11.11. – gegen das Novembergrau
11. November 2016
Der 11.11. wäre hier in der Nähe von Mainz ja sowieso kein grauer Tag, wenn ich nur leiseste Ambitionen an der Fastnachterei hätte. Aber bis auf ein paar Büttenredner und den Kreppeln, die der beste Vater meiner Kinder traditionell backt, ist mir das Treiben eher zuwider. Verkleiden finde ich super, aber die Gelegenheiten sind rar, das zu tun und zu feiern, ohne mit schlimmer Musik und sehr betrunkenen Menschen konfrontiert zu werden.
Lange Rede, kurzer Sinn: kein Helau, Alaaf oder was auch immer hier.
Dafür sitze ich gerade in einem Jugendhaus in Mainz und warte drauf, dass „Mannella“ spielt. Nicht so sehr meine Musik und daheim auf dem Sofa vor dem Ofen wäre es auch schön, aber hey! Das ist die Band von Freunden und dann feiert man halt ein bißchen mit.
Nachtrag: laut isses auch, aber schön.
10.11. – gegen das Novembergrau
10. November 2016
Aufstehen, Kaffee trinken, Hunderunde.
Frühstück im Lieblingscafé mit Ona Eis.
Und danach … ein Loch. Sachen anfassen und wieder weglegen. Ideen haben und nicht verwirklichen. Ein kleines Loch, vielleicht weil der Schlaf letzte Nacht nicht erholsam war.
Morgen wird es besser.
9.11. – gegen das Novembergrau
9. November 2016
Da gab es heute nicht viel und Ihnen geht es da vermutlich nicht anders.
Irgendwann am späten Vormittag habe ich das Internet links liegen gelassen, ich war satt an Information und Emotion. Einen Gedanken nahm ich mir über den Tag mit, der beschäftigte mich sehr. In meiner Twittertimeline tauchten nämlich einige Tweets mit diesem oder ähnlichem Inhalt auf: „Hätte ich nur keine Kinder in diese Welt gesetzt.“ Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie unfassbar wütend mich diese Aussage macht. Eine Antwort in 140 Zeichen darauf zu formulieren
geschah spontan, doch es brodelte weiter in mir. Ich denke, dass nichts auf der Welt schlimm genug sein kann, dass ich das Leben meiner Kinder bereuen könnte. Wie könnte ich mich jemals meinen Kindern erklären, sollten sie eine solche Aussage von mir hören?
Ich hoffe, dass dem besten Vater meiner Kinder und mir das gelungen ist, was ich von anderen in meinem Tweet fordere.
Und weil auch das heute ein Thema bei Twitter war, breche ich mal meinen Vorsatz, keine Ratschläge zum Thema Kindererziehung zu geben. Ich verpacke es einfach als Erfahrungsbericht und Sie entscheiden, ob Sie sich was abschauen wollen.
Die politische Erziehung unserer Kinder hatte keinen Startpunkt. Kein „jetzt sind sie alt genug, um Zusammenhänge zu verstehen“. Es war ein Lernen wie alles im Leben und immer getreu unserem Grundsatz: „Wer alt genug für die Frage ist, ist alt genug für die Antwort.“
Die Kindernachrichten „Logo!“ waren eine prima Ergänzung zu unseren Erklärungen zum Tagesgeschehen. Denn das Tagesgeschehen, wie auch immer es sich gestaltete, fand seinen Weg in Kinderohren und von dort an unseren Küchentisch, als Gesprächsthema beim Essen. Der Große war fünf, als er täglich die Kindernachrichten sah, seine Geschwister zogen irgendwann mit.
Kurz darauf konnte der Große lesen und wir schenkten ihm zum Geburtstag ein Abonnement der Zeitschrift „Geolino„, seine jüngeren Geschwister freute dies ebenfalls, aber auch wir Eltern blätterten sehr gerne darin.
In der Tageszeitung gibt es jeden Samstag eine Seite für Kinder, die bot einen guten Einstieg ins Zeitunglesen. Später lasen die etwas älteren Kinder gerne die regionalen Nachrichten. Interessierten sich für das, was in Nierstein passiert. Danach kam das Interesse für das Weltgeschehen. Zuerst beim Lesen des Panoramas, von den Kindern liebevoll die „Terrorseite“ genannt, später dann eben auch Politik und Wirtschaft. Faszinierend für uns im Rückblick, wie sich die Sicht und die Welt der Kinder erweiterte.
Der Große bekam zu seiner Konfirmation von seinem Patenonkel das weltbeste Geschenk: ein Abonnement des Spiegels bis zum 18. Geburtstag.
Für die jüngeren Geschwister kauften wir „Dein Spiegel„, die Spiegelausgabe für Kinder.
Das abendliche Fernsehprogramm verlängerte sich, wer wollte, durfte die Tagesschau anhängen.
Und so wuchsen die Kindelein ins Thema hinein. Bildeten sich eine Meinung, diskutierten mit uns, stellten Fragen und ja, ließen sich von uns sicherlich auch beeinflussen. Wir lebten und leben das Interesse am aktuellen Geschehen vor und mach(t)en kein Geheimnis darum, wen wir wählen würden. Mittlerweile erklärt mir übrigens der Große die Welt. Die Sache mit den Wahlmännern in den Staaten zum Beispiel, das kapierte ich nämlich nicht.
Es gibt heikle Themen in Familien. Geld. Sex. Und eben Politik. Doch der Kinder zuliebe sollte man da über zwei, drei Schatten springen, damit sie klug und fähig werden, um vielleicht die Probleme lösen, die uns derzeit berghoch scheinen. (verzeihen Sie bitte den pathetischen Abschluss, es ging wohl mit mir durch.)
So. Auch diesem Tag werde ich etwas Gutes abgewinnen. Ganz klein, ganz für uns. Der Gatte und ich, bei Rotwein und Ofenfeuer, die Welt bleibt heute abend draußen.
8.11. – gegen das Novembergrau
8. November 2016
Bevor ich heute morgen die Rollläden hochgezogen hatte, hoffte ich leise auf Schnee. Meine Twitter- und Instagramtimeline prahlte nämlich mit Wort und Bild vom ersten Schnee. Hier in Nierstein dann keine weiße Überraschung, dafür aber sehr kalter Regen. Bis ich gegen acht mit dem gar nicht mehr so kleinen Hund loszog, hörte der Regen aber zum Glück auf.
Gegen Mittag schneite es nach „mildes Rheintal“- Art: Regen mit Halbgefrorenem. Eine Stunde später war der Himmel wieder blau, die Sonne schien. Kurz darauf wieder grau. Keine Zeit, sich auf das eine oder andere einzustellen.
Im Nähzimmer lief es heute zäh, das ist halt manchmal so. Schön ist es trotzdem nicht.
Ich sprang unter die Dusche, hatte kein heißes Wasser und auch das war nicht schön.
„Die Bahn hatte Verspätung, ich komme später“, teilte mir der beste Vater meiner Kinder mit und auch das war nicht schön, denn er sollte mich zu meinem Arzttermin fahren und das wurde knapp.
Wir kamen pünktlich zum Arzt und dann wurde der halbdoofe Tag doch noch richtig gut. Das Venengedöhns ist prima geheilt. In sechs bis acht Wochen dürften die letzten Gewebeknubbelchen unter der Haut verschwunden und das „reißende“ Gefühl beim Strecken des Beines vorbei sein. „Dann können sie wieder auf den Laufsteg!“, schmeichelte mir der Phlebologe, aber da will ich ja gar nicht hin. Ich mag endlich wieder in die Sauna. Und natürlich beschwerdefrei durch die Gegend marschieren.
Der einen Freud, des anderen Leid: den Stützstrumpf darf ich jetzt entwöhnen. Jeden zweiten Tag darf ich die Tragezeit um eine Stunde verkürzen. Der beste Vater meiner Kinder seufzt schwermütig, denn diese halterlosen Strümpfe mit Spitzenrand hatten ja durchaus eine erotische Komponente. (ich werde das nicht vergessen)
Zum Abschluss des doch noch guten Tages gibt es zwar keinen Schnee, dafür aber Käse aus dem Ofen und Schmuseeinheiten mit Hund und Kater auf dem Sofa vor dem Ofenfeuer.
7.11. – gegen das Novembergrau
7. November 2016
Ganz bestimmt bin ich nicht der ordentlichste Mensch. Ich wäre gerne ein ordentlicher Mensch, der in aufgeräumten Räumen lebt, doch dafür habe (und sammle) ich einfach zu gerne Schnickeldi. Was mir aber trotz aller Unordnung noch nie passiert ist: in Hosen- oder Jackentaschen oder an sonstigen Plätzen Geld zu finden. Wie gerne würde ich mal in eine Hosentasche greifen und „oh, super! Ein 20€-Schein! Ist ja wie Weihnachten.“ sagen, doch mit Geld gehe ich stets sehr sorgsam um. Als Jugendliche habe ich mal mit Absicht Geld in verschiedene Ecken gelegt, um es wiederzufinden. Dank chronischer Geldknappheit vergaß ich aber nie, wo ich es „versteckt“ hatte.
Ich verliere im Haus also sehr selten etwas. Nur einmal den Jüngsten. Er war sechs Monate jung und lag im Kinderzimmer auf dem Boden. Das Telefon klingelte, ich verließ den Raum und als ich wieder hineinging, war das Baby verschwunden. Mobil war er nicht, außerdem waren wir alleine im Haus, wo also war mein Kind? Ich suchte im Flur, rief seinen Namen, schaute sogar auf der Terrasse nach und verfiel beinahe ein bißchen in Panik, bis ich den Babyfuß unter der Kommode herausragen sah. Offensichtlich war der Jüngste nun doch mobil und fröhlich unter die Kommode gerollt. Ohne sich zu melden, wie ein Verstecken-spiel-Profi.
Das war dann doch eine größere Abschweifung, denn eigentlich wollte ich Ihnen nur erzählen, dass mir ein Stück Stoff heute den Tag erhellte:

Ich fand es nämlich ganz hinten im Stoffschrank, ich hatte ganz und gar vergessen, dass ich es besaß. Toll! Das ist jetzt wie Weihnachten! (Ich nähe mir einen Rock daraus.)


