Bloggerinnen mit Anhang

8. Oktober 2012

Am Wochenende war die Grüne Villa voll. Wir laden gerne zu Beginn der Traubenlese in Nierstein zu einem Herbstfest, zu Zwiebelkuchen und Federweißer. Die ortsansässigen Freunde kommen dann und auch die, die wir ohne das böse, gefährliche Internet nie kennengelernt hätten. Der Termin des diejährigen Herbstfestes wurde uns diktiert, als mich eine Nachricht von Tante Liesbet (die ihr Blog frustriert geschlossen hat, deshalb keine Verlinkung) und Little(Mario)Mary-Jo erreichte: wir haben Anfang Oktober eine Ferienwohnung in Nierstein, wir besuchen euch. Wir luden spontan Familie Brüllen dazu, bereiteten Zwiebelkuchen für etwa vierzig Menschen zu (etwas zuviel) und kauften Federweißer für weitere sechzig. (ebenfalls zuviel)

 

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Einschub: ich lade wahnsinnig gerne zu Festen ein, verliere aber, sehr zum Leidwesen des besten Vaters meiner Kinder, stets den Überblick, wer wann kommt. Oder wieviele Gäste überhaupt kommen. Da der beste Vater meiner Kinder meistens den Großéinkauf übernimmt, fühlt er sich dadurch ein klitzekleines Bißchen gestresst, was wiedrum dazu führt, dass ich mich mit sieben Kilo zu verarbeitenden Zwiebeln konfrontiert sehe, statt der Hälfte, die locker gerreicht hätte.

Ausserdem kann es vorkommen, dass ich Donnerstag nachmittag in einem auf Hochglanz gebrachten Haus sitze, mit zwei frisch gebackenen Frau-Antonmann-Gedächtnis-Hefezöpfen und gespannt auf die Gäste warte. Diese hatten sich allerdings erst ab Freitag angekündigt und ja, das kommt halt vor. Ich habe eine Wochentagschwäche.

 

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Wenn Blogger aufeinander treffen, dann gibt es ganz kurz so ein verlegenes Schweigen. Eigentlich kennt man sich gut, schließlich liest man doch das Blog des anderen, hat sich auf facebook „befreundet“ und herzt die Instagrambilder des anderen. Die virtuelle Person muss rasch mit der realen zusammengebracht werden und dann klappt es mit dem Treffen. Interessant für mich war (weil ich keinen Gedanken bisher daran verschwendet hatte) die Aussage des einen mitgereisten „Bloggerinnenanhangs“: „Wir Männer haben es am Schwersten. Wir werden mitgeschleift, zu einem anderen Ehemann ins Wohnzimmer gesetzt und allein gelassen, weil die Frauen umgehend im Nähzimmer verschwinden. Finde mal ein Gesprächsthema mit einem Wildfremden.“ Die mitgeschleppten Männer fanden diesmal aber einige Gesprächsthemen und ausserdem durften sie zum Spielen in die Halle an den Kicker. (mit geistert die ganze Zeit im Kopf herum, dass es oft heisst: „das ist die Frau von *beliebiger GeschäftsmannSchauspielerSängerPolitiker*, der Name der Frau ist oft nicht bekann, der des Mannes „Titel“ genug. In (Näh)Blogkreisen ist es dann eben „der Mann von Frau Mutti“  (und nicht Herr … äh … Vati). )

 

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Platz ist übrigens in der kleinsten Hütte. Obwohl wir eine Biertischgarnitur in der Halle aufgebaut hatten, drängelten sich alle Gäste um den Küchentisch. Ist ja kein neues Phänomen, die besten Feiern finden immer in der Küche statt.

 

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Wie immer waren eine Menge Kinder dabei von relativ klein bis ziemlich groß und wie immer klappte das erstaunlich gut, obwohl die Kinder noch mehr unfreiwilliges „Anhängsel“ als die Bloggerinnengatten sind. (Frau Brüllen, kein Lego-Chaos, alles Bestens!)

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Zweimal bin ich mit meinen touristischen Gästen durch die Weinberge gestapft, habe zu Mundraub verleitet und erklärt, was der Zweck dieser kleinen, braunen Plastikdinger an den Reben ist. Und war wahnsinnig stolz und glücklich, dass ich in dieser hübschen Gegend wohne. Vielleicht sollte ich Fremdenführerin werden, denn jedesmal verliebe ich mich auf´s Neue in den Blick über den Rhein und in die grafischen Linien der Wingerte. Einen Vollernter haben wir leider kein einziges Mal gesehen, dafür aber jedesmal eine Truppe von Menschen, die per Hand Trauben lesen waren und die „Butt“ trugen. Ein Bekannter von uns lud die Touristen in seinen Weinkeller und erklärte mit glänzenden Augen, was in den großen Edelstahltanks vor sich hinbrodelt. Ich denke, im nächsten Frühjahr sollte ich wieder zur Weinbergsrundfahrt einladen.

 

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Jetzt sitze ich auf dem Sofa, versuche meinen Federweißer zu trinken, bevor ein ganzer Schwarm Obstmücken darin Massenselbstmord begangen hat und bin wohlig erschöpft. Denn das Tolle an einem Haus voller Besucher ist natürlich auch die Ruhe die einkehrt, wenn alle wieder abgereist sind :)

 

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für #609060 drängen sich Meschen auch gerne vor dem Spiegel zusammen

(bis bald wieder!)

übrigens:

2. Oktober 2012

Dottore erzählte mir, dass ich Extrasystolen habe, wie viele andere Menschen auch. Das Herz strebert einen Extraschlag und muss sich dann einen Moment ausruhen. Kann man prima mit leben, wenn es zu häufig vorkommt, hilft Magnesium und eine Banane für die Kaliumdosis.
18 Stunden Dauer-EKG zeigten außerdem, dass ich einen prima Puls habe, 66 im Mittelwert. Das spricht für meine Sportlichkeit. Hat er gesagt, das denke ich mir nicht aus. Yeah. Ich bin sportlich.
Nach den ganzen hübschen Sachen erklärte er mir, dass mich mein Magen umbringen wird, falls ich diese Stressgeschichte nicht auf die Reihe bringe. Da man organische Sachen ausschließen kann, ich weder Nikotin noch Wodka konsumiere, aber dafür familär vorbelastet bin, was Magenkrankheiten anbelangt, bleibt eben nur die psychische Ursache. Und man muss nun wirklich kein Psychoanalytiker sein um herauszufinden, was mir da im wahrsten Sinne des Wortes seit knapp zwei Jahren „auf den Magen schlägt“.
Es ist leicht von „steigere dich da mal nicht rein“ oder „es gibt wahrlich Schlimmeres“ zu sprechen. Das tue ich selbst, weil Selbstgespräche kann ich gut. Aber letztlich lebe ich derzeit in einer Abwärtsspirale, aus der ich raus muss. Wie, wann, wo finde ich erstmal raus.
Fein ist ja schon mal, dass mich nicht demnächst ein Herzinfarkt hinwegrafft. Eine Magenfaust weniger.

Vorhang auf!

2. Oktober 2012

Dass in der Grünen Villa sehr viel umgeräumt, gestrichen und lackiert wird, dürfe treuen Lesern hinlänglich bekannt sein. Meistens ernte ich, wenn ich bloggend mit solchen Aktionen prahle, nur freundliche Anerkennung. (die, die denken, dass ich spinne, halten meistens den Mund) Damit Sie da draußen mich nun aber nicht für Wonderwoman mit Pinsel halten, will ich rasch erzählen, welch unerfreuliche Nebenwirkungen diese Unräumaktionen mit sich bringen (also hier, bei uns):
Mnachmal packt mich die Streichwut, wenn keine starken Helfer im Haus sind, die mir schwere Schränke von den Wänden rücken können. Deshalb streiche ich eben um die Schränke drumherum und so weit dahinter, wie die Farbrolle reicht. Sie ahnen es bereits: tauscht der Schrank seinen Platz mit dem Sofa, wird hinter dem neuen Sofaplatz ein ungewollter Farbeffekt die Wand zieren. Und meistens habe ich die Wandfarben selbst zusammengerührt und ordentlich bis zum letzten Tropfen verstrichen. Nachmischen nicht möglich, deshalb muss in diesem Fall neu gestrichen werden.
Ich stelle nicht nur gerne die Möbel von einer Wand an die andere, ich tausche auch gerne die komplette Einrichtung aus. Unsere Kelterhalle ist mittlerweile ein großes Möbellager das der beste Vater meiner Kinder äußerst geschickt in bester Tetrismanier sortiert hat. Meistens will ich die Kommode links unten und habe eine deckenhohes Regal im Tausch anzubieten. Er ist ein geduldiger Mensch.
Letzten Herbst, als ich rasch das Wohnzimmer dunkelgrau gestrichen hatte (weil der Ofen sowieso keine andere Wandfarbe zulässt), räumte ich (=ließ ich räumen) die große Kommode in den Flur, das Regal von dort in die Halle und aus der Halle ein breites Billyregal ins Wohnzimmer. Keine allzu große Sache, meistens passen die Möbelstücke auch in die Lücken, in die sie sollen, ohne dass Wände versetzt werden müssten.
Gestern packte mich der winterliche Nestbautrieb und ich beschloss, die Zeit für dicke, rote Samtvorhänge im Wohnzimmer sei wieder gekommen. Unglücklicherweise fand ich sie nicht. Ich erinnerte mich dunkel, die Vorhänge abgehängt und in die drittunterste Schublade der Kommode gesteckt zu haben. In der drittuntersten Schublade liegen jetzt aber ein Akkuschrauber und diverse Werkzeuge, die man eben rasch braucht, wenn etwas umzuräumen ist. Weil die Kommode steht ja jetzt auch im Flur. Doch wo waren die Vorhänge? Der beste Vater meiner Kinder murmelte etwas von „ausgleichende Gerechtigkeit“ und „das ist die Strafe“ in seinen Bart. Im Schlafzimmerschrank ein leeres Fach, auf den ganz wunderbar Vorhänge liegen könnten. In keiner einzigen Kiste oder Kommode oder Schrank in der Halle oder auf dem Stauregal im Flur.
Letztlich fand ich sie im Nähzimmer und ich habe keine Ahnung, wann und warum ich sie dorthin geräumt habe. Der Winter kann also kommen. Und die hellen Sommervorhänge lege ich auf das leere Fach im Schlafzimmerschrank. Erinnern Sie mich bitte dran.

(die Samtvorhänge liegen vor der Waschmaschine und warten auf den Waschgang. Das ist durchaus erwähnenswert, weil spannend für mich. Ich kaufte die Vorhänge vor zwei Jahren im blaugelben Möbelhaus, kürzte sie passend zur Deckenhöhe und nähte sie um. Im Frühling wurden sie abgehängt. Letzten Winter wurden sie gewaschen und beim Aufhängen bemerkte ich, dass sie gut zwanzig Zentimeter an Länge verloren hatten. Ich stückelte roten Samt unten an, kaschierte die Naht mit Häkelspitze und war zufrieden. Bald wird sich zeigen was bei erneutem Waschen a) mit der cremefarbenen Häkelspitze passiert und b) wieviel das angestückelte, ungewaschene Samtstück eingehen wird. Pffft.)