Plastiksch* kommt mir nicht ins Haus!
21. Februar 2009
Ja. So tönte die frischgeschwängerte, künftige Frau … äh .. Mutti durch die Gegend. Denn Spielzeug aus Plastik ist unnatürlich bunt, hat hässliche, harte Kanten und ist, vom ökologischen Standpunkt aus, Teufelswerk.
Verzeihen wir der Frau und merken wir zu ihrer Entschuldigung an: sie war gerade 24 Jahre jung, die Ausbildung zur Erzieherin noch frisch und die Weltverbesserungsstimmung noch gänzlich ungetrübt.
Und so geschah es, dass biologisch-dynamische Holzbauklötze (naturbelassen, versteht sich) und irgendwelche Holzrasseln Einzug in die erste und auch zweite Wohnung hielten. Gleichzeitig kamen aber auch die pädagogischen Vorsätze untergrabende Geschenke der lieben Verwandten in Form von bunten Plastikrasseln und den allerersten Legosteinen. Dicke Legosteine mit einem Pöppel, in sehr bunt, mit lustigen Gesichtern drauf.
„Grässlich!“, dachte Frau … äh … Mutti und versuchte ihren mittlerweile zweijährigen Sohn für Holzbauklötze zu begeistern. Die Phantasie anregende Holzbauklötze. Die „ganzheitiches Erlebnis!“-Bauklötze. Doch der zweijährige Sohn hatte keine Lust auf Holz. Er wollte buntes Plastik.
Das Mädchen der Familie kuschelte gerne mit dem Waldorfpüppchen (mit natürlicher Schafwollfüllung in speichelfester organisch angebauter Baumwolle), aber noch lieber mit dem ersten Legoauto des großen Bruders.
Der jüngste Sohn wurde erst gar nicht mit Holzspielzeug belästigt. Seinen Mittagsschlaf hielt er auf einem Berg Legosteine, in der Hand die Bauarbeiterfigur.
Ganz heimlich war aus der überzeugten Holz-Bienenwachsmalkreiden-Waldorfpüppchen-und-Seidentücher-Mutter eine noch überzeugtere Plastiksch*-Mutter geworden.
Nach der ersten Lego-Duplowelle schwappte playmobil über uns herein. Ritter, Piraten, Feuerwehr, Bauernhof, Teile vom Zoo, ein halber Märchenwald und ein paar Baustellenteile. Geerbtes, Geschenktes und echte Schnäppchen.
Parallel zum playmobil tauchten die ersten echten Legosteine auf. Nach und nach drängten sie das playmobil zurück in große Kartons, die wiederum in der Halle gestapelt wurden. Und dann war das Lego überall. Der Zimmerboden des jüngsten Kindes war mit einem Legoteppich bedeckt, auf dem Schreibtisch wurde der Raumschifffriedhof eingerichtet. Im Bad auf dem Wannenrand schliefen Mitglieder der Sturmtruppen, im Zimmer der Tochter wohnte Prinzessin Leia zwischen einigen Bauruinen. Im Zimmer des Großen staubten drei halbgebaute Raumschiffe ein und in der Küche glitzerte das eine oder andere von Katerlingen verschleppte Laserschwert.
„Plöder Plastiksch*!“, tobte Frau … äh … Mutti und drohte mit der Plastikmüllabfuhr und Schmelzöfen. „Ihr wollt gar nicht damit bauen oder spielen, ihr wollt es einfach nur haben! Wie blöd ist das?!“, wütete sie vor den eingeschüchterten Kindern, die sich daraufhin zur Beratung zurückzogen.
„Mama“, sprachen die Kindelein kurze Zeit später, „ihr dürft nicht mehr in das Zimmer des jüngsten Kindes, wir bauen was. Eine Überraschung.“
Es vergingen zwei Wochen. Geheimnisvolles Getuschel und Gekicher im Zimmer des jüngsten Kindes. Die Großbaustelle auf dem Zimmerboden war stets unter zwei Decken versteckt, die Katerlinge hatten Zimmerverbot.
Gestern abend war es dann soweit: „Ihr dürft jetzt gucken!“
Dies ist eine Jedischule, falls Sie sich fragen, was das sein sollte.
Hier ein Blick in die Klassensäle. Die jüngeren Schüler sitzen an normalen Pulten, die älteren arbeiten an Rechnern. Jeder Klassensaal hat natürlich auch eine Vorrichtung, um Hologramme zu zeigen. (natürlich) Und neben jedem Sitzplatz gibt es eine Halterung für das Laserschwert.
Einen Schießübungsraum muss es auch geben.
Die große Kantine. Komplett mit drehbaren Barhockern und einer geschickt eingerichteten Küche. Im Vordergrund ein anlehnungsbedürftiger Pilot.
Dies ist der Vorlesungssaal. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Vortrag des jungen Anakin Skywalker nicht allzu interessant ist.
Ein Blick nach draußen zu den Übungsraumschiffen. Wer erfolgreich die Prüfung im Flugsimulator absolviert hat, darf damit fliegen.
Der Schulhof mit viel Grün, dahinter ein weiteres Übungsraumschiff.
Mir persönlich gefällt dieses Mitglied der Putztruppen, die für Sauberkeit in der Schule sorgen, am Besten.
So. Hier also der Beweis für „Spaß mit Plastiksch*“. Drei Kinder haben zwei Wochen lang beinahe jeden Tag eine/zwei Stunde/n zusammen gesessen. Haben geplant, gebaut und zwischendurch ganz intensiv gespielt.
Alle drei haben gestern eine halbe Stunde lang sehr aufgeregt erzählt und erklärt, was es da alles zu sehen gibt und warum Boba in Anakins Vorlesung sitzt. Unsere _blöden_ Nachfragen wie „Aber warum gibt es nur fünf Betten?“ wurden mit logischen Erklärungen abgeschmettert: „Weil da nur die fünf Lehrer schlafen, die Schüler gehen nach dem Unterricht heim!“ Ja, klar, LOGISCH.
Ich finde es klasse! Dieses Bauwerk erzählt mir eine Menge über meine Kinder. Darüber, wie ihre Phantasie funktioniert, aber auch wie weit die Phantasie schon durch realistische Begebenheiten verdrängt und eingeengt wurde. Gerne würde ich mal einen „Schulplaner“ drauf schauen lassen, damit der sieht, wie Kinder sich ihre Klassenräume, Schulhöfe und Mensen vorstellen.
Ich bin sehr entzückt darüber, dass diese ganze StarWars-Geschichte, die hier ja tatsächlich exzessiv gespielt wird, nicht nur in irgendwelchen Raumschlachten mündet, sondern dass hier im Spiel Jediritter ausgebildet werden. Nicht nur als Kämpfer, sondern auch als Forscher.
Und es ist wohl wirklich völlig egal, ob Kinder mit naturbelassenen Bauklötzen oder mit vorgegebenen, geformenten Plastikbausteinen spielen. Es reicht nicht, Kindern Bauklötze vor die Füße zu kippen, um sie zu lebhaften, phantasievollen Kindern zu erziehen. Das klappt auch mit Plastiksch*. WENN es eine Menge Anregung in Form von gemeinsamem Spiel und Gespräch als Zugabe gibt. Ganz einfach, eigentlich.
21. Februar 2009 um 12:00
Boah cool! Ich finde die Raumgleiter Abschuß-und Landebahn einfach klasse!
UND ich stelle fest, unserm Plastiksch* mangelt es an Platten, ganz einfachen grauen oder grünen Bodenplatten….
Gruß Uschi
21. Februar 2009 um 12:56
Wenn die noch anfangen, Brickfilme zu drehen, dann geht es los ;-)
http://de.wikipedia.org/wiki/Brickfilm
21. Februar 2009 um 13:10
Hartmut von Hentig wäre begeistert!
21. Februar 2009 um 13:36
genialer bau!!!
mit spielzeug ist es glaub wie mit allem: die gesunde mischung machts! ein bisschen öko – ein wenig plastik – und das wichtigste: zeit mit den kindern verbringen!
schönes wochenende
21. Februar 2009 um 13:45
Ich bin begeistert!!
Großartig!!
21. Februar 2009 um 13:59
das ist so genial! :)
21. Februar 2009 um 14:51
Ja, wenn das nicht klasse ist! Sinn der Steine erfüllt, oder?
Mein eines verbliebenes Kind lässt das „Plastiksch“ auch nur noch verstauben…
21. Februar 2009 um 15:05
Herrlich!!! Das ist wirklich granios!!!
21. Februar 2009 um 15:58
Ich mag am meisten den anlehnungsbedürftigen Piloten. :-)
21. Februar 2009 um 16:23
Das ist ein beeindruckendes Projekt.
Da haben sich die Youngsters richtig was dabei gedacht.
Coole Sache und ein Beweise für Mamas gute Arbeit bis hier hin. :-)
21. Februar 2009 um 16:32
Wow, echt Klasse! *ganz stolz guckt*
21. Februar 2009 um 16:52
Jingo, warum genau gucken Sie stolz?
21. Februar 2009 um 18:04
genial volle begeisterung
und ich hab das gerade meinem kind gezeigt der is hin und wech
und rat was er gerade macht
die ritterburg abreisen(aus lego) und neu bauen ^^
wir wollen noch ins legoland fahren weil wir das auch so toll finden, schauen wir mal wann das wird
lg
fio
21. Februar 2009 um 18:26
BOAH! ich bin begeistert!! :)) wir waren auch immer eine lego-familie…die legos wurden weitergegeben von meiner schwester an meinen bruder an mich an meine nichte und neffen…über einen zeitraum von 40 jahren! :D
der nächste schritt für ihre drei wäre dann ein video.
so z.b.:
http://www.youtube.com/watch?v=9oAYlWd8bPU
oder so:
http://www.youtube.com/watch?v=wEMmXGN0wnY
viel spaß damit! herzliche grüße und schönes wochenende! d.
21. Februar 2009 um 18:58
unfassbar! was für großartige kinder haben sie da!!
(mir gefällt der vorlesungssaal am besten.)
21. Februar 2009 um 20:06
grossartig!
ohne lego & co. geht bei uns auch nix.
bei uns wird aber auch gerne gemixt.
hier sitzen gerade die playmobilmännchen an völlig unbehandelten vollholzgartenmöbeln (bauklötzer) und haben einen swimmingpool aus tupper.
die mischung machts!
schönen abend noch
christine
21. Februar 2009 um 20:31
Ich Dussel lese zuerst „Praktisch“ und frage mich, warum der Mutti nichts Praktisches ins Haus kommen soll.
Dann lese ich „Plastiksch“ und frage mich, welche neue Wortkombi das sein soll und wohin nun endlich das * zur Erklärung untendrunter bleibt.
Und dann lese ich das fehlende „eiß“ mit dazu und schlage mir vor den Kopf.
Nun denn – was ich eigentlich sagen wollte:
Die Schule ist klasse geworden, besonders in den Details.
21. Februar 2009 um 20:37
Koppi, Kooooppi, komm‘ mal schnell runter, ich muss dir was cooles zeigen. Was hammercooles.
21. Februar 2009 um 21:54
Egal ob Plaste oder Bauklötzer – das haben die drei super umgestzt! Ganz toll ,ich wäre auch sooo dolle stolz :). Irgendwie ist es auch so anrührend, wie sehr uns unsere Kinder immer wieder begeistern können – sogar von Plastik ;).
21. Februar 2009 um 22:01
die überraschung ist doch geglückt. ich mag die vorlesungsräume,-) wir haben hier auch ganz viel spielzeug rum(f)liegen, aber am ende nehmen sich die kleinen doch das, was sie selbst am tollsten finden, egal ob das nun spielzeug ist oder nicht. mit 9 monaten steht mein mann gerade sehr auf fernbedienungen
21. Februar 2009 um 22:54
Denkt das nicht jede frisch Geschwängerte? Und dann kommt die Realität: glücklich, versunkene Kinder im Lego-Plastik-Land! ;)
22. Februar 2009 um 00:52
*g* Vor 12, 13 Jahren war ich auch noch davon überzeugt, daß ich keinen Plastikramsch für meine Kinder will…. die gute Brio-Bahn mußte es sein und die wunderschönen Ostheimer-Figuren. Bloß kein Playmobil!! Pffttt… das wunderschöne Holzspielzeug lag unbeachtet im Eck, meine Kinder spielten lieber mit „nichts“ und Kiselsteinen – bis dann vom Kindergarten-Freund das erste Playmobil-Zeugs ins Haus kam…. Legosteine gabs noch aus meiner Kindheit…. aber SO was tolles haben meine drei noch nie gemacht – und schon gar nicht so lange und alle drei gemeinsam…
Sie haben schon ganz tolle, besondere Kinder!
22. Februar 2009 um 11:19
Eine Ode auf das Plastik, wie schön!
Ich für meinen Teil habe, spät geschwängert und im Besitz einschlägiger, ihrer frühmuttihaften Beschreibung so ähnlicher Second-Hand-Erfahrungen (ich lebe schließlich in Deutschland Ökohauptstadt…), gleich vorwiegend (jenes) Plastik kredenzt.
Höchst kreatives und fantasievolles Spiel war und ist die Folge.
Ein wenig Philosophie zum Schluss:
Warum überhaupt kann etwas als ganzheitlich gelten, das das Meiste außen vor läßt?
22. Februar 2009 um 13:16
Wahnsinn! Haben Deine drei ganz super hingekriegt.
Da sach mal einer, Kinder könnten heutzutage nicht mehr richtig spielen….. :)
22. Februar 2009 um 13:55
Der Kommentar der Jungs:
cooooooool! Gefolgt von ein paar leicht neidischen Anmerkungen über die Vielzahl der Figuren (mit genauer Benennung jeder einzelnen natürlich) und dann ab in die Kinderzimmer, gefolgt von sofortiger Lego-Explosion…
Übrigens: Ich konnte die Auflösung für das Sternchen an Plastiksch nicht finden. Wo hast du die versteckt?
22. Februar 2009 um 13:55
Aehr geehrte Frau Mutti!
Ich lese gerne in Ihrem Blog!
Gerade habe ich meinem Sohn die Jedi-Schule gezeigt.
Reaktion: „Cool. —Ich will auch so viel Lego. Die haben ja viel mehr Lego (was ich anzweifle) So was mach ich auch…“
allerliebste Grüße
Frau Grixi-Mutti
22. Februar 2009 um 19:23
Frau Miest: *eiß
23. Februar 2009 um 09:47
Für mich sind die schönsten Spielerinnerungen meiner Kindheit verbunden mit der Legosammlung meines jüngsten Onkels (nur 6 Jahre älter als ich). Das ganze Lego war bei Oma in der aufklappbaren Eckbank drin, gespielt haben wir in der Küche. War eine wunderschöne Zeit.
Großartige Schule haben Ihre Bestien da gebaut! Ich bin hin und weg!
23. Februar 2009 um 12:13
@Frau Antonmann: Vielen Dank! *An die Stirn patsch* Ich war die ganze Zeit bei „Plaschtik“ und kam nicht weiter…
23. Februar 2009 um 12:41
[…] es doch noch mal playmobil […]
17. März 2009 um 15:55
…und unser Sohn baut immer noch Lego…wieder angefangen hat er, als ich ihm die Jedi-Schule zeigte…
so was ähnliches ist es bei ihm wohl auch.
Bauen Ihre Kinder auch immer noch?
LG
8. November 2009 um 22:23
[…] diesem Grunde fand ich es besonders putzig durch einen sehr großen Zufall auf diesen Artikel bei Frau… äh … Mutti (schreibt sich scheinbar so) gestoßen zu sein, in dem […]