konsequent inkonsequent

21. Januar 2015

Würde man mich nach einem wirklich guten Erziehungstipp fragen, spräche ich wahrscheinlich sehr ausschweifend und blumig von Konsequenz. Alles, was man den Kindern verspricht, androht, mit ihnen abmacht oder ihnen verbietet: konsequent einhalten, einfordern, ausführen. Außerdem ständig überlegen, ob das, was da eingehalten, eingefodert und ausgeführt wird und ist, noch Sinn hat. Das meiste dient dem Schutz der Kinder, der Rest sorgt für ungetrübte Harmonie.

Ganz einfach.

Je älter die Brut allerdings wird, desto komplizierter und vielschichtiger wird die Sache, denn plötzlich gibt es da Konsequenzen, die wir gar nicht setzen. Schlechte Noten für schlecht gelernten Vokabeln zum Beispiel. Oder nach mehrfach geschwänztem Training keine Teilnahme am Wettkampf. Außerdem ist da auch immer noch der eigene Schweinehund, der sagt: „och. Nun lass sie doch …*wasauchimmer*!“, weil das gerade bequemer ist. Und man hört immer wieder auf den fiesen Schweinehund, obwohl man ja doch sehr gut weiß oder die Erfahrung gemacht hat, dass das Hinterher meistens doppelt unbequem ist.

Das ist jetzt eine wahnsinnig lange und umständliche Einleitung zum dem, was ich eigentlich erzählen will.
Es ist nämlich so, dass der große Sohn es tatsächlich geschafft hat, mit zwei Freunden zusammen einen Skiurlaub zu planen. Und sie diesen Plan sogar umgesetzt haben, d.h. sie haben ein Skigebiet gefunden, in dem wahrscheinlich Schnee liegt, eine Ferienwohnung dort gemietet und in Erfahrung zu gebracht, was wohl ein Skipass kosten wird. Ich freue mich sehr für ihn (und seine Freunde), dass sie das wirklich hinbekommen haben, denn a) hat die Jugend von heute einfach für nichts mehr Zeit und b) scheint die Jugend von heute ein wenig schwerfällig beim Planen.
Ende letzten Jahres stand der Urlaub und das war ja quasi erst gestern, weswegen es völlig normal ist, sich erst kurz vor knapp daran zu erinnern, dass man im Skiurlaub vor allem eins braucht: Skikleidung. Die letzte Skihose des großen Sohnes hatte Konfektionsgröße 164, wir fahren hier am Rhein eher selten Ski.
„Diesmal halte ich mich total raus, das muss er alleine hinkriegen. Wenn ich ihn nicht endlich aus der comfort zone stoße, kaufe ich ihm noch Unterhosen, wenn er 50 ist.“, tönte ich selbstsicher vor dem besten Vater meiner Kinder. Allerdings fragte ich kurz nach, wie es denn mit Skiklamotten aussieht. „Kümmere ich mich drum!“, sprach der große Sohn und zog fröhlich von dannen.
Eine Woche später ertappte ich mich bei der „Hast du dich denn eigentlich um Skiklamotten gekümmert?“-Frage und wieder eine Woche später mahnte ich „Du musst dich echt langsam um Skiklamotten kümmern, sonst wird das schwierig.“
„Aber jetzt lasse ich ihn echt auflaufen. Das KANN doch nicht sein!“, steigerte ich mich rein.
Um mich ein paar Tage später mit dem großen Sohn am Küchentisch vor dem Rechner wiederzufinden, das Internet nach Skihosen absuchend. Das war gestern.
Heute fuhren wir gemeinsam nach Mainz, kauften UnterSkihosen, Skistrümpfe, Skihandschuhe und eine neue Jacke.

Und morgen gebe ich meine vorlaute „Konsequenz ist alles!“-Klappe zurück, die ist auch nur ein bißchen gebraucht.

„Wäre es nicht einfach fabelhaft, wenn wir Wohnzimmer und Küche künftig mit Ofenfeuer heizen könnten?“, dachten wir vor ein paar Jahren. Und da wir gerade von einem Energieberater gehört hatten, dass Solarplatten zwar wirklich super sind, nur halt nicht auf unseren zur falschen Himmelsrichtung und viel zu flach geneigtem Dach und dass wir die allergrößte Energieeinsparung direkt mit einer neuen Heizung hätten und es gäbe ja auch die Möglichkeit, mittels Wasserpufferspeicherofen die Heizung mit ofenfeuererwärmtem Wasser zu ergänzen, trennten wir uns von ein wenig Parkett und fliesten diese Stelle. Der Heizungsbauer tauschte indessen die alte Heizung gegen das neue Modell aus, bohrte Löcher in den Wohnzimmerfußboden und die -wand, schraubte ein Kaminrohr (in Sonderlackierung weiß) an die Außenwand der Hauses und schloß den schließlich gelieferten Ofen an das Wassersystem der Heizung an. Obendrein bewies er sehr viel Humor, als er mir schlagfertig auf mein ach-so-lustiges „Ich glaube, der Ofen sieht in der anderen Ecke besser aus“-Witzchen mit „Das dachte ich mir schon, deshalb habe ich dort auch Löcher in Boden und Wand gebohrt.“ antwortete.

Wir feuerten den Ofen an und verbrachten einige gespannte Minuten mit dem Heizungsbauerchef, für den der Einbau einer solcher Heizung ebenfalls Premiere war, im Heizungsraum. Irgendwelche Ventile sollten funktionieren und taten das nicht richtig. Es knackte und knallte in den Leitungen und ich sah die geliebte Grüne Villa in tausend Teile gefetzt. Die Leitungen verstummten und wir trockneten den Angstschweiß von den Stirnen. Bis der große Sohn fröhlich zu uns in den Keller hüpfte und uns mitteilte, er habe neues Holz aufgelegt.

Das Haus explodierte nicht, die Ventile taten irgendwann das, was Ventile tun sollen und wir genossen das romatische Flackern des Feuers in unserem Wohnzimmer. Ein echtes Luxusteilchen, solch ein Ofen. Der Jüngste, damals noch sehr klein, fand den Ofen zum Umarmen schön. Verbrannt hat er sich zum Glück nicht, doch es dauerte recht lange, bis wir den angschmolzenen Fleecepulli von der Ofenscheibe gekratzt hatten.

Nach ein paar Wochen erkannte ich, dass so ein Ofen nicht nur Vorteile mit sich bringt.

Mit jedem Öffnen der Ofentür wirbelten Asche und Ruß heraus und quer durchs Wohnzimmer, um sich dann auf allen möglichen Flächen niederzulassen. Ich wischte also ständig Staub. Leider dauerte es etwas länger, bis ich auf die Idee kam, auch an die Bücher im Regal direkt unter der Decke zu denken. Das war eine eher unschöne Angelegenheit.

Ebenfalls unschön sah irgendwann die Wand hinter dem Ofen aus. Das ehemals zarte Rosa hatte einen nicht zu leugnenden Grauschleier. Ich machte aus der Not eine Tugend und strich diese Wand dunkelgrau, die restlichen Wohnzimmerwände heller abgetönt, das sieht sogar sehr hübsch aus. (weil Sie ja auch ab und zu fragen, weswegen ich so oft wände streiche) Und ja, ein Glas Rotwein am Abend vor dem lodernden Feuer ist wie ein kleiner Urlaub.

Erholt kann man sich dann am nächsten Morgen daran machen, die Spuren des abendlichen Feuers zu beseitigen. Asche muss aus dem Ofen gekehrt werden (und dann entsorgt werden), die Ofenscheibe muss geputzt werden, falls das Feuer zu sehr gerußt hat. Und dann muss das Wohnzimmer um den Ofen herum geputzt werden, denn das ganze Holz, das man verbrennen will, muss gelagert werden, man will ja nicht für jeden Scheit in den Garten rennen.

Holzspäne, dürre Blätter, kleine Äste, Spinnen, Wespen sammeln sich um und unter dem Holzkorb. Das ist halt so, das bringt man von draußen mit herein und die Wespen verkriechen sich zwischen den Scheiten. Wegsaugen muss man den Dreck trotzdem, bevor er durch das ganze Haus geschleppt wird und das ist schon ein klitzekleines Bißchen lästig. Allerdings spendet dieser Ofen eben auch eine wunderbare Wärme, viel angenehmer als die Heizungsluft, bilden wir uns ein und heizen abends hoch, damit es bis zum Morgen kuschelig bleibt.

Das verbraucht natürlich eine Menge Holz. Und Holz, das ist leider so, gibt es hier in der Gegend kaum. Vor ein paar Jahren waren die Winzer froh, wenn man ihnen die Knorzen (=die Stämme der ausgegrabenen Rebstöcke) abnahm, heute haben alle befreundeten Winzer selbst Öfen.  Das Holz, das in Baumärkten angeboten wird, ist oft von minderer Qualität, teuer und im schlimmsten Fall noch oder wieder feucht. Ein Baustoffhändler in der Nähe bietet manchmal gutes Holz an, doch das gehört nicht zum Dauersortiment. Ist es da, muss man sofort kaufen, reservieren geht nicht. Und irgendwann bietet halt auch der eigene Garten nichts mehr, was sich verfeuern ließe :) Diesen Winter verheizen wir die von den Kindern kleingesägten, ehemals riesigen Paletten, auf denen die Platten für unser Dach geliefert wurden. Außerdem irgendwelche Pressholzspanstücke aus dem Baumarkt. Das brennt prima, aber hübscher sieht es schon aus, wenn im Holzkorb sauber gespaltene Holzscheite, gerne Buche oder ein Obstgehölz, liegen. Auch in den nächsten Jahren wird es nicht leichter sein, an gutes Holz heranzukommen. Da beneiden wir Menschen, die einen echten Wald in der Nähe haben, sehr!

Würden wir den Ofen mit diesem Wissen nochmals bauen?

Natürlich! Denn abgesehen von der sehr deutlichen Verminderung unserer Heizkosten, ist solch ein Ofenfeuer eben einfach wunderbar. Wenig entspannt mich mehr, als einfach nur in die Flammen zu schauen und wenn im Sommer die Heizung abgestellt ist, der August aber ein typisch deutscher August mit nur knapp zweistelligen Temperaturen ist, tut so ein Aufwärmfeuerchen sehr gut.Insofern: Ofen? Immer wieder. Trotzdem.

Wollte ich Ihnen einfach mal erzählen.

Mysteriöse Lasagne

17. Januar 2015

Jeden Freitag beim Mittagessen wird die Frage „Was wollen wir am Wochenende essen?“ gestellt. Weil am Wochenende darf es oppulenter sein, am Wochenende ist normalerweise mehr Zeit für alles.
„Lasagne! Wir wollen Lasagne, VIEL Lasagne!“ erklang es dreistimmig und wir Eltern waren nicht abgeneigt.
(Unglücklicherweise bilde ich mir immer ein, dass Lasagne ja gar nicht so viel Arbeit macht. Weil ich nämlich immer vergesse, dass sehr viel Gemüse sehr klein geschnitten werden will und die Fleischsoße mindestens eine Stunde köcheln will. Heute zum Beispiel passte mir das gar nicht in den Kram, weil ich mich auch souverän verschätzt hatte, wie lange es wohl dauern würde, zwanzig Meter Stoff zu bügeln, den ich nach dem Waschen in den Trockner gefeuert und darin vergessen hatte. Ein großer Ballen Falten, Knicke und Knitter und mein Dampfbügeleisen habe ich vor drei Monaten entsorgt, nachdem überall, nur nicht aus den dafür vorgesehenen Düsen, Dampf herauszischte und mir die Hände verbrannte. Ich bügelte also mit dem sehr alten Bügeleisen meiner Omi, das erste Folgemodell nach den Dingern, die man noch in die Glut stellen musste. Ungefähr. Nach einer kleinen Reparatur = Entfernen von Staubfusseln unter dem Regulierungsrad, bringt das Bügeleisen wieder volle Leistung und nachdem ich im Pflanzensprüher das Anti-Blattlauszeug gegen destilliertes Wasser getauscht hatte, habe ich beim Bügeln mit vorherigem Sprühen auch wieder Erfolg. Es dauerte trotzdem sehr lange, weswegen ich mich sehr brummig ans Kochen machte.)
„Vierfaches Rezept am Besten!“, empfahl der beste Vater meiner Kinder, „Dann können wir was eingefrieren!“
Prima Idee, dachte ich und hatte auch hier vergessen, dass es völlig egal ist, wievielfaches Rezept ich koche, es bleiben immer nur ein achteinhalb Stücke übrig und die werden am nächsten Tag, noch bevor sie eine Chance haben zu gefrieren, verspeist. Immer. Mysteriös.

Ich schreibe das nur auf, damit ich ab sofort jederzeit abrufbar habe: Lasagne! Lecker, aber viel Arbeit. Drei Stunden vor gewünschter Essenszeit beginnen. Wird trotzdem nie pünktlich fertig. Keine Reste einplanen.
(Hinterher satt und glücklich auf dem Sofa sitzen, geplante Saunagänge wegen Pastabauch auf den nächsten Tag verschieben.)

Was willst du mal werden?

16. Januar 2015

Diese Frage stellt man seinen Kindern ja irgendwann mal, meistens dann, wenn sie noch keine Ahnung haben, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Also wenn sie so ca. drei bis 19 Jahre alt sind.
Wenn die Kindelein noch sehr klein sind, wollen sie Dinosaurierforscher, Feuerwehrmann oder Arzt „aber ohne operieren!“ werden.
Wenn die Kindelein dann sehr groß geworden sind, werden die Berufswünsche sehr unspezifisch. Im doofsten Fall heißt es nur noch „auf keinen Fall was mit Chemie, Biologie, Geschichte, Deutsch …“ und eine Perspektive gibt es nicht. Der große Sohn eiert so ein bißchen durch die Gegend, hat mit Blick auf Freunde, die derzeit ihr Abi schreiben einen kleinen Schreck bekommen. Denn seine Abiturprüfung ist nun ein Jahr her und irgendwie ist er noch immer nirgendwo richtig angekommen.
Für uns als Eltern ist das auch eine merkwürdige Situation, denn natürlich werfen wir ihn nicht raus. Und wollen auch keinen Druck aufbauen. Keinen richtig festen Druck, nur so ein anstuppsen. So ein „Mach mal. Mach irgendwas. Schau dich um, informiere dich.“ Spannend dabei ist, nicht bevormundend zu werden, keine eigenen Wünsche/Vorstellungen/Träume als den alleinigen Segen zu verkaufen und penetrant zu sein, um womöglich zu nerven. Weil dann fällt der Vorhang und offene Gespräche werden selten.
So viel Zeit wie er braucht soll er bekommen, doch gleichzeitig soll er wissen, dass er dranbleiben muss.

Es ist eine schwierige Zeit, nur eine Phase. So wie jede Entwicklungs- oder Erziehungsphase mit den Kindern. Anfangs fragt man sich, was da nur wieder passiert, zwischendrin will man wahlweise weglaufen, heulen oder das Kind verkaufen und hinterher lächelt man milde, weil man überlebt hat. und gewachsen ist. Ein ständiges Abwägen zwischen Richtung geben und laufen lassen.
Wurzeln und Flügel. Und es hört eben nie auf.

Die Freundinnen und ich haben eine wunderschöne, gemeinsame Tradition. Jedes Jahr fahren wir im Dezember in die Landeshauptstadt, bummeln, besorgen Weihnachtsgeschenke, rasten in Cafés und gehen zusammen essen. Entspannt, ohne Hetze und ohne unsere Männer im Schlepptau, die zwar geduldig sind und stets „schau nur!“ sagen, letztlich aber doch nur gelangweilt sind, wenn wir beispielsweise in Geschirrabteilungen von Kaufhäusern herumstöbern.

Und so stöberten wir in aller Ruhe und plötzlich fiel mir Geschirr auf. Weißgrundig, mit bunten Blüten, rosa, gelb, zartlila. Ich hielt das ja immer für ein Gerücht, doch tatsächlich kann man sich in Geschirr verlieben. Völlig bescheuert und wir müssen da auch nicht drüber diskutieren, denn ja, das ist albern. Es sind ja nur Teller. Tassen. Schüsseln. Und ein zauberhaftes Milchkännchen. „Mariefleur“ von Villeroy&Boch. Zauberhaft schön, sehr, sehr teuer. Ich nahm mir einen Prospekt mit und die Idee, dass ich nun alt genug für Sammelgeschirr sei und ab sofort immer eine Antwort auf die Frage „Was wünschst du dir …?“ habe. Und sah mich im Sommer im Gartenhüttchen sitzen, Kaffee trinkend, Kuchen essend – zusammen mit den Freundinnen und Mariefleur.

Stunden später, als die Freundinnen und ich im thailändischen Restaurant saßen, zog die Freundin, die nie Zeit hat, ein Päckchen aus ihrer Tasche. „Ich hab hier noch was für dich!“, sagte sie und als ich auspackte, hatte ich vor Rührung und Freude Tränen in den Augen. Eine Milchkaffeetasse „Mariefleur“, der Grundstock für die Sammlung.

Heute bin ich meinem Gartenhüttchen-Mariefleur-Traum ein ganzes Stück näher gekommen!

Sechs Menschen passen auch prima in das Hütchen. :)

Hach. Der Frühling kann kommen!