Einmal Berlin, bitte.

11. Mai 2014

Der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib sind gestern aus Berlin zurückgekommen und hatten genau zwei Stunden Zeit, bevor sie sich in das Nachtleben eines Niersteiner Vorortes stürzten: auf die Geburtstagsfeier eines Freundes. Dort hielt ich es bis kurz nach elf aus, genau so lange, um zu gratulieren, ein Geburtstagsständchen zu singen und satt zu werden. Als der DJ heiße Rhythmen auflegte, siegte die Müdigkeit und wir verließen die rauschende Party. Immerhin gab es heute neben dem Muttertag, den ich übrigens gerne feiere, den Vorstellungsgottesdienst der Konfirmanden in der Kirche, für den ich fit sein wollte. Der Jüngste ist Konfirmand, deshalb gab es kein Ausschlafen, kein Frühstück ans Bett oder eine Muttertagstorte. Es gab einen von den Konfirmanden einigermaßen kurzweilig gestalteten Gottesdienst zum Thema „Inklusion“ und hinterher Döner -> Wunschessen des jüngsten Sohnes. Nächste Woche feiern wir dann die Konfirmation, danach kehrt sonntags wieder Ruhe in die Grüne Villa ein.

Das war übrigens mein Muttertagsgruß, neben den Umarmungen meiner großen Kinder. Ich finde den Muttertag wirklich prima. Natürlich habe ich als glückliche Mutter jeden Tag Muttertag, aber hey! Das darf ja auch mal krachend gefeiert oder wenigstens gewürdigt werden.

*****

Eigentlich wollte ich Ihnen ja von Berlin erzählen, von der re:publica und den vielen Abenteuern, die ich in der großen Stadt erlebt habe. Dies würde ein sehr langer Artikel und deshalb erzähle ich Ihnen vielleicht immer dann, wenn es gerade passt, ein paar Bruchstücke. Heute möchte ich Ihnen von dem Hotel erzählen, in dem wir wohnten. Im Hotel Berlin, Berlin nämlich. Wir hatten zwei Doppelzimmer gebucht, weil wir zusammen mit Frau Brüllen und Herr Skizzenblog angereist waren. Frau Brüllen und Herr Skizzenblog fremdelten und wollten sich kein Doppelzimmer teilen, weswegen wir brav nach Männlein und Weiblein trennten. Frau Brüllen und ich bezogen ein echtes Luxuszimmerchen, weil uns ein Zimmerupgrade wegen einer verlängerten Buchung zugekommen war. (der beste Vater und sein holdes Weib hatten nämlich noch ein bißchen re.publica-Erholungs-Urlaub angehängt.)

Wenn ich hier kurz mal prahlen darf:

Beim Betreten des Zimmer der Blick nach links

und nach rechts.

Und wieder zurück.

„Nett.“, werden Sie vielleicht sagen und sich fragen, warum Frau Mutti ihr Hotelzimmer zeigt. Ist sie plötzlich heimlich Lifestyle-Bloggerin geworden?

Dem ist natürlich nicht so und ich zeige Ihnen dieses Zimmer, weil es darin etwas unsagbar Dämliches gibt. Frau Brüllen und ich haben es liebevoll „die Kloscheibe“ getauft. Im Bild über diesem Absatz erkennen sie den dunkelgrauen „Kasten“ neben dem Bett. Darin befindet sich das Bad. Auf der linken Seite des „Badkastens“ erkennen Sie einen Spiegel und eine Milchglastür, über deren Intimsphäre-waren-Wert sich streiten ließe, gäbe es nicht etwas, das die Milchglastür noch toppt: der schmale Streifen an der rechten Seite des“Badkastens“ ist nämlich kein Spiegel (der ja auch äusserst sinnlos an dieser Stelle wäre), sondern ein Streifen Glas, das von keiner Seite aus verspiegelt ist.

Um Ihnen zu verdeutlichen, wie super ein solches Fenster ist, habe ich vom Bad nach außen geknippst:

Sie erkennen mich vage in der Spiegelung der Duschkabine, rechts neben mir lässt sich die Toilette erahnen. Wenn man also auf der Toilette sitzt, kann man rausschauen. Oder andersherum: wenn man im Bett liegt, kann man reinschauen. Das ist ein sehr innovativer Unterhaltungsansatz, mit dem Frau Brüllen und ich nicht so recht umzugehen wussten, brachte er doch gewisse Hemmungen mit sich. Grob ausgedrückt: duschen war in Ordnung und mal rasch pinkeln ging … wenn der andere im pinkfarbenen Sessel am Fenster Platz nahm. Dolle Sache, das.

Das ganze Bad ist übrigens eine glatte Fehlkonstruktion, da Haken und Stangen für Handtücher nicht vorhanden sind und das Personal deshalb jeden Tag neben das Waschbecken gelegte Handtücher als schmutzig interpretiert und austauscht. Unnötig. Duschgel und Seife gibt es in knalligfarbigen kleinen Fläschchen, was sehr entzückend ist. Leider gibt es in der Dusche keine Ablage dafür. Man muss sie also auf den Boden stellen und beim Bücken … und das Fenster … und ach, Sie haben ja ihr Kopfkino zur Hand.

Frau Brüllen zog am Donnerstag aus und der beste Vater meiner Kinder zog ein. Das senkte die Hemmschwelle im Zimmer enorm und wir entdeckten das letzte und wohl auch unschönste Manko des Bades: es gibt keine Lüftung.

Wir entwickelten die Theorie, das Hotelbadarchitekten niemals in Hotelzimmer schlafen und dort ihre entworfenen Bäder testen, denn sonst würden, sie zwei, drei, vier Sachen womöglich weglassen oder doch ganz anders machen.

Ansonsten kann ich Ihnen das Hotel Berlin, Berlin übrigens uneingeschränkt empfehlen und ich weiß auch, dass nicht alle Zimmer Kloscheiben haben. Und das Frühstücksbuffet ist auch sehr großartig. Meiden Sie allerdings den Kaffee vom hinteren Vollautomaten, dort wurden wahrscheinlich Espresso- und Kaffeebohnen vertauscht, der Milchkaffee war eher sehr schlecht. Vom vorderen Automaten aber wirklich fein. Und wenn Sie vor dem Frühstück schon Spocht gemacht haben, brät man Ihnen sogar ein Eiweiß-Omelett.

Das Hotel liegt wunderbar zentral in der Nähe einer Bushaltestelle, an der Sie angeblich in die 100 steigen können. Angeblich deshalb, weil sie eher selten kam und wenn, dann musste sie wegen Demonstrationen oder der Baustelle „Unter den Linden“ eine andere Route fahren. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich Ihnen vielleicht demnächst erzähle.

20 Kommentare zu “Einmal Berlin, bitte.”

  1. nicole sagt:

    ich habe gerade schmunzelnd ihren hotelbericht grlesen.
    ich war zeitgleich in berlin, untergebracht im hotel “ berliner hof“, wenige 100m von ihrem hotel entfernt!
    gottseidank ohne kloscheibe, wenn auch insgesamt etwas weniger stylisch, was ich aber aufgrund der möglichkeit im bad unbeobachtet zu bleiben, gerne in kauf nehme ;-)
    da ich ja wusste, dass sie auch in berlin waren, hab ich nach ihrem lüla schopf ausschau gehalten, ihn aber leider nirgends entdecken können.
    liebe grüsse,
    nicole

  2. annilu sagt:

    Sie wollen sich doch nicht wirklich über etwas so Innovatives wie ein besehbares Klo beschweren oder? Ich meine, im Grunde müssen Sie froh sein, dass Sie dafür nicht noch eine extra Unterhaltungsgebühr bezahlen mussten. Und im Grunde frage ich mich wirklich, weshalb dieses Zimmer noch zusätzlich einen dermaßen großen Fernseher vorhielt. Schaute da überhaupt noch jemand drauf? Ich meine, parallel zum Badprogramm?

    Jaja, die Herren Hotelbadezimmerarchitekten…

    Toppen kann ich die Geschichte eigentlich nur durch die eines pariser Hotels, das ich selbst einmal erleben durfte. Genächtigt wurde in einem 4-Bett-Zimmer mit eigenem Bad – mit-ohne Tür! Das Bad meine ich… hatte keine… also eine Tür…. Und ne Lüftung natürlich sowieso nicht. Oder gar ein Fenster.
    Allerdings war unser Hotel damals designtechnisch lange keine solche Augenweide wie Ihr Hotel Berlin, dafür hatte es auch bestimmt -2 Sterne.

    Immer noch herzlich lachend –
    annilu

  3. Bärbellinda sagt:

    Na immerhin ein Indirekt-Tageslichtbad…. Und so etwas im Hotel! *Schmunzel* Das hat nicht jedes Hotel – und Sie wissen es nicht zu würdigen?

    Ob das ein Ar*chitekt mit Platzangst verbrochen hat?

    Ich wäre aber genau so „begeistert“.

    liebe Grüße
    Bärbellinda

  4. Jutta sagt:

    Herrlich, genau die richtige Geschichte um wohlig schmunzelnd ins Bett zu gehen. Und stimmt, Bad mit Tageslicht. Ist das bei diesem Zimmer aufgeführt??
    Schöne Grüße
    Jutta

  5. Mara sagt:

    Berlin vermisst Sie übrigens :-)
    Naja, dafür gibts jetzt an dieser Stelle wieder Spannendes über die eigene Heimat zu lesen.
    Hatte das Klo denn ein Fenster? Wäre ja auch eine gute Methode, um behaupten zu können, man hat ein Zimmer mit Bad, mit Klo, mit Fenster. In Berlin ja durchaus ein begehrtes Extra bei der Wohnungssuche!

  6. Manuela sagt:

    Ich bin eigentlich eine stille Leserin ihres Blogs, heute muss ich mich allerdings mal zu Wort melden. Wir waren letzten Herbst ein Wochenende in Düsseldorf. Unser Hotel war auch ganz besonders designt. Unsere Dusche war nämlich gläsern. Das heißt neben dem Bett war ein Glassarg in welchem sich die Badewanne befand. Durch den Glassarg hindurch hatte man den besten Blick aufs Klo. Das gläserne Waschbecken sah aus wie das Speibecken beim Zahnarzt. Ich teilte das Zimmer mit meinem Mann, das war ja ok. Nicht auszudenken wenn dort vielleicht mal ein Kegelclub oder eine nette Damenrunde absteigt und sich die Doppelzimmer teilen will. Da würde auch kein pinker Sessel helfen, da müsste man vor die Tür.
    Liebe Grüße
    Manuela

  7. Andrea sagt:

    Oh ja, Hotel-Badezimmer! Man fragt sich. Oft sehr stylisch, mit Regendusche und Schickimicki, aber keine Haken oder Ablagemöglichkeiten. Nicht mal die nach der Dusche anzuziehende Unterwäsche kann man irgendwo hinlegen!
    Falls man also mal in diesem Hotel absteigen möchte, nach einem Zimmer ohne Kloscheibe fragen. Alles klar! ;-)

    LG Andrea

  8. sandra malik sagt:

    Sehr hübsch. Wenn man nicht müssen muss.
    Ich persönlich halte nach 7 Berlinbesuchen den 100er-Bus für ein Gerücht!

  9. Frische Brise sagt:

    Und ich hab erst überlegt, was eine Kloscheibe ist…

  10. Uschi sagt:

    Danke für den Lacher am Montag und das grandiose Kopfkino!

    LG Uschi

  11. Cherryblossom sagt:

    In einem Hotel mit solchen Zimmern habe ich auch mal genächtigt… 4 Sterne Businesshotel. Alles supi, dupi chic, und neu und extravagant aber das Badezimmer…

    Das war nichtmal ein Bad als geschlossener Raum… wie soll ich’s erklären… so wie bei Ihnen im Zimmer, nur dass in der Ecke wo bei Ihnen der Spiegel und das Guckfenster sind, eine Glasdusche stand und rechts und links davon, was bei Ihnen graue Wand ist… nichts war. Es war ein offenes Bad. Man konnte vom Klo direkt aufs Bett gucken, wie bei Ihnen, nur dass man auch keine Tür hatte, die man verschießen konnte und die Feuchtigkeit im Raum nach einer heißen Dusche war noch das kleinste Problem, wenn Sie verstehen…
    ich hatte das Zimmer zum Glück für mich allein…

    Und man konnte Showduschen machen… wenn man denn wollte… und während des duschens Fernseh gucken… und… ach lassen wir das.

  12. stauffi_berlin sagt:

    Ich hatte neulich auch so ein Hotelzimmer mit Kloscheibe, dass ich mir mit meiner besten Freundin geteilt habe.
    Weiterer Nachteil: Wenn man nachts ins Bad ging, und das Licht dort anschaltete, war auch gleich das Zimmer erleuchtet. Also mussten die Verrichtungen im Dunkeln verrichtet werden.

  13. corina sagt:

    ….. herrlich!!!!
    Das Fenster ist doch nur dazu da um eine gute Ökobilanz zu haben.
    Man lässt einfach das Licht im Bad aus … Strom sparen und nicht gesehen werden :-)
    Danke für diesen erfrischenden Bericht. Bin eine stille Leserin, jetzt musste ich mich mal melden.
    Lachende Grüße
    Corina

  14. Herkimer sagt:

    Da musste ich doch beim Lesen ziemlich schmunzeln! In einem 5-Sterne-Hotel in der ehemaligen Bundeshauptstadt habe ich auch sehr interessante Badezimmer gesehen bei einer Hotelbesichtigung. Die Außenwände aus Glas, auch im Bad, das an einer Außenwand lag, daneben – Bürogebäude. Ich dachte an abgelenkte Angestellte und genante Badewillige und fragte nach „Versteckmöglichkeiten“. Es gab drei Vorhänge, von transparent bis absolut blickdicht, je nach Vorliebe. Da war ich doch wieder froh mit meinem innen liegenden Bad mit Tür :)

  15. Nathalie Hesse sagt:

    Ja, Hotelzimmer mit Glasscheibe zwischen Bad und Bett bzw.Zimmer, sind wirklich sehr sinnvoll…nicht!!!
    Wir waren letztens auch in so einem Hotel in Lugano, mit komplett verglastem Badezimmer!!! Aber der Knaller war: per Knopfdruck wurde die Scheibe wie von Zauberhand milchig! Uihhh, das war vielleicht ein Spaß für meinen Sohn.
    Übrigens Sandra….doch, doch, den 100er Bus gibt es wirklich in Berlin! Meine liebste Buslinie, wenn ich zu Besuch in der Hauptstadt bin. Wir sind schon oft, einfach so, ein paar Runden extra gefahren wg der schönen Aussicht :) Der 200er ist übrigens auch zu empfehlen….
    LG Nana

  16. Laura Schmidt sagt:

    Hallo liebe Mutti, :)
    Vielen Dank für diesen sehr amüsanten Blogbeitrag über den auch wir schmunzeln mussten. Wir werden ihn intern gern weiterleiten, denn er ist das Lesen wert.
    Über die intime Problematik sind wir uns inzwischen bewusst und fangen nächste Woche an die Scheiben gegen Milchglas auszutauschen, somit bleibt immer noch die Dusch-Silhouette, aber auch das Tageslichtbad und die Toilette rückt in den Schatten. Wir hoffen trotzdem dich bald wieder begrüßen zu dürfen, bis dahin alles Gute aus dem Hotel Berlin, Berlin. Laura

  17. Schussel sagt:

    Sehr schön, wirklich sehr schön.
    Das letzte Hotelzimmer, in dem ich übernachtete, hatte ein Bad, das nur von raumhohen, komplett durchsichtigen Glasscheiben umgeben war. Lüftung gab es auch nicht, dafür waren die Scheiben nicht ganz raumhoch, sondern hatten oben einen Schlitz zum Zimmer noch frei.

    Ich war da nur alleine und nur für eine Nacht, aber den Bewertungen des Hotels nach werden diese Zimmer auch als Doppelzimmer vergeben, das fand ich… interessant.

  18. creezy sagt:

    Diese Kloscheibe! Das ist doch Meckern auf hohem Niveau, Frau Mutti. Wir Berliner hatten ja damals noch Außenklo! ,-)

    Und geben Sie doch zu vor Ihren LeserInnen, dass Sie ständig am demonstrieren waren. ;-)

  19. McMaren sagt:

    Haha, solche fragwürdige architektonischen Highlights haben wir auch schon öfters vorgefunden. Auch für Ehepaare nicht soooo der Knaller. Wobei man sagen muss, dass es in einem der Hotels immerhin Lamellen gab, die man herunterdrehen konnte. Dafür gab es aber kein Fenster, das war also von der Geräuschkulisse her eher fragwürdig.

  20. M sagt:

    Sehr äh, schön war auch unser Hotel am Bodensee.

    Das hatte zum Bad hin eine Schiebetüre mit Guckloch, falls man durch das Handloch (statt Türklinke) nichts gesehen hätte…