Was früher gut war,

17. Februar 2012

ist es heute eventuell nicht mehr. Oder besser: was ich früher mochte, lässt mich heute eher grinsen. Udo Lindenberg zum Beispiel. In der Phase, in der ich nachts auf dem Spielplatz sitzend düstere Gedichte schrieb, also vor sehr,sehr vielen Jahren, mochte ich die Lieder von Herrn Lindenberg sehr. Gestern dudelte eine der alten Platten im Nähzimmer und ich hab permanent vor mich hingegrinst, weil ich den Texten in Form und Inhalt völlig entwachsen bin. (aber dieses „eigentlich in ich ganz anders“, dieses neue, das find ich gut). Herr Lindenberg scheint sich auch entwachsen zu sein, so als Werbefigur für die Bildzeitung.

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Früher mochte ich auch Babys sehr, sehr gerne. Wollte gar nicht aufhören, welche zu produzieren. Heute mag ich sie immer noch, muss aber kein eigenes mehr haben.
Heute morgen war der zehnmonatige Großcousin der Freitagsfreundin Gast beim freitäglichen Kaffeeklatsch. Deshalb fand dieser auf dem Boden statt, inmitten von lustigem Spielzeug, Spucktüchern und zerknüllten Taschentüchern, weil das Baby hat Schnupfen.

 

(Frau … äh … Mutti bei der Freitagsfreundin auf dem Wohnzimmerfußboden mit Babyaccessoire)

Und dann saßen wir da, die Freitagsfreundin und ich, und hatten abwechselnd das Baby auf dem Schoß. Stopften Brei rein, wischten Schnodder ab und sahen zu, wie das Baby auf dem Bauch liegend den Po in die Luft stemmte. Sehr süß, sehr niedlich, unbestritten. Auch die Geräusche, die so ein Baby macht, die sind sehr witzig und ebenfalls niedlich. Wir packten das Baby in den Kinderwagen, fachsimpelten über Zähne, Blähungen und Schlafverhalten von Babys und marschierten kilometerweit durch Nierstein und die Weinberge, weil das macht man halt so mit Babys.

Wissen Sie was? Ich bin richtig froh, dass ich mittlerweile auch andere Dinge machen kann! Beidhändig kochen, zum Beispiel. Oder abends lang aufbleiben am Wochenende, weil ich dann am nächsten Morgen ausschlafen kann. Oder den Raum verlassen, obwohl ein Kind darin ist und in den Steckdosen keine Sicherungen mehr stecken. (in manchen Steckdosen jedenfalls). Oder Bücher und CDs in die untersten Regale stellen.

Die Freitagsfreundin und ich tauschten mehrmals eher ratlose Blicke, denn was macht man denn mit so einem Baby den ganzen Tag? Tag für Tag?! Ich hab´s tatsächlich vergessen.

 

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Ein langes Wochenende steht ins Haus und da wir eher keine Fastnachter sind, wird es ein äusserst Erholsames. Ausser vielleicht für den besten Vater meiner Kinder, der beim Gedanken an das achtfache Kreppelrezept, dass er am Sonntag backen will, nackte Panik in den Augen blitzen hat. (letztes Jahr verspeisten wir zu zehnt sechzig Kreppel. Und danach lange Zeit nichts mehr.)

 

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Vor lauter Freude über die baldige Hilfe Im Haushalt, habe ich heute morgen, vor Verlassen des Hauses, das Bad geputzt, Flur, Wohnzimmer, Küche gesaugt, sämtliche Flächen abgewischt und die Flecken vom Boden gewischt. Das brauchte eine Stunde und selbstverständlich versucht meine Gewissen mir jetzt einzureden, dass ich mit ein bißchen weniger Schweinehund mir das Geld sparen könnte. Zum Glück kam die Stimme aus der Ecke des Gehirns, aus der es auch wispert: „Schokolade ist ungesund und mach den Rechner aus, es ist schon ein Uhr.“ Die zu überhören habe ich schon seit langem trainiert.

(und weil da eine Frage nach dem Dach der Grünen Villa war: es hält ja noch. Wenn ich erst Bundespräsidentin bin, leihe ich mir Geld für die Reparatur.)

11 Kommentare zu “Was früher gut war,”

  1. Angela sagt:

    Liebe Frau…äh…Mutti,

    „Was macht man den ganzen Tag mit Babies?“ – … nachdem ich einen gesunden 16 monatigen Nachzügler bespaßen darf, erlaube ich mir eine quengelige Antwort, voller Neid (aber nicht von der bösen Sorte) auf Ihr wunderbares Leben, das ich auch meins nennen würde, wäre da eben nicht der Nachzügler:
    „Man läßt sein Leben von ihm auffressen!“;
    aber gleich hinterher stolpert ein mutterherztiefes „Und er ist soooo süüüß!“ :-)
    Und nach einer Weile traut sich sogar ein:
    „Es wird ja auch wieder leichter werden…“
    :-)
    Mal ehrlich?!? Man verdrängt tatsächlich soviel (oh ja!), es werden 90% dessen „hintenuntergeschubst“, was der Alltag mit Baby so (aus einem) macht.
    Und das ist wohl auch gut so! Denn sonst würde man sich vielleicht nicht darauf freuen, wenn der Oma-Status eintritt (wie Sie ihn ja heute scheinbar als „Quasi“ in Form des Großcousins hatten).
    In diesem Sinne: Genießen Sie in vollen Zügen Ihr Wochenende! Und schlafen Sie morgen oder übermorgen vielleicht eine Stunde für mich mit aus?!? ;-)

  2. Elena sagt:

    *kicher*

    Haben Sie`s fein!

    LG E.

  3. Maufeline sagt:

    „Die Freitagsfreundin und ich tauschten mehrmals eher ratlose Blicke, denn was macht man denn mit so einem Baby den ganzen Tag? Tag für Tag?! Ich hab´s tatsächlich vergessen.“
    Nichts. Nichts wirkliches- bepüsseln, einhändig kochen, herumlaufen, spazieren gehen, aber geschafft kriegt man nix. Aus Ihren genannten Gründen :-D
    Aber: Im Hormonrausch ist das alles nicht so dramatisch, außerdem hat dieser den Effekt, dass man sich Jahre später nicht mehr daran erinnert, wie man nichts zustande gebracht hat *gg*

  4. christjann sagt:

    genau, ich hab nicht mal Kinder, aber ich weiß, dass man sie einfach beglückt anschaut, weil sie so hinreißend sind, so perfekt, so süß lächeln, glucksen und was weiß ich, so dass man oft seinen Mann auf der Arbeit anrufen muss, um zu sagen, „weißt du was sie gerade gemacht hat?!“ usw. So ähnlich wie mit kleinen Katzen im Prinzip… ;)

  5. Christiane sagt:

    Ausschlafen? Ausschlafen! Schlafen… möglicherweise solange, bis ich nicht mehr kann und von ganz alleine wach werde?!?!
    Wird das jemals wieder passieren?? ;-)

  6. Silverfuxx sagt:

    Wenn Sie erst Bundespräsidentin sind macht Ihnen jeder Dachdecker das Dach umsonst, wenn er Sie als Referenz nennen darf :-)
    Wie sieht es dennn mit Ihrer Vergangenheit aus ?
    Gibt es Bilder, z.B. vom Schleiertanz vor E. auf Ihrer Terasse, oder alles sauber ?
    Egal:-) Pia for President.

  7. Barbara sagt:

    Mein Zwerg ist 8 Monate und ich kann jetzt schon definitiv sagen: Ich werde diese Zeit nicht vermissen. Das Geschwisterchen sollte möglichst bald hintendran, diese Phase möchte ich in einem Aufwaschen hinter mich bringen.
    Ich liebe meinen Sohn, das ist ja klar, und ich genieße auch die Zeit mit ihm. Ich genieße aber auch meine Freizeit. Dass danach andere Phasen kommen werden, ist mir schon klar, aber wenn die beinhalten, dass ich wieder Tätigkeiten mit beiden Händen gleichzeitig durchführen kann, ohne dass ein verzweifeltes Wuzelchen mich vom Boden anbrüllt, dann freu ich mich darauf. ;)

  8. Maiglöckchen sagt:

    Tja, da geht’s mir genauso wie Ihnen…. DAS Thema hab ich durch… bin glücklich drüber und froh, wenn ich die „Besuch-Babies“ dann am Abend wieder abgeben darf!!
    Das ist ein Zeichen dafür, dass wir innerlich mit diesem Kapitel endgültig abgeschlossen haben – ich find das gut!!
    Frau zukünftige Bundespräsidentin: Bevor Sie sich an’s Geld leihen machen, sind Sie vielleicht noch so gütig mir zu verraten, wie ich Sie regelmäßig lesen kann. Ich finde nämlich keinerlei Hinweis darauf, auf Ihrem Blog.
    Sie müssen wissen, daß ich blond bin… also meine Haare, nicht mein Hirn (auch wenn diese Frage evtl. so wirken könnte)
    Ich danke herzlich ;o)

  9. Brigitte sagt:

    Ich denke immer noch darüber nach, dass ca. 60 Leute eine Meinung dazu haben, dass sich eine Hausfrau aus Nierstein eine Putzhilfe leistet, die wohlgemerkt NICHT von öffentlichen Geldern bezahlt wird. Erstaunlich, oder?

  10. Melanie sagt:

    Ich musste, beim lesen des Beitrags, schon sehr schmunzeln. Es ist eine weit verbreitete Meinung… noch dazu lustig geschrieben. :)

  11. aufZehenspitzen sagt:

    was macht man mit einem baby? die frage stelle ich mir (das baby ist 4,5 monate) fast jeden abend etwas umgedreht: was hab ich heute eigentlich den ganzen tag gemacht? und: wie lange geht das noch so? wie kann man dermaßen erschöpft und gleichzeitig auch glücklich sein?