Auf´m Dorf

27. Juni 2006

Das Leben in einem relativ kleinen Ort hat ganz unbestritten den Vorteil, das es recht beschaulich zugeht.
Von Nachteil aber ist, dass der morgendliche Einkauf sich endlos in die Länge ziehen kann. Die Nachbarn wollen Schwätzchen halten, um acht Ecken verwandte Menschen wollen wissen, wie es dem Nachwuchs geht und Oma Ernel will erzählen, dass sie keine zehn Pfund Erdbeeren ernten kann und das, obwohl sie stundenlang im Garten geschuftet hat. Der späte Schnee ist schuld, überhaupt der strenge Winter.
„Alla mach´s gut!“, sagt sie und tätschelt meinen Arm. Ich bin nicht zu Wort gekommen, aber das ist wohl nicht schlimm.

Im Obst – und Gemüseladen wird geunkt, dass die anstehende, reichliche Aprikosenernte garantiert noch vom Hagel zerschlagen wird. Aber wie gut es doch ist, dass es endlich ein bißchen abgekühlt hat, es war doch arg schwül.
„Brauchst du noch was?“, fragt die Verkäuferin im Obst- und Gemüseladen.
„Nur noch den Kopfsalat.“, antwortet Frau … äh … Mutti über die Schulter, während sie mit einer weiteren Nachbarin über Gartenschäden plaudert.
„Der Sturm hat die Kirschen vom Baum gerissen und die, die noch hängen, sind verwurmt. Obwohl wir gepritzt haben.“
„Bei mir hat es die hohen Stauden umgeweht und eine Tomate zerupft.“
„Aber schön abgekühlt hat es ja, das war auch wichtig!“
„Unbedingt!“, stimmt Frau … äh … Mutti zu.

In der Apotheke diskutieren Chefin und Angestellte darüber, ob die Klimaanlage heute nötig sei, denn es „hat ja merklich abgekühlt“.
Auf dem Heimweg spricht mich die Nachbarin der Freundin an und fragt nach Töchterlein. Ob alles in Ordnung sei, sie sei so lange nicht mehr in der Straße zum Spielen gewesen. „Aber es war ja auch so heiß, da wart ihr sicher im Schwimmbad!“

Der Nachbar gegenüber steht auf dem Gerüst, schwitzt und pinselt weiter am Pistazieneis herum: „Heiß ist es schon wieder!“, stöhnt er.
Und ich verkneife mir die Aussage, dass es aber doch gewaltig abgekühlt hat.

Wenn

26. Juni 2006

das jüngste Kind noch einmal einer Schnecke Haustier-Asyl gewährt, werde ich dieses Kind vermutlich einen Kopf kürzer machen.

Schneckenschleimspuren auf rotem Teppich glitzern zwar wunderhübsch, fühlen sich aber unter nackten Füßen genauso eklig an, wie im Garten.

Was lange währt

26. Juni 2006

wird endlich gut?

Seit drei Nächten schläft das jüngste Kind – unfallfrei – ohne Windel.
Sollte dieser Zustand anhalten, wird es mir eine große Freude sein, den streng riechenden Eimer aus dem Bad zu entfernen.
Sollte dieser Zustand andauern, ist die Ära des Windeln Wechselns nach zehneinhalb Jahren endlich abgeschlossen.
Sollte dieser Zustand anhalten, frag ich mich, warum dieses Kind tagsüber immer noch und immer wieder in die Hose pinkelt.
Sollte dieser Zustand anhalten habe ich im Flur eine (windel)freie Schublade, die ich umgehend mit Krusch füllen kann.
Sollte dieser Zustand anhalten bin ich einfach richtig froh.

Hoch beim Tief

25. Juni 2006

Mit der Tochter auf dem Terrassentisch sitzen, die Beine baumeln lassen, über Saltkrokan und Geierrestaurants reden, in den Himmel schauen, Schwalben und Blitze zählen und zusehen, wie das Gewitter immer näher kommt.
Einen Blick nacht links werfen und sich fragen, wann dieses schöne Kind mit den lustigen Sommersprossen und den klugen Augen so groß geworden ist.
Ins eigene Kind mächtig verliebt sein.

Zeitreise

24. Juni 2006

ins Schwimmbad meiner Kindheit.
Viel verändert hat sich nicht. Es riecht nach Chlor und altem Fritierfett. Letzteres ist wohl seit zwanzig Jahren in Gebrauch. In der Pommesbude hängt immer noch das aufgeblasene Flugzeug, Ketchup und Mayo gibt´s aus dem Eimer.
Die Toiletten schwimmen und stinken und wenn es Toilettenpapier gibt, ist es grau und kratzig. (Und wellig am Rand). In die Kabinenwände sind Löcher gebohrt, manche sind mit einem Kaugummi verstopft.
Die dicken Jungs springen Bomben vom Rand, die halbwüchsigen Mädchen sitzen so dicht wie möglich am Dreimeterbrett und beschweren sich kichernd über Wasserspritzer der größeren Jungs, die zeigen, was sie draufhaben.

In diesem Schwimmbad habe ich Kinder im Rahmen des Ferienprogramms betreut, habe innigst mit einem zwei Jahre jüngeren, äusserst hübschen Kerl geknutscht und, unter einem großen Handtuch versteckt, „Es“ gelesen, ziemlich in einem Rutsch. Ich bin viele, viele Kilometer dort geschwommen, habe Transportschwimmen (ziehen oder schieben) geübt, Streckentauchen und ein paar Ringe habe ich auch hochgeholt. Dafür gab´s dann das Rettungsschwimmerabzeichen.

Heute habe ich dem Großen Streckentauchen OHNE Nase zuhalten beigebracht, mit dem Kleinen im Wasser rumgetobt, innigst mit einem ein Jahr jüngeren, äusserst hübschen Kerl geknutscht und festgestellt, dass der Kopfsprung noch klappt.

Aber das Schwimmbad war viel leerer als damals. WM sei Dank.