Zeitreise
13. Mai 2006
ins finstere Mittelalter stand heute auf dem Programm.
In der Nachbargemeinde, in und um die Burgruine, Ritter, Marketender, Bader und Gaukler.
Schrecklicher als alle anwesenden Sarazenen, Wikinger und Hunnen war aber der Moment, als ich bemerkte, dass der kleine blonde Ritter von meiner Seite verschwunden war. Zehn sehr lange Minuten rannten der beste Vater meiner Kinder und die allerliebste Freundin in die beiden möglichen Richtungen. Zehn endlose Minuten weinte die Mittlere um ihren Bruder und hielt der große Bruder meine Hand ganz fest. Zehn ewige Minuten gingen mir die allerschlimmsten Bilder durch den Kopf.
Ungefähr zehn Minuten und zwei Taschentüchter brauchte die glückliche Familienzusammenführung. Gerade hat er mich zur Guten Nacht geküsst, der jüngste Sohn, und hat recht nachdrücklich „schlaf gut“ im Sinne von „lass mich endlich los, Mama“ gesagt. Mein Kloß im Hals ist immer noch verdammt dick.
I survived
12. Mai 2006
Kindergeburtstag!
Das jüngste Kind lud vier Freunde und verlangte nach Muffins und Gegrilltem. Ausserdem wollte es Spiel, Spaß und Spannung.
Wir boten alles und können rückblickend sagen: gelungenes Fest.
(so sehr gelungen, dass der eine Gast sogar seine Auswärts-Schlaf-Premiere bei uns wagen wird)
Das jüngste Kind ist glücklich und ich gebe zu, dass Kindergeburtstage irgendwie doch nicht sooo fürchterlich sind. Auch wenn es eine Stunde vor Beginn blitzt, donnert und regnet und das Ende der Welt und der mütterlichen Nervenvorräte erreicht zu sein scheint.
und wer entdeckt Ball und Pfeil?
Einen schönen Abend wünsche ich. Auf mich wartet ein Lagerfeuer.
„Ach bitte!“,
12. Mai 2006
fleht die Mittlere mit großen Augen (bambieyes), „Ich würde SO gerne zusehen, wie eine Kuh geschlachtet wird!“
Auslöser dieses Wunsches war ein Beitrag einer Pseudo-Wissens-Sendung im Privaten, in dem ein Metzger portraitiert wurde. Ja, ich gestehe, ich war angetan von der Hingabe, die dieser Mensch für seinen Beruf empfindet und ich wünsche jedem Arbeitnehmer genauso viel Freude am erlernten Beruf. Mein Ding wäre es nicht, bis über die Ellenbogen in Hackfleisch zu stecken, aber ich muss es ja auch nicht.
Den Wunsch der Tochter im Kopf betrat ich die Fleischerei meines Vertrauens, um die bestellten Grillwaren für die „aburtstagsfeier“ des jüngsten Kindes heute abzuholen. Fackeln soll es geben, das sind dünne Streifen aus Bauchfleisch, die um einen Stock herum gewickelt im Feuer sehr knusprig werden und köstlich sind. Die Fackeln waren noch nicht fertig, weil der Metzger ein paar Brocken Fleisch in die Nachbargemeinde fahren musste und so hatte ich die einmalige Gelegenheit, dem Gespräch zwischen Metzgersfrau und anderer Kundin zu lauschen. Man unterhielt sich lautstark und bemerkenswert ungeniert (naja, bei dem ganzen, nackten Fleisch um uns herum) über Nierenkoliken, Blasensteine und den Schmerzen beim Pinkeln, wenn Gries abgeht. „Ich war froh, als ich endlich sehen konnte, was da weh getan hat!“, erzählte die Metzgersfrau der zustimmend nickenden Kundin und ich betrachtete interessiert die Nieren in der Auslage.
Schließlich wurden mir aber auch die fertig gewickelten Fackeln überreicht und ich konnte Töchterleins Wunsch anbringen. „Ja sicher!“, strahlte die Metzgersfrau, „es ist wichtig, dass die Kinder wissen, wie eine Kuh aussieht! Gell, Metzgermann, sie kann zusehen?“
Der Metzger brummte Zustimmung und verschwand im Hinterhof, wahrscheinlich um ein paar Kühe zu schlachten oder so.
Die Metzgersfrau nahm mich vertraulich beiseite und erklärte mir, dass die Mittlere beim eigentlichen Töten des Tieres nicht dabei sein sollte, denn Bullen würden per Kopfschuss getötet und der Knall der Pistole sei doch recht laut. Danach schneide man dem Tier den Kopf ab und entferne die Wirbelsäule. „Wegen dem BSE-Kram halt.“ Das könne Töchterlein aber gerne betrachten und der Metzgersmann wäre gerne bereit, Herz, Lunge, Darm und die Fleischstücke für Rouladen, Gulasch und Steak zu zeigen. Und natürlich auch die richtigen Namen zu sagen, weil die meisten Leute wissen nur noch, was ein Filet ist, kennen aber keine Hochrippe mehr.
Wie schön, dass Töchterleins Wunsch so leicht zu erfüllen ist. Bleibt nur noch mein Wunsch, dass sie keine „Erinnerung an ein unvergessliches Erlebnis“ mit heim bringt. Einen Huf oder ein Horn. Oder einen Schwanz. Oder eine Darmschlinge. Das jüngste Kind hat schon einen Hahnenkralle samt Schwanzfedern mitgebracht, das Zeug hängt am Küchenregal. Für Rinderhufe habe ich gerade keinen passenden Platz.
ok,
11. Mai 2006
Es ist halb neun, ich habe ein Glas Wein neben mir und habe meinem zehnjährigen Sohn gerade erklärt, was Inflation ist.
Mich kann heute nichts mehr erschüttern.
(Schon mal kindgerecht Inflation erklärt? Nein? AHA!)
oh, wie hübsch!
11. Mai 2006
ganz in meinem Sinne, Frau Zorra, ich baue dankend ein.
Frau … äh … Mutti schickt ein inniges „Danke!“ an wen auch immer, weil der Kelch der fußballbegeisterten Menschen an ihr vorüber ging. Der beste Vater meiner Kinder mag lieber Volleyball und will seit vier Jahren wieder regelmäßig ins Training, der Große fand Fußball als Dreijähriger ungerecht, weil niemand den Ball abgab und beendete die hoffnungsvolle Karriere und der Kleine singt gerne „zieht den Mainzern die Lederhosen aus“, kennt aber keine einzige Fußballregel. Die Mittlere hat noch nie einen Hauch von Interesse gezeigt und auch Frau … äh … Muttis Zeiten auf dem Fußballplatz, schmachtend und anhimmelnd, sind, äh, zwanzig? DREINUNDZWANZIG Jahre vorbei.Allerdings … das letzte WM-Finale gab´s per Beamer auf Leinwand bei uns in der Halle, mit sehr vielen Menschen, grillen und einer Brasilianerin, die zur Feier des Tages Caipirinhas mixte. DAS war schon nett. Es hätte aber auch der Grand Prix d´Eurovision sein können oder die 679 Folge Lindenstraße :-)
Und wenn ich noch einmal dieses dümmliche Fußballlied vom blonden Pseudo-Komödianten hören muss, werde ich wahrscheinlich schreien.