Vorweihnachtsfreuden

5. Dezember 2014

Mitunter erwähne ich es: ich mag große Menschenansammlungen nicht. Starke Gerüche sind mir zuwider und wenn dann noch laute Musik dazukommt, ist mein Unglück perfekt.
Warum ich trotzdem eine heimliche Liebe für Weihnachtsmärkte habe, kann ich nicht vernünftig erklären. Vielleicht weil alles glitzert. Und leuchtet. Und hemmungslos bunt ist. Wir schmücken hier daheim eher zurückhaltend, auf dem Weihnachtsmarkt kann ich mehrfarbig blinkende Sterne genießen. Und staunen, wenn sie obendrein noch die Melodie von „Jingle Bells“ spielen.
Ich bewundere die großen Weihnachtspyramiden, halte mir heimlich die Nase bei den Duftölen und den Kräuterbonbons zu und frage mich, wer diese ganzen Silicon-Backformen eigentlich kauft? Jedes Jahr will ich mir eine richtig große Bienenwachskerze kaufen, jedes Jahr vergesse ich das, weil ich zu voll von den ganzen Eindrücken bin.
Glühwein gehört auch dazu, aber meistens riecht der nur fein, schmeckt dafür eher unterirdisch. Das hält natürlich die meisten Weihnachtsmarktbesucher nicht davon ab, ihn in großen Mengen zu trinken. Und irgendwann gegen Abend, wenn immer mehr Menschen immer mehr Glühwein getrunken haben, ist für mich der Zeitpunkt gekommen, den Weihnachtsmarkt zu verlassen. Dann, wenn Weihnachtslieder gegröhlt werden, man dazu fröhlich schunkelnd und dabei jede Menge Glühwein und Kartoffelpuffer über anderen Menschen verteilt, die sich dicht gedrängt an den Ständen vorbeischieben. Genug o du fröhliche Weihnachtsstimmung für mich und ich habe dann ja auch ein Jahr Zeit, um diesen eher unangenehmen Aspekt des Weihnachtsmarktes zu vergessen.

Ganz anders ist es übrigens auf dem beschaulichen Weihnachtsmarkt im Niersteiner Gemeindepark. Oder ist es jetzt der Stadtpark? Seit Nierstein eine Stadt ist, hat sich ja einiges geändert. Wir hatten zum Beispiel einen echten Mord mit fünfzehn Schüssen. Wie in einer richtigen Stadt! Aber ich schweife ab und ein Mord ist nun auch nicht die ideale Werbung für einen kleinen Weihnachtsmarkt.
Versuche ich es nochmal anders.
Der Niersteiner Gemeindepark ist im Grunde genommen nur eine große Rasenfläche, um die ein Weg herumführt. In einer Ecke ist ein Springbrunnen, der im Sommer ein echter Spaß für Kinder ist, an der Rückseite des angrenzenden Rathauses gibt es eine Bühne. Und einen größeren Platz davor, der wiederum von wunderschönen, uralten Platanen überwachsen ist.
Angeblich gab es eine Zeit, da der Weihnachtsmarkt so groß war, dass die Stände die gesamte Rasenfläche umrandeten. Ich habe das noch nie erlebt, aber es ist tatsächlich so, dass der Markt von Jahr zu Jahr kleiner wird.
Dieses Jahr sind es nur noch 24 Stände.
Sollten Sie sich tatsächlich überlegt haben, diesem Markt einen Besuch abzustatten, habe ich einige Geheimtipps für Sie: der Glühwein am Stand der SPD ist sensationell gut! Der verwendete Rotwein ist nicht der schlechteste und jede Menge Orangenstückchen und wenig Zucker verhindern, dass man nach einer halben Tasse sinnlos betrunken in der Ecke liegt. Oder am nächsten Morgen die zweite Hälfte der Tasse bitterlich bereut.
Die Wildbratwurst ist der Knaller! Manchmal gibt es sogar zwei Stände mit Wildbratwurst, nehmen Sie unbedingt die vom Stand am Ein/Ausgang Mühlgasse. Der Jäger brät persönlich und wenn er dieses Jahr wieder diesen grandiosen Wildburger macht, ist der Hungertod für mich garantiert abgewendet.
Auch immer auf dem Weihnachtsmarkt vertreten ist „FruchtSinn“. Mainzer kennen die beiden vielleicht vom Wochenmarkt, dort verkaufen sie ihre Chutneys, Gelees, Liköre und viele Leckereien mehr. Alles übrigens in sehr schöne Gläser und Flaschen gefüllt und liebevoll (und kein bißchen kitschig) dekoriert.
Bei der CDU gibt es Kartoffelpuffer. Oma Eis sagt, die seien lecker. Ich kann das nicht beurteilen, ich mag die nie, egal von wem gebacken. Letztes Jahr gab es auch Eierwein bei der CDU und ja, den mochte ich auch, aber das ist schon etwas Spezielles.
Die AWO (Arbeiter Wohlfahrt) verkauft Weihnachtsgestecke, aber vor allem das weltbeste Quittengelee. (Und andere Gelees)
Am CVJM-Stand stehen nicht nur die klügsten und schönsten Jugendlichen die ich vor vielen Jahren geboren habe, es gibt auch köstliche, fluffige Waffeln und – neu im Programm – heißen Kakao für die Kinder, damit die nicht immer diesen gruseligen Weihnachtspunsch trinken müssen.
Kreatives gibt es auch immer. Gestricktes, Gehäkeltes und hoffentlich ist die Frau da, die diese tollen Filzhüte gestaltet. Ich habe dieses Jahr die Vorbesprechung versäumt und weiß daher nicht, wieviele Stände mit Handarbeitlichem da sein werden.
Mme Ouvrage leistet mir am Stand Gesellschaft und verkauft ihren bezaubernden Schmuck, Oma Eis hat 27 Kilo Plätzchen gebacken und ich habe einen Koffer voller Sterne und ein bißchen Schnickeldi dabei.

Der Niersteiner Weihnachtsmarkt ist mehr so ein Treffpunkt für die Niersteiner. Muss man mal ein Wochenende nicht kochen und kann schon nachmittags um vier Rotwein trinken. Dabei ein bißchen den Killianos zuhören, wenn sie Weihnachtslieder posaunen. Der Nikolaus verteilt Schokolade an die Kinder, der Bürgermeister hält eine getragene Ansprache und wenn es tatsächlich ein bißchen schneit, dann wäre es gar nicht seltsam, wenn Rory und Lorelai Gilmore um die Ecke bögen.

Besuchen Sie uns, ohne große Erwartungen. Und sagen Sie mir hallo! Ich bin die mit den Blumen an der Mütze und dem Wartturm auf dem Muff.

5 Kommentare zu “Vorweihnachtsfreuden”

  1. Anja sagt:

    Hach, ich hab auch direkt an die Gilmore Girls gedacht bei der Beschreibung des Weihnachtsmarktes. :)

  2. Sylvia Hubele sagt:

    Nierstein: So rein aus Spaß hab ich mal eine Gewinnspiel-Karte ausgefüllt und abgeschickt, nach Nierstein. Es ging um Wein. Wochen später kam ein sehr schwarz gekleideter hagerer Herr mit einem Habitus wie ein Trauerredner und wollte uns Wein verkaufen. :-)
    So muss ich immer an jenen traurig aussehenden Herrn denken, wenn ich Nierstein lese…

  3. Zimtapfel sagt:

    Ah, Nierstein ist also das Rheinhessische Stars Hollow!
    Wildbratwurst und Wildburger klingen wirklich verdammt verführerisch, und daran, das in einer Weingegend wie Ihrer der Glühwein von besserer Qualität ist als anderswo habe ich nicht den geringsten Zweifel.

  4. Croco sagt:

    Das klingt ja schön!
    Und sehr nach Besinnlichkeit und Qualität, man braucht keinen großen kommerziellen Markt, um sich wohl zu fühlen.
    War Luke auch da?

  5. quarsoon sagt:

    klingt nach einem schönen Weihnachtsmarkt mit viel Spaß