Verständigungsproblemchen

1. Oktober 2010

Die Schönheitsarbeiten beim Straßenbau stehen an. Die Gehwege werden gepflastert und ausgiebig besandet, was zu sehr viel Sand auf der Treppe und im Flur führt und mich umgehend in die Sandkasten-Vergangenheit katapultiert, ganz ohne Wehmut.

Ausserdem werden die Lücken zwischen den Häuserwänden und den Gehweg-Verbundsteinen mit Zement ausgespachtelt. Zwischen unserem Hallentor und dem Gehweg galt es eine gut einen halben Meter breite Lücke zu schließen. Das wurde bereits gestern nachmittag versucht, just als wir das Haus verlassen hatten. Als wir zurückkamen , traten wir nichtsahnend auf´s frisch Zementierte und hinterließen hübsche Schuhabdrücke. Ich versuchte noch mit hektischen Fuß-Gewische etwas zu retten, doch ausser, dass meine roten Chucks nun zwei Zentimeter höhere Sohlen haben, passierte nichts. Nix mehr zu retten.

Heute morgen nun wurde unter bösem Schimpfen die Zementschicht abgeklopft und neuer Zement eingefüllt. Und ein gut sichtbares Absperrband quer vor das Hallentor gespannt. Hätten sie gestern besser auch so gemacht, denn heute mittag, in knapp einer Stunde, muss das erste Kind samt Fahrrad in die Halle.

„Entschuldigung“, säuselte Frau … äh … Mutti, „wie lange braucht denn der Zement, bis man ihn betreten darf?“

Verständnisloses Kopfschütteln war die Antwort und ein Deuten auf den Kollegen. Ich wiederholte mein Sätzchen.

„Isse noch nass“, war die Antwort.

„Richtig. Wann ist er trocken?“

„Morgen.“

„Meine Kinder kommen bald heim und sie müssen mit ihren Rädern in die Halle, geht das?“

„Isch mache Band weg, isse aba nass.“

„ok. Dürfen die Kinder drauftreten?“

„Nein. Wann komme Kinder?“

„Das erste kurz nach eins, das zweite zwanzig nach eins und das dritte kurz nach halb. Ungefähr.“

„Wieviele Kinder?“

„Äh. Drei.“

„Isch mache Band ab. Komme wann?“

„Ab ein Uhr. Bis halb zwei. Ungefähr.“

„Ok, isch mache Band ab. Musse Fahrrad heben.“

„Lassen Sie das Band besser dran, die Kinder sollen klingeln. Ich helfe dann beim Reintragen.“

„Mache isch Band ab, um eins. Drei Kinder.“

„Ok, danke.“

Mönsch. Das sind die Momente, in denen ich es echt schade finde, dass ich nicht viel mehr Fremdsprachen beherrsche. Ich weiß nicht, ob er mich verstanden hat. Oder ich ihn.
Ich werde also ab eins immer mal wieder aus dem Fenster schauen, in der Hoffnung ein heimkommendes Kind abfangen zu können.  Weil ich glaube, wenn da nochmal Fußtappsen auf dem Zement sind, kleben sie uns das Hallentor zu.

*****

Der Calcarata-Nachwuchs wächst und gedeiht ganz prächtig. Nach der ersten Häutung haben sich die Viecher größenmäßig verdoppelt.  Unglaublich. Mengenmäßig liege ich derzeit bei achteinhalb Mini-Calcaratas. Nummer neun verschwand irgendwann irgendwie und ich bin unsicher, ob ersie einfach nur ausgebüxt ist und wir ihnsie wiederfinden, wenn ersie ausgewachsen und nicht mehr zu übersehen ist oder ob ersie einfach klitzeklein gestorben ist und beim Säubern des Terrariums unbemerkt entsorgt wurde. Töchterlein entdeckte vor kurzem ein Calcarata-Baby auf dem Wannenvorleger im Bad. Wir wissen nicht, wie es dort hin gekommen sein könnte, schauen aber seitdem sehr gründlich in Ecken und Nischen und hoch zur Decke. Und auf die verbliebenen drei Zimmerpflanzen, ob die Fraßspuren haben.

Achteinhalb Calcarats deswegen, weil die Häutung bei dem einen irgendwie schiefging. Fühler und Hinterbeine steckten noch in der Hülle und das arme Viech zappelte mehr oder weniger hilflos auf seinem Brombeerblatt herum. Vorhin habe ich, Hopp oder Top, Fühler und Hinterbeine von der alten Hülle befreit und das arme Calcilinileinchen zurück gesetzt. Es stakste etwas wackelig davon. Mal sehen, ob es überlebt.

Wir haben immer noch ca. zwanzig Eier und Julia, das ausgewachsene Calcarataweibchen legt immer mal wieder ein neues. Alle interessierten Schulkameradinnen der Tochter bekamen das Veto von ihren Eltern und die allerbeste Freundin, die ein etwas zögerliches „Na gut, okay.“ bekam, weiß noch nicht, wie sie die Viecher aufbewahren will. Derzeit sind sie noch so klein, dass sie ganz wunderbar in die Babyvilla passen. Aber spätestens nach der übernächsten Häutung wird´s eng. Ein Biolehrer aus der Schule des Jüngsten hat aber bereits sein Interesse bekundet und hat obendrein in der Schule ein riesiges, derzeit ungenutztes Terrarium zur Verfügung.

Ich kann gar nicht verstehen, weswegen sich Eltern so gegen Calcaratas als Haustiere sträuben. Sie riechen nicht, sie machen keinen Krach, sie rasen nicht dämlich in einem Rädchen herum, haben weder Sommer- noch Winterfell und fresssen, sehr genügsam, nur Brombeer-, Himbeer-, Kirsch- oder Haselnussblätter. Sie wollen einmal am Tag ein bißchen Wasser ins Terrarium gesprüht bekommen und hätten gerne einen Ast, an dem sie sich tarnen können. Oder zum Häuten aufhängen können. Sie beissen nicht und nur die Männchen sind mit ein bißchen Respekt wegen der Dornen an den Hinterbeinen zu behandeln. Und wenn man sich wirklich Mühe gibt, kann man sie auch niedlich finden :)

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Ich könnte noch stundenlang schwafeln, doch stattdessen widme ich mich lieber den allerletzten Kohlköpfen aus der allerletzten Biokiste. Explodierte Kohlrouladen wurden gewünscht und diesen Wunsch erfülle ich doch nur zu gerne, ich gute Mutter, ich.

Ihnen ein feines Wochenende, es hat ja schon fast angefangen!

***** Nachtrag *****

Die Babyvilla:

Eine Gartenlaterne aus´m Ramschladen. Oben ist ein feines Gitter eingelegt, damit die Mini-Calcaratas nicht entwischen können. Töchterleins Romeo und Julia leben ebenfalls in einem solchen Palast, da braucht es aber das Gitter nicht mehr :)