Samstag.

16. März 2013

Frau Brüllen fragt: “Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?”

Der Abschlussball der Tochter steht bevor und eine äußerst strenge Kleiderordnung muss befolgt werden. Davon hatten wir nichts im Schrank liegen, deshalb fuhren wir nach Mainz zum Einkaufen. Ich hasse einkaufen. Viele Menschen in engen Geschäften, mit warmer Winterjacke in überheizten Räumen, belästigt von Musikbeschallung und völlig reizüberflutet von Farben und Gerüchen. Am Liebsten bestelle ich. Da die Tochter aber noch niemals in einem Abschlussballkleid steckte, mussten wir wenigsten schauen, ob sie solche Kleider überhaupt mag.

Schon im ersten Geschäft wurden wir für die Tochter fündig und ich erlaubte mir leisen Optimismus, was die fehlende Kleidung für den besten Vater meiner Kinder und sein holdes Weib anbelangte.

Im nächsten Geschäft fanden wir für die Söhne gewünschte Kapuzenpullis. Die Söhne begleiten die Tochter nicht zum Abschlussball, bekommen aber trotzdem was Hübsches zum Anziehen :) Die Tochter und ich stöberten weiter, während der beste Vater meiner Kinder und unsere Söhne sich in den Elektronikfachmarkt verzogen, um sich an Kabeln, Steckern und Speicherkarten zu erfreuen. Und Computerspiele zu kaufen. Die Tochter und ich gaben noch ein bißchen Geld für Socken (braucht man immer), Trägerhemdchen (der Sommer steht vor der Tür) und einfarbige Shirts (wollen gepimpt werden) aus. Wir trafen uns wieder und zogen ins nächste Geschäft auf der Suche nach Hemd und Jackett für den Gatten. Eine Fliege hatten wir bereits ausgesucht.

Nach einer Stunde verließen wir den Laden mit einem Jackett und immerhin einer Vorstellung, wie DAS Hemd aussehen könnte, das zu Jackett und Fliege passt. Suchen wollten wir danach erstmal nicht, denn der Hunger trieb uns in die Altstadt, in ein hübsches indisches Restaurant. Wir futterten uns durch drei Vorspeisen und verschiedene Hauptgerichte und verabschiedeten danach die hinreissenden Bestien. Deren Stadtbedarf war gedeckt, sie fuhren mit dem Zug heim (und versprachen, dort ein bißchen den Wochenendputz zu übernehmen).

Der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib zogen erneut los, auf der Suche nach einem Hemd und vielleicht einem Kleid für mich. Wir landeten in der Stoffabteilung des Karstadts und ich beschloss, das sich mir notfalls einfach ein Kleid selbst nähe, denn hübsche Stoffe fand ich genug. Schon im dritten Geschäft fanden wir ein Hemd und ich kletterte in ein Kleid. Dunkelblau mit weißen Punkten. Klingt wie eine gute Idee, war es aber nicht, weil es für eine Frau mit geringerer Körperlänge geschnitten war. Oder mit weniger Brustumfang. Oder was weiß ich. Das nächste Kleid war braun mit weißen Punkten, mit einem neonfarbenem Gürtel. Saß gut, sah … mitelprächtig aus. Ich wurde leicht ungehalten. Enge Umkleidekabinen mit schlechter Luft und schlechtem Licht, indiskreten Spiegeln, die jedes Fettpölsterchen enthüllen und die nach  miesen Parfüm und Verzweiflung müffeln. Ein grünes Kleid, Etuikleid. Schick und mit hoochgezogenem Reißverschluss war ich zwanzig Jahre älter. „Wenn ich hier ein paar YoYos dran nähe oder Häkelblümchen und da noch ein hübsches Bändchen und vielleicht den Saum fünf Zentimeter Kürze, dann …“, dachte ich. Und wir ließen es hängen, weil vielleicht gibt es ja noch ein Kleid, das man nicht ändern muss. Und für das ich nicht hundert Euro ausgeben muss, um es dann komplett zu ändern.

Es war bereits nach sechs, wir waren müde. Stadtsatt. Der Wochenendeinkauf stand noch an und der Abschlussball ist ja doch erst im Mai. Zeit genug, um ein Kleid für mich, Schuhe dazu und welche für die Tochter zu finden. Schuhe mit „Klackersohlen“. Habe ich auch nicht. Chucks sind nicht erlaubt, leider.

Wir fuhren heim, der beste Vater meiner Kinder übernahm den Einkauf und ich setzte mich an en Rechner. Suchte, fand und bestellte drei Kleider. Sie dürfen mir jetzt die Daumen drücken, dass wenigstens eines der wirklich entzückenden Kleider passt und mich nicht wie eine alte Presswurst mit Schwabbel aussehen lässt. Und natürlich gibt es dann auch irgendwann Bilder :)

Den Abend lassen wir ausklingen, in dem die Tochter und ich vor dem Fernseher versacken (Kill Bill Vol. 1) und die Söhne mit dem Gatten eine LAN-Party feiern.
Anstrengender Tag. Morgen wird es besser.

11 Kommentare zu “Samstag.”

  1. Frische Brise sagt:

    Shoppen: hier auch ein Graus. Aus allen den oben genannten Gründen.
    Ist doch schon vorher klar, dass man nicht das Gesuchte findet. Dafür aber alles andere ;-)

    Und der Film: Uhuuuuu…

  2. Huntjebloem sagt:

    Uppps… Abschlussball… Wenn ich bedenke das meine Kids mittlerweile näher an ihrem Abschlussball sind als ich an meinem (sollte das tatsächlich schon über 20 Jahre her sein? *grübel*)

    Ich hoffe mit Ihnen, dass Sie ein Kleid finden, das zu Gatten, Tochter und natürlich auch Ihnen passt. Viel Erfolg!

    Gespannt auf die Fotos,

    Herzliche Grüße,
    Huntjeblöm

  3. Doro sagt:

    Der Ausklang des Tages gefällt mir am besten. :-)

  4. Daniela sagt:

    Ich habe seinerzeit des Abschlussball verweigert und halte das heute noch für eine gute Idee :-)

  5. Daniela sagt:

    Den Abschlussball, natürlich. Ist schon spät und ich hatte ein Bierchen.

  6. frau bruellen sagt:

    allein fuer den letzten absatz bin ich so ein bisschen in ihre familie verliebt…..

  7. Annie sagt:

    I just had to giggle…a bit…but I also felt (a bit more!) sorry for you! x

  8. Tati sagt:

    Zwei Dinge:

    1. Da seit einer Woche jeder Beitrag mit „Frau Brüllen fragt…“ anfängt und ich die Überschriften geflissentlich übersehen hatte, hatte ich heute ausgesprochen viel nachzulesen… gespannte Erwartung gepaart mit Enttäuschung die letzten Tage, Freude heute.

    2. Es ist soooooo herzlich, wie Sie über Ihre Familie schreiben. Das klingt immer so unglaublich bilderbuchartig, dass es kaum wahr sein kann. Und doch hänge ich mit glänzenden Augen an ihren Beiträgen, entführen sie mich doch in eine wunderbare Zauberwelt des so nie erfahrenen Familienglücks =oD

    Einfach weitermachen, bitte.

  9. Andrea sagt:

    Hihi, du hast dich über Nacht auf jeden Fall erholt, denn vorhin sahst du nicht sehr gestresst aus.
    Schön dich mal persönlich kennen gelernt zu haben.
    Liebe Grüße,
    Andrea

  10. kaltmamsell sagt:

    (Es geht mich wirklich ü-ber-haupt nichts an, aber ich würde dich arg gerne hierin sehen: http://www.bodendirect.de/de-DE/Damen-Kleider/Knielange-Kleider/WH503/Damen-Flie%C3%9Fendes-Jerseykleid.html?NavGroupID=4 ) (Es gibt auch Lang-Versionen!)

  11. Blogolade sagt:

    Abschlussball, jetzt schon? Hat sie nicht gerade erst ihre Kurse ausgewählt? Oder sind mir da 1-2 Jahre durch die Lappen gegangen? Und der große Sohn, hatte der auch schon Abschlussball?

    Mein Bruder hatte damals am gleichen Tag Abschluss wie ich. Meine Eltern machten Spagat und fuhren erst morgens zur Abizeugnisausgabe, dann zu seinem Abschluss und abends alle zum Abiball. Auch mein Bruder kam noch dahin genau wie unser ganzer Freundeskreis, das war sehr sehr schön. Eine Kleiderordnung gab es am ganzen Tag nicht wobei festlich angebracht war. Das hinderte einen Mitschüler aber nicht, in Motorradkluft zu erscheinen und direkt mit dem Abizeugnis aufs Moped zu steigen um ins Ausland abzudüsen. Und dort zu blieben.