Österliches.

28. Februar 2013

Weihnachten ist mein großes Dekofest. In allen Ecken und auf sämtlichen ebenen Flächen glitzert Schnickeldi, an den Fenstern leuchtet es bunt und das ganze Haus sieht kuschelig-puschelig aus. Ostern hingegen ist mein Deko-Stiefkind. Früher baumelten ausgeblasene, von den Kindern bemalte Eier an einigen Weidenkätzchenzweigen. Und am Fenster klebten die Tonpapier-Osterkreationen, die die Kindelein aus dem Kindergarten mitgebracht hatten. Und den Tresen zierten einige Farbkleckse vom Färben der Eier. Das war´s, kein weiteres Schnickeldi. Braucht es ja auch nicht, dachte ich immer, denn schließlich blühen um Ostern herum Tulpen, Osterglocken, Bellis, Hyazinthen, Ranunkeln und Traubenhyazinthen auf meiner Fensterbank.
Ich wurde eines Besseren belehrt: auch für Ostern gibt es hübsches Schnickeldi. Frau Rieger hat sich Hasen ausgedacht, die in wenigen Minuten als in-the-hoop-Stickerei fertiggestellt sind.

In zwei Größen hoppeln die Hasen aus dem Stickrahmen, ich habe bisher nur die kleineren gestickt. Für Oma Eis drei Stück

und drei Stück für das Nähzimmer, denn das Nähzimmer sollte auch jahreszeitlich geschmückt sein. Das Nähzimmer hat sich nämlich mittlerweile zum Familienraum gemausert. Dank des Bettes, auf dem immer mindestens ein lesendes Kind liegt, wenn ich zu nähen habe.

Hasen an der Girlande über der Stickmaschine. Passen prima dahin, denke ich.

Blümchen und Totenkopf

und ein Sternenhase mit Überbiss. Mein Liebling ;)

Die Stickdatei „Hasenbande“ gibt es ab heute, 28.02.2013, bei Anja Rieger Design. Ihnen so viel Spaß beim Sticken, wie ich ihn hatten. Danke, Frau Rieger!

Neulich schrieb ich, dass das Thema Erziehung bei uns durch ist, weil die Kindelein einfach zu alt dafür sind. Unser Zusammenleben basiert nun auf dem, was wir den hinreissenden Bestien an Erziehung angedeihen ließen und ganz stolz und angeberisch kann ich sagen: die Mühe von früher trägt Früchte.

Ein Geheimrezept gibt es nicht. Journelle spielt nicht mit ihren Kindern, weil sie das doof und langweilig findet. Wer nun empört aufzuckt und loswettern möchte, bitte erst ihren Artikel lesen, in dem sie das hübsch zusammenfasst und begründet. Und manchen Eltern vielleicht ein „Gottseidank, ich dachte schon, ich wäre eine schlechte Mutter/ein schlechter Vater.“ entlockt. Ich persönlich habe nicht gerne mit den Kindern gespielt, spielen im Sinne von: auf dem Boden liegen und playmobil-Männchen quieken lassen. Aber ich habe gerne mit ihnen gebaut, egal ob zum zigsten Mal die Playmobil-Burg wieder auf, diverses aus Duplo und Lego, die Brio-Bahn und das Puppenhaus hab ich auch gerne neu tapeziert. Ich ließ mir Sandkuchen backen und verspeiste diese, genauso wie diverse Luftmahlzeiten und leere Tassen mit „Achtung Mama, heißer Kaffee!“ drin. Hat mir keinen Spaß gemacht, war aber auch nicht schlimm. Am Liebsten habe ich mit den Kindern Sachen gemacht, bei denen man großartig erzählen kann. Malen zum Beispiel. Oder kneten. Oder backen und kochen. Oder spazieren gehen. Schaukeln. Im Garten wurschteln, den Haushalt erledigen. Abends hatte ich eine trockene Kehle, einen brummenden Kopf und war nahezu leergeredet. Bei uns funktionierte das prima, weil es unser Ding war und ist. Ein Teil unseres Erziehungsstils, den man nicht nachlesen oder „nachmachen“ kann.

Ich habe bewusst jeden Erziehungsratgeber gemieden und bin Mütteransammlungen ferngeblieben, habe Babyschwimmen und PEKIP verweigert. Es war mir ja sowieso klar, dass mein Kind das klügste, tollste, größte, blondeste und am schnellsten trockene/durchschlafende/krabbelnde/laufende war. (Achtung: das war ironisch.) Und wir erzogen aus dem Bauch heraus. Mit viel Humor und noch mehr Ironie, dabei streng und beharrlich Grenzen ziehend und einfordernd, Abmachungen treffend, Bestechung durchaus legitim, Freiwilligkeit aber höher bewertend und Einiges mehr. Wir schlugen und klappsten nicht, wir schrieen so selten wie möglich, aber wir straften. Sachbezogen, konsequent und unmittelbar.

Vieles erforderte eine Menge Überlegung, Reflexion. Grenzen mussten ständig überprüft werden, ob sie überhaupt noch Sinn hatten, Entwicklungsschritte der Kinder verlangten, dass wir mitrannten und neue Wege suchten. Und allem voran eigentlich das, was auch Frische Brise in ihrem Artikel fordert: Gelassenheit. Nicht im Sinne von „laissez-faire“, sondern im Sinne von: „orientiere dich nicht an anderen, schau dir dein Kind an, überlege, was es brauchst. Und was DU willst. Mach einfach dein Ding.“

*****

Noch eins, denn eigentlich bin ich fertig: unser geliebtes Internet, samt seiner sozialen Netzwerke ist wirklich Fluch und Segen. Reizende Familienbilder auf Instagram können zu allergrößter Frustration führen, denn verdammt nochmal, warum spielen dort glücklich-lachende Kinder in phantastisch eingerichteten Zimmern friedlich und phantasievoll miteinander, während meine Brut sich schon wieder gegenseitig die Burgen einreißt? Wo hat diese Mutter da nur die Zeit her, jeden Tag so grandios und vollwertig zu kochen und obendrein noch diese Mahlzeiten ansprechen zu knippsen und das Rezept zu bloggen? Ich bin froh, wenn die Kinder nur ein Drittel der Nudeln unter den Tisch werfen. Zum Glück ohne Soße, weil blanke Nudeln gerade am Besten schmecken. Da gäbe es viele Beispiele mehr. Überall nur tolle Familien und man selbst dreht am Rad.

In Blogs, Foren, Instagram und Twitter ist es auch nicht anders als in der Krabbelgruppe und beim PEKIP: da wird ebenfalls verglichen, angegeben und so getan, als ob.  Wer hat die stressigste Zeit? Welcher Vater hilft am wenigsten mit? Wer kocht am Fleischlosesten? Wer kleidet die Kinder am Biologischsten? Wer hat den lässigsten Umgang mit den Kindern, wer verabscheut am meisten pinkes Glitzerzeug und wer ist am Allermeisten noch er/sie selbst geblieben und hat sein Leben nicht geändert, obwohl da plötzlich Kinder sind.

Besser ist das aber auch nicht. Aber scheinbar doch so ein Elternding.

vierzehn.

23. Februar 2013

Der Jüngste hat Geburtstag.

Morgen.

Um 1:20 Uhr wurde er geboren, nach rasanten vierzig Minuten von der ersten Wehe bis zum ersten Schrei. Und morgen wird mein letztes Baby schon vierzehn, muss den vollen Preis für die Zugfahrkarte zahlen (weswegen er bereits im Besitz einer BahnCard ist), spricht mit tiefer Stimme, hat einen dunklen Schatten über der Oberlippe und einzelne Borsten am Kinn, die noch mit der Schere gekürzt werden. Er ist nur noch knapp zwei Zentimeter kleiner als seine Schwester, es ist wohl nur eine Frage von Wochen, bis er nicht mehr der Kleinste in der Familie ist. („Wenn er größer ist als ich, kaufe ich mir Schuhe mit Absatz“, spricht die Tochter.)

Die Schule bewältigt er gut, mittlerweile ganz ohne medikamentöse Unterstützung. Ab und zu macht er auch Hausaufgaben, so stand es jedenfalls im Zeugnis und ja, deswegen bekam er ein bißchen Ärger mit uns. Wegen des „ab und zu“ und weil er uns angelogen hat. Und das ist auch das einzige, was man als „pubertären Ausreisser“ bezeichnen könnte, ansonsten ist er nach wie vor freundlich, höflich und liebevoll zu uns. (man hört da so viel anderes, doch ich scheine wirklich großes Glück mit diesem Pubertätsding gehabt zu haben bei den Kindelein, ich kann nicht klagen. Was im Übrigen ein Grund für die Stille hier im Blog ist. Ich kann ja nicht täglich schreiben, wie gut und cool alles ist, das wäre ja wie bei den Einrichtungsblogautoren, denen man nicht abnimmt, dass sie keine Schmuddelecken haben.)

 

Er hat einen Freund, mit dem er gerade im Wohnzimmer sitzt und sich die Zeit bis Mitternacht beim Schauen der supermegaextraveryextremelongextended Edition „Herr der Ringe“ vertreibt. _Ein_ kostbarer Freund, denn noch immer spricht er ein bißchen langsamer als die Gleichaltrigen, sucht und ringt nach Worten. Erwachsene neigen dazu, Sätze für ihn zu beenden, Gleichaltrige sagen: „Du bist doof.“ Dieser eine Freund ist kostbar und ich wünsche ihm und mir, dass die beiden Geduld miteinander haben.

Seinen Platz hat er gefunden. In der Jungschar des CVJM, dort treiben sich die Jungs herum, die keine Fußballer sind. Die wissen, wie man mit Magic-Karten spielt, die die StarWars-Dialoge mitsprechen können und die genauso gern „Rüben ziehen“ wie Computer spielen. Ich bin froh, dass er einmal in der Woche dort ist und freue mich für ihn, dass er sich in den Osterferien eine Woche lang zum Mitarbeiter ausbilden lässt. Damit er igrendwann im im Sommerzeltlager als Jugengruppenleiter mitfahren kann.

Vor ein paar Jahren schrieb ich, dass ich gerne ein bißchen in die Zukunft schauen würde. Um beruhigt zu sein. Oder mich wappnen zu können. Daran hat sich nicht viel geändert, denn noch immer ist der Weg des jüngsten Sohnes ein verschlungener. Garantiert spannender als manch schnurgerade Autobahn, aber eben auch mit gänzlich verborgenem Ziel. Derzeit spricht er davon, ein Praktikum im Altenheim absolvieren zu wollen. Oder im Kindergarten. Wo er jemals landen wird – ich kann es mir nicht vorstellen.

Seine heitere Unbefangenheit von früher ist teilweise verschwunden. Einerseits schmerzt mich das sehr, andererseits gehört das aber ganz sicher zum Erwachsen-werden. Der niedliche, grinsende kleine Kerl mit den langen, blonden Haaren ist ein nachdenklicher junger Mann geworden.

Lass Dich feiern, kleiner Großer. Du bist toll.

*****

Bevor Sie jetzt befürchten, dass die Frau Mutti auf ihre alten Tage nun doch noch schwermütig wird … von wegen. Vierzehn bedeutet im Gegenzug nämlich auch, dass in vier Jahren mein letztes Kind volljährig ist. Volljährig heisst nicht zwangsläufig „auf eigenen Füßen stehen“ und daheim ausziehen, wahrscheinlich auch nicht, dass ich jegliche Verantwortung abgeben und alle Sorgen über Bord werfen kann, aber für mich bedeutet es so etwas wie: offizieller Erziehungsstop. Im Grunde genommen ist es zwar schon jetzt so, dass das Thema „Erziehung“ durch ist, denn mal ehrlich, was ich bisher nicht in die hinreissenden Bestien hineinerzogen habe, das kann ich jetzt auch vergessen. Aber mit achtzehn … ist es eben offiziell.

Und zum Thema Gluckenmutter und Wurzel/Flügel-Geschichte: ich sehe da ein Leben ohne Kinder. Und es sieht gut aus. Langeweile scheint es da auch nicht zu geben, nur möglicherweise zwei leerstehende, bisher unverplante Räume. Durchaus etwas, worauf wir uns freuen können, dieses Leben nur als Paar … bevor wir Großeltern werden.

 

 

 

 

 

„Liebe Frau Mutti“, schrieb die Klecksefrau, „ich hab mir da was ausgedacht. Magst du nähen?“

„Klar!“, dachte und mailte ich und bekam ein niegelnagelneues Ebook und eine Einladung der Klecksefrau, das Ebook doch direkt bei ihr zu testen, damit Ausreden wie „ich hab keinen Stoff“ oder „Reissverschlüsse kann ich nicht“ überhaupt keine Chance haben. (Woher kennt sie mich so gut?)
Ich nahm die Einladung an und kaufte eine Zugfahrkarte.
Am Rosenmontag fuhr ich von Mainz über Köln nach Düsseldorf, dort durfte ich umsteigen. Mit nur einem Zug nahm ich sozusagen an allen drei großen Fastnachtsumzügen teil und ich darf Ihnen verraten: das war kein Vergnügen. Im IC wurde (feucht)fröhlich gefeiert, in der Regionalbahn zum Zielbahnhof boten witzige Jugendliche in Tierkostümen der „netten, älteren Dame“ (huust) „ein Schlückchen Schampus“ (= Rotkäppchensekt) an. Im Nachhinein ist es lustig, im Zug war ich nur noch genervt. Blöde Sauferei, blöde.

Bei der Klecksefrau kam dann die große Erholung. Bekocht werden und sich um nichts kümmern müssen, ein kleiner Urlaub bei lieben Menschen. Einen Ausflug über die niederländische Grenze war im Urlaubspaket enthalten, die schokoladenfastende Familie steht jetzt einer großen Versuchung in Form einiger Packungen Schokostreusel und -flocken gegenüber. Für mich gab es etliche Meter hübschen Stoffes und glauben Sie mir, es muss das Paradies sein, einmal wöchentlich einen Stoffmarkt vor der Tür zu haben.
Ich erstand allerfeinsten Cordstoff für drei Röckchen, für die Tochter, Oma Eis und mich.
Und weil diese Ganglion-Sache noch immer nicht ausgestanden ist (und möglicherweise sogar etwas anderes ist), dehnte ich den Urlaub ein ganzes Stück weiter aus und ließ die Fachfrau für mich arbeiten.

Ich lernte, wie man perfekt einen Reissverschluß einnäht

und dass es nicht schlimm ist, wenn der Differentialtransport der Overlockmaschine die Taschen einkräuselt,

denn dann zaubern die keinen dicken Hintern, sondern lassen sich sauber umklappen und annähen.

Ich lernte, dass Vlieseline durchaus nützlich, dass Bügeln zwar lästig aber sinnvoll und der Gebrauch von vielen Stecknadeln nicht peinlich ist.

Vom Zuschnitt bis zum fertigen Rock vergingen knapp zweieinhalb Stunden und hätte die Klecksefrau nicht dauernd Fragen beantworten und „warte mal kurz, ich will das fotografieren“-Geduld beweisen müssen, wäre sie wahrscheinlich noch eine halbe Stunde früher fertig gewesen.

So sieht er aus, mein neuer Rock, aus streichelzartem Stenzo-Cord, nach dem Rockschnitt
„Jeanie“, das es ab 21. Februar bei Farbenmix als Ebook geben wird.
Und so sieht er aus, wenn er mein gebärfreudiges Becken in Größe 42/44 umschmeichelt.

Auf dem Tisch meines Nähzimmers liegt der Zuschnitt eines weiteren Rockes, diesmal für die Tochter und deshalb deutlich kleiner (vorsichtshalber hat diesen Zuschnitt auch noch die Klecksefrau übernommen :)) und morgen muss Oma Eis entscheiden, ob ihr der Cord, den ich ihr mitgebracht habe, gefällt. Danach muss nur noch spontan meine Hand heilen und es gibt kein Halten mehr. Der Sommer wird rocken.

Falls Sie wissen wollen, welches Lied mir beim Schreiben dieses Artikels im Kopf herumdudelte (wahrscheinlich ahnen Sie es sowieso), bitte sehr:


Falco – Jeanny von sayit

Und zum Schluss auch an dieser Stelle: Liebe Uschi, herzlichen Dank für Kost, Logis, lehrreiche Stunden und den vielen Spaß, den ich mit Dir und bei Euch hatte.

Fastnacht

11. Februar 2013

und ich passen nicht zueinander.
Beinahe.

Grundsätzlich finde ich es nämlich schon toll, tief in die Verkleidungskiste und den Schminktopf zu greifen und jemand anderes zu werden. Und immerhin ist ja eine der Fastnachtshochburgen hier quasi um die Ecke.

Fastnacht bedeutet vielen, insbesondere Jugendlichen, vor allem: saufen bis zum Kotzen.
Am Samstag, beim Wochenendeinkauf, leisteten uns die Simpsons, das Krümelmonster und Jack Sparrow an der Supermarktkasse Gesellschaft. Sie hatten Zutaten für die wirklich tolle Party im Wagen: Pizzafleischkäsebrötchen, Cola und drei Flaschen Rum.
Im Supermarkt übrigens auch alles für das tolle Fest gerüstet, in der Obstabteilung frische Minze und Zuckerrohschnaps neben den Limetten. Und eine Palette „kleiner Feigling“ daneben.
Heute morgen im Zug viele lustige Menschen auf dem Weg zum Mainzer Rosenmontagszug. Eifrig „vorglühend“ mit Bier, morgens um neun. Jetzt, kurz vor Köln im Zug, neben mir zwei Frauen, die mittlerweile bei der zweiten Flasche Sekt und dementsprechend fröhlich sind. Fremdschämen setzt ein. Auch für den Mann im Bienenkostüm, nicht niedlich, übrigens, der sich stolpernd auf meinen Schoß setzte und mir liebreizend „Ennschulligung!“ ins Gesicht rülpste. Es ist elf Uhr, im Zug stinkt’s wie in einer Kneipe.

Fastnacht ist schrecklich.