Heute.

9. April 2013

Das Tagebuchbloggen von neulich fand ich gut, wollte ich weitermachen. Und den Vorsatz nicht direkt vergessen, aber es waren ja auch Osterferien.
Heute dann mal wieder.

Ein sehr anhäglicher roter Franz sprang heute morgen in mein Bett und brachte mir den halben Garten zwischen seinen Zehen mit. Die Bettlaken muss ich direkt waschen, bevor die Outdoormarke mit dem Wolf mich abmahnt. Oder den Kater.
Ich schimpfte sehr laut, der Kater schnurrte und strich mir um die Beine. Zur Belohnung füllte ich seinen Futternapf und ging ins Bad. Als ich zurück in die Küche kam, stand Franz auf dem Tresen (verboten!) und leckte meine Kaffeetasse aus (sehr, sehr verboten!) Schuldbewusst sprang er vom Tresen noch bevor ich erneut schimpfen konnte und entwischte in den Garten, um sich Drecknachschub für ein weiteres Bett zu besorgen.
Ich kippte den restlichen Kaffee-mit-Katerspucke weg und radelte zum Weltladen.
Vor der Weltladentür wartete eine Menge Arbeit auf mich. Eine Lieferung von El Puente, Geschirr, Handwerk und Lebensmittel, vier sehr große Pakete. Ich wuchtete die Pakete in den Laden und begann den Ladendienst so, wie er immer beginnen soll: Kassenkontrolle. Heute erwartete mich ein Zettel von einer Kollegin: „Die Kasse stimmt nicht!“ „Hurra!“, dachte ich und wollte heimgehen. Nach nur einer halben Stunde Rechnerei und Sucherei hatte ich den Grund für die Differenz von 52,-€ gefunden, die vorherige Tagesbilanz entsprechend korrigiert und die erste handvoll Gummibärchen, fairgehandelt, verspeist.
Vier Pakete warteten auf mich. Pakete auspacken ist toll, ein bißchen wie Weihnachten. Allerdings nur dann, wenn man sich die Arbeit teilen kann. Heute war niemand zum Teilen da, ich musst allein ran: Artikel auf dem Lieferschein suchen, abhaken, auf Schäden hin kontrollieren, den Preis ausrechnen und diesen am Artikel anbringen. Und den Artikel so im Laden dekorieren, dass er gut gesehen und gerne gekauft wird. Freundlicherweise hatte Oma Eis bereits einen Teil des Schaufensters leergeräumt, so dass ich neue Ware erstmal dort stapeln konnte. Viele neue Tassen, Teller und Schüsseln, Teelichtgläser und Körbe. Der Berg Verpackungsmaterial um mich herum wuchs, denn jede Tasse ist in Noppenfolie gehüllt und in einen Karton gesteckt. Der Verkaufstresen verschwand unter Noppenfolie, der erste leere Karton wurde direkt mit Umverpackungen befüllt. Zwischendurch verlor ich meine Schere (einmal im Plastikmüll, einmal unter den neuen Körben) und eine Kundin kam mit speziellem Wunsch: ihre Freundin habe in einem anderen Laden eine tolle Kette gekauft, ob wir diese auch hätten?! Im Laden nicht, wir suchten gründlich. Und auch das Durchforsten sämtlicher Kataloge führte zu keinem Ergebnis. Ich verwies auf die Möglichkeit, direkt im Internet zu suchen und zu bestellen, doch „das mit dem Internet“ mochte die Kundin nicht so. Sie beschloss im Internet zu suchen und dann mit genaueren Informationen wieder zu kommen, damit wir bestellen können.
Mittlerweile hatte ich alles ausgepackt, erfreulicherweise gab es keinerlei Beanstandungen. Das Verräumen des „Zeugs“ stand an und kurzfristig war ich etwas verzweifelt, denn es gab keinen Platz. Sämtliche Regale waren voll, das ehemals freigeräumte Schaufenster nun kreuz und quer und unansehlich vollgestellt mit neuer Ware. Ich kochte mir einen Kaffee.
Und begann, frisch gestärkt, Regale leerzuräumen, umzuräumen (ein bißchen Staub zu wischen) und neu einzusortieren. Dabei wurde ein weiteres Schaufenster (der Laden hat drei) frei, das ich nun ebenfalls dekorieren musste.
Eine Kundin betrat den Laden. Einen Ring wollte sie haben, für ihre Freundin. Sie wurde auch schnell fündig, steckte sich den Ring an und fragte, ob ich mir vorstellen können, dass der Ring am Finger ihrer Freundin hübsch aussehe. Das konnte ich weder bejahen noch verneinen, da ich weder Kundin noch Freundin kannte, deshalb lächelte ich freundlich und beschränkte mich auf ein eher unverbindliches „sehr schöner Ring, ich kann mir nicht vorstellen, dass er irgendwem nicht gefiele.“ Sie kaufte den Ring und bat um Verpackungsmaterial, damit sie ihn nach Lanzarote schicken kann. Ich reichte Noppenfolie (hatte ich zufällig zur Hand ;)) und empfahl das XS-Päckchen von der Post.
Ich dekorierte das erste Schaufenster mit neuen Drahtkörben und Teelichtgläsern, verkaufte nach kurzem Beratungsgespräch zwei Gläser Honig und begann, dass fröhlich-bunte Sommergeschirr in das mittlere Schaufenster zu dekorieren. Danach gefiel mir das dritte Schaufenster nicht mehr, weswegen ich dieses noch rasch umräumte, ein weiteres Regal in Ordnung brachte und zufällig auf die Uhr schaute. Mein Ladendienst war seit einer halben Stunde vorüber.
Etwas hektisch brachte ich die mit Verpackungsmüll befüllten Kartons ins Lager (keine Zeit mehr für die Entsorgung), schob noch Wegzuräumendes in eine Ecke hinter dem Tresen, schloss den Laden ab und raste nach Hause.
Dort beschloss ich, dass Nudeln (nicht Vollkorn) mit Pesto (gekauft, aus dem Glas) mit Parmesan (immerhin selbst zu reiben) ein wunderbares Essen abgäben, zumal ich knapp zehn Minuten hatte, bevor hungrige Kinder die Grüne Villa stürmen.
Während das Nudelwasser heiß wurde, räumte ich die Spülmaschine aus und wieder ein, begrüßte das erste Kind räumte auf und weg und hin und her, goss irgendwann gare Nudeln in ein Sieb, setzte mich mit dem einen Kind schon mal an den Tisch, während das zweite gerade das Fahrrad abstellte, schaufelte eine Schüssel Nudeln mit Basilikumpesto in mich hinein, stellte die typischen Mütterfragen (wie war’s, was hast du gelernt, hast du viel auf, bin ich deine Lieblingsmutter?), räumte mein Geschirr in die Spülmaschine (und die Kinder ihres), überließ das Abwischen des Tisches den Kindern und radelte erneut in den Weltladen, um das zu erledigen, was vom Morgen liegengeblieben war.
Nach einer knappen Stunde war ich fertig, radelte wieder heim und wurde dabei gründlich nassgeregnet. Das dritte Kind kam heim, genauso nassgeregnet, beantwortete die typischen Mütterfragen (siehe oben) und ich gönne mir eine halbe Stunde Pause. Mit Tee und Tagebuchbloggen, bevor Katzentatzenwäsche wartet, ein Bad geputzt werden will, ein Kind beim Packen unterstützt werden muss, ein weiteres Kind Richtung Judo-Training geschubbst und das letzte Kind daran erinnert werden muss, dass es sich zur Theorieprüfung anmelden muss. Einen Orthopädietermin muss ich absagen, weil ich ihn nicht mehr brauche (kein neuer Knubbel mehr!!), leider ist dauernd besetzt. Dafür ist der Kater gerade wieder reingekommen, pietschnass, mit Schlammpfoten und ich sollte nun augenblicklich die Schlafzimmertür schließen.

Heute Abend … Sofa. Und noch habe ich den Vorsatz, früh ins Bett zu gehen.

*****

Sie fragen nach Martin, das ist sehr freundlich. Wir wissen nichts. Wir haben mit der Tierärztin einen Abtretungsvetrag unterschrieben, Martin ist nicht mehr unser Kater. (das ist gut, richtig und wichtig, lange durchdacht und für alle Beteiligten, auch den süßen, dicken Kater, den wir sehr vemissen, das Allerbeste. Soviel zur Rechtfertigung, mehr gibt es dazu auch nicht.)

19 Kommentare zu “Heute.”

  1. Wiebke sagt:

    ich hatte mich seit Tagen nicht getraut, nach Martin zu fragen… ich verstehe diese Situation voll und ganz und will auch nicht nerven, aber ich würde mich sehr freuen, weiterhin ein bißchen von ihm zu hören, FALLS es etwas gibt und falls Sie Infos haben. Muß kein Riesenartikel sein, evtl. nur einen Satz, daß es ihm besser geht oder ähnlich. Ich lese seit Jahren mit und ich hoffe so sehr, daß er gesund wird. Das wäre lieb, denn nur weil die Menschen irgendwann nicht mehr fragen, heißt es noch lange nicht, daß Martin vergessen wird. Also ich vergesse ihn bestimmt nicht.
    lg Wiebke

  2. Elena sagt:

    Nun, ich schließe mich Wiebke an..
    Wobei ich betonen möchte: nerven will ich nicht. Aber als Auch-Katzenbesitzerin… Sie wissen schon..

    Und Ihre Schilderung der vielen Arbeit im Laden: toll. Ganz große Anerkennung.
    Und fürs Familienarbeiten auch – natürlich!

    Ganz liebe Grüße
    Elena

  3. Uschi sagt:

    Ich hätte jetzt ja gerne mal die Schaufenster gesehen, vor allem das mit dem fröhlich bunten Sommergeschirr!

    LG Uschi (die übrigens die gleichen Mütterfragen stellt, wie wahrscheinlich alle Mütter!)

  4. Susanne Schmidt sagt:

    Hallo Frau…äh…Mutti,

    ich bin auch Katzenbesitzerin und möchte mich meinen Vorschreiberinnen anschliessen.

    Ich lese ihren Blog sehr sehr gerne und nicht nur ich freue mich immer, wenn sie wieder was geschrieben haben. Mein Mann fragt fast jeden Tag, ob es auf Ihrem Blog was Neues gibt. Er muss dreimal in der Woche zur Blutwäsche und wartet auf eine Spenderniere. Ihre Beiträge heitern ihn auf und ich muss ihm immer alles vorlesen.

    Bitte machen Sie weiter so. Vielen Dank!

    Ganz liebe Grüße
    Susanne

  5. Evi sagt:

    ich bin sicher, dass es dem dicken Martin gut geht und dass es der Familie Frau Mutti auch gut geht, darum sollten wir einfach nicht mehr nach dem dicken Martin fragen. Alles hat seine Zeit.
    LG Evi

  6. Lily sagt:

    Hu. Was für ein Tag. Und da beschwer ich mich über gemütliche Büroarbeit von sieben bis sieben… Dabei wird man nicht nass, man kann auch Pakete auspacken (Yay. Meine Lieblingsbeschäftigung), und es kommen weniger Menschen vor. Außerdem kann man meist sitzen. Im Ernst: Ich bin voll Bewunderung für alle Leute, die Leben Mit Kindern (TM) auf die Kette kriegen. Und neben einem großen Haus und viel Arbeit mit dem Hobby auch noch ehrenamtlichen Einsatz zeigen. Und Bloggen. Genießen Sie die Sonnenstrahlen, Frau…äh…Mutti, sofern diese auf die grüne Villa scheint :-)

  7. aprikaner sagt:

    klingt nach einem anstrengenden Tag so ein Schaufensterfoto können sie doch ruhig mal zeigen ;-) Ich guck gern Geschirr und so…

    einen schönen Tag

    Anja

  8. Schwiegermutter inklusive sagt:

    Freue mich für Martin, denn so ist es die beste Lösung und für die Kundin, die den Service bekommt, dass ihre Wunschkette im Internet gesucht wird, um sie dann zu bestellen…

  9. Klaudia sagt:

    Ich möchte nicht, dass Martin so „spurlos“ verschwindet und zum Tabuthema wird. Wir wissen nun, wo er sich befindet, können uns ungefähr vorstellen, was mit ihm gemacht wurde und hoffentlich geht es ihm gut. Das ist z.B. für mich das Wichtigste an der Martinsgeschichte. Ich vertraue auf Fr. Mutti, dass sie uns, wenn sie , wie auch immer, etwas erfährt, es uns auch wissen lassen wird, egal, was immer es auch sein wird. Jede Geschichte hat seine Kapitel und wir sollten es so nehmen wie es ist. Ich habe die Berichte über Frau Mutti’s vierbeinige Hauptmieter immer sehr interessant gefunden und genossen, deshalb vermisse ich ihn auch den „dicken“ Martin, der mir hier auch virtuell ans Herz gewachsen war und noch immer ist. Liebe Grüße ….

  10. Praline sagt:

    Es bleibt Ihnen nur zu hoffen , daß Ihre Kinder Sie nicht im Krankheitsfall mittels Abtretungsvertrag entsorgen und zum Experimentieren freigeben.

  11. Frau Mutti sagt:

    Praline, you made my day! Danke für den Lacher!

  12. Christiane sagt:

    Ich bin seit vielen Jahren Katzenbesitzerin und habe ebenfalls viel Geld für Tierarztkosten ausgegeben, wenn ich wusste, dass das Tier wieder ein uneingeschränkt gutes Leben hat. Ich finde, das Sie, Fr. Mutti, absolut richtig und verantwortungsvoll handeln, und Menschen, die Kinder und Haustiere gleichsetzen, gehören nicht ernst genommen. Bei aller Liebe zu meiner Katze – meine Kinder und überhaupt alle Menschen, spielen auf einem anderen Niveau…
    Pralines Kommentar finde ich erschütternd. Liebe Fr. Mutti, Lachen ist da das einzig richtige!!!

  13. Tati sagt:

    Manche Leute sollten mal 5 Minuten über ihren Kommentar nachdenken, bevor sie ihn abschicken.

  14. Brigitte sagt:

    Vielleicht werden wir ja nur zur Entlastung der Rentenkassen verpufft wie bei Aldous Huxley…..das traurige Schicksel der geburtenstarken Jahrgänge. :-)
    Manchmal finde ich es echt lustig, wie ernst und gewichtig die Leute zu den Ereignissen in IHREM Leben Stellung beziehen….

  15. Birgit sagt:

    Ich kann sehr gut nachvollziehen, was sie mit Kater Martin durchlitten haben. Wir haben auch eine Katze auf diesem Weg abgeben müssen. Sie hatte epileptische Anfälle und eine kranke Leber und immer wieder Anfälle, wo sie z.B. das ganze Bett nassgemacht hat. Meine herzkranke Mutter war durch diese v.a. nächtlichen Anfälle nervlich schon so fertig, dass wir uns schweren Herzens entschlossen hatten, die Katze einschläfern zu lassen. In der Tierklinik hat man uns aber überredet, die Katze abzugeben, weil sie jemanden wüssten, der sich um kranke Tiere kümmert und sie wieder aufpäppeln könnte. Wir haben sie nicht aus finanziellen Gründen abgegeben, sondern für ihre zukünftige Behandlung bezahlt. Wir wissen bis jetzt nicht, ob unser Entschluss richtig war. Ob für die Katze ein friedliches Einschlafen in unseren Armen besser gewesen wäre, als die Ängste in einer neuen Umgebung auszuhalten, da sie ein sehr ängstliches Tier war. Wir fragen uns auch öfters, ob mit ihr vielleicht nur experimentiert wurde, oder ob es ihr wirklich besser geht. Aber obwohl wir unsere Tiere sehr lieben, der Mensch geht doch vor. Und wir hoffen sehr, dass sie noch ein paar schöne Jahre hat.

  16. Evi sagt:

    Es ist in diesem Fall völlig egal, welche Meinung wer zum dicken Martin hat. Solche Äußerungen, wie Praline sie gemacht hat, sind für mich nur dann möglich, wenn man mit dem ICE durch die gute Kinderstube gefahren ist. Sie haben für mich etwas mit Anstand und gutem Benehmen, Respekt vor anderen Menschen zu tun.
    Na ja, ist nicht die erste Praline, auf die mir schlecht wird.

  17. Uschi sagt:

    Hallo,

    ich bin schockiert über Pralines Kommentar. Jeder der Sie kennt weiß dass diese Entscheidung nicht vom Himmel gefallen ist sondern gut und lange überlegt wurde. Unsere Kinder wünschen sich ja schon lange ein Haustiert geht von Hund bis Katze und sonst was. Die Geschichte vom dicken Martin habe ich zum Anlass genommen mit meinen Kinder darüber zu reden – für und wider eines Tieres. Sie stehen voll hinter Ihrer Entscheidung und sehen jetzt die Anschaffung eines Haustieres mit anderen Augen. Was auch gut ist – aber sie wollen trotzdem noch eines nur ich nicht.

    LG
    Uschi
    die heute auch schon die täglichen Mamafragen gestellt hat und wie immer die gleichen Antworten bekommt *gggg

  18. Lady Himmelblau sagt:

    Ganz wunderbar und lebhaft geschrieben, ich konnte mir beim Lesen lebhaft die mit dem Kater schimpfende und in Luftpolsterfolie versinkende Frau Mutti vorstellen.

    Danke für den (erneuten) Einblick.

  19. Tanja sagt:

    Also, ich wäre auch für ein Schaufenster-Foto :)

    LG Tanja