Letzte Nacht (und vermutlich noch zwei, drei weitere Nächte) schliefen wir hier:

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Der beste Vater meiner Kinder im Gästebett, ich auf der Matratze davor, der gar nicht mehr so kleine Hund an meinem Kopfende. Gestern abend vor dem Schlafen fand ich das alles sehr aufregend, das hatte was von Übernachtungsparty mit Schlaflager. Heute morgen dachte ich mir, dass so ein Lattenrost unter einer Matratze doch einen beträchtlichen Komfort bietet. Sollte man nicht unterschätzen.

Grund für unser wildromantisches Bettenlager ist die neue Matratze, die gestern angeliefert wurde. Vermutlich haben Sie bereits in anderen Blogs den einen oder anderen Bericht darüber gelesen, hier nun also unsere Geschichte: Eve (die Matratze) kommt an.

Eve hatte wegen eines technischen Defekts ein bißchen Verspätung, doch nachdem dieser behoben war, kam die Ankündigung ihrer Lieferung sehr schnell.
Laut Trackingnummer wusste ich genau, dass UPS das 30kg schwere Paket am 28.1.2016 gegen Abend ausliefert, weswegen ich mir ab Nachmittag freihielt und den gar nicht mehr so kleinen Hund zum Spielen in den Garten schickte, statt mit ihm zur abendlichen Hunderunde aufzubrechen. Gegen 19:00 begann ich mir Gedanken über die fiesen Arbeitszeiten der UPS-Auslieferer zu machen, zehn Minuten später schaute ich vorsichtshalber nochmal nach dem Auslieferdatum und las sehr erstaunt, dass meine Matratze um 8:52 Uhr ausgeliefert worden war. An unsere Nachbarn. (dass zwei Kindelein zu dieser Zeit daheim waren und dass diese Kindelein die Erlaubnis haben die Tür zu öffnen wenn es klingelt … nun ja. Sie haben das Klingeln vermutlich nicht gehört)

Der beste Vater meiner Kinder war in der Zwischenzeit heimgekommen und gemeinsam gingen wir zum Nachbarn um unsere Matratze einzufangen.

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Sie sehen mich hier sehr vorfreudig ob des riesigen Paketes in der Halle. Und weil sich dieser Zeitpunkt gerade so anbietet – eine kleine Warnung: die nachfolgenden Bilder sind NICHT mit einer Spiegelreflexkamera gemacht, die Lichtverhältnisse waren wegen der Tageszeit grauenhaft und ich habe auf lustige Bildbeschriftungen GÄNZLICH verzichtet. Desweiteren erhalten Sie ungeschönte Einblicke in die am wenigstens attraktiven, weil bisher sträflich bei Renovierungen vernachlässigten Ecken der Grünen Villa. Und ja, Sie werden ein fremdes Schlafzimmer sehen. Brr.

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Der beste Vater meiner Kinder übernahm den Transport der mittlerweile von ihrer Transportverpackung befreiten Matratze. 18 Stufen von der Halle nach oben! Er hat aber nur ein bißchen geschnauft, soll ich sagen.

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Ein erster Blick in den Karton war … äh … interessant. Wer hier schon länger liest, weiß das ich mit diesen einfühlsamen Sprüchen in lustigen Schriftarten nichts … äh … anzufangen weiß und mich bisweilen etwas lustig darüber mache. Aber die Sprüche an den Kistenwänden sind ja völlig egal, viel wichtiger und spannender war doch der Inhalt! Eine komplett zusammengeknödelte Wurst in Plastik, einer Matratze eher unähnlich.

Ach komm, weil es so schön ist: hier noch ein Bild mit GANZ starker Botschaft. (ich schiele schon vor lauter Tiefsinn)

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Der beste Vater meiner Kinder wuchtete noch rasch die alte Matratze aus dem Bett, ich warf einen letzten prüfenden Blick ins Schlafzimmer um sicher zu sein, dass sämtliche jugendgefährenden Gegenstände und Kleidungsstücke sauber verräumt waren (schließlich soll dieses Blog auch weiterhin ohne Altersabfrage auskommen) und dann durfte die neue Matratze auf´s alte Bett.

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Das Herausschütteln der komprimierten Matratze aus dem Karton sieht hier sehr viel leichter und eleganter aus, als es in Wirklichkeit war. Ein Cutter und mächtig viel Schnaufen war zusätzlich vonnöten. Der Hund im Bild dient lediglich der Dekoration, hilfreich war das interessiert zwischen den Füßen herumwuseln eher nicht.

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„Fertig!“, rief der beste Vater meiner Kinder, aber da täuschte er sich gewaltig. (kurze Erläuterungen, falls Sie das gerne fragen würden, sich aber nicht trauen: Unser Schlafzimmer ist der kleinste Raum der Grünen Villa. Das 2×2 Meter Bett passt genau hinein, sehr viel mehr Platz gibt es nicht. Reicht ja für ein Zimmer, in dem fast nur geschlafen wird. Ursprünglich war der Raum eine Küche, weswegen sich hinter dem Vorhang rechts eine kleine Vorratskammer befindet, die jetzt mein Kleiderkämmerchen ist. Und ja, die Gardine am Fenster hängt durch. Sie ist aus einem alten Leinenkissen genäht, dessen Stoff zu schwer für diese auseinanderziehbaren Gardinenstangen ist. Und ebenfalls ja, man könnte die Bücher von der Heizung räumen. Der helle Mond vor dem Fenster ist das Flutlicht des weiter entfernten Sportplatzes, das Mobilé ist aus Namibia und etwas zugestaubt.)

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Wir entschieden uns, welche Seite der Matratze oben sein soll und ließen sie sich auf dem Bett entrollen. (auf youtube finden Sie sogar Videos davon, wie sich so eine Matratze entrollt, weswegen ich hier auf videobasiertes Dokumentationsmaterial verzichtet habe) Die Weichheit der Matratze zu testen war zu diesem Zeitpunkt wirklich völliger Quatsch, da sie noch vakuumiert war und damit in etwa so gemütlich wie eine Wolldecke auf dem Asphalt. Wir entfernten die Plastikfolie und verließen dann gerne den Raum, denn es roch etwas streng.

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Zur Auflockerung dieses Berichtes wäre es an dieser Stelle schön, könnte ich niedliche, rotwangige, fröhlich mit und in der Kiste spielende (Klein)Kinder zeigen. Die ersatzweise herbeigerufenen Haustiere zeigten – trotz einiger sehr verlockender Leckerlibröckchen – wenig Freude an der gelben Kiste, weswegen wir sie eher unfeierlich entsorgten. (die KISTE natürlich. Orrr.)

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Mittlerweile hatte sich die Matratze vielversprechend entfaltet, der Geruch hingegen war (und ist auch heute noch) sehr unangenehm. Im echten Leben muss man gar nicht so nahe mit der Nase ran, um ihn wahrzunehmen, es handelt sich hierbei also um ein gestelltes Bild.

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(Weia! Die Frontkamera macht wirklich sehr schlechte Bilder!) Der erste Liegetest bestätigte das, was bei vielen anderen nachzulesen ist: Oh ja, sehr weich! Aber beim Ausstrecken passt es eigentlich ganz prima. Außerdem mag ich weiche Matratzen ganz gerne, obwohl das vermutlich eine ähnlich unpopuläre Aussage wie „Ich trinke gerne lieblichen Wein“ ist. Man schläft nur auf harten Matratzen, das gibt Haare auf der Brust. Basta.

Weiterhin nicht auf dem Bett erwünscht und darüber sehr verstimmt: Lola.

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Es bleibt alles sehr spannend. Wie haben einen strikten Heiz-Lüften-Plan erstellt, den wir streng einhalten. So können wir hoffentlich bald testen, ob die neue Matratze hält, was sie im beiliegende Heftchen verspricht: wohltuenden Schlaf.

Darüber werde ich dann demnächst berichten.

Achtung! *** Die Eve wurde mir kostenfrei zum Testen zur Verfügung gestellt. ***

Kehrseiten.

28. Januar 2016

Ich habe mein Gewerbe abgemeldet, denn im Nähzimmer stehen keine Nähmaschinen mehr auf dem Tisch. Dafür stehen dort drei Laptops, mit deren Hilfe Deutsch gelernt wird. Das klappt übrigens prima, denn die Bereitschaft sich gegenseitig zu helfen ist groß und die Motivation zu lernen bei den meisten noch viel größer.

Ich bin ein bißchen traurig, weil es mit dem Nähen nicht mehr hinhaut (und vielleicht wird mir auch das Geld fehlen), aber gleichzeitig bin ich glücklich, dass das mit den Rechnern so unkompliziert läuft. Und ich bin sehr dankbar, dass mir Menschen aus dem Internet ihre alten Laptops für mein kleines „Internetcafé“ überlassen wollen. Das ist so großartig!

Mittlerweile erzähle ich übrigens nur noch Ihnen so hemmungslos von meinen Aktivitäten, denn manche Reaktion von Menschen in meinem Leben ist eher … verhalten. Ein betretenes „ach. Interessant.“ samt raschem Themawechsel verunsichert mich, nachzufragen traue ich mich aber nicht. Ich habe Angst, dass ich Menschen, die mir sympathisch sind verliere, weil sie das nicht gutheißen (aus welcher Motivation auch immer) was ich tue. Und so meide ich das Thema Flüchtlinge, erzähle nicht, dass es mich jedesmal eine große Überwindung kostet, meine Tür für gänzlich fremde Menschen zu öffnen, sie in meine Lieblingsräume (Küche und Nähzimmer) zu lassen. Wie schwer es ist, einen Kontakt über Sprachbarrieren hinweg zu knüpfen und zu halten, die Balance zwischen Freundlichkeit und Distanz zu wahren und nicht selbstgefällig oder gar gönnerhaft zu wirken/werden. Aber dass mich dieses unbestimmte „ich will aber irgendetwas tun“ immer weiter antreibt. Die Menschen bei Twitter haben da eine häufig genutzte Phrase: „Es ist kompliziert.“ Und ja, das ist es.

Kompliziert ist es übrigens auch, über die nicht so schönen Flüchtingsgeschichten zu erzählen. Als nämlich der 33jährige, der seine Familie seit vier Jahren nicht mehr gesehen hat, der seit sechs Monaten ohne Anhörung und somit bisher ohne Asylantragstellung hier lebt, durch Beschäftigungsverbot zur Untätigkeit verurteilt, seinem Frust Luft macht. So laut und derb, dass der 20jährige Dolmetscher schamrot die Küche verlässt und „Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter übersetzen“ sagt. Diese Momente gibt es auch. Dann wird es mir mulmig, denn wie genau kenne ich denn meine Sprachschüler? Vielleicht lästern und lachen sie ja über mich, wenn sie sich in ihrer Muttersprache, derer ich nicht mächtig bin, unterhalten? Aber vielleicht denken sie das ja auch, wenn sie mit uns essen und wir uns viel zu schnell auf Deutsch unterhalten und laut lachen.

Ich habe neulich „Dann musst du deinen Pass nehmen und gehen“ zu meinem Sprachschüler nach seinem Ausraster gesagt, als er behauptete, in Deutschland gäbe es keine Rechte. Habe ihm versucht zu erklären, dass er in sehr vielen Ländern nicht willkommen ist, sogar im Gefängnis landen wird. Und dass er hier in Deutschland vor allem eines braucht: Geduld. Und dass er die Zeit des Wartens nutzen soll, um Deutsch zu lernen. Er hat sich beruhigt und verständig genickt. Und seine Hausaufgaben erneut nicht gemacht.

Freundlichkeit und Distanz, immer wieder ein Thema. Genauso wie das klare Vermitteln: ich bin eine Frau und habe hier _trotzdem_ das Sagen, nimm mich ernst, ich weiß hier mehr als du, das musst du aushalten lernen. (Ich versuche mir vorzustellen, wie schwer es für _mich_ wäre, wenn ich plötzlich in einem Land lebte, in dem ich keine Rechte mehr hätte. Das hilft mir geduldig zu bleiben, wenn zu viel Testosteron in der Luft schwebt.)

Dass mich Manches frustet und Vieles beschäftigt … kann ich zum Glück im Blog lassen (und natürlich bei der Familie). Danke.

Nachtrag weil es so gut passt: lesen Sie bitte, was Anna aka Berlinmittemom gebloggt hat: Wir sind nicht mehr dieselben – Brief an eine Freundin.

Neulich im Café

26. Januar 2016

„Sie sucht sich jetzt ihre Leistungskurse aus“, erfuhr ich. Außerdem erfuhr ich, dass dies wirklich schwer sei, da die Interessen breit gefächert seien und das Talent in allen Fächern gleich hoch. Ich nickte verständig, denn bei der Tochter war das genauso: gut in allem, interessiert an allen Fächern.

„Physik würde sie gerne nehmen, aber nachdem sie die Bilder im Jahrbuch gesehen hat … Hahaha! Das sind ja alles Freaks. Wie die aussehen,in diesen Kurs will sie dann eher nicht! Chemie nähme sie auch gerne, aber das ist ja was für Jungs, sie nimmt jetzt Bio.“, prasselte es auf mich ein und ich versuchte gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Kein Ort für Diskussionen, die Bekanntschaft nicht nahe genug, um freundlich zu argumentieren.

Fassungslos macht mich, dass mir dies von einer Frau meines Alters erzählt wurde. Eine Frau, die, würde man sie fragen, sich ganz sicher als selbstbewusst und unbedingt Gleichberechtigung einfordernd beschreiben würde, als aufgeklärt, fortschrittlich und emanzipiert. Warum ist sie nicht in der Lage, ihrer Tochter den Rücken zu stärken,damit diese sich einen Kurs wählt, der sie interessiert? Was nutzt die ganze „Wir wollen Mädchen in MINT-Fächern“- Förderung der Schulen, wenn seitens der Mütter (Eltern) dieses merkwürdige Denken herrscht, dass es Fächer für Jungen und Mädchen gibt?

Wenn ich erzählte, dass die Tochter sich Deutsch, Mathematik und Physik als Leistungskurse ausgesucht hat, hörte ich sehr oft: „Ui. Das ist aber schwer.“

Ja, vermutlich. Vermutlich ist eine Fremdsprache aber genauso schwer. Oder Sport. Oder Kunst. Das ist dann wohl eine Talent- oder Interessenfrage.

Ich gerate regelmäßig mit einer Freundin aneinander, die mir erklärt, das Maschinenbaustudium sei eines der schwersten. Für jemanden, der sich vielleicht eher mit Pädagogik oder Medizin auseinandersetzt wahrscheinlich. Vermute ich. Die Tochter erwägt Maschinenbau zu studieren, dann kann ich vielleicht fundierter gegenargumentieren.

Ja, das sind zweierlei Dinge. Einmal die Jungen/Mädchenfächersache und die leichte/schwere Fächersache. Beide machen mich gleichermaßen wütend, weil beide die Kinder beeinflussen, weil beide völlig unnötig sind.

Es ist mir völlig schnuppe, ob jemand sein Mädchen als rosa Wölkchen in Tüll und Spitze hüllt und den kleinen Jungen in tristes Grau, denn irgendwann entwickeln Kinder sowieso ihren eigenen Geschmack und kleiden sich wie sie wollen. Aber ich kann es nicht aushalten, wenn in „typisch Mädchen“ und „so sind halt Jungs“ unterschieden wird, wenn Kindern durch diese Unterscheidung von klein auf der Zugang zu umfassender Bildung erschwert wird.

Anekdote am Rande: als die Tochter in die weiterführende Schule wechselte, war die zweite Fremdsprache ab Klassenstufe sechs noch keine Regel, sie kam erst in Klassenstufe sieben dazu. Für besonders sprachbegabte Kinder gab es aber die sogenannte F+-Klasse, in der Französisch als zweite Fremdsprache ab der sechsten Klasse dazukam. Dass die Tochter sich eher naturwissenschaftlich orientieren würde zeichnete sich damals übrigens noch nicht ab. Eine Klasse mit knapp dreißig Schülern kam zusammen. Schülerinnen, um es ganz genau zu nehmen. Die zwei Jungen, die sich ebenfalls für die F+-Klasse interessiert hatten, sprangen ob der bedrohlichen Mädchenmasse lieber wieder ab. Ein Blick ins Jahrbuch zeigte, dass auch die F+-Klassen der älteren Jahrgänge nahezu ausschließlich von Mädchen belegt waren.

Für unsere Tochter war das eine ziemlich coole Sache, in einer koedukativen Schule eine reine Mädchenklasse zu besuchen, doch ich finde es bezeichnend:  Fremdsprache=Mädchending

Zweimal waren wir übrigens zum Elterngespräch, weil auch manche Lehrer in naturwissenschaftlichen Fächern durchaus die Meinung vertreten, Mädchen seien in diesen Fächern weniger leistungsfähig.

Und noch eine Ergänzung zum obigen Absatz was ich nicht aushalten kann – der Satz „Mich konnte man mit Mathe auch jagen, es würde mich nicht wundern, wenn sie Mathe auch nicht mag.“ Über ein Kleinkind, das noch nicht mal weiß, was Mathe ist, lässt mich schwer schlucken und rüttelt sehr an meinem Grundsatz „Nicht in die Erziehung anderer Mütter einmischen“. Aber hier schreibe ich das jetzt halt mal nieder, vermutlich würde ich sonst platzen. (WiekannmanvonsichaufdaseigeneKindschließenundihmkeineeigenenInteressenzugestehenundschonbeinhahefestlegenwasesmögendarfundüberhaupt?) :)

Ach ja. Es könnte alles so viel leichter sein.

Ständig zeigt man mir auf Instagram tollstes, selbstgebackenes Brot, bloggt Rezepte und schwärmt von „nie wieder muss ich zum Bäcker gehen“. Das geht jetzt seit ungefähr drei Jahren so und genauso lange nehme ich mir vor, diese „selbst Brot back“ -Sache jetzt endlich anzugehen.

In dieser Phase steckte ich vor ein paar Jahren schon einmal, doch über den Kauf eines damals gehypten Brotbackbuches ging es nicht hinaus. Der beste Vater meiner Kinder buk weiterhin sein zwar köstliches, aber in der Wiederholung dann leider langweiliges Dinkelbrot und ich las weiterhin Blogartikel und nahm mir vor: „wenn ich mal Zeit habe, dann.“

Vor Weihnachten war ich mit den Freundinnen zum traditionellen Vorweihnachts-letzte Geschenke finden-Einkaufsbummel unterwegs. Dieser Bummel führt uns auch stets in die Buchhandlung und die dortige Koch- und Backbuchabteilung ist wirklich sehr groß. Wir verbrachten sehr viel Zeit beim Blättern und Schwärmen und Schwelgen und ich erzählte den Freundinnen von dem Brotbackbuch, das mit großen Vorsätzen gekauft wurde und mit dem ich irgendwie nicht warm wurde. „Nehmen Sie das!“, fiel mir eine Frau ins Wort und drückte mir ein eingeschweißtes Brotbackbuch in die Hand, „Ich habe jedes Rezept daraus nachgebacken und besonders das Walnußbrot liebe ich sehr.“ Ich bedankte mich und hielt das Buch in der Hand, während ich in meinen Einkaufskorb die Biographie von Astrid Lindgren legte. Die Geschichte „Vom Inder, der auf dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr“ und die obligatorischen Kalender für die Kindelein, die Küche und das Nähzimmer obendrauf. An der Kasse hielt ich es immer noch in der Hand und dann legte ich es einfach zum Bezahlen dazu. „Oh! Sie kaufen es ja wirklich!“, sprach mich die Frau erneut an und ich fragte sie, wohin ich eventuelle Beschwerden zu schicken habe.

Im Zug auf dem Heimweg packte ich das Buch aus und blätterte es gemeinsam mit den Freundinnen durch. Und beschloss augenblicklich, dass dies mein Brotbackbuch ist, das Buch, mit dessen Hilfe ich nun endlich in diese hohe Kunst einsteige.

Es dauerte bis Mitte Januar, bis ich tatsächlich startete. Ich habe zwar im Moment so wenig Zeit wie schon lange nicht mehr, aber egal. Brot backen lernen, jetzt!

Ich setzte einen (Weizen)Sauerteig an und vergaß prompt ihn zu füttern. Als er mir wieder einfiel, konnte ich ihn nur reumütig dem Kompost zuführen. Den zweiten Sauerteig setzte ich letzte Woche an. Um das Füttern nicht zu vergessen, beschriftete ich die Schiefertafel in der Küche und stellte mir den Handywecker. Und hatte nach ein paar Tagen eine Schüssel in der Hand, in der es blasig schwappte und sehr sauer roch. Ich hatte (und habe) keine Ahnung, ob das alles seine Richtigkeit hatte, doch wer nicht wagt und blablabla … ich löste die vorgegebene Menge Sauerteig in Wasser auf, gab Mehl und Salz dazu, rührte, knetete, zupfte, ließ den Teig ruhen, zupfte erneut und ließ wieder ruhen, zupfte und packte den Teig, der so gar nicht wie der im Backbuch gezeigte aussah in ein eigens gekauftes Gärkörbchen, ließ den Teig kuschelig neben dem Ofen gehen und kippte das schwabbelige Etwas schließlich auf ein Blech. Bei sehr hoher Temperatur buk in meinem Ofen, über einer Schüssel Wassser, etwas ausgesprochen Wohlduftendes heran und schon nach kurzer Zeit hielt ich mein erstes, wunderbar riechendes und nach Klopfprobe perfekt hohlklingendes Brot in Händen. An der Optik lässt sich allerdings noch arbeiten, denn das Brot war flach wie eine Flunder.

Nach dem Anschnitt bekam ich eine Vorstellung davon, was es bedeutet, wenn in den Blogs irgendwas von „porig“ steht. Mein Brot hat nämlich Mischporen, oben große Löcher, unten eher kompakt. Aber es schmeckt! Und es ist passiert: ich will davon mehr, ich will das besser können.

Danke für eine weitere Horizonterweiterung, liebes Internet! Und falls die Frau, die mir dieses Bortbackbuch empfahl hier zufällig mitliest: vielen Dank! Ich habe das Backbuch* mit Freude gelesen und gedenke, alle Rezepte nachzubacken! Auch das Walnussbrot.

 

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*freiwilliger Werbelink

Endspurt

20. Januar 2016

Vor etwa einem halben Jahr frotzelte ich mit der ehemaligen Freitagsfreundin, dass wir wohl den gesamten Januar zusammen verreisen müssen. Um vor den Launen unserer Töchter zu fliehen, die beide im Abilernstress mit sämtlichen emotionalen Ausbrüchen sein würden.

Die Tochter hat sich bereits während der Herbstferien einen Lernplan erstellt. Täglich Deutsch, Physik, Mathe, manchmal sitzt sie drei, vier Stunden am Schreibtisch. Und hält diesen Lernplan gewissenhaft und vermutlich auch ein bißchen stur durch. Mit ihren Physik-Buddies traf sie sich am Montag, scheinbar versicherten sie sich gegenseitig, dass sie nichts können. Die Tochter jedenfalls kam sehr erleichert von diesem Treffen zurück. Heute hatte sie einen winzigen Einbruch. Keine Lust mehr auf´s Lernen, sie will es jetzt hinter sich haben. Deutsch lief gut, am Freitag schreibt sie Physik, ihr Sorgenfach. Der Physiklehrer hat die Themen nicht eingegrenzt, der ganze Stoff der Oberstufe muss parat sein, samt der Versuche. Nächste Woche Freitag folgt dann Mathe. Beim Kurstreffen verriet der Kursleiter, die Mathearbeit sei nicht schwer, das beruhigte sie.

Wegfahren möchte ich nicht, aber ich bin wirklich, wirklich froh, wenn diese latente Anspannung im Haus wieder abklingt.

(Im März dann noch die mündliche Prüfung, doch laut Tochter „zählt die nicht“.)