Wenn
22. September 2006
ich mal richtig viel Zeit habe, dann nähe ich endlich neue Bezüge für die Kissen auf der Küchenbank, neue Bezüge für die Stuhlkissen und wenn ich dann schon dabei bin, auch noch neue Bezüge für die Sofakissen. Und Bezüge für die Kissen die das große Kind in seinem Bett herumliegen hat.
Ausserdem nähe ich aus diesem hübsch getupften Stoff einen ebenso hübschen Rock.
Danach nähe ich mir eine schicke Tasche und falls dann noch ein bißchen Zeit bleibt, packe ich die Filzwolle wieder aus. Eine Tasche filze ich mir dann und eine Schreibtischauflage für unter den Computer. Frau Waldspecht wollte Topflappen, die liebste, beste Freundin hat da neulich auch drei, vier Andeutungen gemacht und die andere Freundin wartet auf ihre Lichterkette.
Wenn ich dann mal Zeit hätte, würde ich all die Bücher lesen, die ich schon immer mal lesen wollte und weggelegt habe, weil man die in Ruhe und mit Genuß lesen muss, nicht nur so nebenbei.
Wenn ich ganz viel Zeit habe, verwandele ich meine Wildnis vor der Tür in einen phantastischen Bauerngarten.
Aber jetzt muss ich erst mit der Freundin Kaffee trinken.
In der Schule lernste was!
21. September 2006
Wenn nicht gerade mal wieder Unterricht ausfällt.
Vor … nun ja … ein paar Jahren (20!) war es das Glück auf Erden, wenn eine Stunde ausfiel und hätte man mir gesagt, dass ich diesen Tatsachen irgendwann etwas kritisch gegenüber stehe … hätte ich wohl gelacht.
Heute aber wurmt es mich gewaltig.
Das große Kind hat 29 Stunden Schule in der Woche. Seit Schulbeginn hat er ungefähr die Hälfte davon. „Lehrermangel“ heißt das Zauberwort und ganz dunkel klingelt es in meinem Hinterkopf, dass es früher mal die „Lehrerschwemme“ gab. Wo sind sie hin, die Lehrer? Und warum gibt es nicht eine Art Aufnahmestop für eine Schule? SIEBEN fünfte Klassen sind in diesem Jahr dazu gekommen, die Schule platzt. 92 Schüler mehr als letztes Jahr. Dass sich bis zum nächsten Sommer die Zahlen wieder relativiert haben, weil viele Kinder leider von überehrgeizigen Eltern an die für sie ungeeignte Schule gepackt wurden, tröstet natürlich nicht. Denn bis dahin bleibt Stoff liegen. Oder wird stark komprimiert serviert.
Ich bin absoluter Verfechter des „daheim-Stoff-vertiefens“, wenn aber Grundlagen nicht vermittelt werden können … platzt mir der Kragen.
Zum geplatzten Kragen kommen gebundene Hände, wie kann ich agieren? Und ein schiefes Lächeln obendrein, wenn das große Kind strahlend nach Hause kommt, zwei Stunden früher, weil Mathe und Musik ausgefallen sind.
Aus dem Leben des
20. September 2006
Kindermodemachers.
Morgens, am Reißbrett.
„Mönsch, ich bin jetzt mal GANZ innovativ und kreativ und originell und denke mir mal Kinderbekleidung aus. Mal was ganz Anderes. Etwas völlig Neues. Nie Dagewesenes!
Dazu muss ich natürlich berücksichtigen, dass die Kinder von heute ja alle sowieso nur vor Computer/gameboy/Playstation sitzen, also müssen die Hosen recht weit und bequem sein. Wenn sie beim Aufstehen runterrutschen macht das nix, die Kinder stehen sowieso nie auf.
Mädchen kriegen ganz eng geschnittene Hosen, weil die sowieso nur kichernd in den Ecken stehen. OH! Das war zu eng, naja, mache ich den Bund halt etwas weiter, zur Not gibt´s ja coole Gürtel.. Dann streue ich noch ein bißchen Glitzer auf das rechte Hosenbein. Und das linke lasse ich von meinen indischen Fachkräften besticken. Oder mit zauberhaften Borten verzieren. Den Schlag am Hosenbein könnte ich weglassen und die Röhrenjeans wieder auferstehen lassen. Müssen die Mädchen eben ein bißchen dünner werden.
Was mache ich denn obenrum?
Warm muss es nicht sein, die Kinder von heute gehen nicht mehr raus. Reicht ein dünner Langarmpulli. Das ist aber langweilig. Ach, ich weiß! Der Lagenlook! Zwei, drei Sachen übereinander, das ist sooo kreativ! Die Kinder müssen sowieso nur die Hände bewegen. Mal sehen, ich habe hier diesen günstigen Polyester. Daraus lässt sich doch prima ein Poncho schneidern. Wie originell! Ein Poncho! Und der hält auch die Schulter- und Nackenmuskulatur schön warm, die verspannt ja so schnell bei unmässigem Gebrauch elektronischer Medien.
Über den Langarmshirts könnten die Kinder Hemden, alternativ Blusen tragen, wild gemustert, denn Kinder lieben es ja schreiend bunt. Und DANN, als absolutes Highlight: einen … Achtung … jetzt kommt es … Pullunder drüber! In Komplementärfarben! Ist das der Hit? Ist es . Das mach ich, „Hager und Mager“ verkauft ALLES. Die Ärmel der Langarmshirts mache ich ein bißchen länger, so dass die Finger warm gehalten werden. Sag einer, ich wäre nicht um das Wohlbefinden der Kinder besorgt.
Schuhe! Die fehlen noch!
Also Jungs können weiterhin Turnschuhe tragen. Mit Klett, damit sie sich nicht die wertvollen Finger (zum Taddeln) beim Schleife binden verrenken. Ausserdem ist Klett cool (und, ganz unter uns: ich habe da einen Deal mit ´ner Schuhfirma. Die nähen den Klett nicht ganz so sauber, dann sind die Schuhe schneller kaputt und die Kunden müssen schnell neue kaufen. Aber „psst!“) Ansonsten: Farben sind egal, Einheitsgröße ist in Ordnung, die Jungs brauchen eher coole karierte Socken und so, weil Schuhe hat man ja nur draußen an und die Kinder von heute … siehe oben.
Bei Mädchen ist das was anderes, weil hier muss ich ja an die Kollegen denken, die für Frauen schneidern. Schuhe müssen für Mädchen enorm wichtig sein, da wird die potentielle Schuhsüchtige angefixt. Es müssen Stiefel sein. Mit viel dickem Fell und hübschen Troddeln an der Seite. Und richtig kuschelig warm, damit auf jeden Fall noch ein zweites Paar Schuhe benötigt wird, für die etwas laueren Tage. Da schreibe ich dann wasserfest drauf, aber … hihi … das sind die Schuhe gar nicht, weswegen NOCH ein Paar gekauft werden muss.
Gegen Ende werde ich in den Schulen ein paar Gerüchte ausstreuen. Nur bestimmte Marken sind cool. Und nur wer bestimmte Marken trägt findet den ersten Knutschpartner. Und wer einen eigenen Geschmack hat, kann nicht ganz normal sein, oder?
Einkaufende Mütter lassen sich in den diversen Elternforen überzeugen. Ich brauche nur noch einen hübschen Nickname und dann werde ich von der hohen Qualität der Markenprodukte schwärmen. Und vom tollen Preis-Leistungs-Verhältnis. Und schon kaufen alle, alle meine Kleider und die meckernden Kinder, die sich über unbequeme Klamotten beschweren, bekommen zum Trost ein neues Gameboyspiel.
Bin ich froh, dass ich mir damals diesen Job ausgesucht habe.“
Der Letzte macht das Licht aus
19. September 2006
Nachdem das letzte Geschenk, in diesem Fall eine Wasserwaage, ausgepackt und gebührend befreut wurde,
widmeten sich die Mittlere nebst allerbester Freundin der Verschönerung der anwesenden Gäste. Omas neuer Kopfschmuck:
Frau … äh … Mutti hingegen, um die Augen herum stark von den Anstrengungen des frühen Aufstehens und der harten Feierei gezeichnet, wurde mundtot und taub gemacht.
Was mit der allerliebsten Freundin und der beste-Freundin-Mutter geschah, darf ohne deren Einwilligung hier leider nicht gezeigt werden. Obwohl ich persönlich das sehr schade finde.
Die Mittlere liegt nun glücklich im Bett, hat eines der Geburtstagsbücher bereits halb ausgelesen und fiebert dem Samstag entgegen. Dann geht es mit ausgewählten Gästen in den Opelzoo.
Frau … äh … Mutti wird sich ein paar Gurkenscheiben auf die Augen legen, hoffen, dass der Erdbeerkater sie ihr nicht klaut und noch zwei Stündchen ausharren, bis sie endlich den Fernseher einschalten darf. Aufgeräumt ist schon wieder.
neun
19. September 2006
„Dann sehen wir uns übermorgen, Frau … äh … Mutti!“, sagte der Gynäkologe, meinen seit acht Tagen überfälligen Babybauch tätschelnd und nur leicht gekränkt, weil ihm jede Manipulation am Muttermund lautstark verboten worden war.
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„Jetzt kommt das Baby!“, sagte Frau … äh … Mutti eine halbe Stunde nach diesem Gespräch zur sechs Monate jungen Tochter der Freundin, die vor mir im Auto saß, während die Freundin Brötchen für das Frühstück kaufte.
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„Wollt ihr nicht langsam mal losfahren?“, fragte die Freundin, als Frau … äh … Mutti ihr Marmeladenbrötchen beim Auf- und Ablaufen verspeiste. Unterbrochen von diversen Toilettengängen.
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„Willst du mit deinen Kommilitonen übers Wochenende wegfahren oder willst du mit zur Geburt deines Patenkindes?“, fragte der beste Vater meiner Kinder die allerliebste Freundin am Telefon, die dann gerne abgeholt werden wollte.
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„Oh je, sie sind die neunte Frau in den Wehen!“, seufzte die Krankenschwester.
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„Vier Zentimeter!“, sagte die untersuchende Ärztin und schaufelte einen Kreissaal frei.
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„Nun machen sie mal hin, Frau … äh … Mutti! Ich bin am Ende einer 24-Stunden-Schicht, sie sind meine letzte Patientin!“, fauchte der Arzt.
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„Ich möchte jetzt lieber heimgehen“, sagte Frau … äh … Mutti, aber das ging gerade nicht.
„Eine Familienpizza mit Gorgonzola“, sagte Frau … äh … Mutti sechs Stunden später, daheim auf dem Sofa.
Heute nur:
„Herzlichen Glückwunsch, meine kleine Große!“