Zahnarzt. WAAH!

26. Januar 2017

Neulich beschrieb ich es schon mal kurz: ich habe schreckliche Angst vor dem Besuch beim Zahnarzt. Geräusche, Gerüche und die Tatsache, dass mir Fremde wirklich nahe auf die Pelle rücken – das alles zusammen macht mir große Angst. Dass es als Dreingabe noch Schmerzen während der Behnadlung gibt, fällt da kaum noch ins Gewicht.

Alle paar Jahre packt mich dann entweder das schlechte Gewissen oder ein konkreter Anlass und ich mache einen Termin. Todesmutig. Mein bisheriger Zahnarzt wusste um meine Ängste, doch kurzfristig abgesagte Termine seinerseits fütterten nur meinen feigen Schweinehund und der Mut verließ mich. Der letzte Zahnarztbesuch ist also vier Jahre her und plötzlich schmerzte es.

Schmerzen sind ein prima Motivator und ich begann nach Zahnärzten zu googlen, die sich auf Angstpatienten spezialisiert haben. Erfreulicherweise praktiziert ein solcher im Nachbarstädtchen, auf Wunsch arbeitet er auch wenn der Patient in Narkose liegt. Das erschien mir als traumhafte Vorstellung: ich schlafe friedlich und wenn ich aufwache sind alle meine Zähne geheilt.

Der erste Schritt, einen Termin zu vereinbaren, ist oft schon der, bei dem ich strauchele. Somit übernahm das der beste Vater meiner Kinder. Er begleitete mich auch in die Praxis und wartete im Wartezimmer auf mich. (und passte auf, dass ich auch wirklich ins Behandlungszimmer ging) Es ist ja nun mal so, dass der Zahnarzt erstmal schauen muss, was da überhaupt zu tun ist. Ich musste mich also auf diesen Stuhl legen und den Mund weit öffnen. „Wenn sie mögen.“, „Wenn es für sie in Ordnung ist.“, sagte der Zahnarzt stets, bevor er mir Anweisungen gab. Das war mir ein klitzekleines Bißchen peinlich, denn er schaute ja nur. Spitze Haken, Bohrer und sonstige Gerätschaften waren nicht in seiner unmittelbaren Reichweite. Er diktierte den Zustand meines Gebisses, schickte mich noch zum Röntgen und danach besprachen wir, wie es weitergehen kann. Ob es vielleicht vorstellbar ist, einige Behandlungsschritte ohne Narkose durchzustehen. Eine Zahnreinigung beispielsweise, denn der Zahnstein sollte schon vor der weiteren Behandlung weg, damit das gereizte Zahnfleisch zur Ruhe kommen kann. „Wir versuchen das mal. Wenn es nicht klappt, finden wir eine Lösung.“

Heute war ich zur Zahnreinigung. Ich schlief sehr, sehr wenig in der Nacht davor und hatte schlimmes Herzklopfen als ich die Praxis betrat. Panik war das nicht, aber große Angst. Diese Angst konnte mir nicht genommen werden, aber ich bekam die gewünschten Spritzen. Spritzen sind nämlich super. Vor denen habe ich keine Angst und ich vertraue ihrer Wirksamkeit. Und weil ich weiß, dass sie wirken, kann ich meine Augen schließen und aushalten. Nachdem ich signalisiert hatte, dass mir leichte Konversation nicht bei der Bewältigung hilft, ließ man mich in Ruhe. Nur wenn eine andere Behandlungsmethode einsetzte, wurde ich ruhig informiert und bekam erklärt, was weswegen gemacht wurde.

40 Minuten dauerte die Prozedur von der ersten Spritze bis zum Versuch mit völlig taubem Mund und Lippen auszuspülen. Genauso lange dauerte es bei der Geburt des Jüngsten von der ersten Wehe bis zum ersten Schrei. Das hat nicht mehr Spaß gemacht, aber ich würde lieber noch ein paar Kinder gebären, als wieder beim Zahnarzt zu sitzen.

Doch genau das werde ich tun. Also beim Zahnarzt sitzen, keine weiteren Geburten hier. Nächsten Freitag wird eine Füllung gemacht. Klitzekleine Stelle. „Das dauert höchstens eine halbe Stunde. Vielleicht schaffen sie das.“ Ich werde das vermutlich schaffen und ich muss unbedingt daran denken, dass ich mir vorher die Fingernägel sehr kurz schneide. Heute waren sie ein Stück zu lang und meine Handinnenflächen sahen hinterher sehr malträtiert aus.

Mit der Füllung ist die Behnadlung noch nicht abgeschlossen. Ich habe einen Zahn der nur mit einem Provisorium bestückt ist, das sollte so nicht bleiben. Und Schmerzen bereitet mir eine höchst vitale Wurzel unter einem meiner blitzenden Goldkronen. Letzteres ist eine fiese Sache, die werde ich sicherlich nicht wach erleben.

*****

„Stell dich nicht so an. Sei doch froh, dass man sich um deine Zähne kümmert und dir die Schmerzen nimmt. Sinnloses Rumgejammere, albern.“ tönt es. Leider aus meinem eigenen Kopf, denn bei aller Angst kann ich durchaus einen Schritt zurücktreten und die Sache rational betrachten. Es ist alles reichlich kompliziert, doch ich bin wild entschlossen die Sache durchzuziehen. Jammernd, natürlich.

 

13 Kommentare zu “Zahnarzt. WAAH!”

  1. frau siebensachen sagt:

    hey, gut gemacht! der erste schritt nach so langer zeit ist der schwerste, und scheints haben sie einen guten zahnarzt gefunden. ich drücke die daumen für alle weiteren behandlungen!

    (grad ist wohl zahnarzt-zeit, ich war gestern und heute auch dort. aber nur wegen den letzten vorarbeiten für eine teil-prothese.)

  2. Tanja sagt:

    Ein guter, verständnisvoller Zahnarzt der die Angst ernst nimmt und damit umgehen kann ist Gold wert. Ich muss mir nach dem Umzug auch wieder einen neuen Zahnarzt suchen, mir graut davor.
    Ich kann die Angst gut verstehen – ich habe während einer Behandlung solchen Angstschweiß, dass ich eine nasse Rückenlehne im Zahnarztstuhl hinterlasse und vor dem nach Hause gehen das nassgeschwitzte T-Shirt gegen ein frisches, trockenes tauschen muss.
    Der beste Zahnarzttermin meines Lebens war der Termin zur Entfernung aller vier Weisheitszähne auf einmal. Der wurde unter Vollnarkose gemacht…

  3. rona sagt:

    Auch bin Angstpatientin.
    Mein Zahnarzt versucht, den Aufenthalt so entspannt wie möglich zu gestalten.
    Besonders liebe ich den Blick auf das Vogelhäuschen im Garten, an dem im Sommer und Winter die Vögel immer Futter finden.
    Besonders angenehm empfinde ich den Schutzengel, der an der Deckenleuchte befestigt ist.

    Bei mir steht die Zahnhygiene im kommenden Monat auf dem Programm. Ich hoffe, er findet sonst nichts!!!!

  4. Caramelia sagt:

    Liebe Frau … äh … Mutti!
    Ich kann Sie so gut verstehen, da ich – nach einigen grusligen Erlebnissen – auch extreme Angst vor dem Zahnarzt hatte.
    Aus Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass Sie auf einem sehr sehr guten Weg sind und auch wenn es große Überwindung kostet: jedes Mal, wenn Sie ohne Narkose etwas ausgehalten und gut überstanden haben, wird die Angst ein kleines bisschen weniger.
    Was mir sehr gut hilft, ist Ablenkung. Daher habe ich mit meinem Zahnarzt vereinbart, während der Behandlung Hörbuch hören zu können. Ich kann mich auf die Geschichte konzentrieren und die schlimmen Bohrergeräusche sind gar nicht mehr sooo schlimm. Vielleicht würde Ihnen so etwas auch helfen?
    Als kleine Aufmunterung, oder gar als Entspannungsziel (wer weiß?): ich habe es voriges Jahr im Herbst geschafft, während der Behandlung einzuschlafen. Mein Zahnarzt war völlig panisch, weil er dachte ich währe ohnmächtig geworden, dabei hab ich mittlerweile einfach so viel Vertrauen zu ihm, dass ich mich so gut entspannen konnte. Es wird definitiv besser mit der Angst, ich glaube an Sie!!!

    LG aus Graz

  5. Beate sagt:

    Ich bekomme schon Panik, wenn ich nur an den Zahnarzt denke – und bei mir steht dieses Jahr ein Implantat an, das heißt (mindestens) fünf Termine, wovon der erste der schlimmste werden wird, denn da wird der Zahn gezogen.

    Mein Tipp: Happy Pills!!!! Ernsthaft – man sollte mit dem Zahnarzt reden, es gibt sehr gut wirkende Angstlöser(die mit -zepam enden), und wenn man die nur ein oder zwei Mal im Jahr nimmt, ist das völlig ungefährlich.

    Courage, Frau Mutti! You can do it!

  6. Mama Maus sagt:

    Hallo Frau Mutti,

    Toll, dass Sie sich getraut haben.

    Ich wünsche Ihnen den Mut dran zu bleiben, denn Regelmäßigkeit ist an der Stelle mit das Wichtigste.

    Viele Grüße
    Mama Maus

  7. woerterwege sagt:

    Natürlich jammernd, wie sonst. Ich drücke die Daumen.

    Ansonsten kann ich einen Knautschball (oder ähnliches) empfehlen, der schont die Handinnenflächen.

  8. PaulineM sagt:

    Sie haben den ersten Schritt schon geschafft, hingegangen und ausgehalten. Und so machen sie jetzt einfach weiter, (mit den verschiedenen Hilfsmöglichkeiten) hingehen und aushalten. Wichtig ist, dass sie dies jetzt durchziehen, keinen Termin verpassen. Und danach regelmäßig alle 6 Monate zum Nachschauen. Ich habe 30 Jahre meines Lebens mit dieser furchtbaren Zahnarztangst gelebt (und zu der Zeit gab es da bei den Ärzten wenig Verständnis). Dann lebte ich in den USA und dort hatte ich das Glück, dass die Patienten sehr behutsam und sehr freundlich behandelt wurden. Meine Angst verging und als ich wieder in Deutschland war, habe ich einen tollen Zahnarzt gefunden, der mir keine Angst mehr macht. ABER ganz stur, alle 6 Monate heißt es für mich – hingehen und aushalten. Seit 6 Jahren keine Behandlung außer Zahnreinigung. Das ist es mir wert.

  9. Iris sagt:

    Liebe Frau Mutti,
    auch ich hatte schreckliche Panik – nicht wegen der Schmerzen, sondern wegen der Geräusche, die zwangsläufig bei einer solchen Behandlung entstehen. Als Tinnitus-/Hörsturz-Geschädigte sind diese für mich immer eine Tortur. Vor zwei Jahren musste auch ich dringend zum Zahnarzt und auch ich habe eine verständnisvolle Ärztin gefunden. Einer ihrer Tipps war: Ablenkung. Dies geschieht bei mir, indem ich meine Füße immer gleichmäßig auf und ab bewege. Das habe ich dann immer wieder – z. B. beim Zähneputzen geübt. Andere Patienten zählen…. Gegen die Geräusche habe ich immer meinen IPod mit Meeresrauschen zur Entspannung,den ich dann manchmal auch sehr laut stellen muss. Ich wünsche Ihnen, dass auch Ihr Zahnarzt weiter verständnisvoll ist und dass Sie vor den Kontrollbesuchen keine schlaflosen Nächte haben.
    Viele Grüße
    Iris

  10. Ellen sagt:

    Moin, moin, ich lese sehr gern in Ihrem Blog, und habe beim Zahnarztbesuch, das gleiche Problem. Solange ich zurückdenken kann, ich gehe seit meiner Kindheit 1 x jährlich zum Doc, und er findet immer etwas…..
    erst letzte Woche 2 Std.: 4 Zähne abschleifen, 4 Zähne raus, zwischendurch Übelkeit, würgen ect. und auch noch wacklig zwischendurch zum Pipi machen, da kommt Freude auf. Aber ich habe durchgehalten und bin im Nachhinnein stolz auf mich. Gott sei Dank ist „unten“ noch alles da, was in meinem ALter (64) nicht selbstverständlich ist…. In diesem Sinne weiter so, es geht leider nicht ohne Zahnarzt, oder man/Frau bringt die Zähne hin, aber das wollen wir doch auch nicht wirklich, oder
    Herzliche Grüße aus dem Norden – Kiel –

  11. Ellen sagt:

    Ach,liebe Frau Mutti, ich denke beim Zahnarzt immer: es gibt wesentlich schlimmeres, meine 3 Freundinnen hätten gesagt: wir nehmen gern Deine Zähne, wenn wir noch leben würden und den Kreb besiegt hätten….alle 3 sind leider an dieser schrecklichen Krankheit unter 64 Jahren gestorben

  12. Tanja sagt:

    Ich kann Sie so gut verstehen! Auch ich habe wahnsinnig Panik vor’m Zahnarzt, die leider nicht vergeht. Vor einigen Jahren war ich schon mal mutig und habe sogar 2 Implantate. Das war in der laufenden Behandlung dann gar nicht mehr so schlimm… Doch nun, seitdem die Termine wieder schleifen lassen, und die Panik ist wieder da… Menno, bin ja selber schuld!
    Aber Ihre Geschichte macht Mut, vielleicht kann ich mich ja auch in 2017 wieder überwinden und es angehen…
    Ihnen weiterhin erträgliche Besuche!

  13. Wibke sagt:

    Liebe Frau Mutti,

    danke für den Text. Ich habe auch immer große Angst vor und beim Zahnarzt. Das Thema ist mir auch immer schon sehr peinlich. Iht Text hilft an der Stelle sehr. Bei Ihnen (und anderen Betroffenen) finde ich es gar nicht peinlich. Von Ihnen zu lesen hilft mir, verständnisvoller mit mir selber zu sein und das tut mir gut.
    Gleichzeitig bewundere ich ihren Mut, sich der Angst zu stellen. Herzlichen Glückwunsch zu jeder bestandenen Untersuchung und Behandlung,

    Liebe Grüße von einer (sonst) stillen Leserin, Ihre Wibke S.