nochmal Kitsch
25. August 2006
Es lässt mir ja doch keine Ruhe und ich denke schon den ganzen Morgen am Thema Kitsch herum.
Was ist Kitsch überhaupt?
Spontan würde ich sagen: irgendwelche Porzellanfigürchen, die genau keinen Zweck erfüllen. Genauso spontan fällt mir dann eine Porzellanfigur ein, die meine Großmutter im Schrank stehen hatte: eine grazile Tänzerin in einem langen, blauen Kleid, die Arme elegant über dem Kopf verschränkt, feines Porzellan. Als der Haushalt meiner Großeltern aufgelöst wurde, habe ich sie nicht mitgenommen, weil der rechte Arm abgebrochen und wieder angeklebt war. Nicht makellos. Und ich war damals zu jung um zu erkennen, dass ich ein Stückchen Kindheitserinnerung in Händen hielt und wegwarf, weil die Figur, an der diese Erinnerung hängt, beschädigt war. Ausserdem hatte ich damals eine fürchterliche Angst davor, zu verramschen, mich mit Ballast zu beschweren und womöglich von irgendjemanden wegen diesem Kitsch verspottet zu werden. (mangelndes Selbstbewusstsein lässt grüßen)
(Ich träumte von weißen Räumen, lichtdurchflutet, mit langen, luftigen, weißen Vorhängen, die leicht auf dem weißgebeizten Holzboden aufliegen. Minimalistisch eingerichtet mit weißem Mobiliar. Räume für bunte Gedanken und Träume. Reizarm. Manchmal träume ich heute noch von solchen Räumen und weiß doch genau: die wird es für mich nie geben. Um einen Raum konsequent so klar zu halten, müsste ich zuerst einmal alle Bücher weiß einbinden …)
Mittlerweile lebe ich bunt. Das bringt wohl auch ein Leben mit Kindern mit sich. Aber diese Ausrede lässt sich nicht immer vorschieben, denn ich mag Farben. Und ich liebe es, irgendwelche Sachen zu dekorieren, zu arrangieren und hin und her zu schieben. Irgendwelche Sachen, das sind Dinge, die ich mag. Das sind alte Sachen aus meiner Kindheit, Geerbtes, Angeheiratetes oder Gefundenes. Ich mag Muscheln in Gläsern, weil sie mich an einen Strandtag erinnern. Ich mag kaputte Schneckenhäuser, weil halt. Ich mag pinkfarbene Vasen, weil sie so fröhlich sind und weil orangefarbene Ringelblumen so knallig darin leuchten. Ich mag den Elfen-Schnickschnack, weil ich latent romantisch bin und Märchen mag. Ich mag Glitzerndes, weil es eben glitzert und funkelt und das Auge festhält. Ich mag die uralten Tassen mit dem Goldrand und der allerliebsten Aufschrift „Mann ärgere deine Frau nicht“, bzw. „Frau ärgere deinen Mann nicht“, weil das sollte ja auch so sein. Ich mag die drei pastellfarbigen, absolut zweckfreien quadratischen Keramikschälchen, Original 60er Jahre, weil ich die schon als Kind mochte. Ich mag Blümchenmuster und Herzen und Spitzenborten im Geschirrschrank.
Ich mag auch Chrom und Glas. Und schwarzes Leder. Aber wohnen kann ich darin und damit nicht. Ich kann aber auch nicht im sogenannten Landhausstil wohnen, ich würde mir keine Blumentopffiguren oder Kochlöffelmänchen auf die Fensterbank stellen. Es sei denn, die Kinder hätten sie mir gebastelt. Und da ist sie, die Crux: der allergrößte Kitsch wird zum geliebten Kunstwerk, wenn es die Kinder überreichen. Und so zog und zieht er ein, der Kitsch, in die Grüne Villa. Und er macht, dass ich mich wohlfühle und in jeder Ecke irgendeine Erinnerung an irgendetwas Besonders habe. Das mag ich nicht missen.
Selbstgekaufter Kitsch ist Kram, der mich anspricht. Der sagt: „Hallo, ich bin eine nette Idee, ich habe hübsche Farben, ich habe eine aussergewöhnliche Form und ich weiß genau, dass ich hervorragend in dein kunterbuntes Haus passe. Nimm mich mit.“
Und das tue ich dann auch. Mittlerweile selbstbewusst genug, um zu diesem Krempel zu stehen.
25. August 2006 um 15:12
Ja, mir ging das heute morgen ebenfalls nicht aus dem Kopf. Für mich ist kitschig auch eher das Gegenteil von schwarz und weiß, nämlich bunt und überladen, nicht zusammen passend und manchmal auch absichtlich gegensätzlich kombiniert. MetallFlitter und Glimmer gehört da natürlich auch dazu. Und außerdem ist kitschig ein positives Wort! Wenn ich sage „Boah, ist das kitschig!“ Meine ich eigentlich immer „Boah, ist das schön.“ :)
Kitschige Grüße
Astrid :D
25. August 2006 um 15:24
„It's the little things that make a house a home“ – Es sind die kleinen Dinge, die aus einem Haus ein Zuhause machen…
In diesem Sinne, mach weiter so!
Herzliche Grüße,
Inge K
25. August 2006 um 18:30
Nun, ich hab ja trotzdem so Sachen in der Wohnung, die man halt braucht, um sich wohl zu fühlen. Das sind vor allem so Holz- und Tonsächelchen aus dem 1-Welt-Laden. Könnt ich viiiiieeel Geld für ausgeben.
25. August 2006 um 18:51
Kitsch fuer mich ist, wenn ich in der Weihnachtszeit bei SchwieMa durch die Haustuer trete und mich Glitter-Flitter-Sparkle-Shiny-Dekorationen fast erschlagen, in jedem Raum, voellig ueberladen, aber einfach nur schoen in IHREN 4 Waenden :D
Mein persoenlicher Kitsch ist zur Zeit noch in Kartons auf dem Dachboden, da wir erst im Maerz ins neue Haus gezogen sind. Aaaaaber, mein nick-nack wird schon bald wieder Ehrenplaetze in Haus und Hof einnehmen, halt doch n' bisschen nackich, so'n Neubau, so (fast) ganz ohne Kitsch ;)