Notenschluss und Zeugnisse
18. Januar 2011
Donnerstag ist Notenschluss, nächste Woche Freitag gibt es Zeugnisse. Seit etwa einer Woche gibt es am Mittagstisch kaum ein anderes Thema außer Schule, Arbeiten, Tests, epochale Noten und Lehrer, freundliche, strenge, gerechte, doofe und die, bei denen das Lernen Spaß macht. (wenige)
Da sind zum Beispiel Töchterleins Physik- und Mathenoten, die beide echte Überraschungen sein werden. Und Notenüberraschungen sind wirklich selten, weil die Kinder sich die meisten Noten schon selbst errechnet haben. (und wir Eltern auch, um wenigstens keine große Überraschung zu erfahren :)) Die Physiknote der Tochter könnte nämlich ein bißchen mit dem Test zusammenhängen, der im November geschrieben wurde. Bis heute wurde dieser Test allerdings noch nicht korrigiert und zurückgegeben. Wahrscheinlich fließt diese Note dann doch nicht ein, aber was weiß denn ich schon. In Mathe ist ganz ähnlich. Die Arbeit wurde bereits geschrieben, aber noch nicht zurückgegeben, da ein Nachschreibtermin für bei der Arbeit fehlende Schülerinnen hätte vereinbart werden müssen. Der kam nicht zustande, stattdessen wurde den Nachschreibe-Schülerinnen angeboten, sich freiwillig prüfen zu lassen, denn „wer eine gute Note hat, muss ja nicht, weil er sich womöglich diese versaut“. Töchterlein ist äusserst angemessen darüber sauer, denn die Mathearbeit lief nicht so gut wie erwartet und sie sieht ihre Eins in Gefahr (Jammern auf hohem Niveau hat sie von ihrer Mutter geerbt). Ich bin da trotzdem ganz d´accord mit ihr, denn ich fände es mehr als gerecht, wenn den Schülerinnen, die die Arbeit schrieben, wenigstens angeboten würde, selbst zu entscheiden, ob die Zensur akzeptabel ist. Aber wie auch immer: die Arbeit ist noch nicht zurückgegeben und fließt somit wahrscheinlich nicht ein.
Oh, und natürlich gab es bereits Gespräche wegen Mathe und Physik, denn Töchterleins Klasse ist auch nicht die erste Klasse, die da Problemchen hatte. Leider gibt es nur sehr wenige Mathe- und Physiklehrer und so bleibt nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: ein schlechter Lehrer oder kein/stark reduzierter Unterricht.
Der Jüngste, dessen Schulkarriere noch immer im ewigen Nebel liegt und dessen schulische Leistungen für mich überhaupt nicht einschätzbar sind, freut sich auf sein Zeugnis. Welche Noten er in welchem Fach bekommt weiß er nicht. „In Mathe krieg ich eine eins oder eine zwei oder so.“, sagt er. Realistisch wird´s wohl eher eine drei, aber eine zwei ist auch drin. Wir werden es sehen, am Freitag. Tatsache jedenfalls ist, dass sein Leistungen insgesamt im Mittelfeld liegen und das ist eine feine Sache. (lohnt sich der tägliche Kampf und Krampf mit den Hausaufgaben ja doch irgendwie) Eine wahre Freude ist seine Drei in Deutsch, denn die letzten beiden Jahre war die Deutschnote wegen Legasthenie ausgesetzt. Die Rechtschreibung ist nach wie vor bunt und kreativ, doch es wird. Und irgendwann auch gut :)
Der Große schwankt zwischen Erleichterung, weil es könnte noch fieser aussehen und Enttäuschung über sich selbst, weil er nicht genug gemacht hat. Dieses Schwanken sind übrigens die einigen „pubertären Ausfälle“ die wir zu beklagen haben. Die gefürchten Trotzszenen und lautstarken Loslösungsprozesse sind uns erspart geblieben, genauso wie Experimente mit Alkohol und Nikotin, obwohl diese in seiner Altersgruppe durchaus zum guten Ton gehören. Ein wenig verpeilt im Sinne von „was wollte ich hier und wieso hab ich das in der Hand“ sind mir auch vertraut und müssen nicht zwangsläufig mit abgekoppelten Schaltungen im Hirn zu tun haben, so isser halt :)
Und er ist in der zehnten Klasse. Das bedeutet, dass er sich nach dem Zeugnis entscheiden muss, welche Leistungsfächer er wählt. Und dass er nur noch ein halbes Jahr Zeit hat, richtig Gas zu geben, um wenigsten ein gutes Zeugnis für Bewerbungen in Händen zu halten, wenn das mit dem Abi nicht klappen sollte. (kann ja sein, dass da doch ein pubertärer Revoluzzer in ihm schlummert) Er ist voll guter Vorsätze und will das mit dem Abitur auch unbedingt, vielleicht auch deswegen, weil er noch nicht weiß, wo ihn sein Weg hinführen könnte. Er ist ja auch erst 15 geworden.
Dieser Notenkram beherrscht uns ziemlich. Und auch wenn ich mich mittlerweile eigentlich entspannt zurücklehnen könnte – ich tu´s nicht, ich kann´s nicht. Die Tochter ist ungemein ehrgeizig und muss bisweilen geerdet werden, der große Sohn neigt zu einer gewissen Lethargie, muss und will getreten werden und der Jüngste ist heiter und unbeschwert, ob mit oder ohne Hausaufgabe, mit eins oder fünf und mit Durchblick oder ohne. Alle drei gehen gerne zur Schule und das ist garantiert nichts, wofür sich Schulsystem oder manche Lehrer eigenlobend auf die Schultern klopfen können. Da klopfe ich eher uns Eltern auf die Schulter, die wir motivieren, erklären, ermuntern und ständig die diplomatische Gratwanderung zwischen zustimmendem „uah, dieser Lehrer ist aber wirklich …“ und „naja, aber FACHLICH ist er schon …“ bewältigen.
Am Freitag dann die Zeugnisse. Das eine wird ganz großartig sein, das andere mittelprächtig mit Höhen und das dritte ist einzigartig :) Und zur Belohnung für einen toll geleisteten Job gibt´s ein Festessen. Vom Opa gibt´s Zeugnisgeld, gleiche Summe für alle und das ist gut so. Wir haben nie einzelne Noten „bezahlt“ oder „belohnt“, weil wir verlangen, dass jedes Kind seinen „Schul-Job“ im Rahmen seiner Möglichkeiten gut macht. Und deshalb ist eine mühsam erarbeitete Vier genauso toll wie eine Eins im Lieblingsfach.
Das war das Wort zum Dienstag und wir schalten zurück in den Haushalt.
18. Januar 2011 um 15:00
Jeder Lehrer müsste verpflichtet werden 2 bis mehrere Kinder aufzuziehen (vielleicht noch bevor er in den Beruf eintritt).
Mehrere Kinder deshalb, um Höhenflüge von Allwissenheit (so gehts richtig) auszubremsen.
lg Tagpflückerin
Lehrerin mit 3 Wunderkindern, die mich immer wieder Wunder in allen möglichen Farben lehren (auch blaue)
18. Januar 2011 um 15:05
Na, dann drücke ich Ihnen die Daumen, dass das Tochterkind bald einen besseren Physik- und Mathematik unterricht erhält. Das ist schon sehr ägerlich. Eine kleine Frage: gab es schon eine Bewerde deswegen an den Rektor und höhrere Ebene oder gesamten Elternschaft?
Ich drücke Ihnen die Daumen und wünsche den Kinder tolle Zeugnisse. :)
18. Januar 2011 um 15:29
Ihre Einstellung finde ich ganz, ganz wunderbar.
(Ich hoffe, Ihre Kinder wissen diese auch zu schätzen.)
18. Januar 2011 um 15:38
Ach Frau … äh… Mutti. Hier gleiche Termine und es sind die Halbjahreszeugnisse für den Übertritt auf die weiterführende Schule… muss ich mehr sagen? Und Festessen nächste Woche Freitag: Aber sowas von!
18. Januar 2011 um 15:53
Ich habe gerade Stellenangebote für Lehrer in Hamburg gelsen. Physik- und Chemielehrer kriegen sofort eine Stelle. Da herrscht ein riesiger Mangel an guten Lehrern.
Im großen und Ganzen kann man Ihnen doch nur zu ihren Kindern gratulieren, Frau… äh… Mutti.
18. Januar 2011 um 16:37
Ich kann Ihren Frust,liebe Frau …Mutti, verstehen. Und ich kann Ihnen sagen: es ist schwierig als Lehrer anders zu sein. Als meine Schüler in Klasse 11 und 12 im Schnitt 10 Zensuren hatten(pro halbjahr), also jeder auch mal die Möglichkeit eine schwache auszugleichen und dies mit Freude wahrnahmen, wurde ich von meinem Chef (Mathelehrer) darauf hingewiesen, wie wenig doch „die 10. im Schnitt ausmacht…“ und „wie sehr man doch mit sowas Kollegen ärgern kann“.
Es gibt aber an vielen Schulen eine Vorschrift, wie lang ein Lehrer zum Korrigieren Zeit nehmen sollte(meist sind 14 Tage angegeben in den Fachschaften, auch wenn ich persönlich das für eine zu lange Zeit halte, denn Schüler haben Freude/Enttäuschung oder was auch immer bezüglich der eigenen Leistung, je näher das Ergebnis zeitlich am Ursprung der Sache liegt, und ich hatte wahrhaftig mit Deutsch und Englisch in der Oberstufe genug und täglich bis 22-23 Uhr zu tun)Wenn aber Monate dazwischen liegen, so verfehlt jede Arbeit ihren Sinn. Vielleicht kann man einmal in den Elternversammlungen darauf aufmerksam machen, auch wenn ich auf einen durchschlagenden Effekt nicht hoffen würde…Gratulation schon mal zu allen Ergebnissen, egal ob 4 oder 1!Gut gemacht, Eltern und Kinder!
18. Januar 2011 um 16:41
P.S.
Jetzt habe ich doch glatt vergessen: 2 eigene wurden auch aufgezogen, mit allem, was man dabei so lernen kann, auch bezüglich Schule.Ja und noch einmal ja: das sollte Pflicht sein, damit man merkt, wie das so ist…
18. Januar 2011 um 17:59
Liebe Frau…äh… Mutti, den Kommentaren bzgl. der Leistung Ihrer Kinder und er ihrigen schließe ich mich sofort an. Was mich wundert, ist die Forderung nach eigenen Kindern als Zugangsvoraussetzung zum Lehrberuf. Ich -die ich selber mal Sek. II-Lehrerin werden wollte- habe im Freundes- und Bekanntenkreis einige Lehrer Erzieherinnen, Dozenten, allesamt mit eigenen Kindern ausgestattet. Auch in meiner langen Zeit als nebenberufliche Dozentin an zwei namhaften IHK’en und hauptberufliche Ausbilderin konfrontierte mich mit Ausbildern, Dozenten etc. Ich erlebe sowohl Erzieherinnen, die bei der eigenen Brut alles fachliche über Bord werfen als auch Lehrerehepaare, die die Lehrer ihrer Kinder -ja, sag ich da jetzt terrorisieren oder untergraben oder…- hmpf! Bitte schlagen sie, liebe Leser, nicht in die Kerbe „Ich kann nur von dem glaubhaft reden, was ich selbst erlebt habe“, das ist eine Haltung, mit der man sich selbst schnell in die Ecke treibt. Ich gebe ihnen gerne Recht, dass die Sichtweise unter Umständen eine Erweiterung erfahren kann, aber nicht muss. Und wer weiß, vielleicht hätte die ein oder andere Lehrkraft gerne Kinder bekommen und es war nicht möglich?
Aber ich erlebe -insbesondere in den eher ländlichen Gebieten- hier auch leider häufig die Haltung, dass frau selber -sozusagen von Natur aus- die beste Erzieherin ist, da können Fachkräfte in KiGa’s und KiTa’s nicht mithalten und wer sein Kind dorthin abschiebt, ist Rabenmutter per se. Wofür bekommt man denn dann sein Kind, um es sofort an Fremde abzugeben? Ach, ich schreibe mich in diese „und-was-ich-sonst-noch-zum-Thema-sagen-wollte-Schleife“, sorry…
Ich wünsche einen wundervollen Freutag in der Grünen Villa, liebe Grüße, Iris
18. Januar 2011 um 19:51
Oh, es ist einfach wunderbar, welch gesunde Einstellung Sie und Ihre Familie zum Thema Noten haben! Da geht mir das HErz auf und es macht mir Hoffnung, dass noch mehr Eltern da draußen in der weiten ländlichen Prärie auf mich warten, die diese Einstellung mit Ihnen teilen.
es grüßt eine baldige Refrendarin einer Grundschule mit einem 15 Monate altem Mäuschen, dass ab Februar in eine Kita geht:-)
18. Januar 2011 um 19:58
Hier wird das Ganze recht entspannt gesehen und uns geht es ähnlich wie ihrem Mittleren. Die Englischnote ist ausgesetzt, da die Lehrer nicht wissen wie sie ein Kind mit LRS benoten sollen (die diskussion geht seit September und ich frage mich ob wir die Erste sind), aber ansonsten wird hier alles auch sehr entspannt gesehen. Das Kleine hat nur ein Informationsgespräch, dass sehe ich ganz entspannt.
Das mit dem Essen ist hier auch so üblich und Zeugnisgeld gibts nur am Schuljahresende.
wobei hier das Ende des ersten Halbjahres herbeigesehnt wird. Drei Tage Themenwerkstatt Mittelalter, dass wird hier erwartet und macht noch mehr Laune auf Schule.
18. Januar 2011 um 20:19
Ach bin ich froh, dass uns diese Zensiererei noch ein Weilchen erspart bleibt, zumindest bis Ende der Sechsten Klasse. Dass meine Kinder eben später ein grünes Kästchen kriegen, wenn sie für den entsprechenden Stoff ein wenig länger brauchen, dass sie ihre Tests hinterher korrigieren und somit ihre Lücken auffüllen können ohne den Frust, den eine einzige vergeigte Zensur auslöst, weil sie den Durchschnitt arg verändert.
Ein Dank dafür an die Lehrerinnen, die in der Schule die Neugier der Kinder erhalten und befriedigen, die sich mit allen Eltern zu ausführlichen Halbjahresgesprächen treffen und sich die Mühe machen, den Kindern ausführliche liebevolle Lernentwicklungsberichte schreiben.
Aber ich weiß auch, dass eine solche Herangehensweise in vielen Schule nicht möglich ist, weil die Schulgesetze und Verordnungen anderes vorschreiben…
19. Januar 2011 um 08:41
Liebes Frau Mutti, es war mal wieder sehr herzerfrischend Ihr Statement zum Thema Zeugnisse und Schule allgemein zu lesen. Und auch sehr beruhigend, dass nicht alle Kinder \ÜBerflieger\ sind die vielleicht nicht ganz sooo guten Schüler prima Kinder sind und ihr Leben auf ihre Art meistern. Hab nämlich auch zwei so unterschiedliche hier im Haushalt.
LG Rike von Rikes-Welt