzt auch „ich“ schreiben. :)

Natürlich brannten uns Fragen unter den Nägeln: Wo kommt ihr her? Wie lange seid ihr unterwegs gewesen, wie war die Reise?

Auch ohne eine gemeinsame Sprache kann man diese Fragen stellen und die Antworten verstehen. Die Zeichen für „schießen“ und „Boot sinken“ und „schwimmen“ sind unverkennbar. Lachend erzählten die beiden von Verhaftungen, Bedrohungen, sich verlieren und wiederfinden, von zurück gelassenen Familien. Von vierjährigen Töchtern, die man als Baby zuletzt im Arm hielt. Sie lachten, wir weinten. Und dann lachten wir wieder alle zusammen, weil wir die arabische Bezeichnung für Hündin falsch aussprachen und damit wohl sehr saftig fluchten.

Auf der Liste der tollsten Weihnachtsfeiern, die wir je erlebten, ist diese ganz weit oben. Sie endete um halb eins und wird wiederholt werden, auch ohne Weihnachten. Einfach gemeinsam essen, erzählen und sich weiter kennenlernen.

15 Kommentare zu “Weihnachtsfeiern, gemischt”

  1. Tati sagt:

    Ganz tolle Aktion! Schön, dass es noch solche Herzlichkeit gut .

  2. Jana sagt:

    Beim Lesen der Beschreibung Ihres Weihnachtsfests (herrje, so viele Genitive, an mir soll’s nicht liegen, wenn er ausstirbt) kamen mir die Tränen. So wunderwunderschön. Was Sie der Welt mitgeben – Ihren Kindern, Ihrer Familie, den neuen syrischen Freunden, und natürlich uns Lesern – ist unbezahlbar. Ganz toll!

  3. Anja G . sagt:

    Ich habe mich auch sehr mitgefreut ! Danke ! Was du machst ist nicht selbstverständlich und soooo gut !
    Anja

  4. Nadine sagt:

    Was mir gefällt, dass du die Syrier bei euch hattest über Weihnachten.
    Was mir nicht gefällt, dass du Unterricht gibst, du bist doch nur Hausfrau, ohne Lehrausbildung, sorry, aber das finde ich den falschen Weg.
    Was ich auch nicht gut finde, dass es bei eurem jüngsten nicht klappt.
    Ich denke, der kleinere Betrieb konnte ihn nicht tragen, was ich verständlich finde.
    Er braucht deshalb einen größeren Betrieb, wo er einfach mitlaufen kann und nicht als Arbeitskraft zählt.
    Toi toi toi dass er und der Betrieb es packen. Alles gute dafür.

  5. Jana sagt:

    Oh je, wenn ich hier schon Kommentare wie „du bist doch nur Hausfrau“ lese.

    1) Ist Frau Mutti meines Wissens nach ausgebildete Erzieherin.

    2) Was soll denn „nur“ heißen? Hat man beim Aufziehen von Kindern etwa keinen Kopf nötig und lernt man dabei auch nicht sehr wertvolles übers Lernen und Lehren?

    3) Was wäre denn die bessere Lösung? Die Flüchtlinge einfach nicht Deutsch lernen zu lassen und ihnen damit die so viel geforderte Integration zu verweigern, weil es gerade nicht genug staatsexaminierte Lehrer gibt, die ihre Freizeit opfern mögen? Das kann es doch wohl nicht sein…

  6. kelef sagt:

    @frau mutti: supersupersuper.

    @nadine: lesen hilft. frau mutti ist – wie jana schon sagte – ausgebildete erzieherin. das unterscheidet sie positiv von ganz vielen lehrern, bei deren ausbildung auf diese kleinigkeit oft weniger wert gelegt wird (um das einmal höflichst zu formulieren). mit anderen worten: sie hat gelernt wie man mit schwierigen zwischenmenschlichen situationen umgeht, hat gelernt wie man menschen dazu bringt etwas aufzunehmen, hat gelernt wie man menschen dazu bringt miteinander klarzukommen, auch wenn die voraussetzungen nicht die besten oder logischesten sind. die sprachlehrkompetenz ist gerade in der hier gegebenen situation wohl zweitranging.

    zum thema „nur hausfrau“: äh???

    und: der jüngste hat doch ab 5.jänner einen platz, wo er seine ausbildung fortsetzen kann, wie von allen zuständigen und beteiligten vorgeschlagen und gewünscht. aber ich finde es sehr schön, dass sie wochen im nachhinein, und nachdem alles unter dach und fach ist, ihren vorschlag unterbreiteten.

    sorry, aber das musste sein.

  7. marina sagt:

    Nadine, deine Kommentare sind wirklich überflüssig. Hast du nix zu tun?

  8. Meggy sagt:

    Ich kann mich den Worten von Jana nur anschließen,ich habe großen Respekt was du alles leistest.Dein Engagemant,dein Schreibstil bringt mich immer wieder zum Schmunzeln, manchmal kommen mir die Tränen so gerührt bin ich.Deine Einstellung zur Erziehung kann ich nur teilen, ich finde ihr habt alles richtig gemacht.
    Übrigens gab es bei uns auch Rindergulasch,dazu aber Semmelknödel,Rotkraut und Vanilleeis mit heißen Himbeeren,sehr lecker!!
    Dir,deinen Lieben und allen die in der grünen Villa ein- und ausgehen alles erdenklich Liebe und Gute im Neuen Jahr
    wünscht Meggy von der Nahe

  9. Sabine sagt:

    Ich habe mit Flüchtlingen sehr gemischte Erfahrungen gemacht und empfehle folgenden Artikel: http://www.sueddeutsche.de/leben/ehrenamtliche-fluechtlingshelfer-zwischen-willkommen-und-ueberrumpelung-1.2787272

    ich denke, Sie achten aber auf die richtige Distanz-Nähe-Balance, die ist wichtig, ich spreche da aus Erfahrung. Guten Rutsch!:)

  10. Conni sagt:

    Liebe Frau Mutti,
    nun doch ,wegen Frust und Unverständnis über unangebrachte Kommentare von Nadine, meinen allergrößten Respekt für Ihr Engagement ,Ihre unkomplizierte Hilfe und menschliche Wärme …toll.Ich bin mir ganz sicher ,dass genau diese Art der Hilfe wichtig und richtig ist….wenn Sie zehn mal keine „Lehrerin“ sind…Lehrer ist jemand der einem anderen etwas beibringen kann …und das können Sie offensichtlich SEHR gut !!!!Was Sie mit Ihrem Jüngsten „machen“ und wie sie das tun …auch dazu kann man nur gratulieren.Wer Kinder hat weiß, dass es nicht immer glatt läuft und oft auch nicht wie man das gerne hätte oder plant… wichtig ist doch das jeder SEINEN Weg findet.Ich finde es mehr als unangemessen da einen Kommentar wie….“das es bei eurem Jüngsten nicht klappt…finde ich nicht gut“ dazu abzugeben ! Ich finde Sie haben die Situation sehr gut gemeistert !!! Sorry,das musste ich einfach los werden !Ich wünsche einen schönen Jahresausklang !!!LG Conni

  11. RoteNina sagt:

    Ich freu mich für den Jüngsten, für Ihre Syrer und für Sie. Alles im Lot.
    Herzlichst
    Die Rote

  12. vongelika sagt:

    Wenn Menschen über andere Personen sprechen, sagen deren Worte dabei oftmals viel mehr über sie selbst, als über den anderen aus. Und um bei Ihnen zu bleiben, denn deshalb lese ich hier ja so gerne: Ich mag und schätze sehr, was und wie Sie berichten. Alles Gute und einen frohen Jahreswechsel! Schöne Grüße von Gelika

  13. Frau Namenlos sagt:

    Schade das sie twitter auf privat gesetzt haben….aber ich glaube ich weiss warum (oder besser wegen wem…)
    Ihnen ein gutes 2016 und hoffentlich bis bald :-)

  14. Rica sagt:

    Liebe Frau Mutti,
    nicht nur Ihr Blog ist herzerfrischend und einfach wunderbar sondern auch wie und was Sie tun und wie sie es beschreiben können. Schade, dass ich auf twitter nichts mehr auf die Schnelle von Ihnen lesen kann. So sprudelnde, warmherzige Menschen mit so feiner Uneitelkeit braucht’s viel häufiger. Machen Sie weiter so und Ihnen & Ihrer Familie alles Gute für das neue Jahr.

  15. Katharina sagt:

    @ Nadine: Darf nur ein Gärtner im Garten arbeiten? Oder nur ein Elektriker eine Lampe aufhängen? Oder nur ein Schneider nähen? Oder nur ein Deutsch-für-Ausländer-Lehrer als solcher arbeiten? Das verstehe ich nicht. Was darf dann eine „Nur-Hausfrau“? Kochen? Putzen? Einkaufen? Oder auch Kinder erziehen? Oder Blogs schreiben? Oder sich engagieren, wo gerade dringend Hilfe benötigt wird?