rasch erzählt
3. September 2009
Bevor mich ein zweites Glas Wein ins Bett schickt, will ich Ihnen noch ganz rasch erzählen, dass ich eigentlich vor der Vollnarkose keine Angst habe. Es ist auch nicht meine erste und ich kenne sehr gut diese plötzliche Wärme, die in den Arm schießt, so wie die dicke Spritze mit der weißen Flüssigkeit an den Zugang geschraubt wird. Höchstens bis drei kann ich zählen, dann ist nichts mehr.
Es ist keine Angst, sondern eher so eine Sorge, die mich umtreibt. Dieser Gedanke an das Aufwachen nach der Narkose. Bei der letzten OP im Mai lag ich hellwach im Aufwachraum (ich hatte ja nur dieses Spinaldingens) und beobachtete, wie narkotisierte Menschen hereingeschoben wurden. Und aufwachten. Und brabbelten. Und wieder einschliefen. Und wieder erwachten und brabbelten. Und so weiter, bis sie irgendwann endlich „da“ waren. Das hat vielleicht was mit dem Kontrollverlust zu tun oder so. Ich will einfach nichts vor mich hinbrabbeln ohne zu wissen, welchen Inhalt es hat.
Sicher. Eine Vollnarkose ist irgendwie auch beängstigend, denn man ist eben einfach … weg. Aber genau dieser Gedanke ist auch, auf morbide Art und Weise, tröstlich. Ich bin weg und sollte ich nicht mehr erwachen, dann soll das so sein. Ich werde es wahrscheinlich nicht ändern können. Ich kann Ihnen das nicht besser erklären.
Die Spinalanästhesie im Mai war von ganz anderer Qualität. Ich hatte von Anfang an schreiende Angst vor der langen Nadel, die sich zwischen meine Wirbel bohren sollte. Es tat unglaublich weh und als ich es endlich hinter mir hatte, schaute ich auf die Uhr und notierte innerlich: 13:10 Uhr habe ich zum letzten Mal meine Beine gespürt. Das war wirklich, wirklich grauenhaft.
Um 14:00 Uhr wurde ich gefragt, ob ich meine Beine wieder spüren könne, doch ich war bis über den Bauchnabel taub. Wenn Sie Ihre Haut berühren und diese Berührung nur an der Handfläche spüren, so als streichelten Sie die Haut eines anderen Menschens, dann ist das nur ein bißchen faszinierend, viel mehr ist es aber angstmachend.
Um 17:00 Uhr glaubte ich auf Höhe des Beckenknochen etwas zu spüren. Und ich sendete verzweifelt Signale zu meinen Zehen. Wusste genau, wie das mit dem Wackeln geht, aber es tat sich nichts.
Um 19:00 Uhr hatte ich schon mindestens zwanzigmal das Laken zwischen meinen Beinen befühlt, ob es nass ist. Aber trinken durfte ich sowieso nicht, eben weil ich noch keine Kontrolle über meine Blase hatte.
Um 22:00 Uhr spürte ich meine Füße und meinen Unterleib und beschloss, dass dies ausreicht, um auf Toilette zu gehen. Denn erst erfolgreiches Urinieren erbrächte den Beweis für wiederauferstandene Blasenfunktion. Ich konnte nicht gehen, meine Beine gehörten mir noch nicht.
Ein Pfleger brachte die Bettpfanne und nahm sie zehn Minuten später (wohlbefüllt) wieder mit. Vorher wischte er mit drei Blättern Toilettenpapier einmal quer und ja, ich fühlte mich nicht sonderlich gut dabei.
Um 22:30 Uhr hatte ich zwei Gläser Wasser getrunken und mir selbst mehr verboten, denn auf die Bettpfanne wollte ich nicht noch einmal.
Um 7:30 Uhr am nächsten Morgen hatte ich wieder Beine (teilweise sehr schmerzend :-) ) und genug Kreislauf, um zur Toilette zu krücken.
Ich war geistig da, mit der spinalen Anästhesie, doch meine Ängste waren viel größer. Und die Zeit, bis ich die für mich so wichtige Selbständigkeit wieder erlangt hatte, war viel zu lang.
„Zweieinhalb Stunden nach der OP dürfen Sie heim, vorher gibt´s noch einen Kaffee“, wurde mir heute versprochen. Vor was also soll ich Angst haben?
:-)
Danke für Ihre guten Wünsche, ich nehm die alle gerne mit!
3. September 2009 um 22:29
Falls Sie dort von einem netten jungen Assistenz-Arzt mit fröhlichem Nachnamen in den Schlummer versetzt werden sollten, dann grüßen Sie ihn nett von mir, das ist dann mein Bruder. Der kann das ;-)
3. September 2009 um 22:32
Larissa, Am Brand 12? Äh, also dort ist diese Praxis.
3. September 2009 um 22:34
NIE WIEDER lasse ich jemanden freiwillig an meinen Rückenmarkskanal – Sie haben mein vollstes Verständnis.
Ich stoße mit Ihnen auf ein entspanntes Wochenende an und wünsche Ihnen alles Gute für die bevorstehende OP
Achja, wegen der Schmerzmedikation – man kann auch welche mit Umgehung des Magens einführen
Liebe Grüße, Nicole
3. September 2009 um 22:37
Danke, Nicole, für Verständnis UND Wünsche!
In der Uniklinik bekam ich für die Nacht eine Schmerzspritze, danach war das alles ganz gut ohne Hilfsmittel auszuhalten. Ich bekomme am Montag direkt nach der OP ebenfalls eine Spritze und baue einfach drauf, dass die ausreicht. Ich nehme sehr selten Schmerzmittel und wahrscheinlich wirken die deshalb immer so prima :-)
(und Paracetamol ist echt ok)
3. September 2009 um 22:46
Oh, Fehler, ich dachte Uni-Klinik MZ … sorry, aber die machen das bestimmt auch gut. Alles Gute!
3. September 2009 um 22:51
Larissa, in der Uniklinik hatte ich einen Anästhesisten, der wie der Zwillingsbruder von Dirk Bach aussah. Den Namen habe ich vergessen, aber da SIE kein bißchen wie Dirk Bach aussehen und es sich ja immerhin um Ihren Bruder handelt … war´s wohl ein anderer. Danke für Ihre Wünsche.
3. September 2009 um 23:02
Frau Mutti, glauben Sie mir, alles wird gut, ich fühle das. Und vor soooooooo einer großen langen Nadel darf wirklich jeder Angst haben. Da ist die Milch schon besser, das wußte auch der Micheal, der King, zu schätzen. Uppps, nicht das Sie das jetzt falsch verstehen; IHR Arzt schläft ja nicht bei der OP (hoffe ich). So, genug der aufmunternden Worte – Ihr Thor Löwenherz
PS: Aber glauben Sie mir, alles wird gut, ich fühle das.
3. September 2009 um 23:48
Guten Abend Frau Pia,
sowohl die Angst auch Ihre Bedenken kann ich aus mehr als einem Grund sehr gut nachvollziehen. Nein, keine Sorge jetzt folgt keine böse Horrorgeschicht, bloss weitere(hoffentlich) aufmunternde Worte. Wenn Sie auf dem Op-Tisch liegen, werden soviele Daumen gedrückt, positive Gedanken und gute Wünsche zu Ihnen geschickt, da kann nichts schief gehen.
Ganz liebe Grüße
Manuela
4. September 2009 um 06:26
Alles Gute für Sie! Das wird! ;-)
Wollte nur sagen: auch hier sind die Daumen gedrückt!
LG
illy
4. September 2009 um 06:48
Liebe Frau… äh… Mutti!
Vor genau einer Woche checkte ich im Krankenhaus ein und 1 Stunde später lag ich – vom Beruhigungsmittel leicht angesäuselt – im OP. Man schickte mich per Atemmaske langsam und sanft in die Narkose und um ca. 11 Uhr wachte ich ebenso sanft nach einer geglückten Schilddrüsen-OP wieder auf. Alles verlief superdupergut. Und bei Ihnen wird’s ganz genau so! Meine Daumen sind Ihnen sicher!!!
Aufmunternde und mutmachende Grüße
Schäfchen
4. September 2009 um 07:15
Nehmen Sie meine Wünsche bitte auch mit und am besten auch noch eins von den Tässchen – für den Kaffee, denn ich denke diese MENGE könnte zum Aufwachen hilfreich sein;-)
Alles Gute
Uschi
4. September 2009 um 07:41
Ich wünsche alles Gute für die OP.
—————-
Bei einer Vollnarkose habe ich immer nur Angst vor dem anschließenden Gekotze.
Und eine Spinale ist anscheinend nur toll, wenn man nach der OP ein Baby im Arm hällt. Dann denkt man nämlich an diese Beineaufwachgeschichte nicht sondern guckt nur.
4. September 2009 um 08:12
Ach, was bin ich froh, dass es anderen auch so geht!
Also: Ich kenn jede Menge Mediziner – unter anderem auch Anästhesisten – die einem ja alle möglichen Dinge zur Beruhigung erzählen. Hilft ja alles nix, da sie ja die Kontrolle haben und man selbst dumm rum liegt.
Aber: Ich wollte genau aus diesem Grund eine Vollnarkose – die operierende Mannschaft besteht halt auch nur aus Menschen und die unterhalten sich dabei gerne mal über Autos, Frauen und Co. Und ich wollte keinesfalls Zeuge einer Unterhaltung werden, wie toll Tussi xyz ist, während sie in meinem Unterleib wühlen.
Seis drum, ich hatte nur ne spinale Anästhesie (und was zum Schlafen gegen die Gespräche ;-) ), um im Aufwachraum festzustellen (ich war ja mopsfidel!): Den Pflegern, Ärzten und Schwestern ist es schnurzegal, was man so sabbert. Die unterhalten sich noch immer über Autos, Frauen und Co :-)
Kann das beruhigen?
Also viel Glück und die Ärzte am Brand haben einen hervorragenden Ruf!
LG unbekannterWeise
4. September 2009 um 08:27
Alles Gute! Ich drücke die Daumen!
Liebe Grüße,
Anja
4. September 2009 um 09:07
Liebe Fr.Mutti
Ich kenne niemanden,der vor einer OP keine Angst/Sorgen hatte..
Ich kenne aber auch niemanden ,der später nicht gesagt hatte..
Alles halb so schlimm man hätte sich gar nicht so verrückt machen müssen ;-)
Ich wünsche Ihnen alles Gute und freue mich schon auf den Bericht danach…
Britta
4. September 2009 um 09:25
Ich hätte auch Angst vor dem Kaffee im Krankenhaus.
Alles Gute! (und einen unanständig gutaussehenden Anästhesisten)
4. September 2009 um 10:30
Liebe Frau… äh… Mutti,
ich kann absolut nachempfinden, was Sie umtreibt! Ok, ich konnte nach der Spinalen am gleichen Tag noch nach Hause, aber das Gefühl ist bescheiden und ich fragte mich auch ständig, ob von nun an ein Rollstuhl meiner wäre…
Auch sehr prickelnd waren die Gespräche während der OP – immerhin bezogen mich die Anwesenden mit ein *grins*, während sie eine Fliege mit dem Eisspray jagten…
Neeee, dann lieber bis drei zählen, weg sein, irgendwann aufwachen und nichts mehr wissen…
Alles Liebe und Gute für die OP
Chris
4. September 2009 um 10:54
Hallo Frau…äh…Mutti,
jetzt oute ich mich hier auch mal als stetige Mitleserin (und, weil Mitarbeiterin im Unterholzspital, einem großen deutschen Krankenhaus, auch als Narkoseerfahrene).
Wenns geht, könnten Sie auf das meist vor der eigentlichen Anästhesie verabreichte Medikament Dormicum verzichten, das macht nämlich diese retrograde Amnesie, die einen in der Aufwachphase etwa fünfzig Mal das Selbe brabbeln lässt – ohne dass man sich später in irgend einer Form dran erinnert.
Was auch sehr famos ist, ist eine (etwas teurere) intravnöse Anästhesie mit Disoprivan – anstatt einer Inhalationsnarkose, bei der das Risiko der anschließenden Übelkeit etwas höher ist.
Auf diese Weise habe ich meinen Blinddarm auf sehr angenehme Weise eingebüßt und muss sagen: War eigentlich sogar ganz cool, die Narkose.
Herzliche Grüße und schonmal alles Gute wünscht: Frau Unterholz
4. September 2009 um 11:41
Nein, der Dirk Bach wird es nicht gewesen sein ;-)
4. September 2009 um 12:04
Och, wenn man nach der Narkose so vor sich hinblubbert… das sind die Schwestern gewohnt, und meist sind sie auch sehr schweigsam… :)
4. September 2009 um 15:16
@Chris
Hmm, Eisspray ist doch langweilig ;) Wir jagen die Fliegen immer mit Desi-Spray, da torkeln die dann immer noch so schön besoffen durch die Gegend :D
@Frau-äh-Mutti
Alles Gute Ihnen, und genießen Sie ihre „Milch“ ;)
PS: Beim Kaffee immer an den fürs Personal halten, der taugt meistens was ;)
5. September 2009 um 08:30
Hallo, liebe Frau Mutti !
Schön, dass Sie weiterschreiben, wäre doch schade, eine so große Begabung brach liegen zu lassen. Ihre Alltagsgeschichten sind köstlich !
Alles Gute für Ihre Operation, ich denke an Sie und die Daumen sind auch in Österreich gedrückt !
5. September 2009 um 22:39
von hier einfach alle guten Wünsche, wieder erwachen ohne kotzen und schlecht fühlen und der heisse Wunsch dass dies die finale und endgültig problemlösende Operation am Knie sein möge
Herzlich
Monika
(Captcha sagt: roesemary Continued – nö, oder?!)