Adventsbloggen, 5.Dezember
5. Dezember 2025
Wie großartig es doch ist, wenn der Tag einfach schmerzfrei beginnt! Wie leicht das Aufstehen fällt, wie leicht Haushaltsgedöhns von der Hand geht. Und wie gut die Laune wieder sein kann!
Freitags ist Opa-Tag. Heute musste ich vor Arbeitsantritt für ihn in die Apotheke und ins Sanitätshaus. Das neue Medikament war nicht vorrätig weil zu kleine Packungsgröße (kleine Packung, weil: erstmal schauen, ob er es überlebt was die Einnahme mit ihm macht), wurde aber bestellt und „ab eins können Sie das abholen“ angekündigt. Ein vollautomatisches Blutdruckmessgerät war im Sanitätshaus ebenfalls nicht vorrätig, kann aber vielleicht bis Dienstag geliefert werden. Da aber der Blutdruck wegen der neuen Medikation regelmäßig gemessen werden soll, ist das ungünstig. Sofort mitnehmen hätte ich das nicht von der Kasse bezuschusste Gerät mit 30,-€ Eigenleistung. Was das mehr oder anders kann, habe ich nicht gefragt, denn mir wurde geraten, in der Apotheke nachzufragen, dort gäbe es auch Blutdruckmessgeräte. Ich bedankte mich für den Tipp und versprach wiederzukommen, wenn es ab 13:00 Uhr nur das Medikament und kein Blutdruckmessgerät gäbe.
Somit kam ich mit leeren Händen bei meinem Schwiegervater an, aber das war nicht schlimm. Er findet sowieso, dass er dieses ganze Zeug nicht schlucken muss, es ginge ihm hervorragend. Ich habe schon sehr viel mit ihm diskutieren müssen, selbst das Argument, dass es ihm nur deshalb so gut geht, WEIL er das ganze Zeug schluckt, greift nicht. Erst als ich ihm erklärte, dass sein Vorsatz, gesund zu sterben nicht einzuhalten ist, wenn er seine Tabletten nicht nimmt, wurde er einsichtig. Allerdings erzählt er jetzt augenzwinkernd herum, wie streng ich sei und dass er Angst vor mir habe. LOL!
Mein Schwiegervater schläft meistens noch wenn ich bei ihm ankomme und ich muss dann immer ein bißchen Angst veratmen. Lebt er noch? Geht es ihm gut?
So auch heute. Mittlerweile fange ich direkt an, seine Küche aufzuräumen, immer mit den Gedanken „bestimmt wacht er bald auf und wenn er nicht mehr lebt, ist es egal, ob ich ihn eine Stunde früher oder später finde. Und dann ist wenigestens aufgeräumt“ im Kopf. Heute drang lautes Schnarchen aus dem Schlafzimmer, das war beruhigend.
Kurze Zeit später schlurfte mein Schwiegervater in die Küche, etwas zerknautscht, weil er schlecht geschlafen hatte. Ihn beschäftigt seit Wochen das Thema „Betriebsrente“, ihm steht da evtl. noch einiges zu. Mittlerweile ist ein Anwalt eingeschaltet, doch mein Schwiegervater ist sich nicht sicher, ob der das alles so richtig macht, weswegen er sich ins Thema eingelesen hat und Paragraphen wälzt. Das ist ein zweischneidiges Schwert, den einerseits hält es ihn geistig fit (der Mann ist immerhin 91!), andererseits bringt es ihn im wahrsten Sinne des Wortes um den Schlaf, weil er alle Gedankenblitze sofort aufschreiben will, um sie nicht zu vergessen. Wir hoffen alle sehr, dass das Thema bald abgehakt werden kann, nicht nur weil es ihn so stresst, sondern auch weil wir alle miteingespannt sind, beim Erstellen von Tabellen, Ausrechnen von Zinseszins und Index, Briefentwürfe an Anwälte und Ex-Betrieb in lesbare Form bringen, Anwälte besuchen undundund.
Ich war schon fast fertig mit der Küche und bekam dann die Aufforderung „hogg Disch mo hii“, Zeit für ein Schwätzchen. Heute aber nur ein kurzes, denn freitags isst mein Schwiegervater immer zusammen mit seinem Neffen. Der ist geistig etwas eingeschränkt und lebt nach dem Tod seines Vater (dem älteren Bruder meines Schwiegervaters) dieses Jahr allein. Er ist einsam und bekommt sein Leben nicht gut geregelt, deshalb sieht sich mein Schwiegervater in der Pflicht, da ein bißchen zu helfen. Freitags gibt es also immer Hähnchen und Pommes vom Ständchen für die beiden und für mich gibt es beim nächsten Opa-Tag neue Geschichten über die Probleme des Neffen. (der Neffe hat einen jüngeren Bruder, der es aber irgendwie nicht gebacken bekommt, Hilfe, Pflegestufe, irgendwas zu organisieren. Sehr nervig, aber ich sehe mich nicht verantwortlich dafür. Auch wenn es schwer fällt :( )
Ich räumte noch ein bißchen, sichtete die Winterkleidung, besprach, dass neue Hosen wichtig sind (die alten sind zu groß geworden), saugte durchs Wohnzimmer, packte den Müll zusammen und verabschiedete mich.
Daheim gab es Mittagessen, Reste von gestern abend: Sticky Tofu, Kokosreis, Broccoli. Und ein Mittagspause auf dem Sofa. Der Gatte übernahm den Apothekengang, weil er sowieso seinen Vater besuchen wollte. (Tabletten und Blutdruckmessgerät waren da! Hurra!)
Danach klingelte Oma Eis. Sie brachte weiße Laken (Tischdecken für den Adventsmarktstand) und blieb auf einen Kaffee. Da sie direkt vom Dienst bei der Tafel zu mir gefahren war, gab es eine Menge zu erzählen und ich musste sie fast rauswerfen, weil der nächste Termin des Tages stand an: das Handarbeitsbüro musste besetzt werden!
Seit einigen Monaten treffen wir uns jeden Freitag mit Klappstühlen und Handarbeitskram vor dem A*D-Büro, sitzen und handarbeiten, schauen, ob und was da passiert, schwätzen und zeigen, dass wir dieses Büro saublöd finden.
Mittlerweile sind wir bekannt, wir werden begrüßt und besucht (auch von PolitikerInnen) und mit Eis, Obst, Lebkuchen, Sekt und Glühwein versorgt. Seit ein paar Wochen zeigen wir uns offiziell als „Handarbeitsbüro“ der Bürgerinitiative „Nierstein gegen Rechtsextremismus“. Wir bieten die Möglichkeit zum Austausch, ganz klein und leise.
Heute saßen wir zu sechst auf dem Bürgersteig, es gab Glühwein und ich versuchte mich an Häkelzeugs. Klappte nicht richtig. vermutlich waren die Hände zu kalt. Immerhin weiß ich jetzt. dass ich morgen am Adventsmarktstand noch eine weitere Kleidungsschicht brauche.
Nach anderthalb Stunden ging es wieder heim, es wurde zu dunkel für Handarbeiten.
Ich kam gleichzeitig mit dem Gatten daheim an, half ihm, die Einkäufe zu verräumen und dann war Feierabend.
Gekocht wird heute nichts mehr, niemand hat Lust dazu. Macht nix, denn im Kasten liegt ein frisches Brot und nachdem ich jetzt wieder aufgetaut bin, merke ich, dass ich einfach schlafen statt essen kann.
Morgen muss ich fit sein! (morgen soll es übrigens regnen. Nicht gut.)
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