Ohne unser drittes Kind hätte ich einen Berg Wäsche weniger.
Wahrscheinlich auch etliche graue Haar weniger, wobei ich das nicht so genau weiß, da das Gebamsel auf dem Kopf gefärbt wird.
Ich hätte das größte und schönste Zimmer des Hauses zur Verfügung und könnte mich dort mit meinen Stoffen, Nähmaschinen und Schnickeldi-Sammlungen breitmachen.
Mein Nervenkostüm hätte kleinere Löcher und ich müsste mich nicht demnächst mit der Grundschulrektorin auseinandersetzen.
Abgetragene Kleidung könnte sogar noch verkauft werden, da Hosen keine Löcher in den Knien hätten und Pullis keine ausgeleierten Bündchen.
Auf meinem Küchentresen lägen keine Tabletten, an meinem Küchentisch stünde kein TrippTrapp mehr und an der Kindergarderobe wäre viel mehr Platz.
Ich würde keine Kinderpsychologen kennen, hätte nie etwas von Dyslalie und Dyskalkulie gehört, ADS als echte Diagnose hätte ich weiterhin sanft belächelt und langhaarige Jungs in Star Wars T-Shirts wären potentielle Kandidaten für den Jugendstrafvollzug.
Hätte man mir erzählt, dass der nun mehr neunjährige Sohn immer wieder einnässt und -kotet, hätte ich haarscharf und laienpsychologisch auf Vernachlässigung getippt, mit Nachdruck, aber Hallo! Was soll es sonst sein? Schließlich ist man durch´s Privatfernsehen gebildet.

Kurz – ich hätte mehr Platz und weniger Arbeit und eine Menge schräger Ansichten.

Auf der anderen Seite der Waagschale liegt mein jüngstes Kind.
Heute feiert es seinen neunten Geburtstag. Sein allersehnlichster Wunsch waren Tintenpatronen für den Füller, den erfüllten wir gerne. Einen Schreibtischstuhl und Bettwäsche gab es, einen Schleich-Ritter von den Geschwistern und nachmittag bringen die Großeltern zwei Packungen Lego.

Mir hat er einen neuen Blickwinkel auf das Leben geschenkt. Hat mir so manches vorschnelle Urteil abgewöhnt, mich dünnhäutig und manchmal auch verzweifelt gemacht. Er hat mich Hoffen und Bangen gelehrt und die Kunst, in Scheiße Gold zu finden. Er hat den Fundus unsere liebgewonnen Familiengeschichten erweitert, ohne ihn gäbe es keine ´öwen´ ahn´urzeln oder ´affee´ückchen und ohne ihn wüsste ich nicht, dass man Kartoffeln in der Spülmaschine garen kann. (kann man, muss man aber nicht) Dank ihm schreibe ich, wie jedes Jahr, rührseligen Kram zusammen und schäme mich kein bißchen dafür.

Herzlichen Glückwunsch, großer Jüngster.

*Frau Antonmann, ich brauchte diese Überschrift und hoffe, dass sie das genehmigen.

15 Kommentare zu “Mit dem Dritten sieht man besser*”

  1. Gartenfreundin sagt:

    Guten Morgen liebe Frau Mutti!
    Das ist so schön geschrieben…mir fehlen die Worte und zurück bleibt nur Gänsehaut! : )
    Auch von uns herzlichen Glückwunsch und einen schönen
    Geburtstags-Sonn(en)tag! :D

  2. Carsten Giesen sagt:

    Auch von mir einen Glückwunsch an Ihren Sohn, und an Sie einen Dank für wunderbare Geschichten!
    Welches Programm muss man die Spülmaschiene einstellen,damit die Kartoffel gar werden? Ist doch praktisch, kann ich mir das Waschen der Selben sparen!

  3. jette sagt:

    (Da gibt' s auch nix zu schämen.)

    Allerherzlichste Glückwünsche an das jüngste Kind – auf daß es ein ganz wundervoller Tag wird!!!

  4. Frau Antonmann sagt:

    Genehmigt. Die Dritten sind einfach toll.

    Alles Liebe dem Neunjährigen.

  5. dasmiest sagt:

    Herzlichen Glückwunsch großer Kleiner.
    Ich bin sicher, ihr habt einen tollen Tag, hier strahlt jedenfalls die Sonne für dich.

  6. Frau Suppenklar sagt:

    Frauen und Muttis mit Herz rühren an der Seele und machen dankbar für tiefe Einblicke!
    Einen sonnigen Gruß aus Berlin

  7. Frau Schröder sagt:

    Liebe Frau…äh…Mutti!

    Dies ist wieder einmal mehr ein Text, der mir im wahrsten Sinne unter die Haut und ans Herz geht. Meinen allerherzlichsten Dank, daß Sie mir diese Einblicke gewähren und auch mir den
    ansonsten arg begrenzten Horizont, was das Leben einer „Familienmanagerin“ alles beinhaltet, so sehr erweitern und bereichern.

    Dem jüngsten Großen, alles Liebe und Gute!

    PS: Mein Sohn war 9 Jahre alt, als ich ihn bekam (heute schon 25).

    PS 2: Wenn Sie eine wohlverdiente Schreibpause machen, ist das völlig okay und bedarf keinerlei Rechtfertigung. Zumal ich auch immer mitlese, aber ganz selten kommentiere.
    War lediglich verunsichert durch die Stalker-Gerüchte. Ist das eigentlich vom Tisch oder werden Sie noch immer belästigt?

  8. Ines sagt:

    Liebes Jüngstes Kind,

    alles Gute zum 9. Geburtstag vom Schäfer-Clan! Bleib, wie Du bist, Du bist einfach nur *knuuutsch*

    Und Dir, liebe Frau…äh…Mutti, meine Hochachtung davor, was für großartige Kinder Du da hast! Ich hoffe, ich kriege das mit meinen beiden nur halb so gut hin…

  9. tanja sagt:

    Lieber großer Jüngster, auch aus der Casa Arendt die besten Glückwünsche zu Deinem Geburtstag!

    Du hast eine tolle Familie und die vier anderen Familienmitglieder sehr viel Glück, Dich zu haben!

    Alles Liebe,

    Tanja & der Rest der Bande
    :-)

  10. Ulrike sagt:

    Liebste Frau…äh…Mutti,
    dem Jüngsten von Herzen meinen Glückwunsch zum Neunten! Der Mutti danke ich für die bewegenden Worte … vieles kommt mir arg vertraut vor … mein langhaariger Tagedieb wird seinen 9. im August feiern!

    Alles Liebe,
    Ulrike :ok:

  11. Sabine sagt:

    Herzlichen Glückwunsch dem „Dritten“ auch noch am späten Abend- ich hoffe, die Feier war trotz Krankenhausbesuch noch möglich… Und: selten so einen schönen Text über das horizonterweiternde Muttisein gelesen….
    LG Sabine (regelmäßig lesend, Blog-Pausenwünsche verständlich findend, sich freuend an den Beiträgen…)

  12. Jeanie sagt:

    Da gibts auch kein bißchen wofür Sie sich schämen müßten! Es gibt nirgendwo liebevollere wunderbarere Liebserklärungen an seien Kinder wie hier bei Ihnen – und jedesmal wieder hab ich nen dicken Kloß im Hals und würd meine eigene Rasselbande am liebsten sofort und ganz fest in den Arm nehmen. DANKE für diesen Beitrag!!

    Liebes großes jüngstes Kind: Zum 9. Geburtstag wünsch ich (ein bißchen nachträglich noch) alles Liebe und Gute! Wir Fischlein sind nunmal ein bißchen verträumt und irgendwie anders…. Du hast die beste Familie die Dur Dir wünschen kannst – und Du wirst Deinen Weg schon finden! :ok:

  13. DüneSieben sagt:

    Dem Neunjährigen Kinde, der Mutter und der ganzen Familie herzlichste nachträgliche Glückwünsche! :-)

  14. Anonymous sagt:

    „Er hat mich Hoffen und Bangen gelehrt und die Kunst, in Scheiße Gold zu finden.“
    Was? Hat der echt Deinen Ehering verschluckt? :D

  15. Blaubaer sagt:

    Ich lese ihre Beiträge sporadisch immer mal wieder.
    Bin immer wieder begeistert von ihre Texte.Oft muss ich lachen und denke ,das kenne ich doch.Ich wollt ich währe vor 30 Jahren mit so viel Spass,Gelassenheit und Liebe an manche Dinge heran gegangen.
    Ich hatte auch,wie sagt man :ein schwieriges Kind.Es ist unser Ältester.Heute ist er 40 und noch nicht richtig erwachsen.Manchmal denke ich er ist zu gut für diese Welt.Aber an schwierigen Kinder hängt man am meisten .Ich wünsche ihnen noch viel Kraft und vor allem immer so viel Spass . :ok: :ok: