Auf und ab heute.
24. September 2010
Wunderbar mit den Freundinnen den Kaffeeklatsch zelebriert und dabei auch noch ganz geschickt vor Lärm und Gestank geflohen. Die Straße wird heute geteert und das ist widerlich.
In zwei Stunden dann die Trauerfeier. Mittlerweile habe ich mich auch entschieden, was ich anziehen werde. Mir persönlich wäre es völlig egal, ob jemand in Jeans oder pinkfarbenem Minirock kommt, doch der Verwandtschaft wegen und um Getratsche zu vermeiden, trage ich dunkle Kleidung. Getratsche gibt’s sowieso, denn nachdem der beste Vater meiner Kinder am Sonntag Nachmittag mit einer anderen Frau gesehen wurde, geht das Gerücht, wir hätten uns getrennt. Die andere Frau war übrigens die allerliebste Freundin. Ich selbst war mit einem anderen Mann, dem Schreinerfreund nämlich, auf dem Weg ins Krankenhaus, um den Großen versorgen zu lassen. :)
Mir gruselt es immer mehr vor dieser Trauerfeier. Der Pfarrer, der meine Schwiegermutter gut kannte, ist unterwegs, deshalb übernimmt der neue Kollege, der sie a) nicht kannte und den ich b) nicht mag. Nun ja. Es wird vorbeigehen.
Hinterher gibt’s den obligatorischen Streuselkuchen und den liebe ich sehr. Etwa 90 Gäste werden erwartet, die Urnenbeisetzung findet dann in deutlich kleinerem Kreise statt.
Zusammengefasst, und das mag jetzt pietätlos klingen, freue ich mich mehr, als dass ich in Sorge bin. Wir werden sehr viele Geschichten hören, viel Kuchen essen, viel Wein trinken, den Abend mit Pizza ausklingen lassen. Es wird Zeit für Traurigkeit sein, für Tränen und Kummer. Aber eben auch für das Leben und Erinnerungen, Schwermut und Hoffnungslosigkeit haben keinen Zutritt.
Große Erleichterung
23. September 2010
meinerseits, dass die Kindelein eindeutig zu alt für die abendliche Zeichentrickserie im KiKa sind. Denn als wir eben einschalteten, wegen pur+, hatten wir nämlich einen kurzen Einblick in das wunderbare Leben der Dinosaurier. Wenn das wirklich alles so war, wie in dieser Kinderserie gezeigt wurde, wundert es mich gar nicht, dass diese Viecher ausgestorben sind.
*****
Der Jüngste ist glücklich und sehr müde von seiner Klassenfahrt heimgekommen, allerdings nicht müde genug, um nicht sofort der Geburtstagseinladung eines Freundes zu folgen. Vorher allerdings teilte er uns mit der ihm eigenen Unbefangenheit mit, dass er nach dem Tode des Opas die dann freigewordene Wohnung beziehen würde. Wir einigten uns darauf, dass sich der Tod beim Opa nicht zu bald zeigen solle und der Jüngste gerne noch ein paar Jahre bei uns wohnen darf.
*****
Ich habe derzeit ein kleines Suchtproblem. Schuld daran sind einige Tafeln Lindtschokolade, die da reduziert vor der Kasse lagen. „nimm uns mit!“, jammerten die und ich nahm sie mit. Und bin jetzt fleissig damit beschäftigt, sie zu vernichten. Weiße Schokolade mit Stracciatella, weiße Schokolade mit Erdbeer-Rharbarber-Zeugs darin und jede Sorte springt direkt auf meine Hüfte. Mit einm kleinen Umweg übers Hirn, denn Schokolade macht glücklich. Ein bißchen Glück darf sein.
*****
Ich freue mich auf den Kaffeeklatsch morgen früh.
Der Alltag
23. September 2010
ist zurück.
Und es scheint manchmal, als sei nie etwas gewesen. Es wird gelacht, geschimpft, gelebt. Doch dann kommt wieder dieses Wissen, das den Hals zuschnürt: sie lebt nicht mehr.
Wir nehmen seit einem Jahr Abschied, eigentlich schon seit der Diagnose vor beinahe zwei Jahren. Sie wurde immer kleiner, immer weniger. Die Krankheit raubte ihr Stimme und Mimik. Essen und trinken ging nicht mehr, aber die 53 Treppenstufen zu Wohnung meisterte sie noch. Langsam, aber beharrlich.
Sie schlief viel, wurde immer schwächer. Zu schwach, um die Wohnung zu verlassen und so besuchten wir sie, da am Sonntag, am Geburtstag der Tochter. Sie saß in ihrem Sessel, wir alle um sie herum, lachend und schwätzend. Die Abendsonne fiel direkt auf sie und sie war zu schwach, um ihren Kopf zu halten.
Wir verabschiedeten uns, reichten ihr die Hand und gingen nach Hause.
Eine Stunde später starb sie. Daheim, so wie sie das wollte.
Meine Schwiegermutter wurde 69 Jahre alt, sie starb an den Folgen ihrer ALS-Erkrankung.
Es ist nicht möglich, Kummer zu beschreiben. Tiefes Leid, Tränen und dazwischen lautes Lachen wegen einer Erinnerung, die sich nach vorne drängt und Vieles leichter, Manches schwerer macht. Heute scheint es schon so fern.
Wir haben uns verabschiedet, ihre Hände und Wangen gestreichelt, eine Haarlocke behalten. Wir haben ihr schöne Kleider ausgesucht, den kleinen Zettel mit der Liebeserklärung in die Hosentasche gesteckt und eine rosa Rose mitgegeben. Dabei mochte sie Schnittblumen gar nicht so sehr. Der Jüngste ist zu seiner Klassenfahrt gefahren, die Mittlere wieder zur Schule gegangen. Der Große hat die große Schnittverletzung am Arm und auch die muss heilen. Der Schwager lebt in Sorge um das kranke Babymädchen, der beste Vater meiner Kinder musste sich mal wieder in der Firma blicken lassen. Der Opa … lebt weiter. Ein wenig orientierungslos, aber auf dem Weg.
Ich selbst bin unendlich müde. Ich habe versucht, so eine Art Fels in der Brandung zu sein. Für die Kinder, für den Mann, für den Schwiegervater. Habe Blumen ausgesucht, Bilder gemacht, gekocht und gebacken. Das geht, für kurze Zeit. Heute kamen die Kopfschmerzen und das Gefühl, augenblicklich durchzudrehen, ließe man mich nicht in Ruhe. Ich bekam Schmerztabletten und meine Ruhe im Schlafzimmer, bin wieder bei mir.
Am Freitag ist die Trauerfeier. Ein Gottesdienst und Kaffee und Streuselkuchen hinterher. Und dazu viele, viele Geschichten von früher. Das kann sie nämlich gut, meine angeheiratete Familie, von früher erzählen. Das macht Spaß und deshalb wird das am Freitag eher eine Feier, als eine Trauer. Das ist gut so.
Am Meisten graust mir tatsächlich vor dieser Kondolenzgeschichte. Was antwortet man, wenn man die Hand gereicht und „mein Beileid“ gesagt bekommt? Bedankt man sich? Derjenige, der mir sein Beileid ausspricht, derjenige trauert doch auch. Sage ich dann „das wünsche ich dir auch“ ?
Ich murmele also. Irgendetwas. Und würde doch so gerne sagen: „es ist ein echter Mist, wer hat sich nur diese beschissenen Krankheiten ausgedacht“
Ihnen meinen herzlichen Dank für Ihre Worte hier im Blog und auf den Kärtchen, die ins Haus kamen. Zu sagen, dass ich mich darüber gefreut habe, klingt ausgesprochen falsch, doch ist es trotzdem irgendwie richtig. Jeder Gruß, jede virtuelle Umarmung, jedes Mittrauern hat es mir ein bißchen leichter gemacht.
Freud und Leid,
19. September 2010
ein Geburtstag und ein Todesfall.
Frau … äh … Mutti schweigt ein paar Tage.
Geburtstagsessen
19. September 2010
im Julianenhof, mal schauen, was der Große dort so schafft, am Tag der offenen Weinkeller.
Flammkuchen serviert bekommen und nach den ersten drei Bissen rasch mal ins Krankenhaus gefahren. Fünf Stiche hat der Große jetzt am Unterarm, dort, wo er sich mit dem Stiel des Weinglases den Arm aufgeschlitzt hatte.
Ist nie langweilig hier.