Adventsbloggen am 8.12.22

8. Dezember 2022

Der Tag begann mit der nächsten Corona-Impfung und endete mit einem Anruf des (Fenster)Schreiners. Morgen kommt er und bringt die Leiste unter dem Badfenster an, ende nächster Woche tauscht er die Küchenfenster aus!

Dazwischen gab es ein bißchen Hausarbeit, die Anlieferung des Gestells für die Solarplatten und eine Menge „nichts“.

Den Enten habe ich heute eine große Freude gemacht, ich habe nämlich beide Badestellen geleert, gereinigt und neu befüllt. Im Winter macht das nicht so viel Spaß und es scheint immer ein wenig sinnlos, das Entenwasser an die sowieso schon gut gewässerten Himbeeren zu kippen. Im Sommer ist das Entenwasser prima Gießwasser, jetzt habe ich halt Schlammpfützen mit Entenkacke im Garten. (Und begeisterte Enten, die in diesen Schlammpfützen mit den Schnäbeln herumwühlen.) Befüllt werden die Entenpools übrigens mit aufgefangenem Regenwassser.

Der Garten bräuchte ein bißchen Aufmerksamkeit. Im Gewächshaus gammeln die Tomatensträucher vor sich hin, die müsste ich herausreißen und der Erde im Gewächshaus ein bißchen Düngung in Form von Pferdemist gönnen. Zurückschneiden will ich noch nichts, das kommt im Frühling noch rechtzeitig, aber Gartenwege mag ich ein bißchen freischneiden. Das Laub des Walnußbaumes sollte zusammengerecht werden, das verottet nicht über den Winter. Das Laub der Obstbäume lasse ich liegen, ich bin eine faule Gärtnerin.

Die Hochbeete will ich ein bißchen freiräumen, aber sowohl die Paprikapflanzen als auch die Kapuzinerkresse stehen noch in Saft und Kraft darin, also warte ich auf den ersten Frost. In einem Hochbeet steht noch rote Bete, im anderen Rosenkohl. Letzterer hat schöne Strünke gebildet, Köhlchen sitzen aber kaum daran. Das ist schade.

Die Befüllung der Hochbeete sackt über den Sommer sehr zusammen, deswegen werde ich mit Stroh aus dem Entenstall auffüllen. Darüber kommen geschredderte Äste vom Obstbaumrückschnitt im Januar, ein bißchen unreifer Kompost und zum Schluss reifer Kompost und Erde. Die Erntemengen geben mir recht. :)

Es ist nicht richtig viel zu tun, aber selbst auf das wenige habe ich keine Lust. Wintergartenarbeiten finde ich doof. Es ist herrlich leicht, im Oktober in der Herbstsonne zu sitzen und Listen zu schreiben, was im Winter im Garten erledigt werden soll. Den einen Ast von der Eiche wegnehmen, zum Beispiel. Topinambur rausreißen. Eicheln und Eichenlaub entsorgen. Holz umsetzen, Holz sägen, das Insektenhotel ausbauen. Die Unlust hat gar nichts mit Long COVID zu tun, sondern lediglich mit den Marotten der verwöhnten Schönwettergärtnerin. :)

Vielleicht ruft mich der Garten im Januar, wenn es einen der wenigen frostklirrenden aber sonnigen Wintertage gibt.

Naturnahes Gärtnern bedeutet leider nicht, dass man einfach alles wachsen lässt und dann wird das schon irgendwie super. Dann wäre es ja nur Natur und nix Gegärtnertes und in meinem Garten würde es bedeuten, dass Brennnesseln, Brombeeren, Kermesbeeren, Holunder, Kirsche und Ahorn (von wo auch immer der seinen Weg ständig zu mir findet) einfach die Herrschaft übernähmen. Blühen würde kaum etwas, vielleicht ein bißchen Schöllkraut und ein paar Feinstrahlastern, im Frühjahr Löwenzahn.

Das weiß ich deshalb so genau, weil unser Garten exakt so aussah, als wir die Grüne Villa kauften. 15 Jahre hatte der Garten brach gelegen. (unser beliebtestes Werkzeug in der Anfangszeit war eine Sense)

Naturnahes Gärtnern definiert vermutlich jeder anders, ich erzähle mal, wie ich es handhabe.

1. Ich spritze und dünge nicht.

Beim Durchgang heute durch den Garten entdeckte ich …

… die Läuse nehmen überhand. Am Holunder sitzen sie dicht an dicht, zum Glück nur an einem Busch. Die beiden anderen sind komplett lausfrei, ich kann also Holunderblütensirup brauen.

An sämtlichen Rosen sitzen grüne Läuse, die eine Rose leidet sichtlich, die Knospen verkümmern.

Gegen Läuse gibt es tolle Mittel zum Sprühen oder, sogar in Kombination mit Dünger, zum auf die Erde streuen.

Ein bißchen wehmütig schaue ich meine Rosen an, aber ich lasse es. Kein Gift in meinem Garten. Auch keine Brennnesseljauche (die stinkt so gotterbärmlich) und auch kein Spülmittel, weil das wäre ja auch eher nicht naturnah. Stattdessen warte ich sehnsüchtig auf Marienkäfer, die sich dieses Jahr einfach nicht blicken lassen wollen. War der Winter zu kalt? Und tröste mich, dass es den Ameisen mit den Läusen super geht. Und Ameisen sind die Müllabfuhr im Garten, denen darf es unbedingt gut gehen. Außerdem mögen nicht nur Ameisen die Ausscheidungen der Läuse, Bienen flippen da auch drauf und ab Freitag darf hier im Garten ein Bienenvolk wachsen!

Wenn die Marienkäfer nicht mehr kommen, werde ich beginnen, die Läuse von den Zweigen zu streifen und zwischen den Fingern zu zerreiben. Nein, das ist nicht brutal, nur eklig. Und halt viel offensichtlicher als Gift.

Ein Blick in die Apfelbäume …

… zeigt, dass die Gespinstmotten dort viel Spaß haben. Ich beobachte sie seit vorletztem Jahr, der Befall verdoppelt sich jährlich. Ganz schlimm ist das übrigens in den Randbepflanzungen an den Wingerten. Das ganze Steinobst (Kirschen, Zwetschgen, Mirabellen, Wildpflaumen) ist komplett eingesponnen und kahl gefressen. Das sieht nicht nur gruselig aus, das ist auch sehr eklig, weil die Raupen zu hunderten an Fäden aus Büschen und Bäumen hängen. Die Büsche und Bäume erholen sich im Laufe des Sommers und tragen auch wieder laub, Früchte gibt es aber keine mehr.

Meine Apfelbäume sind – ich sag mal so – übersichtlich befallen. Aber doch so stark, dass ich jetzt handeln muss. Wir haben also heute so viele befallene Stellen wie erreichbar ausgeschnitten und in die Biotonne gesteckt. Kompostieren kann ich da nix.

Es wird vermutet, dass die Gespinstmottenplage zurückzuführen ist auf den eklatanten Zurückgang der Singvogelpopulation. Und da wird es mir ein bißchen schlecht, wenn ich darüber nachdenke, wie diese Abwärtsspirale weiterschreiten wird. Befallene Obstbäume müssen gespritzt werden, was dann nicht nur Gespinstmotten den Garaus macht. Weniger Insekten, noch weniger Vögel und ach, es ist ein Elend.

Meine Obstbäume kämpfen nicht nur gegen Schädlinge …

… sondern auch mit Krankheiten. Der Birnbaum hat einen komischen Rost, der immer zwischen Rosen und Baum hin- und herspringt. Teilweise befällt dieser auch die Früchte, die bekommen dann harte Stellen. Die schneiden wir einfach aus und essen die Birnen trotzdem. Bisher keine Ausfälle auf Menschenseite.

Außerdem leidet der Birnbaum unter einem Pilz. Im Sommer entstehen auf den Blättern orangefarbene Flecken. An der Unterseite der gefleckten Blätter wachsen Knubbelchen, die dann im Herbst aufbrechen und Sporen freigeben. Ich pflücke befallene Blätter und habe den Pilz so einigermaßen im Griff.

Beide Pfirsichbäume leiden unter der Kräuselkrankheit. Die Blätter wellen sich, werden dürr und fallen schließlich ab. Im Februar könnte ich dagegen spritzen, denn diese Krankheit schwächt den Baum. Beide Bäume sind aber stark und kräftig, der Ertrag ist überwältigend und so sind die Baumschneiderin und ich einig: kein Handlungsbedarf, allenfalls betroffenes Laub aufsammeln und entsorgen.

Nicht spritzen bedeutet also, dass mehr Einsatz gebraucht wird. Spritzen ist leichter und außerdem ist man ja nicht direkt am Umbringen von lästigem Viehzeug beteiligt. Es ist nämlich furchtbar, Schadinsekten zu töten. Ich ertränke Kartoffelkäfer, Nacktschnecken zerteile ich mit einer spitzen Schaufel. Ich könnte Kartoffelkäfertod sprühen und Schneckenkorn legen, das würde es mir vermutlich emotional leichter machen. Das Ergebnis bliebe gleich und es wäre ein bißchen mehr unnötiges Gift im Kreislauf.

Mit dem Düngen, bzw. Nicht-Düngen läuft es hier so: wachs oder stirb. Was nur durch besondere Unterstützung gedeiht, passt nicht in meinen Garten. Rhododendron zum Beispiel. Der bräuchte Torf und den kann und will ich ihm nicht bieten. Ich verteile regelmäßig Kompost, die Grünfläche wird gemäht und der Schnitt gemulcht. Kalter Kaffee, abgestandenes Bier und Tee, in dem ein Käfer ertrunken ist, landen im Garten.

Der Hund pinkelt in verschiedene Ecken, diverse Katzen kacken in meine prächtig gedeihenden Tomaten und wenn es sich ergiebt, arbeite ich ein paar Pferdeäpfel in den Gemüsegarten ein.

Ich achte ein bißchen auf Fruchtfolgen, auf Stark- und Wenigzehrer, lasse die Gründüngung durch den Garten wuchern und bisher gibt mit der Erfolg recht. Tolles Obst, tolles Gemüse.

2. Tierfreundliche Pflanzen.

Das ist ein mindestens genauso wichtiger Punkt wie der erste und deshalb schreibe ich eine Fortsetzung!

Heute: Essbares.

Die Obstbäume haben gut angesetzt. Es scheint, als würden sie den letztjährigen Ausfall aufholen. (letztes Jahr gab es zur Zeit der Obstblüte einen heftigen Frost, wir ernteten nichts!)

Birnen, Äpfel und Pfirsiche! Ein ertragreicher Spätsommer/Herbst steht uns bevor. Es wird sehr viel Apfelmus geben, verschiedene Apfelkuchen, Apfelpfannkuchen und Äpfel direkt vom Baum genascht. Einlagern können wir meist nur ein paar Steigen Äpfel, da wir nicht spritzen und sehr viele Äpfel von glücklichen Würmern bewohnt sind.

Die Birnen essen wir einfach alle auf. Sie schmecken von „so grün, dass die Zähne stumpf werden“ bis „gelb und so saftig, dass man nach dem Genuss der Birne duschen muss“.

Die Pfirsche werden innerhalb von zwei Wochen auf einen Schlag reif. Wir haben zwei Pfirsichbäume, ich rechne mit 30kg Pfirsichen. Eingelegte Pfirsiche oder Pfirsichkonfitüre mag hier niemand und jeden Tag einen Pfirsichkuchen zu den frischen Früchten schaffen wir auch nicht :) Ich ziehe also den Pfirsichen die Haut ab und püriere sie ungezuckert. Das Mus gefriere ich in 300g-Portionen ein. Für Frischkornmüsli, Smoothies oder Eis taue ich dann bis zur nächsten Ernte nach Bedarf auf.

Die Beeren- und Traubenernte wird ebenfalls ergiebig!

Trauben, Johannisbeeren, Stachelbeeren, (frühe) Himbeeren.

Den Rebstock habe ich vor drei Jahren gepflanzt. Er soll den Durchgang zum langen Gartenstück begrünen und seit diesem Jahr kann ich mir endlich vorstellen, dass das auch klappen wird. Die Rebe wuchert nach beherztem Rückschnitt prima und nach der Traubenblüte zeigen sich viele Fruchtansätze. Für eigenen Wein reicht es nicht, aber drei, vier Kilo blaue Trauben wird es wohl zum Essen geben.

Im Gefrierschrank liegt noch ein Liter Johannisbeersaft, den ich wohl noch schnell in Sirup verwandeln sollte, bevor die nächste Ernte ansteht. Wahrscheinlich werden sie Johannisbeeren reif, wenn wir auf dem Lechweg sind. Somit müssen also die Söhne ernten uns sich mit dem hochkomplexen Thema „Beeren entsaften“ befassen. Prima Horizonterweiterung!

Stachelbeeren schmecken am Besten direkt vom Stock oder unter Baiser oder Streuseln versteckt!

Die frühen Himbeeren müssen nur noch dick und rot werden. Ich freue mich arg auf Himbeeren, sie sind mir noch lieber als Erdbeeren. Die wirklich guten Himbeeren reifen erst ab Mitte August, die Pflanzen treiben gerade erst aus.

Mit Erdbeeren habe ich im Garten übrigens kein Glück. Walderdbeeren wachsen wie Unkraut und tragen auch prima, aber die dicken Erdbeeren werden entweder von Schnecken gefressen, verfaulen oder vertrocknen. Also kaufe ich unseren Bedarf am Erdbeerständchen meines Vertrauens.

Im Gemüsegärtchen kann man den Pflanzen beim Wachsen zusehen. Das derzeitige Wetter, der Wechsel zwischen Regen und Sonne im stündlichen Wechsel sorgt für optimale Wachstumsbedingungen. Das Einzige, was mir zu tun bleibt: die Erde lockern, damit der Regen auch dorthin kommt, wo er gebraucht wird und ein bißchen jäten. (Winden, Nesseln, Disteln und dieser komische Klee mit den explodierenden Samenschoten. Gänseblümchen, Wegerich, Hahnenfuß, Giersch und Mohn dürfen bleiben.)

In den Hochbeeten wachsen Salat, Kräuter und verschiedene Paprikasorten, dazwischen ein paar Zwiebeln. Der Salat ist bereit zum Ernten! Ich freue mich darauf, denn auch wenn es platt und abgelutscht klingt: Salat aus eigener Ernte ist so viel besser als gekaufter! Und weil erstaunt nachgefragt wurde, wie mein Salat schon so weit sein kann: ich habe nicht gesät, sondern vorgezogene Pflanzen gesetzt. Und zwar recht früh, Anfang April. Im Hochbeet hielt ich den Platz für geschützt genug, außerdem sorgten ein paar Eimer frischen Komposts für warme Füße äh Wurzeln.

Die Paprikas nehmen jetzt auch Fahrt auf, bald beginnen sie zu blühen! Ich hoffe auf ebenso gute Ernte wie letztes Jahr.

Kürbis, Gurke und Zucchini.

Weil sich Schnecken sehr für diese Gewächse interessieren, kann ich sie nicht direkt ins Beet säen. Nur vorgezogene Pflanzen haben eine Überlebenschance.

Den Kürbis habe ich in eine Grünschnittwanne (mit Riss im Boden) gepflanzt, weil ich noch keinen finalen Platz für ihn hatte. Jetzt fühlt er sich so wohl in der Wanne, dass ich ihn vielleicht einfach weiter darin wachsen lasse. Mal sehen, ob die Erde reicht.

Ich habe zwei Gurken gepflanzt und dabei ein kleines Experiment gestartet. Die eine Pflanze muss überleben, während sie den ganzen Widrigkeiten wie Wetter und gefräßigen Schnecken ausgesetzt ist, die andere wächst geschützt (und gewärmt) in einem alten Reifen. Beide sollen an einer Tomatenstange nach oben klettern und sich dann an eine quer gelegte Leiter hängen. Das ganze Konstrukt zeige ich demnächst mal.

Die Zucchini sehen derzeit klein und unschuldig aus, bei genauerem Hinsehen lassen sich aber an jeder Pflanze bereits je fünf Blütenknospen erkennen. Ich krame schon mal nach meinen Zucchinirezepten.

Fenchel, Weißkraut, Rotkraut, Spitzkohl, Mangold und Artischocken.

Der Fenchel wächst hier nur für die Raupen des Schwalbenschwanzes. Die lieben nämlich das Fenchelgrün so viel mehr als wir die Knollen je auch nur mögen könnten. Und die Blüten des Fenchels sind wahre Insektenmagneten.

Die verschiedenen Kohlsorten pflanze ich nicht an, um die Familie durch den langen, harten Winter zu bringen, sondern weil ich es so faszinierend finde, wie sich die einzelnen Blätter nach und nach zu kleinen Köpfchen zusammenlegen.

Mangold essen wir aber tatsächlich sehr gerne :)

In sämtlichen Lücken wachsen übrigens Zwiebeln, die spitzen aber gerade erst verschieden hoch aus der Erde. Und die Tagetes sollen angeblich abschreckend auf Schnecken wirken. Ich werde das beobachten. Außerdem mögen Bienen die Blüten, da kann ich den Geruch wohl aushalten.

Auch die Artischocken sind nur Zierde. Ich bringe es einfach nicht fertig, sie zu essen. Die dicken, lila Blüten biete mir viel länger Freude, als der kurze Genuss beim Essen.

Derzeit erfreuen sich nur die Läuse an den Pflanzen. Ich warte sehnsüchtig auf Marienkäfer, dieses Jahr scheint es nur sehr wenige zu geben, das ist eine Katastrophe. (der Holunder ist schwarz von Läusen, in den Rosen wimmeln die grünen Läuse)

Tomaten und Bohnen.

Die Tomaten lieben ihren warmen, trockenen Platz unter dem Plexiglasdach des Tomatenhäuschens. Die beiden roten Nachbarskater mögen den warmen, trockenen Platz auch und während ich beim Jäten die Nase rümpfe und vorsichtshalber Handschuhe trage, behaupte ich, daß Katzenkacke ein toller Dünger ist. Immerhin blühen die Tomaten schon :)

Die Bohnen, die meinen Wassertank verstecken sollen, beginnen die Bohnenstangen zu erklimmen. Die Kermesbeere, die sich frech dazwischen gequetscht hat, wird an diesem Wochenende weichen müssen. Dort ist nur Platz für Bohnen.

Am Samstag kommen noch Rosenkohl und Mais ins Gemüsegärtchen und dann ist es voll. In spätestens sechs Wochen wird man kein Fleckchen Erde mehr erkennen können.

Wer bis hierher gelesen hat: Sie sind entweder sehr geduldig und haben auf irgendeine Pointe gewartet oder Sie lieben Garten und das Drumherum genauso wie ich. :)

Überraschungsgäste

7. Mai 2018

„In deinem Kompost sitzt eine Ente mit Küken!“, teilte mir die Nachbarin an der Haustür mit und tatsächlich. Eine Entenmutter mit etlichen, wild wuselnden Küken, mindestens acht, eher zehn.

Ui. So ein naturnaher Garten ist ja was Feines, aber leider mangelt es doch an ausreichendem Gewässer für eine Entenschar. Stattdessen gibt es eine Menge jagdlustiger Katzen, der Ringelfranz begeistert vorne mit dabei.

Mit der Nachbarin beratschlagten wir kurz, wie wir jetzt vorgehen können. Die Mutter fangen, dann kommen die Jungen automatisch hinterher. Oder umgekehrt? Letztlich waren wir unsicher und ich rief den Vogelexperten des hiesigen NABU an. Er versprach sofort zu kommen.

Die Nachbarin ging wieder heim und der Große behielt Straße und Haustür im Blick. Ich bewachte die Entenfamilie. (und verliebte mich immer mehr in diese entzückenden Federbällchen!)

Der Vogelexperte rückte mit Katzentransportbox und großem Kescher an. Er und der Große kennen sich aus der Zeit, als der Große sein FSJ im Waldkindergarten absolvierte. Freundliche Begrüßung, kurzer Smalltalk und dann verschaffte er sich einen Überblick. Es sei gut, wenn man die Entenmutter in einen Schuppen locken könnte, dann ließe sie sich leichter fangen. Auf keinen Fall dürfe sie auffliegen. Sollte sie das tun, müssten wir warten, bis sie wieder zu ihrer Brut zurückkehrt.

„Wie ist sie eigentlich in dem Kompost gelandet?“, versuchten wir zu rekonstruieren, denn dass sie dort gebrütet hat ist völlig ausgeschlossen. Eine Stunde zuvor hatte ich noch Dürres auf den Kompost geworfen. Eine Ente wäre mir aufgefallen.

„Wahrscheinlich kamen sie aus dem Garten obendrüber.“, vermutete ich.

Unser Garten ist ein langer Schlauch, daran grenzen, zwei Meter über uns, vier Nachbarn. Das Haus auf dem Grundstück hinter/über dem Kompost steht seit Wochen leer, der Garten hinter den Backsteinen ist verwildert. Wahrscheinlich hat die Ente dort gebrütet und sehr erfolgreich ihre Brut ca. eine Woche gegen sämtliche Katzen verteidigt. Eine Heldin!

Auf der Suche nach Wasser oder auf dem Weg zum Bach, der zwei Grundstücke unter unserem fließt, ist sie dann wohl bei mir hängen geblieben.

Einen Schuppen zum Hineinlocken gibt es bei uns in diesem Gartenstück nicht, nur der Weg in die eine Richtung, der zweieinhalb Meter über der Straße endet oder der in die andere Richtung, der in dichten Brennnessel-Holunder-Gestrüpp endet. Alles nicht optimal, deshalb wollte er die Ente direkt im Kompost fangen.

Ich holte die größte Tischdecke aus dem Haus, damit der Große und ich damit eine Begrenzung bilden konnten. Wir spannten die Decke zwischen uns und glaubten, den einen Weg zu versperren. Aber Enten können fliegen und als der Kescher im Kompost landete, flog die Ente über unsere Absperrung in den Apfelbaum und von dort hinunter in meine Waldrebe. Quiekend wuselten sämtliche Küken aus dem Kompost ihrer Mutter hinterher und wir mussten neu planen.

„Im Rosa Gartenhüttchen gibt es immerhin zwei feste Wände, vielleicht können wir sie dort fangen.“, schlug ich vor und so versuchten wir es.

Der Große und ich versperrten mit unserer Enten-Durchgang-verboten-Tischdecke den Weg und die offene Gartenhüttchenseite, während der Vogelexperte die Schar mit zärtlichen „nag-nag-nag“-Rufen vor sich hertrieb. Mitten durch meine Echinaceen, auf die ich so stolz bin, weil sie dem harten Winter trotzten.

Statt ins Gartenhüttchen zu fliehen, kuschelten sich Entenmutter und Küken unter meine wunderschöne Ramblerrose und schienen sich gut und sicher zu fühlen.

Jedenfalls so lange, bis sie mit dem Kescher liebevoll gestupst wurden und sich doch herauswagten. Direkt vor meinen Füßen, die ich rasch hinter der Absperrungstischdecke versteckte.

Ein beherzter Schwenk mit dem Kescher …

… und eine höchst empörte Ente war gefangen. Jedenfalls bis zu dem Moment, da sie in die Transportbox gesetzt werden sollte. Dabei entfleuchte sie laut schnatternd und wir starteten das fang-die-Ente-Spiel erneut. Etwas routinierter und tatsächlich saß sie ein paar Minuten später in der Box, während die Küken aufgeregt piepsend durch meine Minze marodierten. Der Versuch, die Küken zu ihrer Mutter laufen zu lassen, wurde abgebrochen, weil die Mutter nicht lockte.

Also fingen wir die Küken und das ist jetzt leichter getippt als getan.

Der Vogelexperte fing ein Küken, der Große öffnet die Box, der Experte stopfte das Küken hinein, das Küken quetsche sich durch das Gitter wieder hinaus. Wir hatten mittlerweile die Küken gezählt und wussten, dass wir dreizehn Küken in die Box packen mussten. Mitzählen war unmöglich, wir fingen etwa zwanzig Küken :)

Ich holte eine Decke aus dem Gartenhüttchen. Die drückte der Große vorsichtig auf das Gitter der Transportbox und ließ immer nur ganz kurz los, um ein gefangenes Küken hineinzulassen.

Mittlerweile krochen der Vogelexperte und ich auf Knien durch die Minze. Der Experte rief beruhigend „wi-wi-wi-wi-wiii“, die Küken antworten fröhlich und rannten hinter die große Zinkwanne. Mit dem Kescherstiel wurden sie freundlich aufgefordert in meine Richtung zu rennen, was sie dann auch taten. Ich fing sie und leider war keine Zeit für genaue Betrachtung. Ein ein Wochen altes Entenküken ist winzig, kleiner als ein gebratener Hühnerflügel, mit sehr viel zartem Plüsch drumherum. Und kleinen, ledrigen und sehr kalten Füßen. Entzückend!

Irgendwann piepste es nur noch in der Transportbox und nicht mehr in der Minze. Trotzdem wollten wir sicherheitshalber nachzählen, dies aber möglichst in einem sicheren Raum.

Den Deckel abzuheben wagten wir dann aber doch nicht. Ich flitzte noch einmal rasch in den Garten, doch kein Piepsen war zu hören. Wir besprachen, wo ein evtl. doch zurückgelassenes Küken zwecks Familienzusammenführung hinzubringen sei und entließen Vogelexperten samt Entenfamilie.

Schweißgebadet übrigens, denn die Entenjagd ist ziemlich nervenaufreibend.

Eine Stunde später erreichte mich per whatsapp ein kleines Filmchen. Eine glückliche Entenfamilie, die in den Sonnenuntergang schwimmt.

Ente gut, alles gut.

Gartenglück!

7. April 2018

Endlich! Endlich ist es mir warm genug, um im Garten zu arbeiten. Denn warm muss es wenigstens sein, wenn die Sonne fehlt, ist es nicht schlimm. Selbst Regen ist in Ordnung, wenn er nur warm ist. Schönwettergärtnerin nennt man das wohl, aber das ist mir egal.

Um halb elf heute morgen zeigte das Thermometer an der Hauswand 14 Grad und die Reifschicht auf dem Saunadach war weggeschmolzen. Raus, raus, ganz nach hinten in den Garten, denn dort scheint die Sonne schon hin. Mal sehen, ob ich den Lavendel unter den vertrockneten Brennnesseln wiederfinde!

Ich fand ihn und bis auf vier Büsche hatten alle Stöcke den für unsere Verhältnisse wirklich kalten Winter überlebt. „Brennnesseln bekämpfen!“, notierte ich auf meiner inneren Garten-to-do-Liste und jetzt, da ich das hier tippe, kann ich es ja auch nicht mehr vergessen. Als das Brennnesselgestrüpp und die frisch austreibenden Nesseln entfernt waren, ergänzte ich die innere Liste mit „Winden jagen! Regelmäßig!“ Denn die blöden Zaunwinden überwuchern und ersticken alles, wenn sie nicht regelmäßig ausgerissen werden. Die Wurzeln sind bereits so verzweigt und mit den Topinamburknollen verflochten, dass ich bei der Wurzelbekämpfung bereits chancenlos bin.

Ich zupfte und rupfte und summte vor mich hin, griff in Brennnesseln, quietsche, kippte beinahe von meinem Gartenarbeitshockerchen, füllte drei Grünschnittsäcke und war glücklich. Das Tränende Herz treibt aus, die Gartenhüttchenrose ebenfalls und die Akeleien haben sich gründlich ausgesät. Ach Garten, ach Frühling!

Gegen halb drei beschloss ich ein Päuschen einzulegen. Um halb vier erwachte ich auf dem Sofa wieder, dabei wollte ich wirklich nur ganz kurz die Augen ausruhen!

Der Gatte machte Feierabend und wir tranken einen Kaffee. Auf der Terrasse, unter leuchtend blauem Himmel, bei strahlendem Sonnenschein. Endlich wieder!

Danach zog es mich wieder ans hintere Gartenende. Weiterarbeiten. Beete freilegen, damit dort bienenfreundliche Blumen wachsen.

In Oma Ernels Garten wurde auch gearbeitet. Drei Männer gruben um und rissen alles aus. Seit dem Herbst ist er in portugiesischer Hand, der arme, vernachlässigte Garten und das ist toll, denn bald wird dort wieder sehr viel Gemüse wachsen. Eine Reihe portugiesischer Kohl, der wie Rosenkohl nur ohne sie Röschen aussieht, steht schon da. Ich winkte hinüber und es wurde freundlich zurückgewinkt. „Viel Arbeit, ist Training, physio!“, rief der ältere der drei Männer. „Oh ja!“, rief ich zurück und rieb mir wehleidig den Rücken. Wir lachten und arbeiteten weiter. Ich rupfte Brennnesseln und Seifenkraut, drüben im Garten, in Ernelsgarten, der er aber doch nicht mehr war, wurden Traubenhyazinthen und Tulpen ausgegraben. Die Zwiebeln hatte ich damals, als ich mir einbildete, dass ich zwei Gärten würde bearbeiten können, alle in die Erde gesteckt. Mindestens 300 Blumenzwiebeln.

Das ist ok, versucht ich mir einzureden. Es geht halt weiter, alles wird neu. Du hast die Arbeit in diesem Garten beendet. Vorbei. Und trotzdem, ich wurde traurig.

„Hallo?!“, rief einer der jüngeren Männer über den Zaun. Ob ich Tulpen haben möchte? Es sei zu schade, diese wegzuwerfen! Aber sie würden Gras säen, damit die Kinder spielen können und die Tulpen müssen dann halt weg. Und es seien so viele! „Ja, sehr gerne!“, strahlte ich und erzählte, dass ich die Tulpen gepflanzt hatte, vor ein paar Jahren. Und dass da noch ein paar Blumenschätze in der Erde liegen. „Dann lasse ich am Rand Platz dafür.“, sprach mein neuer Gartennachbar.

Wir stellten uns gegenseitig vor und gingen an unsere Arbeit zurück. Ab und zu lächelten wir uns über den Zaun zu. Ja, anstrengend! Aber die Sonne ist so schön. Und die Vögel! Die machen ganz schön Krach. Frühling eben. Endlich Frühling!

Der Gatte fuhr den Grünschnitt zum Wertstoffhof, der Jüngste schredderte die Äste und Zweige vom Rückschnitt des Holunders und des Sommerflieders. Ich rupfte weiter. Immer noch Seifenkraut, weiterhin Brennnesseln und dazwischen die Pflanze, deren Namen ich nicht kenne und die ich mir vermutlich mit Rindenmulch in den Garten geschleppt habe. Vorher war sie nämlich nicht da, jetzt marodiert sie quer durch und ist lästig.

Es gab erneut eine Kaffeepause, diesmal auf der Bank am Rosa Gartenhüttchen. „Der Schreinerfreund freut sich, wenn du zur Beerdigung kommst“, sagte der Gatte. „Das hatte ich sowieso vor“, erwiderte ich und schaute rüber in Ernels Garten, in dem die Portugiesen gerade das ausgerissene Grünzeug verbrannten. Das stank bestialisch und zum Glück war der Nachbar mit dem ordentlichen Garten gerade nicht da, der würde darüber sehr schimpfen.

Ich rupfte weiter. Dutzende dieser witzigen Wedel, die wie kleine Palmen aussehen. Keine Ahnung wie sie heißen. Ich weiß nur, dass es sich um ein Wolfsmilchgewächs handelt und dass es leicht auszurupfen ist, falls es stört. Die Echinaceen treiben aus, das freut mich! Sie sollen sich vermehren und unseren künftigen Bienen Nahrung bieten.

Mittlerweile war es kurz nach sechs und langsam wurde es kühl. Und ich müde. Es piekste an meinem Bein, kurz darauf juckte es. Ich kratzte und zerrieb dabei ein blutsaugendes Insekt. Aha, die erste Zecke. Dachte ich . Mittlerweile denke ich, dass es womöglich eher eine Kriebelmücke war, denn erstens sind Zecken kleiner und zweitens entzünden sich ihre Bisse nicht so rasch. Wohingegen ich mit Kriebelmückenbisse einige unschöne Erfahrungen, die allesamt mit Antibiotika, auch notfallmäßig per Spritze, zu tun hatte. Ich beobachte mein Bein also argwöhnisch.

Das Abendlicht im Frühling hat einen besonderen Zauber und wäre es nur nicht zu kühl geworden! Ich hätte gerne noch draußen gegessen.

So aß ich meine Käsebrote und ein Schüsselchen Milchreis drinnen und duschte mir anschließend sehr viel Garten vom Leib. Die Fingerspitzen kribbeln noch immer vom Brennnesselkontakt und vielleicht habe ich morgen Muskelkater in den Muskeln, die jetzt einen langen Winter ruhten.

Morgen! Morgen mache ich das Rosa Gartenhüttchen wieder schön.

Auskehren, Staub wischen, die Bänke reinigen, die Polster und Kissen verteilen, den Kerzenleuchter mit neuen Kerzen bestücken, Schnickeldi verteilen und vielleicht am Abend mit dem Gatten darin sitzen, den Sonnenuntergang betrachten und „hach, unser Gartenhüttchen“ seufzen.