Heute vor elf Jahren
19. Mai 2006
– war das Wetter ähnlich bescheiden wie heute: Regen, Sturm, dazwischen kurz die Sonne
– wog ich genausoviel wie heute; mit dem Unterschied, dass ich damals nicht allein war
– musste ich nicht kochen
– verärgte ich die Komillitonen des besten Vaters meiner Kinder, weil ich keine Blumen durch die Gegend warf
– hatte ich ziemlich viel Reis im BH
– erzählte mir ein wildfremder Mann von der zarten Blume Liebe, die gehegt und gepflegt werden müsse
– ließ ich mir einen schmalen, goldenen Ring an den Finger stecken
– legte ich meinen Mädchennamen ohne Wehmut ab
– biss ich mir die Wangen blutig, um nicht haltlos durch die Gegend zu kichern
– trug ich einen unförmigen, geblümten Lappen
– waren meine Haare so lang wie jetzt, aber mit viel und noch viel mehr Henna gefärbt
– wurde ich über eine Schwelle getragen
– gab es ein paar wirklich hübsche Geschenke
– durfte ich nur ein halbes Glas Sekt trinken
– endete wie viele Tage, ohne Sex, aber mit einem Kuss.
Und den geben wir uns immer noch jeden Abend.
(und jeden Morgen. Und Mittags. Und zwischendrin. Und wann immer es passt. Hoffentlich die nächsten dreissig, vierzig, fünfzig Jahre auch noch)
Tach, Frau Reuter!
19. Mai 2006
sagt die Klassenlehrerin von Töchterlein zu mir.
So heiß ich zwar nicht, aber immerhin weiß sie, welches Kind zu mir gehört. Wobei das Kind ja mit Nachnamen so heißt wie ich.
Ich wundere mich ja nur.
Zeugungsunfähig
18. Mai 2006
„Oh, ist das aufregend“, bibberte Frau … äh … Mutti, vor Saal 207 stehend, in dem sie ihre Zeugenaussage tätigen sollte. Die Aussage, die alles verändert, die für Gerechtigkeit im Land sorgt und für den Weltfrieden.
„Ob man mich im Zeugenschutzprogramm aufnehmen wird?“, fragte sie sich und freute sich auf ihre neues Leben auf den Seychellen. Oder auf den Malediven, da ist sie nicht wählerisch.
Der beste Vater meiner Kinder war zur Begleitung angereist. Und natürlich um Bericht zu erstatten, Zeugen dürfen nämlich nicht im Saal sitzen, sondern werden aufgerufen. Doch bevor Frau … äh … Mutti den Saal verlassen musste, wurde sie, genau so wie im Fernsehen, ich schwöre, belehrt. Nix Unwahres sagen, weil man sonst bestraft wird. In strengem Ton mit ernstem Blick über die Halbbrille hinweg. Nun aber raus, die Verhandlung beginnt.
Frau … äh … Mutti saß also auf der kalten Metallbank, zusammen mit den beiden anderen Zeugen. Eingeschüchtert, frierend und nur leicht durch einen netten Flirt ein informatives Gespräch mit dem Anwalt des folgenden Verfahrens getröstet.
Die Tür zum Saal ging auf und Rechtsanwalt samt Kläger traten, die Köpfe tuschelnd zusammen gesteckt, in den Flur. War nun der große Moment gekommen? Frau … äh … Mutti im Zeugenstand? Frau … äh … Mutti plötzlich verstummt, mit eiskalten, feuchten Händen und sehr wackeligen Knien. Anwalt und Kläger gingen in den Saal zurück. Drei Minuten später kamen sie erneut heraus, gefolgt vom besten Vater meiner Kinder, der grinsend „das war´s, wir fahren heim“ sagte.
Ich bin empört. Ich habe nächtelang wachgelegen, an meiner Aussage herumgefeilt. Habe dramatische Augenaufschläge und dezentes Erröten geübt. Habe meine Atemtechnik verfeinert und und meine Stimmmodulation geschult. Für nix. Für eine halbe Stunde im kalten Flur.
Gegenstand der Verhandlung (Frau … äh … Mutti wirft lässig mit Juristenausdrücken um sich) war übrigens der Einspruch bei einem Bußgeldverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit mit Sachbeschädigung. Der Richter befand, dass die Schuld eines anderen nicht die eigene Schuld aufhebt. Ich persönlich finde, dass heute einige Menschen ihre Zeit vergeudet haben. Aber immerhin werden mir in den nächsten Wochen meine Auslagen in Höhe von 9,10 Euro erstattet.
(und keiner kam in Handschellen oder GING in Handschellen und niemand hat um Gnade gefleht. Aber der Stacheldraht um das eine Gebäude mit den vergitterten Fenster war schon sehr beeindruckend.)
Hoch die Tassen!
17. Mai 2006
Es ist eine wundervolle Aufgabe, die Wein- und Sektspenden für das Schulfest am Samstag einzutreiben. Nierstein hat wirklich viele Winzer und ich gestehe, ich kenne ein paar (viele) davon.
Und einige/viele fragen: „Wollt Ihr (der beste Vater meiner Kinder und ich) nicht ein Glas Wein trinken?“
Ja, wir wollen. Und sind jetzt richtig fröhlich. Natürlich nur, weil die Winzer sich so spendenfreudig (für das Schulfest!) zeigen.
Apropos zeigen: morgen muss ich zeugen. Aber das erkläre ich morgen mittag.
Nach der Show
17. Mai 2006
ist vor der Show.
Das gigantische Gewitter samt Sturm und an die Scheiben klatschenden Regens bewunderten der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib mehr oder minder warm und gemütlich im Wintergärtchen sitzend, da der Fernseher sowieso ausgefallen war. Schon beeindruckend, wie sich der Kirschbaum neigte und die Birke der Terrasse immer näher kam.
„Gut, dass meine Tomaten noch winzige Pflänzchen sind“, kicherte Frau … äh … Mutti, „sonst brächen die jetzt ab!“
„Gut, dass ich den Draht für die Himbeeren noch gespannt habe“, erklärt der beste Vater meiner Kinder, „sonst lägen die jetzt um!“
Tatsächlich. Weder Tomaten noch Himbeeren haben größere Schäden davon getragen.
Dafür liegt der Hartriegel flach. Und die Akeleien. Und die Glockenblumen, Mohnblumen, Katzenpfoten, Jungfer im Grünen und Cosmea.
Was nicht vom Sturm niedergedrückt wurde, ist vom Regen weggeschwemmt worden. Oder wird gerade von den Schnecken gefressen.
Es ist schon merkwürdig, dass weder Brennnesseln noch Disteln noch Schöllkraut noch Klettenlabkraut noch Hahnenfuß einen Schaden davon getragen haben.
Für das nächste Jahr überdenke ich mein Gartenkonzept radikal.
Bis dahin gehe ich rupfen. Und zupfen. Und stützen. Und Schnecken in den Nachbargarten werfen. Ganz heimlich, versteht sich.