Auf großem Fuß

13. August 2012

Frau Mutti spart sich in diesem Moment längere, erklärende Einleitungssätze, weswegen die Sommerferien so lang waren und warum da nicht mehr „möglicherweise“ steht und weswegen sie sich damit die an und für sich geniale Lösung für sämtliche Überschriften-such-Probleme selbst damit beschneidet, sondern poltert direkt mit der Tür ins unwichtige Themen-Haus: meine Füße sind gewachsen. Nicht in die Breite, breitgelatscht etwa, einem höheren Gewicht vielleicht geschuldet, nein, sie sind in die Länge gewachsen. Was ich äusserst unangenehm finde, da ich einen Schuhschrank voll hübscher Schuhe habe, die nun alle, trotz kurz geschnittener Zehennägel, zu knapp sitzen. Ich wackele gerne mit den Zehen in den Schuhen (wenn ich schon mal Schuhe tragen muss) und das geht nicht mehr.

spontaner Gedankeneinschub: Haben Sie schon mal darauf geachtet, wieviele Frauen zu kleine Schuhe tragen? Wenn die Ferse hinten über steht oder die Zehen vorne um den Schuh klappen? Oder zu schmale Schuhe, bei denen links und rechts eine Menge Fuß überlappt? Setzten Sie sich mal mit einem Eis oder einem Kaffee in eine innerstädtische Lokalität, am besten im Halbschatten, und starren Sie den Frauen auf die Füße. Zwei Drittel tragen zu kleine Schuhe, zwei Drittel können in ihren Schuhen nicht laufen und ein Drittel trägt Schuhe, in denen ich bestenfalls liegen könnte. (Mathematik war übrigens nie meine Stärke)

Meine Füße sind also gewachsen. Von Größe 40 auf 41. Scheinbar wachsen mit zunehmenden Alter nicht nur die Ohren und Nasen. Ich werde mich damit arrangieren und schweren Herzens Abschied von einigen heißgeliebten Schuhen nehmen. Und mittlerweile ist Größe 41 eine durchaus gängige Größe für Frauen, falls mal wieder ein eher schickes Schühchen den breiten Fuß schmücken soll.

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Ebenfalls gewachsen sind auch meine Hüften. In die Breite nämlich. Und mein Bauch. Ganz ohne Schwangerschaft, um da mal direkt Fragen und Spekulationen vorzubeugen. Das habe ich ganz allein hingekriegt, mit Hilfe von leckerem Essen, köstlichem Wein, erfrischendem Bier und viel zu viel von diesem peanut butter fudge, das leider zu lecker ist, um noch mal gemacht zu werden ;)

Nun bin ich im Grunde nicht allzu unzufrieden mit meiner Figur, selbst wenn sich die ewigen drei Kilo zuviel mittlerweile wohl verdoppelt haben. Ich las irgendwo sinngemäß: „ich wünschte ich wäre wieder so fett wie damals, als ich jammerte, ich sei zu fett“ und das trifft es ja auch ganz gut. Nicht weil ich gerne aussehen würde, als wolle ich eines von Heidis Meeedchen werden, sondern weil es mich rasend ärgert, dass die Lieblingsjeans kneift und dieser eine Pulli doch ziemlich spack sitzt. Zum Thema „passende Kleidung“ und „aussehen, wie eine normale Frau“ möchte ich Ihnen, so sie es noch nicht gelesen haben, ganz dringend die klugen Worte der Journelle ans Herz legen. Sie ist auch schuld daran, dass die Spiegelmutti wieder zum Leben erweckt wurde. Und für die Instagrammenschen unter Ihnen #609060 ist der tag zum Thema. Normale Figur in Klamotten.

 

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Im Juli hätte ich beinahe laut applaudierend meine Ferien unterbrochen, als ich bei der Kaltmamsell einen hübschen Artikel über das „Älter werden“ las. Es ist aber noch nicht zu spät, um ihn trotzdem zu lesen und hektische Blicke in den Spiegel zu werfen. Nein, bei mir keine geknickten Ohrläppchen, dafür aber immer längere Entknitterungszeiten für das Dekolleté. Und die Sache mit den Krampfadern wollte ich eigentlich auch den ganz alten Frauen überlassen.

 

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Auch wenn ich begeistert diese hübschen Artikel lese, in denen Normalgewicht und Altern in Würde hochgehalten und gepriesen werden, auch wenn ich solidarisch nicke und „Yeah, Schwestern!“ rufe … ganz aus meiner Haut kann ich nicht. Ich stecke wohl in der Midlife-Geschichte. Krise nenne ich es nicht, es ist mehr so eine Besinnung. Und ein leises Ärgern, dass ich vor zwanzig Jahren nicht so wohlig in meiner Haut steckte wie heute, wo mir der Zerfall äusserst bewusst ist und ich deshalb ein bißchen hadere. Ich wäre gerne ein bißchen leichter, weil es mir dann vielleicht leichter fiele, durch die Weinberge zu rennen. Und den Hüftring würde ich gerne spenden, weil er mir wirklich nicht gefällt. Einerseits weiß ich, wie unwichtig dieses Thema doch ist, denn ich bin gesund, der beste Vater meiner Kinder verteilt noch immer freiwillig Komplimente und wenn der eine Rock kneift, nähe ich mir halt einen neuen. Und trotzdem, das hartnäckige Stimmchen, das bohrt, keift und stichelt. Vielleicht werde ich mit zunehmendem Alter ja auch noch taub (dafür).

 

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Neu in Frau … äh … Muttis Leben ist eine gewisse Affinität zu schnellerer Fortbewegung. Mit dem besten Vater meiner Kinder trabe ich ziemlich oft durch die Weinberge, habe mir extra ein paar Schuhe dafür gekauft und bin äusserst stolz darauf, dass die Lauf-Phase schon deutlich länger als die Geh-Phase ist. Zum Laufen motivieren kann ich mich zwar kein bißchen, schon beim Gedanken an das Schnüren der schnellen Schuhe bekomme ich Atemnot, doch mit ausgeklügelter, psychologischer Selbstüberlistung: „Komm, wir SPAZIEREN mal ein bißchen und haben dabei zufällig die Laufklamotten an!“ kriege ich dreimal die Woche den Arsch hoch. Frau Knie ist übrigens schmollend verschwunden, nur wenn´s arg bergrunter geht lunst sie um die Ecke und überlegt, ob sie bleiben soll. Soll sie nicht, tut sie nicht, es geht mir prima. Und beim vorletzten Mal ist etwas ganz Wunderbares passiert. Während ich so trabte und mir überlegte, wie unsagbar langweilig und gleichzeitig anstrengend diese Lauferei doch ist, welch gigantische Zeitverschwendung und was ich nicht alles machen könnte in der Zeit, in der ich mit hochroter Birne tropfend und schnaufend durch die Gegend renne, kippte ein Schalter um, mein Atem war nur noch Atem und kein Gekeuche mehr, die Beine liefen von allein und ich war vollends zufrieden. Wenn das die geheimnisumwobenen Endorphine waren, die da irgendwann ausgeschüttet werden, dann möchte ich zugeben: laufen ist toll, wann darf ich wieder?

 

(zum Spocht an den Geräten gehe ich nicht mehr, weil´s mir zu voll dort wurde. Mal sehen, was der Winter bringt. Derzeit kann ich mir nicht vorstellen, bei Schnee und Eis die Himmelstreppcher hochzukletteren, um oben im Wingert rumrennen zu können.)

 

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Ende hier, Schwimmzeug packen, der See ruft.

13 Kommentare zu “Auf großem Fuß”

  1. journelle sagt:

    Wie schön, dass noch jemand mitmacht.

  2. Frische Brise sagt:

    Willkommen zurück!

    Meine Füße sind auch gewachsen. Leider von Größe 42, was im Schuhladen schon ein schwieriges Unterfangen war, auf 43. Ich brauche in keinen Laden mehr gehen :-/

    Ohne rumzuschleimen: Ihre Beine hätte ich gerne.

    Viel Spaß beim Schwimmen!

  3. owlternatives sagt:

    Ja, die Fussknochen wachsen nochmal ca. 1 Groesse… haette ich das frueher gewusst, haette ich nicht so viele Schuhe verabschieden muessen. Aber gequetschte Fuesse gehen gar nicht!!!

  4. Caramellita sagt:

    Schön, Sie wieder zu lesen!
    Und vielen Dank für die Verlinkung zu Journelle – bingo!
    Tatsächlich hadere auch ich mit den zu schmal geschnittenen Hosen, der Bluse „die an der Hüfte so aufträgt“, ohne eigentlich wirklich dick zu sein. Dass es in der Werbung immer diese Hungerhaken geben muss!
    Ich werde jetzt erst mal einen Kuchen für die Einschulung backen!

    Viele liebe Grüße,
    Caramellita

    PS: Wann genau wachsen die Füße?! Ich hab jetzt 39, heben Sie die Schuhe mal auf…

  5. moni sagt:

    Herrlich, es ist wirklich sehr, sehr tröstlich zu lesen, dass man mit seinen vielen Durcheinandergedanken nicht alleine in der Gegend herumirrt!
    Fußmässig habe ich übrigens ganz genau das gleiche Problem gehabt. Habe dann die „alten“ neuen, noch nicht abgetragenen Schuhe so lange aufgehoben, bis sie unmodern waren! Dann gibt man sie viel leichter in die Schuhsammlung und versöhnt sich mit dem Gedanken, wie glücklich irgendjemand wohl sein wird, wenn er fast neue Schuhe aus dem Sack fischt.
    Schöne Woche und liebe Grüße
    moni

  6. Uschi sagt:

    Schön, dass Sie wieder da sind…ich geb’s zu, ich hab‘ Sie ja doch ein wenig vermisst;-)

    Aber dass ihre Füße wachsen ist ärgerlich…nicht nur für Sie, weil wenn sie wenigstens von 42 auf 41 „geschrumpft“ wären, dann hätten Sie einen Abnehmer für Ihre überflüssigen Schuhe gehabt…so kann ich Ihnen evtl. ein paar SEHR klein ausfallende, super schöne, absolut bequeme, aber leider ärgerlich zu kleine 42er Schuhe (irgendwas zwischen Ballerinas und Sneaker) anbieten…Interesse…hübsches kiwi übrigens?

    Uih und dreimal in die Weinberge sporteln…RESPEKT!!! Ich schaffe es derzeit kein einziges mal in den Wald:-(…vielleicht nach den Ferien wieder.

    LG Uschi

    Ach, und das mit den viel zu kleinen Schuhen ist mir auch schon oft aufgefallen!!!

  7. streckenweise sagt:

    Nee, die Füße wachsen nicht mehr, die sind nur „langgelatscht“. So wie das Quergewölbe nachläßt (was zu „breitgelatscht“ führt), läßt auch irgendwann das Längsgewölbe nach – und die Füße werden länger. Ganz normal.
    Schön, daß Frau Knie vom Laufen nicht dauerhaft angelockt wird. Ich wünsche Ihnen, daß das so bleibt.
    Dieses Jahr scheinen sich viele vorgenommen zu haben, mehr Sport zu treiben – und das auch durchgehalten zu haben. Mir war am Jahresbeginn aufgefallen, daß die Schwimmhalle deutlich voller war – und die wurde über die Monate auch nicht wieder leerer.

  8. susalabim sagt:

    hach, frau mutti, wie schön, dass sie wieder da sind… jetzt, wo es mal wieder was zu lesen gab und ich ziemlich oft grinsen und lachen musste (und nicken, weil ich mich bei so vielem ertappt oder bestätigt sah ;-)) habe ich gemerkt, das hat gefehlt die letzten wochen!
    ganz liebe grüße aus mainz, susa

  9. sternenzauber sagt:

    Ähnliche Gedanken gehen mir schon lange durch den Kopf.
    Danke, besser hätte ich es wohl nicht aufschreiben können.
    Das Thema mit der Idealfigur ist wohl aber nicht sooo wichtig wie die Gesundheit.(das durfte ich dieses Jahr lernen)
    Und selbstgenähte Kleiidung ist wenigstens Induviduell und passt immer(zumindest fast).
    LG sternenzauber

  10. susan sagt:

    schön, hier wieder was zu lesen.
    zum thema knie nur ein kleiner tipp aus eigener, schmerzvoller erfahrung: bergab bei starkem gefälle lieber nur langsam gehen, nicht laufen. ich hab mir nämlich vor jahren in der toskana nen hartnäckigen kniesehnenärger zugezogen, mit dem ich etliche monate zugange war…
    liebe grüsse von der midlife-crisis-und-wechseljahrsfraktion ;o)

  11. minibar sagt:

    Dass Füße größer werden, das habe ich noch nicht erlebt. Sie wrden mit zunehmendem Gewicht wohl irgendwie breiter, kann ich mir vorstellen. Aber wenn es bei Ihnen so ist, ist es das.
    Ja, so ein langer Urlaub, der kann zuschlagen.
    Meine Anerkennung, dass die laufen gehen.
    Übrigens, hat mir mal ein Orthopäde – so vor 10 bis 15 Jahren – gesagt: Mit ihrem Knie gehen sie so lange, sie es aushalten. Wir gehen recht flotten Schrittes, tragen nur noch Walkingschuhe, gehen aber nicht mit diesen Stöcken, nein.
    Aber es macht große Freude im Gleichschritt zu marschieren, sage ich immer. Es ist so leicht, so leise, so federnd, so wunderbar.
    Willkommen im Alltag ♥

  12. Dompteuse sagt:

    Nicht Ihr Bauch ist gewachsen, sondern die erotische Nutzfläche! Fühlt sich doch gleich viel besser an, oder? ;-)

  13. Conny sagt:

    Oh, oh, gerade hab‘ ich im Spiegel diesen KNICK in meinen Ohrläppchen entdeckt.
    Was kann ich tun?! Ist noch was zu retten ?!?

    Ganz liebe Grüsse,
    Conny