Freigang

21. Dezember 2005

Obwohl ich heute nicht das Haus verlassen wollte, falls die ungemein männlich-attraktive-sonore Stimme nochmals nach Helmut fragen will – es ließ sich nicht umgehen.
Nachdem der Erdbeerkater gestern abend seine letzte Impfung tapfer über sich hatte ergehen lassen, stand der Erkundung der großen, weiten Welt nichts mehr im Wege. Er selbst hatte schon früher durch Kratzen an der Terrassentür und herzzerreissendes Jaulen auf dem Fensterbrett deutlich gemacht, dass er schon groß genug ist, um den Widrigkeiten da draußen zu trotzen.
Als ich ihm die Terrassentür öffnete, glaubte er nicht so recht an sein Glück. Erst als ich ihn auf die Terrasse gelockt hatte, gab es kein Halten mehr. Mit Irokesenrücken und Bürstenschwanz grub er sich durch das Laub unterm Kirschbaum, durchpflügte die Äste um die Feuerstelle und schlich die Treppe in den unteren Garten herab. Sein erster Besuch galt den Nachbarn, bzw. deren Waschküche. Mit Müh und Not konnte ich ihn wieder herauslocken, bevor er mit seinen niedlichen Matschpfötchen auf der frischgewaschenen Wäsche der Nachbarin herumsprang und ein weiterer Grundstein zum nachbarlichen Miteinander zertrümmert wird.
Weiter ging es, quer durch einen weiteren Nachbargarten und mein säuselndes „Sauerstein, komm wieder her!“ war längst nicht so spannend, wie die vielen raschelnden Blätter, knackenden Zweige, gammelnden Pilze, alarmschlagenden Vögel und glitschigen Grasbüschel. Letztere nagte er dann auch gewissenhaft ab, so dass ich heute noch mit einem ausgiebigen Kotzerchen rechne.
Nun besitzt das dürre Katerchen kein Winterfell, weil er ja von den bösen Menschen stets eingeschlossen worden war und somit den Wechsel der Jahreszeiten nicht realisiert hatte. Es schien ihm zu dämmern, dass es recht frisch da draußen ist und so gelang es mir schlussendlich und zum Glück doch, ihn mit Schüsselklopfen ins Haus zurückzulocken. Dort gab es für den brav heimgekommenen Erdbeerkater ein dickes Lob und ein Stückchen Käse.
Für die durchgefrorene und völlig entnervte, weil stets um das Wohl des Kater besorgte, Frau … äh … Mutti gab es drei Plätzchen und eine Tasse Tee.
Angerufen hat niemand, dafür kommt gerade das erste Kind von der Schule und der ganz normale Wahnsinn beginnt von vorne. Wie gerne würde ich mich kuschelig in einer Ecke zusammenrollen wie der Erdbeerkater :-)

Ein Kommentar zu “Freigang”

  1. Ute sagt:

    Jo, so'n Katerchen hatte ich frueher auch mal… lang is das her. Leider mag der Goetterich keine Katzen, und so werde ich wohl auch weiterhin bei Geschichten wie dieser leise seufzen muessen. :)