übrigens:
2. Juni 2008
heute abend geht es hoch hinauf. Vielleicht.
Vorher allerdings muss ich mich unvorteilhaft kleiden und mich mit Mastwurf, Prusik und Spierenstich befassen.
Falls ich morgen/übermorgen/… nicht schreibe, bin ich abgestürzt.
Grenzenlos feiern
2. Juni 2008
ist ein Motto des Kulturfestes, das jährlich im Niersteiner Gemeindepark gefeiert wird. Seit 15 Jahren schon und ich erinnere mich ziemlich gut an das erste Fest. Damals „wohnten“ 200 Asylbewerber in der Rundsporthalle und quasi über Nacht wurde der AK-Asyl gegründet, um Kleidung, Lebensmittel, Spielsachen, Sprachkurse und Betreuung für Ämtergänge zu organisieren.
Die Asylbewerber sind zum größten Teil wieder abgeschoben, übrig allein ist der Arbeitskreis und dieses großartige Fest. Hinter der Bühne hängt immer das schon etwas angegilbte Plakat mit den bunten Kontinenten und dem Schriftzug „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“. Neben der Bühne stehen die Stände mit internationalen Köstlichkeiten und das Bier wird seit Jahr und Tag von der AntiFa ausgeschenkt. Auf der anderen Seite ist der Kuchenstand aufgebaut, für den die Niersteiner Kuchenkette aktiviert wurde. Eine tolle Sache, diese Kuchenkette; falls man mal rasch hundert Kuchen braucht, ruft man die erste der Liste an …
Auf der Wiese im Park tummeln sich etliche Familien, wie jedes Jahr wurden den Kindern viele Pedalos, Roller, Stelzen und so ein lustiges Huhn, das sich vorwärtsbewegt, indem man darauf sitzend leicht Schwung holt wie beim Schaukeln, zur Verfügung gestellt. Menschen liegen auf der Wiese herum, gestresste Väter spielen mit ihren Kindern und wackeln auf Stelzen herum, Kleinkinder dürfen bei den Großen mitmachen und auf der Bühne hält der Ortsbürgermeister eine Ansprache, die aber niemanden interessiert. Der Gospelchor singt etwa eine halbe Stunde zu lang, aber richtig schlimm ist das nicht, denn im Park herrscht Festtagsstimmung. Wir saßen unter einem Baum im Schatten, unsere Kinder hatten sich zum Spielen verabschiedet und ich fragte mich, warum der Park nicht öfter von den ganzen jungen Familien, die sich sonst in ihre Reihenhausgärtchen quetschen, genutzt wird. Eine große Rasenfläche, auf der die Kinder herumrasten, Räder schlugen oder im Gebüsch Verstecken spielten. Und die dazugehörigen Eltern wunderbar entspannt, komplett mit Picknickkorb. Braucht es immer ein Fest als Anlass?
Von der Bühne her klang es dann sehr fremdländisch, als eine mongolische Gruppe mit sehr merkwürdigen Instrumenten aufspielte. Und kurz danach trommelte es japanisch. Sehr schön, sehr bunt, sogar Britney Spears aus der Konserve als Pausenfüller hatte eine gewisse Daseinsberechtigung.
Als die letzte Gruppe am Abend südamerikansche Klänge durch den Park schickte, war die Besucheranzahl drastisch gesunken, doch der Platz vor der Bühne war voll. Bis zur letzten Zugabe wurde getanzt und nach der Zugabe saßen wir noch lange zusammen und ließen uns von den Mücken auffressen. Ein bißchen „weißt du noch, damals“ mit Menschen austauschen, die einem schon lange fremd geworden sind, ein bißchen „man müsste sich mal wieder treffen“ planen und gleichzeitig wissen, dass die alten Zeiten nicht aufleben können und dass das nicht schlimm ist, denn einmal im Jahr trifft man sich auf dem Kulturfest, sitzt bis in die Nacht vor der dunklen Bühne und trinkt traditionell die letzten Biervorräte der AntiFa aus.
Heute wieder fast normales Leben. (und die Haarfarbe ist perfekt)
Die Spannung steigt ins Unerträgliche,
1. Juni 2008
denn der Inhalt der zweiten Haar-Tönungs-Mousse sah ganz anders aus als der der ersten.
(Eventuell trage ich heute einen Hut)