Wenn
2. November 2006
„Demnächst hat der Lidl welche im Angebot!“, sagt der beste Vater meiner Kinder mit glänzenden Augen.
Früher.
2. November 2006
„Hallo, hier ist *liebste Tochterfreundin*! Kann ich mit der Mittleren spielen?“
„Ich geb sie dir mal!“, sagt Frau … äh … Mutti.
„Ich rufe mal den *bevorzugter Magic-Karten-Tauschpartner* an, ob er Zeit hat!“, sagt das große Kind.
„Mach das mal.“, sagt Frau … äh … Mutti.
„Hier ist der *bester Freund des Jüngsten*. Hat er Zaheit zum Spihielen?“
„Er hat Zeit, aber ich geb ihn dir mal.
Ich erzähle den Kindern, wie das damals bei mir war. Damals, als ich noch ein Kind war, als man noch dreissig Kilometer durch tiefsten Schnee in die Schule stapfen musst, mit zwei, drei Holzscheiten unterm Arm für den Schulofen.
„Ich hatte zwei Freunde“, erzählt Frau … äh … Mutti, „Mit denen traf ich mich nachmittags, so gegen drei Uhr. Das hatten wir morgens in der Schule verabredet.“
„Und wenn man dann keine Zeit hatte?“ fragen die hinreissenden Bestien, „Habt ihr dann miteinander telefoniert?“
„Nein“, sagt Frau … äh … Mutti, „denn als ich noch ein Kind war, wurde das Telefon nur im Notfall benutzt. Manche Menschen hatten nicht mal ein Telefon.“
„Die hatten dann ein Handy!“, weiß das jüngste Kind, wird aber umgehend eines Besseren belehrt.
„Was habt ihr denn gespielt?“, fragt die Mittlere.
„Wir spielten auf einem Spielplatz“, erzählt Frau … äh … Mutti, „Der Spielplatz wurde regelmäßig von Rockern (die Hells Angels waren´s, Anm. d. Red.) verwüstet und irgendwann wurde nichts mehr repariert. Ab diesem Zeitpunkt machte es richtig Spaß dort zu spielen. Ein umgestürztes Holzklettergerüst mit Rutschstange in der Mitte war unser Schiff, die „Santa Maria“. Es gab einen Kapitän und einen Steuermann. Ich war das kleine Mädchen mit der Kräuterküche. Meine Kräuter stanken so sehr, dass der Kapitän und der Steuermann sich immer vor Ekel schütteln mussten, wenn ich damit ihre Kampfwunden behandelt habe. Mit unserem Schiff segelten wir über das Meer und erforschten unentdeckte Inseln. Eine dieser Inseln war ein verwilderter Garten, der an den Spielplatz angrenzte. Es war uns allerstrengstens verboten dorthin zu gehen, aber das machte die Sache erst recht spannend. Das Gartentor hing völlig schief in den Angeln und ließ sich nicht öffnen, aber einmal brachte mein Freund einen Seitenschneider von daheim mit und schnitt ein Loch in den Maschendrahtzaun. Ich kann mich noch gut an das Kribbeln im Bauch erinnern, als wir uns zum ersten Mal durch das Gestrüpp kämpften. Ein paar Wochen später, als der Garten wieder eine unentdeckte Insel war, trauten wir uns sogar in das Gartenhaus hinein, dessen Tür offen stand. Auf dem Boden des Hauses hatte jemand ein Feuer gemacht und in der hintersten Ecken lagen vier abgeschnittene Schweinefüße. Wir haben uns furchtbar gegruselt und sind schnell weggerannt. Und haben nie wieder in diesem Garten gespielt.“
„Boah Mama!“, staunt das große Kind. „Und was hat ihr NOCH gemacht?“
„Der Spielplatz“, fährt Frau … äh … Mutti fort; „lag direkt an der Bahnlinie. Nur ein Jägerzaun und eine Reihe von Kastanienbäumen trennte Spielplatz und Gleis vier. Zwischen den Kastanienbäumen stand ein kleines Haus, so eine Art Wartehäuschen. Es war etwa 2,5 Meter hoch und es galt als besondere Mutprobe im Herbst auf das Dach des Häuschens zu klettern und Kastanien mit Stöcken oder Steinen von den Bäumen zu werfen. Hochklettern war einfach, denn man musste einfach nur auf den Jägerzaun klettern, auf den Holzspitzen balancieren und sich von dort auf das Dach ziehen. Auf den Dacht zu stehen war aufregend. Noch aufregender aber war es, wieder hinunter zu kommen. Meine Freunde sprangen einfach runter, aber das traute ich mich nicht. Zurück auf den Jägerzaun ging auch nicht, weil ich auf die Holzspitzen hätte springen müssen. Also saß ich auf der Kante des Hauses und tat so, als wäre das der allerschönste Platz und als würde ich dort gerne den Rest meines Lebens verbringen wollen. Meine Freunde feuerten mich an, ich solle doch endlich springen. Sie würden mich auch fangen. Dann kletterten sie nach oben und zeigten mir, wie einfach das Runterspringen ist. Irgendwann traute ich mich dann endlich und sprang ebenfalls. Es tat ziemlich weh in den Fußknöcheln. Aber ich hatte die Mutprobe bestanden und musste nicht mehr nach oben. Obwohl ich das schon gerne getan hätte, weil auf dem Dach des Häuschens lagen die fettesten Kastanien.“
„Und was hat Oma Eis (Frau … äh … Muttis Mutter) dazu gesagt?“, fragt die Mittlere, scheinbar leicht empört über das ungezogene Kind, das ihre Mutter war.
„Die hat das erst ein paar Jahre später von mir erzählt bekommen“, sagt Frau … äh … Mutti, „Glaube ich jedenfalls, dass ich es ihr erzählt habe. Wenn nicht, dann wird sie es jetzt in den nächsten Stunden lesen.“
Morgen erzähle ich den Kindern und Oma Eis, wie sich einer an die Hochspannungsleitung hängte, wie Zehnpfennigstücke plattgedrückt werden, was man mit Strohwürfeln machen kann und wo das Baumhaus stand. Vielleicht auch, was mit meinem rechten hellblauen Ballerinaschläppchen passierte und wie man in die Kläranlage reinkam.
verwirrt
2. November 2006
Heute ist nicht Montag.
Heute ist nicht Montag.
Heute ist nicht Montag.
Feiertage mitten in der Woche sind sehr irritierend.