blutige Details II

24. November 2006

wegen postoperativer Benommenheit nicht mehr mit der übersichtlichen minutiösen Einteilung.

Frau … äh … Mutti und ihr knurrender Magen lagen friedlich und weitestgehend schmerzfrei im Bett und alles hätte so schön sein können, wenn da nicht diese Ärztin gewesen wäre, die sagte: „Vielleicht kann ich ihnen in einer Stunde einen Zwieback und ein bißchen Tee schicken lassen!“
„Ich hab doch nix mit´m Magen!“, mault Frau … äh … Mutti und schielt begehrlich nach der Thermoskanne, die der beste Vater meiner Kinder am Morgen extra abgefüllt hatte: ein Drittel Kaffee, zwei Drittel Milch, so wie sie es mag, die Frau … äh … Luxusweib.
„Vielleicht heute abend eine Scheibe Toastbrot“, sagte die Folterärztin und verließ vorsichtshalber das Krankenbett.
Der beste Vater meiner Kinder packte die Thermoskanne zurück in seine Tasche, genauso wie die extragroße Tüte Taccos, die auch nicht in den Schonkostplan passen.
„Die Kaki und die Schokoriegel kannste dalassen!“, fordert Frau … äh … Mutti, besorgt um die Notreserve.

Der beste Vater meiner Kinder verließ schließlich sein nölendes Weib und dieses schlummerte sanft ein. Beim Aufwachen verspürte Frau … äh … Mutti das dringende Bedürfnis, eine Toilette aufzusuchen. Und zwar so richtig: aufstehen, hingehen, draufsetzen, entspannen. Kommen Sie mir nicht mit Bettpfannen, mit denen kann ich nicht.
Frau … äh … Mutti klingelt die Schwester herbei: „Ich geh dann mal auf Toilette!“
„Moment, ich begleite sie!“, sagt die Schwester, die Frau … äh … Mutti bis zur Schulter reicht.
„Geht schon“, sagt Frau … äh … Mutti und verhedert den Kochsalzlösungsschlauch aus der rechten Hand mit dem Wunddrainagenschlauch aus der linken Achsel, während sie schwungvoll in ihre Hausschuhe springt und dabei versucht, das Flügelhemd nicht zu verlieren. Die Krankenschwester wuselt ihr in den Füßen herum und wenn Frau … äh … Mutti tatsächlich umgefallen wäre (Fragen Sie mal irgendwen im Krankenhaus nach meiner Größe und meinem Gewicht. Ha!), gäbe es eine neue Patientin mit fiesen Quetschungen.
Die Toilettentür befand sich drei wackelige Schritte von Frau … äh … Muttis Bett. Die Schwester wartete vor der Tür und half dann Frau … äh … Mutti aus dem Schlauchknäuel zu steigen. „Das nächste Mal dürfen Sie alleine gehen!“, sagt die Krankenschwester und es hat den Anschein, dass sie leicht angestrengt ist, von Frau … äh … Muttis Hilfsbereitschaft und Mitarbeit.
„Haben Sie denn Hunger?“, fragt die Krankenschwester, die scheinbar nicht über das Grollen aus der Magengegend hinweg hören konnte.
Darauf vertrauend, dass auch hier die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut, orderte Frau … äh … Mutti ein Mittagessen. Immerhin war sie stabil genug, um ggfs. allein kotzen gehen zu können. Zu Testzwecken (wie belastbar ist der Magen) verspeiste Frau … äh … Mutti einen Schokoriegel, bevor sie Selleriesüppchen, Schweinenackensteak natur, Salzkartoffeln, Speckbohnen und Pfirsichjoghurt bekam. Und noch einen Schokoriegel.

Nach dieser leichten Mahlzeit setzte die große Krankenhaus-Langeweile ein. Das Schmerzmittel, das direkt nach der OP verabreicht worden war, wirkte noch wunderbar und Frau … äh … Mutti fühlte sich sehr gesund. Doch scheinbar wird der Krankenhausluft irgendein Beruhigungsstoff zugesetzt: sowie man sich länger als eine halbe Stunde im Krankenhaus aufhält, wird man automatisch müde. Und so dämmerte Frau … äh … Mutti bis zum Abendesen vor sich hin. Las eine halbe Seite, schlief eine Viertelstunde. Und so weiter.
Zwischendurch dachte Frau … äh … Mutti, dass sie sich garantiert wohler fühlen würde, wenn sie etwas ordentlicher bekleidet sei. Die aufregenden Strümpfe durften nicht ausgezogen werden, aber das neckische Höschen und das Flügelhemd hatten wohl ausgedient. Mit Snoopy auf dem Hintern und dem „Evolution“-Shirt vom besten Vater meiner Kinder fühlte Frau … äh … Mutti sich tatsächlich wohler, so dass es ihr beinahe gelungen wäre, die Wunddrainage aus der Wunde zu reissen. Der darauffolgende Schmerz prügelte alle überschäumende Aufmüpfigkeit wieder in den Keller und Frau … äh … Mutti legte sich so brav, wie es sich für eine Frischoperierte gehört, ins Bett.
Als letzter Höhepunkt des Tages ist der Besuch der Nachtschwester zu nennen, die mit betont fröhlicher Art die Zimmertür aufriss, an das Bett der armen Frischoperierten rumpelte und schallend eine Gute Nacht wünschte. Frau … äh … Mutti erbettelte sich eine Schmerztablette (die sie auch bekam) und dann folgte eine eher unruhige Nacht. Zwar allein im Zimmer, aber als Bauch- oder Seitenschläferin auf den Rücken gefesselt ohne rechten erholsamen Schlaf.
Und so war Frau … äh … Mutti wach und munter, als um sieben Uhr drei Schwestern das Zimmer stürmten. Eine Schwester bohrte ein Ohrthermometer in Muttis Ohr, eine zweite nahm den Blutdruck und die dritte jagte die Thrombosespritze in Frau … äh … Muttis zarten Schenkel. Danach musste das Bett gemacht werden und die Lernschwester durfte auch mal probieren. Frau … äh … Mutti lächelte verständnisvoll beim dritten Versuch der Lernschwester, irgendwann muss sie es ja lernen. Schade, dass die Tür nicht zu ist. Aber soviel ist ja garnicht los, da draußen auf dem Gang, und wer will schon Frau … äh … Mutti in pinkfarbener Snoopy-Unterhose sehen? Der ältere Mann der seinen Urinbeutel neben sich herschleift als er an der Tür vorbeigeht, schaut jedenfalls betreten weg.
Kurze Zeit später wird das Frühstück serviert und noch bevor Frau … äh … Mutti die Zeitung gelesen hat, erklärt ihr eine Ärztin, dass die Wunddrainage schon morgen gezogen wird.
„MORGEN?! Ich dachte, ich gehe heute heim?“, Frau … äh … Mutti ist ehrlich entsetzt.
„Na, dann schau ich mir mal die Wunde an“, sagt die Ärztin und rupft zwanzig Quadratzentimeter Pflaster und Haut unter Frau … äh … Muttis Arm ab. (und quer über die Brust und von den Rippen). Die Wunde sieht ganz gut aus, erfährt Frau … äh … Mutti. Die Ärztin will mit einem anderen Arzt Rücksprache halten, aber vorher wird noch der Zugang aus der Hand gezogen. Das übernimmt die Krankenschwester, während die Ärztin gleichzeitig am linken Arm Blut abnimmt. „Bitte abdrücken!“, sagen Ärztin und Krankenschwester gleichzeitig und Frau … äh … Mutti dankt wem auch immer für hypermobile Gelenke. (Aufgabe: drücken Sie mit dem Daumen der linken Hand auf die Mitte ihrer rechten Hand, während sie mit Zeige- und Mittelfinger der rechten gleichzeitig ihre rechte Armbeuge drücken. Ganz einfach!)
Zwanzig Minuten später öffnet die Ärztin erneut die Zimmertür, strahlt Frau … äh … Mutti an und sagt: „Ich habe gute Nachrichten! Sie dürfen heim!“
Vorher wird die gerade frischverpflasterte Wunde nochmals freigelegt, die Wunddrainage wird gezogen (tiiieeef einatmen!) und ein abschließender Ultraschall gemacht. Alles Bestens. Frau … äh … Mutti erhält Pflaster zum Wechseln, einige Instruktionen (schonen, schonen, schonen), verspricht weder anzuschwellen noch zu bluten, zieht sich an, packt ihren Kram, sagt den Schwestern Tschüss, bezahlt zwanzig Euro an der Abmeldung und wartet dann auf dem Parkplatz auf den bereits verständigten besten Vater meiner Kinder.

Daheim warteten Bett, Mandarinen und der ganze Verwöhnservice. Und ein Päckchen aus Berlin von ihr mit diesen herrlichen, miefigen Lush-Kugeln. (und die halten ja auch noch eine zeitlang, weil Baden geht vorerst noch nicht.)

Frau … äh … Mutti drückt sich die nächsten Tage im Bett herum, lässt sich verwöhnen und hofft, dass das jüngste Kind, welches gerade von seinem Vater vom Training abgeholt wird, nicht ernstlich krank wird. Der Trainer hat nämlich angerufen und gesagt, dass der Kleine schlimme Schmerzen in
der Seite hat. Hatten wir das nicht erst neulich?

Ich hoffe nicht, hier in nächster Zeit eine weitere Krankenhausgeschichte erzählen zu dürfen.

4 Kommentare zu “blutige Details II”

  1. Anonym sagt:

    Herrlich geschrieben :ok:
    Hier lese ich immer wieder gern…

    LG
    die Emma :D

  2. jette sagt:

    U.a. bin ich froh, daß alles gut angekommen ist.
    :)

  3. Eva1607 sagt:

    Das hoffe ich auch nicht. Ich bin heute um 05.10h aufgestanden,(Da haben Sie noch im warmen Bettchen mit dem vater Ihrer kinder gekuschelt) war um 6.ooh in der Arbeit, habe Patienten gewaschen, gebettet und gefüttert. Um 9.30h habe ich mit Kolleginnen, bei kaltgewordenem Kaffee diskutiert, ob diese Frau Mutti mit ihren StringTangas auch ihren Verstand zu Hause gelassen hat. Sie diskriminieren hier einen Berufsstand schwer arbeitender Leute nur um eine blutige-Detail-Story reißerisch zu servieren. Vielleicht sollten sie statt ShortStorys erst mal einen Lageplan ihrer Wohnung aufstellen, damit der vater ihrer Kinder sich zurecht findet.Leute wie Sie, mit Ihrem selbstsüchtigen, unprofessionellen Verhalten, nehmen einem wirklich die Freude an der Arbeit. Ich hoffe Teil3 Ihrer Story hat den Titel: Wie entschuldige ich mich bei einer erbosten
    Krankenschwester .
    Eva-Maria Junker, Krankenschwester seit 1968

  4. Bine sagt:

    Warum wünsche ich mir jetzt, daß Frau… äh … Mutti trotz Kreuz Krankenschwester geworden wäre – und daß ich nicht in den Genuss der Pflege von Schwester Eva komme? Naja, aber Humor ist einfach nicht jeder Frau….äh…. Krankenschwesters Sache glaube ich ;-)

    Mit lieben Gute-Besserungs-Wünschen

    die Wollbiene