Darf ich das?
21. Oktober 2008
Während der Sommerferien hatte der beste Vater meiner Kinder drei Wochen Urlaub. Verreisen wollten wir nicht, dafür viele Ausflüge mit den Kindern machen.
Es kam ein bißchen anders, denn die „beiden Römer“ waren da. Die Römer, das sind die Cousins der Kinder, die, raten Sie mal, in Rom leben. Alle fünf Kinder sehen sich selten und mögen sich, vielleicht auch deshalb, sehr. Wenn die Römer da sind, dann sind Ausflüge mit den Eltern uninteressant. Viel spannender ist es dann, mit dem Opa durch die Gegend zu ziehen (und mit dem Hammer auf der Suche nach Fossilien am Roten Hang rumzuklopfen) und sich von Oma Lieblingsessen kochen zu lassen.
Der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib waren beinahe zwei Wochen lang verwaist. Die Kinder kamen manchmal zum Schlafen, manchmal nicht. Manchmal tobten fünf Kinder um uns herum, meistens aber war das Haus leer. Und still.
Wir gingen zusammen wandern und geocachen. Wir zwei.
Wir luden uns spontan zum Frühstück bei einer Freundin ein. Wir zwei.
Wir gingen abends essen. Wir zwei.
Wir schafften es, fünf Staffeln Scrubs zu schauen. Wir zwei.
Und ein bißchen war es, wie ein Blick in die nicht mehr allzu ferne Zukunft. Die Zeit, die da kommen würde. Die Zeit, die wir zu zweit verbringen würden. Wir zwei.
Darf ich mich darauf freuen?
Darf ich als glückliche, liebende Mutter denken: „Boah, in spätestens fünfzehn Jahren habe ich das alles hinter mir. Dann sind wir wieder „wir zwei“.“ Ich frage das, weil es mir tatsächlich gelingt, mich bei diesem Gedanken ein bißchen schuldig zu fühlen. Denn ich wollte ja diese vielen Kinder und es war mir klar, dass das kein Zuckerschlecken sein würde und ich bin doch die Mutter und blablabla.
Manchmal stelle ich mir vor, was ich mit den leeren Kinderzimmern machen werde. Ob wir dann in der Grünen Villa bleiben werden oder uns ein kleines Backsteinhäuschen aussuchen.
Ob wir wohl wie früher, in der Vor-Eltern-Zeit, bis in die frühen Morgenstunden irgendwelche Computerspiele zocken werden. Oder den Sonntag mit einem Frühstück im Bett beginnen werden, so gegen elf Uhr.
Wie es sich wohl anfühlt, ungestört Händchen zu halten, beim Spazieren, ohne dass sich da klebrige Kinderhände dazwischen drängen, die auch im reifen Alter von elf Jahren noch „Engelchen fliiiieg!“ spielen wollen. Wenn man seine Gespräche nicht mehr unterbrechen muss, weil sie einfach zu intim für dritte Ohren sind, selbst wenn diese ja „eigen Fleisch und Blut“ sind. Ich freue mich darauf.
Ich sehne mich nicht danach, aber ich habe auch keine Angst davor, plötzlich allein und nutzlos, so ohne Kinder zu sein. (nur dieses klitzekleine schlechte Gewissen …)
Bleibt die Frage, wie dieses Blog dann heißen wird. Aber deren Beantwortung ist nicht so dringend.
21. Oktober 2008 um 20:14
Frau..äh..Mutti Sie dürfen sich auf diese Zeit freuen!!! Meine Söhne sind 23 und 21 Jahre alt und wohnen längstenfalls noch 2 bzw. 2,5 jahre bei uns zu Hause. Dann sind die Ausbildungen beendet und mein Mann und ich sind endlich nur noch zu zweit (mit Hund)in unserem Haus! Wir freuen uns beide wahnsinnig auf diese Zeit und haben die dann leerwerdenden Zimmer schon längst aufgeteilt und im Geiste eingerichtet! Ich habe gar kein schlechtes Gewissen wenn ich mich auf diese Zeit freue! LG Alexandra
21. Oktober 2008 um 20:21
Frau…äh…Mutti, Sie dürfen sich auf diese Zeit freuen – denn wenn es irgendwann in einigen Jahren so weit ist, haben Sie einiges geleistet und werden ja auch dann immer für ihre Großen da sein… doch gibt es dann eben auch wieder Zeit zu zweit…
Ich hoffe, dass meine Feuerwidderin noch lange bei mir lebt, doch werde ich irgendwann viel später auch wieder die Zeit für mich alleine genießen… :)
21. Oktober 2008 um 20:31
Diese Gedanken habe ich heute komischerweise auch gehabt – aber in die ganz andere Richtung. Ich liebe unser Familienleben, ich genieße die Kinder-/Jugendprobleme und -problemchen, die mir anvertraut werden und Erinnerungen hochsteigen lassen, ich sauge den letzten, aus den Haaren steigenden Kinderduft auf, mittlerweile ist es mir nicht mal mehr zuviel, wenn alle drei gleichzeitig auf mich einquatschen; und ich liebe es, wenn wir alle zusammen unterwegs sind. Denn da tickt immer diese Uhr, das Wissen, dass es bald vorbei ist, und dieses Wissen schärft meinen Sinn für dieses besondere, innige Familienleben, das ich genießen darf. Nein, ich freue mich (noch nicht) auf die Zeit „danach“. Dazu ist es jetzt einfach zu schön.
21. Oktober 2008 um 21:01
ja dürfen sie, meine Mutter geniesst die Zeit auch sehr, wenn auch ohne den besten papa ihrer Kinder (also meiner mama ihre kinder :D) Auch wenn die Kindelein fort sind, kommen sie immer wieder, spätestens wenn die Wäsche dreckig und die Sehnsucht gross ist. Der Titel Mutti bleibt bis an das Lebensende erhalten, denn kinder wird man nicht los :)
21. Oktober 2008 um 21:06
Liebe Frau Mutti!
Wenn Sie nur Mutti sind, dann sollten Sie mit Recht ein richtig schlechtes Gewissen bei solchen Gedanken bekommen.
Da ich aber glaube, dass Sie auch Partnerin,Frau,Freundin,Kreative und Geliebte etc sind, haben Sie nach meiner Meinung natürlich und ganz klar das Recht auf ein eigenes Leben, auch nach den Kindern.
Natürlich lieben Sie Ihre Kinder ganz arg dolle und diese werden Sie vielleicht später auch dafür lieben, dass Sie nicht das Leben der Kindelein in der Grünen Villa verplant haben, bis diese 45 sind, und Sie somit ein super Vorbild darstellen, was Eigenständigkeit und Individualität heißt. Vielleicht schnell genug werden Ihnen Ihre hinreissenden Bestien Enkel schenken, die Sie dann mit Hämmerchen und heller Freude zum roten Berg schleifen werden.
Und somit wär die Villa ja wieder voll…
(PS: Ganz unter uns hab ich mich auch schon mal gefragt, was gewesen wäre, wenn wir keinen Murkel hätten: Ich hätte ein eigenes Näh-, Bastel und Auslebzimmer für mich allein – aber dafür keinen, den ich benähen kann ? Also leb ich gern die nächsten zwanzig Jahre ohne. ABER DANN WIRD ES MEINS :D )
21. Oktober 2008 um 21:17
Ach Liebes! Gerade erst erzählte ich einer Bekannten beim Kaffee heute Vormittag im leeren Haus (und nicht ohne ein klitzekleines bisschen aufkeimendes schlechtes Gewissen!), wie sehr ich es geniesse, am Vormittag niemanden um mich herum zu haben, da Paul ja nun im Kiga ist…
Muß ich mich deshalb schlecht fühlen? Weil ich gerade wieder anfange, mich selbst wahrzunehmen? (So gerade eben erst?) Ich glaube nicht. Das gehört dazu zum älter werden :cool:
22. Oktober 2008 um 09:27
Deshalb ein schlechtes Gewissen? Sie werden ihre hinreißenden Bestien ja nicht am 18ten Geburtstag zum Auszug auffordern (das haben meine Eltern getan) oder ihnen die gepackten Koffer vor die Tür stellen? Ich freu mich auch auf die Zeit als Paar mit meinem Held, denn diese Form des Zusammenlebens kennen wir gar nicht. Haben uns mit je einem Kind kennengelernt. Das könnte spannend werden….
Wann kommt Stufe V?
22. Oktober 2008 um 09:44
Das erste von drei Kindern ist vor wenigen Monaten ausgezogen. Das war schon nicht leicht, es ist wesentlich ruhiger hier und ich musste die Essensportionen erst anpassen. Ein wenig befürchte ich, dass ich die Zeit zu zweit nicht lange nutzen kann, sollten die Eltern oder Schwiegereltern zum Pflegefall werden. Werden wir sie dann bei uns aufnehmen und pflegen müssen? Im schönsten Fall sind es aber dann die Enkelkinder, die wieder Leben ins Haus bringen. Aber so weit sind sie ja noch lange nicht. :)
22. Oktober 2008 um 10:07
Liebe Frau … äh … Mutti,
selbstredend dürfen Sie sich darauf freuen! Darauf freuen, eine Perspektive zu haben, wenn die hinreißenden Bestien eigene Wege gehen; zu wissen, nicht in ein Loch zu fallen, keine Angst haben, unnütz zu sein. Das ist doch toll!
Und Mutti bleiben Sie ja auch dann noch, vielleicht Frau … äh … Hatihreaufgabegemeistert-Mutti? ;)
Liebe Grüße!
Nicole/momo (die zu kompliziert für Ihre Passwörter zu denken scheint *ZoYphZZZz*)
22. Oktober 2008 um 11:52
Frau … Groß- … Mutti!!!!
:D
22. Oktober 2008 um 12:26
ich freu mich da jetzt schon drauf:) und habe kein schlechtes gewissen. denn ich bin mir sicher – unser aller kinder werden sich auch auf diese zeit freuen. weg von den eltern. sich ausporbieren. sich erleben. auf eigenen füssen stehen. da hat doch jeder was von diesem lebensabschnitt:)
22. Oktober 2008 um 15:11
Sie dürfen!
Ich tippe als Blog-Name: Frau … äh … Omi