Alles ist …

27. Januar 2017

schallalla …

alles ist …

schubidu …

alles ist geregelt!

(aus: Ritter Rost und die Hexe Verstexe)

Regeln.

In meiner Twittertimeline spukt das Thema seit ein paar Tagen herum und es wurden einige Blogartikel dazu geschrieben. Ich nickte und lächelte viel und dann musste ich doch die Stirn runzeln, als ich sinngemäß folgenden Tweet las: Regeln werden hier sowieso nicht befolgt, muss ich auch keine aufstellen. Außerdem las ich, dass Regeln nur einengen.

Und zack! Ich will da was zu sagen.

Vorneweg: ich halte Regeln für überlebensnotwendig. Und damit meine ich nicht nur Regeln wie „Bei Grün gehen, bei Rot stehen“, sondern all das, was dazu führt, dass man glücklich miteinander leben kann.

Und schon sind wir wieder an der Stelle an der klar wird, warum diese ganzen Erziehungsratgeber und hilfreichen Blogtipps schlicht für die Tonne sind und weswegen dieser Artikel Ihnen sicher nicht weiterhilft, wenn Sie auf der Suche nach den ultimativen Erziehungsregeln sind. Ich habe nämlich nur meine, kleine Familie und für die funktionierten unsere Regeln prächtig.

Aber nochmal von vorne: Regeln halte ich für wichtig, weil sie schützen. Sie schützen ganz mittelbar vor Gefahr (das sind dann die bösen Verbot-Regeln wie „keine Gegenstände in irgendwelche Körperöffnungen“) und unmittelbar vor Hilf- und Machtlosigkeit angesichts eskalierender Situationen. Im besten Fall verhindern sie diese sogar, weil man sich jederzeit auf bestehende Regeln berufen kann. Beispiel: Nicht auf dem Sofa hüpfen!

Begründungen, die selbst kleine Kinder verstehen: das Sofa ist unser Platz zum Ausruhen, Bücher lesen und fernsehen. Das klappt nicht, wenn man draufrumspringt.

Situation: ein Kind hüpft.

Reaktion: Bitte nicht hüpfen, denk dran: Kuschelplatz.

Im besten Fall ist die Situation geklärt. Im doofsten Fall muss man da etwas nachdrücklicher werden. Und im allerdoofsten Fall gabs bei uns Zimmerverweis. Und später ein klärendes Gespräch mit Regelauffrischung.

Wir haben und hatten viele Regeln. Und ich glaube, ich habe das schon oft hier geschrieben, macht ja aber nix. Manche Regeln waren irgendwann hinfällig weil überholt, andere konnten gelockert werden und manche werden noch heute immer wieder diskutiert. (das leidige Wäschethema über das ich neulich schrieb)

Alle Regeln eint, dass sie, einmal ausgesprochen, unbrechbar einzuhalten waren. Konsequenz hieß da das Zauberwort, Ausnahmen gab es nur, wenn es klar war, dass es sich um eine Ausnahme handelte und nicht um Faulheit, Müdigkeit, Krankheit.

Konsequenz und Regeln sind eng miteinander verknüpft, ohne Konsequenz geht es nicht. Es geht auch nicht ohne ständiges Nachdenken bezüglich Sinn und Aktualität. Außerdem muss ständig erklärt und begründet werden. Vielleicht auch eine Maßnahme überlegt werden, die sachbezogen straft. Diese muss erklärt werden. Und irgendwann wieder aufgehoben werden, erklärend natürlich. Das Ganze ist dann Erziehung. Verdammt harte Arbeit, weil man da ständig bei der Sache bleiben muss.

Der Lohn?

Kleine Kinder, die in klaren Abläufen Sicherheit finden.

Große Kinder, die Grenzen zum Überschreiten finden können.

Kleine Kinder, die sich überall spielend zurecht finden.

Große Kinder, die eloquente, freundliche Menschen sind.

Eltern, die zwar immer wieder am Krückstock gehen und Fransen am Mund haben, die aber Ruhe und Entspannung finden können. Und sehr viel weniger schreien müssen.

Sie sehen: ich bin ganz großer Fan von Regeln. Von unseren Familienregeln.

Aber auch mit Richtlinien wie beispielsweise Höflichkeit kann ich mich gut arrangieren und unsere Kinder wurden beispielsweise dazu angehalten, andere ausreden zu lassen, freundlich zu grüßen und die gängigen Tischmanieren zu beachten. Also diese Regeln, ohne deren Befolgung man zwar irre individuell aber manchmal halt auch einfach unerträglich und eine Kackbratze ist.

Ich weiß, dass es derzeit nicht so arg modern ist, streng zu sein. Strafen sind verpönt, sogar das Wort „nein“ darf nur homöopathisch dosiert verwendet werden. Gleichzeitig lese ich von Eltern, die vor Verzweiflung weder ein noch aus wissen und nur noch schreien können. Das tut mir so schrecklich leid, denn mal davon  abgesehen, dass es doch auch für ein Kind eine schreckliche Last sein muss, ständig zu entscheiden was gut oder doof ist, richten sich da Eltern selbst zugrunde, nur um den heiligen Nachwuchs nicht bei seiner Entfaltung zu behindern.

Für uns hat Eltern-sein niemals völlige Hin- und Aufgabe unserer Bedürfnisse bedeutet. Wir mussten klären, wie wir mit einer wachsenden Gruppe von Menschen leben wollen, damit sich alle gleichermaßen wohlfühlen. Alle. Gleichermaßen.

Ja. So einfach. So schwer.

14 Kommentare zu “Alles ist …”

  1. Barbara B. sagt:

    Find ich richtig und gut. Hab ich leider nicht ganz so konsequent hingekriegt. Bin mir aber sicher ich habe mein bestes getan.
    LG Barbara

  2. Antje sagt:

    Konsequenz – das Schwerste überhaupt! Habe ich erst mitwachsend hin bekommen ;)

    Ansonsten DANKE für – auch meine – schriftlich sehr gut ausgearbeitete – Meinung ^^

  3. Iris sagt:

    Liebe Frau Mutti,
    auch ich kann nur danke sagen – Sie haben unseren Erziehungsstil, den wir ohne die seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts überall sprießenden Erziehungsseminaren gefunden haben, sehr trefflich wieder gegeben. Unsere drei Kinder (mittlerweile 33, 30 und 26 Jahre alt) sind mit einem Mantel aus Liebe und Konsequenz aufgewachsen. Gerade Konsequenz ist das leidige Problem, denn es ist anstrengend für Eltern, angekündigte Maßnahmen auch durchzusetzen. Dieses Problem sehe ich aber nicht nur im Elternhaus, sondern auch in der Schule. Schlimm ist, dass unsere Kinder sehr schnell durchschauen, wenn wir nicht konsequent sind. Ein schönes Beispiel für einen Erziehungsratgeber aus den 90er Jahren habe ich noch: In einer Familienbildungsstelle sahen meine Tochter und ich ein Plakat mit dem Titel: „Mein Kind sagt „scheiße“ – was habe ich falsch gemacht?“ Wir haben uns damals fast ausgeschüttet vor Lachen und meine damals noch nicht volljährige Tochter fragte mich, ob man das ernst meine.
    Vielen Dank für Ihren tollen Blog
    Iris

  4. Frau PN sagt:

    Ach liebe Pia,
    das klingt immer so gut.
    Ich bin wohl eine dieser ständig rumbrüllenden Mütter die nicht weiter weiß und ihre Kinder nicht genießen kann und inkonsequent ist.
    Nicht auf dem Sifa hüpfen/klettern. Sollen unsere auch nicht.
    Machen sie. Ich bitte sie, es zu lassen. Wird trotzdem weiter gemacht. Ich ermahne wieder. Werde ignoriert. Ich schreie. Werde ignoriert. Aufs Zimmer verweisen? Das wird nicht befolgt. Am Ende schreien alle.
    Und nun?

    Ich wünsche mir sehnlichst so ein tolles Fsmilienleben wie bei Euch.
    Ich wünsche mir sehnlichst, ich könnte das so wie Du mit dem Erziehen.
    Ich bin da wohl einfach absolut unfähig…
    :-(

  5. Sabine sagt:

    Guter Beitrag! Ich hatte vor einiger Zeit das zweifelhafte Vergnügen, in einem Bio-Supermarkt eine offensichtlich regellose, aber dafür betont lässige Familie mit 2 kleineren Kindern (Vorschulalter) zu erleben – die Mitarbeiter des Ladens mussten mehrfach eingreifen und die Mutter darauf hinweisen, dass die Kinder bitte nicht alle Waren anfassen, auf den Boden werden usw. sollten. (betreffende Waren wurden übrigens dann bezahlt, die Frau war darüber nicht erfreut, hielt es aber weiter nicht für nötig, ihre Kinder zurückzupfeifen). Der Vater drückte sich meistens in den Gängen herum und tat so, als kenne er seine Kinder nicht:)

  6. creezy sagt:

    .

  7. Andrea sagt:

    Liebe Frau PN,
    das Problem ist, man darf nicht immer nur reden und ankündigen. Wenn man eine Maßnahme ankündigt, muss man sie auch durchziehen. Egal wie! Ausser natürlich mit körperlicher Gewalt, wobei ich mein Kind auch zweimal tatsächlich gegen ihren Willen ins Zimmer oder Auto getragen habe, weil sie sich schlichtweg geweigert hat. Aber auch das habe ich vorher angekündigt…entweder sie geht jetzt sofort freiwillig oder ich bringe sie persönlich dorthin. Sie hatte also die Wahl. Das Einzige, was ich jemals aus Erziehungsratgebern mitgenommen habe und das heute auch noch beherzige ist „Definiere deine eigenen Grenzen und setze sie durch. Dann musst du aber auch die Reaktion des Kindes aushalten, das natürlich sauer darüber sein wird“ von Jesper Juul. Passt auch heute bei der Teenie-Tochter wunderbar. Bei Dingen, die mir wichtig sind, da bin ich konsequent. Sie bekommt eine recht lange Vorlaufzeit mit Ankündigungen, aber irgendwann ist Schluß und die Maßnahme wird durchgezogen. Das ist bei einem diskussionsfreudigen und willenstarken Teenie-Kind sehr anstrengend und kraftraubend, aber ich glaube, es lohnt sich. Auch wenn meine Kraftreserven als Alleinerziehende oft aufgebraucht sind. Wir haben mittlerweile einen Handyplan, über den das Töchterchen geflucht, gewütet, diskutiert hat. Ich wurde beschimpft, erpresst, verflucht, es gab Einschleimversuche und erneute Diskussionen. Aber ich bin hart geblieben. Und siehe da, jetzt nach 3 Wochen schriftlichen Handy-Plan läuft es wieder besser. Bis zum nächsten Mal! :-) Und ich gehöre zu den Mamas, die durchaus auch mal Schreien. Ich bin nur ein Mensch und nur bis zu einem gewissen Grad belastbar. Wenn der überschritten ist, habe ich auch das Recht, meinem Frust freien Lauf zu lassen. Witzigerweise weiß dann meine Tochter ganz genau, dass es jetzt besser ist, den ruhigen Part zu übernehmen. ;-) Aber wenn ich so einen Point-of-no-return erreiche, dann erkläre ich danach immer wieder, dass ich halt manchmal auch Dampf ablassen muss. So wie sie es auch macht, wenn sie wütend ist. LG

  8. creezy sagt:

    @Frau PN
    Hm, ich sage es mal so: ich hatte eine tolle Mutter. Das Einzige, was ich in als Kritik im Nachhinein vorwerfen würde? Mangelnde Konsequenz in einigen Punkten mit gegenüber.

  9. Eva sagt:

    Ich gehöre als 4-fach Mutter tatsächlich auch zu denen, die ihre Kinder in ihrer vollen Entfaltungsmöglichkeiten immer mal wieder einschränken. Ich mag nämlich definitiv nicht alle Entfaltungen.
    Als Ergebnis habe ich heute Kinder, mit denen ich nicht nur zu Hause ein überwiegend entspanntes Leben führe, sondern auch im Außen können die sich bewegen, ohne unangenehm aufzufallen oder permanent anzuecken.
    Ich höre oft, dass ich da ja wirklich mit meinen Kindern „Glück gehabt“ hätte. Nee, das ist kein Glück, das ist Arbeit und ja, es sind Regeln. Und ich liebe sie!

  10. Britta sagt:

    @Frau PN…. deine Kinder nehmen keinen psychischen Schaden, wenn du statt „Würdest du bitte vom Sofa gehen?“ etwas anderes formulierst, z.B. : „Geh da jetzt! Sofort! Runter!“ Das ist viel klarer und deutlicher und sie müssen nicht überlegen, ob sie deiner Bitte nachkommen wollen/ sollen.
    Du musst es nicht laut sagen, aber nachdrücklich, deutlich und mit dementsprechender Mimik. Wenn sie es dann immer noch nicht schnallen, kannst du sie immer noch so lange runter heben, bis sie es kapieren.
    Natürlich werden sie protestieren, aber wenn das Geschrei vorbei ist, erklärst du nich einmal in Ruhe. Schon beim nächsten Mal wird es schneller gehen.

    Einen weiteren Tipp habe ich auch noch – gut überlegen, was man verbietet und warum und ob man manche Dinge nicht doch auch durchwinken kann. Inflationäres NEIN ist kontraproduktiv.

    LG in die Runde von
    Britta,
    die sich auch vor 10 Jahren schon gewundert hat, warum um alles in der Welt darüber diskutiert werden muss, ob das Kind bei rot an der Ampel stehen bleibt…

  11. carlinda sagt:

    Bei uns war es so das ich weniger probleme mit den Grossen hatte, wenn ich die Regeln streng befolgt wurden, Sobald ich es schleifen hab lassen, auch welchen Gründen auch immer, gab es eine Krise nach der anderen.
    und jetzt leben wir mittlerweile in einer entspannten WG.
    lg carlinda

  12. Eva sagt:

    Hach, ich find ja die Nach- Kleinkinder -Zeit -Posts von Dir so gut. Weil es so schön reflektiert wird. Übrigens, den Garten Post finde ich genial. Toll! Was mir gefällt (und was ich leider erst nach der Trennung lernen durfte) ist, dass Ihr Eure Kinder einfach genossen habt. Klar braucht es Regeln für ein gemeinsames Leben in einem Haushalt mit vielen Personen.
    Was ich bei vielen Eltern schade finde, ist ihre Unsicherheit genährt durch das „was denken denn die anderen -Denken“. Hauptsache, es wird keine Schwäche gezeigt, alles muß perfekt laufen.
    Dabei ist das Leben doch immer alles, perfekt unperfekt.
    Den Familien von heute fehlt der Freiraum für freie Zeit zum einfach ungeplant miteinander sein. Und vieles wird so vorgefertigt, alles muss angeleitet und pädagogisch wertvoll sein. Unangeleitetes Spiel macht stark für die Zukunft. Dahingehend bin ich sehr froh, 8 Jahre Waldkindergarten durchgestanden zu haben, für meine Stadtkinder ein absolutes Glück.
    Anyway, den eigenen Weg zu finden ist nicht so leicht, aber absolut wert.
    Was ich wirklich wichtig finde, ist authentisch sein als Eltern. Kinder entlarven das sofort, wenn es nicht echt ist. Dazu gehört u.a. nicht ständig in der 3. Person von sich zu sprechen, und auch gerne seinen Willen klar und deutlich auszudrücken.
    Auch seine eigenen Fehler zuzugeben finde ich wichtig. Zuhören und reden.
    Und der ultimative kick in Situationen, die mich überfordert haben : das Verhalten in Rollenspielen spiegeln. Die Kinder haben dann endlich kapiert, wie heftig es sein kann, wenn niemand auf einen hört. Wenn einer ständig in den privaten Sachen herumspringt. Nur auf dem Boden liegt und rumbrüllt usw.
    Da reden meine Teenager heute noch drüber.
    Was auch ein Faktor war: oft gibt es ZUVIELE Regeln. Nach der Trennung hab ich diese deutlich reduziert auf das Nötigste. Das geht einher damit, wie ich z.b.in einer Wohnung lebe mit Kindern. Wenn ich es z.b.immer 100% tiptop haben muss, dann ist klar, dass man als Eltern dauernd etwas bekrittelt und die 95 Regeln befolgen muss. Entspannt Euch mal alle ;)
    Liebe Grüße aus Düsseldorf,
    Eva

  13. anna sagt:

    AMEN

  14. aprikaner sagt:

    jap!