daheim.

31. März 2008

Meine Familie.
Mein Haus.
Mein Kaffeepott.

(schrecklicher Flug, Ausfall der Regionalbahn, Deoversagen)

Der Koffer ist zugezwängt, das Bett abgezogen, die Balkontür zum finalen Lüften geöffnet und es bleibt nichts mehr, als später die Wohnung gründlich zu verriegeln und zu verrammeln, den Müll am pfeifenden Gartenzwerg (Bewegungsmelder!) vorbei zur Mülltonne zu bringen, den Schlüssel bei den Nachbarn einzuwerfen und den Weg zum Flughafen zu finden.

Das aufkommende Reisefieber heilte die Nachbarin gestern abend mit einer großen Schüssel Mousse au Chocolat, mit großen Schokoladestückchen darin. Das Übergepäck wird mich nichts kosten, ich trage es auf den Hüften. Die Nacht war trotzdem kurz und unruhig, der Weckanruf des besten Vaters meiner Kinder nahezu eine Erlösung.

Drücken Sie mir die Daumen, dass der Koffer nicht zu schwer geworden ist, dass der Flug pünktlich startet und vor allem wieder heil landet.
Das Laptop kommt jetzt in die Tasche und wird erst in Nierstein wieder ausgepackt.

Bis später!

(„Hoffentlich!“, presst Frau … äh … Mutti hinter vor Flugangst klappernden Zähnen hervor.)

Der letzte ganze Tag in Berlin begann für mich in der Küche der Nachbarin. Genau diejenige Nachbarin, die mir eine nicht ganz schlaflose, doch immerhin etwas ängstlich angehauchte Nacht beschert hatte, mit ihren blumigen und mit aussagestarken Gesten untermalten Beschreibungen diverser Einbruchversuche.

Ja, ich war der Einladung zur Party gefolgt, denn als Häufchen Elend auf dem Sofa oder vor dem Rechner zu kauern, hätte mich nur noch elender gemacht. Ich wusste die traurigen Kindelein in guten Vaterhänden und Zeit für Trauer um das Puffelkaterchen bleibt genug. Und überhaupt hilft leckeres Essen und das eine oder andere alkoholische Getränk, Ablenkung tat Not.

Ich beteuere es ja immer wieder und man will es mir nie glauben, doch ich bin ein schüchterner Mensch. Auf die Klingel gegenüber zu drücken kostete mich große Überwindung, zumal ich mit leeren Händen kam. Doch alle Sorgen waren unberechtigt, denn ich wurde herzlich begrüsst und meine erste Aufgabe in der Nachbarküche bestand darin, das Zünglein an der Waage zu spielen beim Voting, ob die Suppe zu scharf geraten sei oder doch nicht. Sie war es nicht und das Glas Sekt in meiner Hand nahm mir einiges an Unsicherheit. Die Nachbarn erwiesen sich schlicht als liebenswürdige Gastgeber, die ein großartiges Buffet vorbereitet hatten, keine fiesen Berliner Kleingangster oder Axtmörder. Die Gäste waren nett und normal und ich bemerkte irgendwann, dass ich mich amüsiere.
Zu dieser Feier zu gehen erwies sich übrigens als Glücksfall, da die Umstellung der Uhr sonst an mir vorübergegangen wäre, was morgen am Flughafen sicherlich zu einer bösen Überraschung geführt hätte.
Es war ein netter Abend, eine schöne Nacht. Die Musik musste gegen drei Uhr morgens dann doch leiser gedreht werden. Dies forderten die einzigen Nachbarn im Haus, die nicht geladen waren, mittels lauten Wummerns an die Wand. Wahrscheinlich werden die Nachbarn dann zur nächsten Feier geladen, denn die waren sicherlich nur neidisch. (konnten sie auch sein, denn, ich erwähnte es ja bereits, das Buffet war wirklich großartig!)
Gegen vier Uhr verabschiedete ich mich, wurde von der besorgten Nachbarin sogar bis zur Wohnungstür begleitet, damit mich niemand unterwegs stiehlt.

Der letzte Tag in Berlin wird ein völlig unspektakulärer. Der Koffer ist gepackt bis auf die letzten Kleinigkeiten, die Wohnung muss noch in ordentlichen Zustand gebracht werden und ich werde heute einfach nur herumgammeln und lesen. (und gründlich duschen, da morgen früh das Wasser wieder abgestellt wird)
„Herumgammeln können Sie auch daheim, Frau … äh … Muttti!“, werden Sie da draußen vieelleicht sagen. Kann ich aber nicht oder doch eher selten und deshalb werde ich diesen ruhigen Tag einfach genießen, bevor mich morgen nachmittag, nach Abreisestress und Flugangst, der ganz normale Wahnsinn wieder in seine Arme schließt. Dann ist auch Zeit zum Traurig-sein.

Berlin ist eine Reise wert, doch jetzt bin ich Stadt-satt.

*****

ungemein wichtiger Nachtrag: Was heißt „Glühwürmchen“ auf Englisch?
Diverse Übersetzungsprogramme spuckten aus:
– glowworm
– firefly
– lightning bug

Einer der Gäste behauptete, in Neuseeland spräche man von glowworms (wobei er Wert auf eine Betonung „gluuuworm“ legt, was mich widerum zweifelnd lässt, denn von Kleberwürmern hörte ich nie)
Mein Favorit ist der lightning bug, weil Glühwürmchen sind ja eigentlich Käfer. Frau Ringel? Andrea von der grünen Insel? Andere Vorschläge/Meinungen?

Ach.

29. März 2008

Das es mir nicht gut geht, ist doch sehr untertrieben. Doch nach einem Päckchen Taschentücher und einem Kaffee sehe ich Land (und Tastatur)

Er war nicht krank, der Erdbeerkater. Er lag einfach im Garten, ganz hinten im hohen Efeu, ohne Wunde oder irgendein erklärendes Anzeichen.

Schlecht geht es mir vor allem, weil das Töchterlein so arg weinte, es ist doch ihr Kater. Und vor drei Jahren hatte sie schon den Verlust von Koks, dem schwarzen Kater, der einfach nicht mehr heimkam, verkraften müssen.
Wissen Sie, ich stand auf diesem wundervollen Markt, um mich herum die leckersten und schönsten Dinge, viele interessante Menschen, die Nase voll mit frischen Kräutern und Käse aus Frankreich, gerade einen tollen Ring gekauft, als das Handy klingelte. Und als ich dann die Tochter am Ohr hatte, die vor lauter Schluchzen nicht sprechen konnte und „Mama, komm heim!“ sagte.
Das Katertier ist mir arg ans Herz gewachsen, das machen sie ja ganz heimlich, diese Fellbündel. Und es schmerzt unglaublich, wenn sie gehen. Doch nicht die Kinder in den Arm nehmen zu können und mit ihnen gemeinsam weinen zu können, dieser Schmerz überwiegt.

Der beste Vater meiner Kinder hat mit den Kindelein ein Grab ausgehoben, sie haben den Erdbeerkater beerdigt. Sie haben zusammen geweint, haben Pizza gegessen und Töchterlein hat den riesigen Schokoladenhasen für alle geschlachtet. Pizza und Schokolade helfen, zaubern sogar wieder ein Lachen ins Gesicht.

Wir werden wunderschöne Blumen pflanzen und ein Erinnerungsbuch schreiben, wie damals, für Koks.

Ich halte ein bißchen Distanz, will erst am Montag, daheim, traurig sein. Will dann in den Garten gehen und noch ein bißchen um das Katerchen weinen.
Wenn nur die Sonne ein bißchen scheinen könnte …

Viel zu weit weg von daheim.

Ich wollte Ihnen beschreiben, wie gut es mir auf den Spuren von Frau Minderjahr ging, doch ich schreibe Ihnen nur, dass ich einen Anruf von daheim erhielt.

Herr von Sauerstein, das Puffelkätzchen, die Killerplautze, der Erdbeerkater ist tot.

Es geht mir gerade nicht so gut.