Heute

7. Mai 2009

könnte ich ellenlange Geschichten über die Kindelein schreiben. Wie sie Schulrucksäcke, die dreckigen Teller auf dem Tisch und ihr halbes Hirn auf dem Weg zu den Hausaufgaben vergessen.

Oder wie sie stolpern und rempeln und schlacksig wie falsch aufgefädelte Marionetten oder wie Störche im Salat durch die Gegend staksen, auf Beinen, die mindesten drei Kniegelenke zuviel haben.

Oder wie sie mürrisch und knurrig und brummig in zwei-Wort-Sätzen das Nötigste von sich geben und einen Augenblick später ausgesprochen farbig und mit einigen schmutzigen Wörtern gespickt ein vernichtendes Urteil über eine Lehrerin und dere Notenvergabe sprechen. Durchaus wortgewandt, leider viel zu laut und schrill.

Oder noch viel mehr.

Habe ich aber schon so oft getan. Und ausserdem muss ich dem jüngsten Kind bei den Hausaufgaben helfen. Darüber habe ich ja nun auch oft genug geschrieben.

Hat man irgendwann einfach alles erzählt?

Manchmal

6. Mai 2009

ist es eine regelrechte Erlösung, wenn die Kindelein, bzw. die Versorgung derselben,schuld daran sind, dass der Nähtisch umgehend verlassen werden muss.

Vor allem dann, wenn mehr getrennt als geheftet wird, Ober- und Unterstoffe sich heimtückisch an falsche Plätze schmuggeln und dann ist da auch noch die Sache mit dem Reissverschluss.

Und alles nur für die MutterderliebstenTochterfreundin, damit die übernächstes Wochenende ihre vollgeschluchzten Taschentücher ordentlich wegpacken kann.

oder wie der Niersteiner gerne sagt: EXpressopause

– OP-Termin, bzw. Termin für das Gespräch mit dem Anästhesisten steht fest, 26. und 27. Mai.

OP ist an einem Mittwoch, wenn es mir gut geht, darf ich abends direkt heim. Mittwoch! Es WIRD mir gut gehen :-)

– ich habe heute morgen rasch eine MA-Gewandung für das Töchterlein genäht. Das Kind wächst und wächst, aber ich hoffe trotzdem, dass ihr das Kleid am Wochenende in Oppenheim noch passt.

– Spargel! (wenn sie doch nur mal jemand kochen würde. Geschält sind sie ja schon.)

– Werte Gartenpartybesucher! Langsam aber sicher hätte ich gerne mal gewusst, was Sie so mitbringen, damit ich das, was dann noch fehlt, an Freunde und Familie verteilen kann. Dieses Jahr wird´s nämlich knapp mit Salaten, fürchte ich. Sie dürfen aber alle gerne Freitag morgen meine Küche benutzen! Wir haben auch noch einen großen Zweit-Kühlschrank für eben solche Zwecke.

– hilft alles nix, ich muss jetzt kochen, weil zwei Kinder und der Mann sind schon daheim.

Eine Zumutung!

5. Mai 2009

wettert die ältere Dame mit den orangefarbenen Haaren neben mir. „Früher hätte es das nicht gegeben!“, bekräftigt der hagere Mann, vielleicht der ihre, zwei Sitze weiter. „Ich sitze jetzt schon dreieinhalb Stunden hier, so kann man mit Patienten doch nicht umgehen?!“, jammert der dicke Mann rechts außen, der andere Mann im Jogginganzug stöhnt nur noch.

„Hallo, ich bin der Stationsarsch und das habe ich jetzt nicht gesagt!“, begrüßt mich die blutjunge  Ärztin, süße 27 ist sie, erzählt sie mir und derzeit zuständig für den gesamten Orthopädiebereich. Sie ist Assistenzärztin, darf diagnostizieren, muss aber, wenn es um OPs geht, Rücksprache mit der Oberärztin halten. Und die ist auf Station, in der Vistite und später immer mal wieder im OP.

Die Patienten murren immer lauter und schimpfen, denn das könnte man doch alles VIEL BESSER koordinieren! Leider übersehen sie dabei, dass im Minutentakt  Bahren hereingefahren werden, auf denen elende Bündel Mensch liegen, mit blassen, spitzen Nasen hinter piependen Kästen und Schläuchen in diversen Körperöffnungen. „Der ist stabil und muss direkt zum Schädel-CT“, sagt der eine Sani zum anderen und ich schaue mich um, ob nicht zufällig Dr. Sloane oder wenigstens George um die Ecke geschlurft kommen. Und fühle mich gleich viel gesünder und eigentlich fehl am Platz.

„So ist das halt in  einer Uniklinik, Notfälle gehen vor“, versuche ich die aufgebrachte Patientin neben mir zu beschwichtigen, aber die funkelt mich nur an. Man unterstellt mir sowieso, dass ich Privatpatientin bin und bevorzugt behandelt werde, weil meine Akte viel dicker ist und ich eine große Tüte mit Bildern aus dem MRT mit mir herumschleppe. Und die Schwester mich so freundlich angelächelt hat. Das hat sie aber nur getan, weil ich mich eine Stunde lang mit der alten Dame unterhalten habe, die auf den Krankentransport nach Hause gewartet hat und schon ganz verzweifelt war, weil sie Schmerzen in der Hüfte hatte und der Krankenhausrollstuhl viel zu groß und die Rückenlehne zum Anlehnen zu weit weg war. „Ich kriege eine neue Hüfte“, vertraut sie mir an, „ich bin 84 und habe immer gedacht, ich schaffe das ohne Ersatzteile, aber jetzt muss das doch. Ich bin die Älteste im Turnverein, wissen sie?“ Wusste ich nicht, deshalb erzählt sie es mir noch drei-, viermal, aber das ist nicht schlimm. Sie schaut mich an und kichert: „Der Flur ist so schön breit. Da könnte man tanzen. Walzer tanzen!“

„Auja!“, sage ich, „Dann wären die Leute vielleicht fröhlicher.“

Dann endlich wird sie abgeholt und aus dem Krankenhausrollstuhl in den Transportstuhl gehoben. Tanzen hätte sie nicht mehr können, aber sie winkt mir fröhlich zum Abschied zu.

Die Computer in den beiden Behandlungszimmern fallen aus und die Krankenschwester muss wegen jeder Kleinigkeit in das Zimmer am anderen Ende des Ganges flitzen. Belege, Befunde, Faxe, irgendwelche Ausdrucke, alle nur im Zimmer den Gang herunter.

„Langweiliger Job, den ganzen Tag nur hin- und herlaufen“, spottet die Frau mit den organgefarbenen Haaren und erntet allgemeine Zustimmung. Für so was ist Zeit, für Hin- und Herlauferei im Flur, während die leidenden Patienten ihre kostbare Zeit im öden Krankenhausflur vergeuden. „Wir haben besseres zu tun!“, giften sie herum und ich schäme mich fremd. Gehöre nicht zu dem „wir“ dazu.

Nach sechs Stunden verlasse ich die Orthopädie der Uniklinik mit einem hübschen Befund. Ich habe einer Operation zugestimmt. Ausserdem habe ich zugestimmt, dass Studenten und Assistenzärzte  in mein Knie schauen dürfen, denn das sieht man selten. (für die Experten: Patelladysplasie Typ 4 nach Wiberg kombiniert mit einer Trochleadysplasie, früher Patellaluxation nach medial)

Ich habe darum gebeten, die OP nicht in der Nähe des 23. Mai stattfinden zu lassen und wurde erhört, man ruft mich an.

Ausserdem sagte die Orthopädin  etwas Grandioses: „Es geht nicht darum, ob Sie starke oder schwache Schmerzen haben. Sie HABEN Schmerzen und die brauchen sie nicht zu haben. Sie sind 38 Jahre jung und das mindert ihre Lebensqualität.“

Ich musste 38 Jahre alt werden, um mir zuzugestehen, dass ich auch ohne Schmerzen leben darf. Selbst wenn es nur ganz leichte sind. Wow.

Ansonsten: Schonzeit. Das linke Knie zeigt aufgrund der Mehrbelastung einen starken Erguss, das ist nicht gut. Und nach der OP falle ich zwei Wochen aus. Doch darüber mache ich mir jetzt noch keine großen Gedanken. Meine größte Sorge ist höchstens: kann mir irgendwer für die Zeit nach der OP irgendeine Fernsehserie empfehlen/leihen, die mich ablenkt? Emergency Room? Hat da jemand ein paar Staffeln und leiht sie mir? Oder diese Gilmore Girls sollen auch ganz nett sein … würde jemand …? Gibt´s weitere Empfehlungen?

Immer her damit, ich freue mich sehr!

och Mönsch …

4. Mai 2009

Ein Elternabend kann um 19:30 Uhr beginnen, anderthalb Stunden später enden und zwischendrin mit einer Menge Gelächter und Hach-Seufzer beglücken.

Der Abschied vom Klassenlehrer zum Schuljahreswechsel wird nicht nur der Klasse schwerfallen. Zum Trost erfuhren wir aber, dass uns das Glück einer reinen Mädchenklasse an einem gemischtgeschlechtlichen Gymnasium mindestens noch zwei Jahre erhalten bleibt, evtl. sogar bis Ende der zehnten Klasse. (diese Klasse ist die letzte aus dem „Modell F+“, was bedeutet: Französisch als zweite Fremdsprach bereits ab Klassenstufe sechs, statt sieben, wie früher üblich. Früher deshalb, weil dieses Modell nun für „alltagstauglich“ erklärt wurde und für alle eingeführt wird.)

Die Klasse sei obendrein sehr leistungsstark, ausgesprochen liebenswert und überhaupt – toll.

Hört man als Mutter gerne. Sehr, sehr.

Die Sache mit der komischen Lehrerin habe  ICH auf persönlichen Wunsch des Klassenlehrers nicht angesprochen. Das kam dann von anderer Seite, wurde aber rasch abgebogen. Das Schuljahr ist fast zu Ende. Noch zehn Wochen. Dafür machen wir keine Wallungen mehr. Doch im nächsten Schuljahr sind wir wachsam, vor allem dann, wenn die Lehrerin womöglich wirklich Klassenlehrerin wird. Zusätzlich weiß der Schulelternbeirat Bescheid und wird die Informationen an entsprechende Stellen tragen.

Zynisch lässt sich allerdings sagen: für Klassenleiterstunden bei Problemen oder sonstigen Besprechungen fiele dann eben kein wichtiges Hauptfach aus. Sehr zynisch, ja. Aber vielleicht halt ein Trost. Auch für die Mädchen. Abwarten.

Schlafenszeit, nach einem Bierchen mit Freunden. (und mit leichtem Herzen, ob der vielen, guten Nachrichten)