beinahe wortlos – ich – heute
19. März 2010
Ich bin damit beschäftigt, die Nase in die Sonne zu strecken, die nackten Zehen zu räkeln und glückselig dauergrinsend auf der Terrasse zu sitzen. Was hab ich das vermisst!
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Irgendwann kehrt sich alles um, stellten wir heute morgen fest. Dann sorgen die Kinder sich um oder für die Eltern und das ist eine ganz neue Lebenssituation. Gestern oder so war man noch froh, den übermächtigen Eltern entkommen zu können und heute auf einmal stellt man fest, dass man diese Phase, in der man mit den Eltern auf Augenhöhe steht, gar nicht richtig mitgekriegt hat.
Und kaum ist man aus dem ganzen Trubel mit den Babys und Kleinkindern raus, hat diese ganzen Sorgen von wegen „atmet es noch?“ und „was, wenn es nicht genug isst?“ hinter sich gelassen, hat den Kindern beigebracht, alleine auf´s Klo zu gehen und die Funktion von Klopapier erklärt, hat ihnen gezeigt, wie das mit dem Waschen und Duschen funktioniert … kaum atmet man erleichtert auf … schon stehen neue Sorgen in der Warteschlange und man beginnt sich erneut mit menschlichen Ausscheidungen zu beschäftigen und zu arrangieren.
„Es muss doch einen Zeitpunkt gegeben haben, zu dem einfach alles glatt ging und in Ordnung war?“, fragten wir uns. Ja, den gab es. Bestimmt. Immer mal tage-, vielleicht sogar wochenlang. Aber Sie kennen das vielleicht: wenn alles glattläuft, dann ist man erstmal müde. Weil nur dann ist Zeit, um diese tiefe Müdigkeit zuzulassen. Manchmal wird man dann auch selbst krank, weil man Zeit dafür hat. Nur ganz selten gelingt es, diese wundervollen Tage, die so sorglos und gar nicht problembeladen sind, zu bemerken. Zu leben, zu genießen und für schlechte Zeiten in ein Fläschchen zu füllen.
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Vielleicht ist dieser „endlich Frühling!“ – Tag für mich heute ein solcher „sorglos-Tag“ oder wenigstens ein „wenig Sorgen“-Tag. Ich werde ihn pflücken für die anderen Tage die da kommen.
19. März 2010 um 15:56
seufz… :-)
19. März 2010 um 16:21
…oooh, so schön formuliert, so schön dies alles nachzumachen und zu warten, bis ein solcher Tag wieder kommt…danke, ich werde auch ans Konservieren denken…schöne, weitere Frühlingstage wünscht die Geli
19. März 2010 um 16:25
… ja, man versäumt viel zu oft, das Leben einfach dann zu genießen, wenn es sich anbietet. Immer wieder glaubt man, es kommt noch die Zeit, wo es „besser geht“ und stellt dann irgendwann fest, dass das alles nicht stimmt. Ich hab es auch geglaubt und nun betreue ich meine linksseitig gelähmte Mutter, meinen an Parkinson erkrankten Vater und meine an Demenz erkrankte Schwiegermutter und heule meinem Leben hinterher.
Liebe Frau Mutti – genießen Sie jeden! Augenblick, wer weiß, wieviele es davon noch geben wird
Ich wünsche Ihnen viel Sonnenschein
Kerstin
19. März 2010 um 16:53
bittersüß ist dieser Bericht über Ihren wahrscheinlich ersten, wirklich schönen Frühlingstag in diesem Jahr. Geniesen Sie die süße Seite, bitter kann dann später kommen.
19. März 2010 um 17:14
Sehr schöne Gedanken zu einem sehr schönen Tag! Merkt man einfach viel zu oft, dass man wenn es einem gut geht sich nur über die schlechten Dinge in Zukunft beschwert; und selbst nicht merkt wie man sich die schönen Stunden verdunkelt. Man muss sich das einfach immer wieder ins Gedächtnis rufen!
19. März 2010 um 19:28
Hallo Frau Mutti,es gibt leider zu wenig Menschen die solche Tage genießen können , Sie gehören dazu und das ist schön den auch ich hatte vor 2 Jahren nach etlichen Chemos nie mehr dieses Gefühl verloren solche Tage ganz besonders zu genießen.
Wünsche noch viele solche GENIEßERTAGE und viel freude im Herzen.
Silvia-Maria aus dem bereits sonnigem Waldviertel in Österreich
19. März 2010 um 19:50
Welch wahre Worte.
Ich persönlich befinde mich in der Situation, in der das „auf Augenhöhe sein“ sich völlig umgewandelt hat und ich oft das Gefühl habe, statt eines älteren, reifen Menschen ein bockiges Kleinkind in der Trotz-Hochphase vor mir zu haben. Sehr schwer und sehr belastend mitunter.
Aber – auch da haben sie recht – die Sonne relativiert das Alles doch um ein gutes Stück und so saß auch ich heute draußen und hielt die Nase in den Frühling. =o)
Danke für Ihre Worte.
20. März 2010 um 12:57
Das trifft….diese Augenhöhephase ist schnell dahin und dann….aber guuut, dass es Genießertage zum Abfüllen gibt! Danke für den Post, der mich grade kalt erwischt hat…
LG Sabine
20. März 2010 um 20:56
so schön ausgedrückt *snüff*