Geld verprassen, Shoppen, in Kaufrausch verfallen und die Stadt leerkaufen – hatte ich mir vorgenommen.

Da wurde nix draus.

Ich sah eine phantastische, große (rot mit weißen Tupfen) Tasse, Fassungsvermögen etwa fünf Liter. Gedacht als originelles Pflanzgefäß (naja), doch mir schwebte direkt der morgenliche Kaffee in der Getupften vor. Allein die Vernunft (wie willst du das Ding heimtransportieren) hielt mich vom Kauf ab … und das Wissen um steigende Kaffeepreise.
Desweiteren sah ich Schokoladenplätzchen, -törtchen und -kuchenstücke als Christbaumanhänger. Aus Glas und kräftig beglitzert. Sehr zweckfrei, aber irgendwie doch hübsch. Aber ich habe genug Krusch und Krempel und Weihnachten ist rum.
Ich sah eine Handtasche für 3000,- Euro. Sie war nicht mal schön.
Ich sah ungefähr hundert Würstchen-, Crêpes-, Brezel-, Donuts-, Süssigkeitenstände und alle waren belagert von Menschenmassen. Das war um 15:00 Uhr, hatten die nix zu Mittag gegessen?
Ich sah zwei Männer, die beide mindestens 2,00m groß waren. Etwa hundert Meter lief ich neben den beiden her und ich fühlte mich wie ein Zwerg, erwägte kurz den Kauf von Highheels, doch dann verschwanden die zwei in einem Sportgeschäft und ich war wieder einen Kopf größer als die meisten Menschen, die mit mir durch den Sonnenschein schlenderten.
Ich sah fünf verschiedene Hager-und-Mager-Läden und betrat keinen einzigen davon.
Ich sah einen Body-Shop (-Laden dranzuhängen wäre eine doofe Doppelung) und betrat ihn, denn ich war noch nie in einem. Auf die linke Hand schmierte ich mir brasilianische Nuß-Bodylotion, auf die rechte Hand eine Lotion, die so riecht wie Karamellpudding schmeckt. Ich beschloss, dass ich zu alt bin, um nach Karamellpudding oder brasiianische Nüssen zu riechen. Ausserdem schimpft Ökotest immer über diese Produkte. (meine rechte Hand riecht, trotz mehrfachem Waschens, immer noch sehr lecker karamellig)
Ich sah die Verkäuferin eines Parfumladens, die mit einem Flakon die Frauen besprühte, die sich nicht „Nein!“ zu sagen trauten. Ich sah sie rechtzeitig und machte einen weiten Bogen um sie.
Ich sah eine Menge Menschen, die mit Blechdosen oder Plastiksammelbüchsen Geld sammelten. Für Kinder, für kranke Kinder, für einsame Kinder, für sehr kranke Kinder, für todkranke Kinder, für verwaiste Tiere, für misshandelte Tiere und Kinder, für oder gegen das Waldsterben, für ein schöneres Berlin oder einfach nur für sich selbst. Manche verkauften auch irgendwelche Zeitungen, die ich aber verschmähte und das fällt mir wirklich schwer.
Ich sah eine ältere Dame, deren Haare noch roter als die meinigen sind und eine, die zuviel Blaufestiger benutzt hatte.
Ich sah einige junge Mädchen, die direkt aus den 80ern herüber gehüpft sein mussten, in ihren Leggings, den Robin-Hood-Stiefelchen und den Oberteilen mit Fledermausärmeln und Rückenausschnitt.
Ich sah ein paar sündhaft teure Stoffturnschuhe mit Punkten und Marienkäfern, doch ich beschloss, dass nur Menschen, die Karamellcreme als Bodylotion benutzen, diese Schuhe tragen können. Zu den Leggings.
Eine Zeitlang sah ich garnix, weil mich die Sonne so arg blendete, aber das war kein Grund zur Beschwerde.
Ich sah wundervolle Altbauten neben lieblos Hochgezogenem, sah wie eine Radfahrerin von einem empörten, älteren Mann (mit Hut) vom Rad gezogen wurde, weil sie auf dem Radweg fuhr, den er für sich beanspruchte, sah zwei sehr niedliche Mädchen (etwa 14 Jahre alt), die versuchten, wie ganz böse Punks auszusehen und ich sah gerade noch rechtzeitig den Bus, der mich schließlich bis fast vor die Haustür brachte.

Genug gesehen für heute, der Kopf schmerzt und die Füße auch.
(gekauft habe ich neun rosa Stoffservietten, reduziert auf 1,99. Bin ich verschwenderisch!)

7 Kommentare zu “allein in der Ferne, Teil 5”

  1. Frau Suppenklar sagt:

    Es mutet schon immer komisch an, wenn man direkt mit der sonst nur aus Werbefilmchen bekannten Konsumwelt konfrontiert und überfordert wird. Da ist einem auch schnell klar, wie sehr sich so heiß ersehnte Wünsche auf ein Minimaß reduzieren können.
    Arme Frau…äh…Mutti, da macht Shopping keinen Spaß!
    Reiche Frau…äh…Mutti, da wird einem klar, dass das Herzensglück nicht auf den hippen Straßen von Berlin-Mitte zu finden ist.
    Toll geschrieben!

  2. Thea sagt:

    na ja, wenn Du 10 Servietten gekauft hättest, könnte man vielleicht schon sagen, dass Du verschwenderisch bist. :-)
    Schön war jetzt der Nichtshopping-Bummel mit Dir. Danke fürs mitnehmen.
    Lieben Gruß und noch wunderschöne Urlaubstage
    Thea

  3. Birgit sagt:

    Ich bin dann doch mal so frei und empfehlen Ihnen und auch allen anderen Berlinbesuchern ein Geschäft, in dem man gut einkaufen kann und zumindest beim Einkaufen kein schlechtes Gewissen bekommt. Nach dem Genießen dann vielleicht schon.

    in’t Veld Schokoladen
    Dunckerstraße 10
    10437 Berlin Prenzlauer Berg

    Hier klicken

    Ist wirklich einen Besuch wert.

  4. Ulrike sagt:

    Danke fürs mitnehmen,so kenne ich Berlin aus den Erzählungen meiner Eltern,die dort auch zu Besuch waren.
    Nein 9 Servietten sind nicht verschwenderisch,vor allem nicht bei dem Preis,aber vielleicht zu wenig wenn man so viele Gäste einlädt,aber das ist ja draussen oder….und da tun es auch die Papierservietten.
    Viel Spaß noch und schöne Heimreise
    Ulrike

  5. Anonymous sagt:

    Haha, um in histerischen kaufrausch zu verfallen, empfehle ich, mit mindestens 4 kaufberauschten Freundinnen loszuziehen, wie wir nach Buenos Aires: Hier klicken

    Liebe Grüsse aus Paraguay

  6. Sabine sagt:

    Hach, sag nicht, daß man sich nicht an Stoffservietten berauschen kann. Vielleicht mußt Du ins nächste Stoffgeschäfft?
    Hast Du denn für vorgestern abend einen Fernseher gefunden? Ich hab an Dich (und unserern schönen GA-Abend vor einer Woche) gedacht, als wir zu fünf kleinen und großen Mädels auf dem Sofa lümmelten und die Models geguckt haben. War auch nett, so mit Schwester und Nichten :cool:

  7. Ines sagt:

    :D

    Du bist groß.ar.tig!

    *basta*