Süße Träume?

29. Februar 2016

Am 29. Januar zog die Eve bei uns ein. Sie und wir hatten also genau einen Monat Zeit, uns aneinander zu gewöhnen.

Symbolbild

Symbolbild

Wir liegen prima auf der Matratze. Die oberste Schicht schmiegt sich wunderbar weich und kuschlig an den Körper, der feste Kern bietet genug Widerstand, damit die Wirbelsäule nicht in eine Kuhle sackt. Das ist sehr wichtig für mich, ich bin Skoliose-Patientin und achte sehr, sehr darauf, meinen Rücken gerade zu halten. Ob in Seitenlage oder auf dem Bauch, ich liege ganz wunderbar.

Aber.

Sie riecht noch immer.

Wir lüften ständig und viel und dieser nasenhaarverätzende, beißende Gestank der ersten zwei Tage liegt längst nicht mehr in der Luft. Wenn ich aber im Bett liege, warm eingekuschelt unter dem Deckbett, rieche ich die Matratze. Ich bin sehr empfindlich, was Gerüche anbelangt, vermutlich bin ich nahezu hochsensibel in diesem Bereich. Ich rieche, wenn die Milch übermorgen sauer wird. Oder wenn im Nebenzimmer gepupst wird. Das ist nicht so sehr schön und deshalb stört mich der Matratzengeruch. Wonach sie riecht? Sie riecht nach billigen Schuhen und ein bißchen nach der Duftkerzenabteilung im blaugelben Möbelhaus. Nicht richtig giftig, aber eben chemisch.

Meine letzte Matratze lag einen Monat in der Halle zum Lüften, bevor ich ihren Geruch aushalten konnte; es dauerte fast ein halbes Jahr, bis ich den Geruch nicht mehr wahrnahm. Insofern gebe ich die Eve nicht auf. 100 Tage lang kann man sie testen und das werde ich sicherlich ausnutzen. Gerne gebe ich in einem Monat auch noch mal einen Statusbericht.

Und ja, es täte mir sehr leid, wenn sich die Geruchssache nicht erledigt, denn wie oben beschrieben: es liegt sich traumhaft.

Noch ergänzend: der beste Vater meiner Kinder ist nicht sehr geruchsempfindlich, die Matratze kann er aber auch riechen.

 

Achtung! *** Die Eve wurde mir kostenfrei zum Testen zur Verfügung gestellt. ***

Siebzehn!

24. Februar 2016

17

Der jüngste Sohn hat heute mit uns seinen Geburtstag gefeiert! Siebzehn Jahre ist er nun alt und heute morgen hat mich eine große sentimentale Welle erwischt. Keine Sorge, die lasse ich nicht über Sie schwappen. Nur so viel: Wir haben uns immer gewünscht, dass er glücklich sein wird, dass er seinen Platz findet, einen Beruf, der ihm Spaß macht, ausüben kann. Auf dem Bild sehen Sie ihn, wie er heute von der Arbeit heimkam. Verdreckt bis über die Ohren, müde und erschöpft, aber sehr zufrieden mit sich und der Welt, bereit für ein Geburtstagsfest.

Der Wechsel der Ausbildungsstelle war nicht das Schlechteste, was ihm passieren konnte. Als ewig betüdelnde Mutter dachte ich damals, dass ein kleiner Betrieb für ihn das Beste sei und vielleicht wäre das auch wirklich gut gewesen. Doch leider war dem kleinen Betrieb ein Installateur abgesprungen, die Auftragslage war aber noch genauso hoch. Und so blieb für den Jüngsten und seine Bedürfnisse keine Zeit, keine Zeit für ausführliche Erklärungen und notwendige Wiederholungen. Die Chefin des Betriebes erkannte sehr schnell, dass der Jüngste zurückfiel und so kam es zum Ende des Ausbildungsverhältnisses.

Ein klitzekleines Bißchen brach die Welt zusammen, doch schon zwei Wochen später ging die Ausbildung zum Anlagenmechaniker weiter. Diesmal in einem sehr viel größeren Betrieb.

Der Jüngste lernt nun auf Großbaustellen. Eine Woche lang wurden nur Badewannen eingebaut. Was bei mir schon allein bei der Vorstellung zu einem Gähnkrampf führt, ist genau das Richtige für den Jüngsten. Lernen, wiederholen, üben bis es sitzt. Und genug Zeit für Erklärungen und zeigen bleibt auch.

Die Berufsschule ist hart. Wir lernen zusammen, wir haben den Daumen drauf, das muss so sein.

Wie es weitergeht, ob er tatsächlich diese Ausbildung schafft – wir wissen es nicht. Der Jüngste hat es aber immer geschafft, uns zu überraschen, ist aus sämtlichen (negativen) Diagnosen und Prognosen herausgewachsen. Wir planen nicht weiter als bis zur nächsten Arbeit in der Schule, bis zum nächsten Wochenbericht im Berichtsheft. Das ist in Ordnung, für ihn und uns. *summt diesen Song von Doris Day*

*****

Die Geburtstagsfeier wich heute etwas vom üblichen Ritual ab, denn obwohl ein festlicher Frühstückstisch gedeckt war, saßen wir nicht alle am Morgen zusammen, nach Gratulation und Geschenke auspacken. Der Jüngste hat nämlich um 6:00 Uhr Arbeitsbeginn und um den Geburtstag zu zelebrieren, hätte er noch früher aufstehen müssen. Er bat darum, dies nicht tun zu müssen :) Als er heimkam, hatte sich schon die ganze Familie versammelt und auch „meine Syrer“ saßen mit am Tisch. Die Tochter hatte das allerliebste Zeltlageressen des Jüngsten gekocht, dann gab es Kuchen als Nachtisch. Anders, aber nicht weniger schön.

*****

Wie glücklich wir sind, wurde uns klar, als der jüngere „meiner Syrer“ erzählte, dass seine beiden jüngeren Geschwister gerade auf dem Weg nach Deutschland sind. Irgendwo unterwegs, allein. Die Mutter ist in Syrien, der Vater ist tot. Ich sah meine gesunden, wohlgenährten, privilegierten Kinder am Tisch sitzen und daneben diesen schmalen Jungen, der ganz langsam hier Fuß fasst – kein übergriffiger Kommentar könnte mich abhalten, diesem Jungen (und seinem Onkel) so viel Zeit und Herz zu schenken, wie ich erübrigen will.

 

Alles falsch!

23. Februar 2016

sprach „mein Syrer“ heute morgen, als er dem großen Sohn beim Abspachteln der Tapete an der Decke im Flur zusah. Wie genau es nun richtig oder besser geht, das konnte er uns nicht erklären, da fehlen zu viele Worte. Mit Händen und Füßen erklärte ich ihm, was wir im Flur vorhaben. Und ja, ich kann vermutlich mittlerweile so manche Scharade-Meisterschaft gewinnen, denn es gelang mir Tiefengrund und Glattputz darzustellen. Vielleicht zeigte ich beim Auftragen des imaginären Putzes wohl nur eine mäßige Begabung, den mein kreisförmiges über die Wand streichen wurde mit „falsch!“ belohnt.

Wahrscheinlich sah ich danach etwas ratlos aus, denn „mein Syrer“ sprach: „ich mache!“, sprach sehr viele arabische Worte in seine Übersetzerapp und ließ mich „ich brauche Putz und Paste“ lesen. Außerdem warf er so verächtliche Blicke auf die Spachtel, mit der der  Große herumfuhrwerkte, dass ich ihn in die Werkstatt schleppt und ihm das Werkzeug meines Opas (Maurer) zeigte. „Gut! Sehr gut!“, sprach „mein Syrer, „Ich komme morgen, arbeiten.“

Er darf morgen kommen, aber nur um mit uns den Geburtstag des Jüngsten zu feiern. Gearbeitet wird dann zusammen am Wochenende, wenn wir Putz und Paste gekauft haben. Bis dahin muss er noch zwanzig neue Vokabeln lernen, darunter „Putz“, „Spachtel“, „Gips“ und „Feierabend“.

Und ich lerne verputzen. Toll!

Und hier so?

22. Februar 2016

Alles gut.

Die Urlaubsplanung ist abgeschlossen, heute kam dann auch noch die letzte fehlende Übernachtungszusage, die mich vor einer sicherlich schlaflosen Nacht in einem Schlafsaal (letzte Option) bewahrt. Da wir sogar nach der Wanderung noch drei Tage Zeit für Dublin haben, freue ich mich sehr über voll geheime Insidertipps!

Berlin im Mai ist auch gebucht. Der beste Vater meiner Kinder hat eine gigantische Frühbuchersuperermäßigung bei der Bahn geschossen, wir reisen für 14,25 € von Mainz nach Berlin, da gönnen wir uns sogar eine Sitzplatzreservierung :) Eine Unterkunft in Berlin zu finden war dann ein klitzekleines Bißchen komplizierter, da sehr viele Menschen gerne ein langes Wochenende in Berlin sind. Trotzdem. Auch ein Hotel ist gebucht und wir können die lange Wartezeit bis zum Irland-Juni mit einer Woche Berlin im Mai überbrücken.

Und sonst so?

Die Tochter hat morgen ihren letzten, echten Schultag, sogar noch mit Hausaufgaben und Nachmittagsunterricht. Danach holt sie „nur“ noch am Donnerstag ihr Zeugnis mit den Noten der Abiturarbeiten ab und tanzt Anfang März zur mündlichen Prüfung in Religion an. Dann ist Schluss und alle unsere Kinder haben diese Schulsache abgeschlossen. (Berufsschule ist ja etwas anderes) Yeah und Luftsprung!

Dem Jüngsten geht es prima, dazu schreibe ich demnächst etwas länger. Und der Große leidet unter seinen strengen Eltern, die ihn sehr unnachgiebig zum Nestrand schieben, indem sie es ihm daheim etwas unkomfortabler machen. Er hat derzeit Semesterferien von seinem Studium, das lediglich zur Überbrückung bis September dient, bis er seine Ausbildung beginnt. Heißt im Klartext: sein Leben ist derzeit nicht allzu anstrengend. Er hört sich halt zum Spaß ein paar Vorlesungen an. Das sei ihm von Herzen gegönnt und Bildung ist immer super, doch die viele restliche Zeit die er hat, darf er mit uns und unserem renovierungsbedürftigen Flur teilen. Er hat schon sehr viele Schichten Tapete abgekratzt, jede Menge Putz abgeklopft und wird sich demnächst noch mit der tapezierten Decke amüsieren.Danach müssen Türrahmen abgeschliffen und Löcher zugespachtelt werden, Grundierung aufgetragen und neuer Putz aufgebracht werden. Er schimpft und flucht, arbeitet aber fleißig. (Und lernt eine dabei eine Menge Sachen,die ihm später sicherlich nützen)

Kater und Hund sind gesund und munter, der Garten erwacht und wird ignoriert und mein Tag dürfte länger sein, denn es gibt immer mehr Menschen, die Sprachunterricht brauchen. Mit meinem jüngsten Sprachschüler macht es derzeit am allermeisten Spaß! Vor einem halben Jahr kam er ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, heute haben wir zum ersten Mal zusammen über einen Witz lachen können. Seine Fortschritte sind enorm und seine Motivation groß. Der Wunsch sich mit mir auszutauschen ist ein großer Teil seines Antriebs. Das macht mich sehr stolz und verflixt, der Kerl ist mir echt ans Herz gewachsen. 16 Jahre jung und die Augen eines alten Mannes.

Fünfmal habe ich angesetzt, um etwas zu Clausnitz oder Bautzen zu schreiben, doch das Pendant zu „Ich kann nichts sagen, es schnürt mir die Kehle zu“ ließ die Worte in mir nicht bis zu den Tasten kommen. Was eigentlich ganz prima ist, denn viele dieser Worte würde ich sowieso niemals laut aussprechen. Alles andere ist mittlerweile gesagt, ändern wird sich wohl nichts.

Doch nicht alles gut.

Vorletztes Jahr war es – glaube ich – als Frau Mierau auf der re:publica einen sehr eindringlichen und mitreissenden Vortrag darüber hielt, wie wichtig die Vernetzung von Eltern untereinander ist, wieviel Kraft und Wissen man aus dieser Vernetzung schöpfen kann und dass das Bloggen für Mütter einfach eine prima Sache ist. (Verzeihung, ich bekomme den Vortrag nicht mehr wortwörtlich zusammen, aber ich glaube, ich habe die Grundaussage erwischt). Ich habe den Vortrag gerne abgenickt, das alte, weise Bloggroßmütterchen in mir, das immerhin schon seit 14 Jahren bloggt*, hatte da aber ein paar Einwände. Und weil Frau Brüllen ähnliche Einwände hatten, gab es die vage Idee, einen „ergänzenden“ Vortrag im Folgejahr zu halten. Grob zusammengefasst dachten wir uns das so: Bloggen ist prima, aber wer neu in Kleinbloggersdorf ankommt, soll sich bitte darauf gefasst machen, dass es eigentlich nicht nur rosig und harmonisch zugeht, dass viele Themen nur dann angeschnitten werden sollen, wenn man sich gerade in sehr stabiler geistiger Verfassung befindet und dass die viel gepriesenen Ratschläge oftmals nur dazu führen, dass man ob gegensätzlicher Empfehlung letztlich vollends ratlos ist. Um das völlig langweilige Thema ein bißchen aufzupeppen, hatten wir ein Kommentar-Bullshit-Bingo geplant, in dem sich vermutlich jede/r Elternblogger/in wiedergefunden hätte. (dieser Vortrag wurde nie eingereicht, weil wir beide vermuteten, dass Kleinbloggersdorf geballt über uns herfallen würde, weil wir uns evtl. die eine oder andere leicht missverständliche Spitze nicht hätten nehmen lassen. Kleinbloggersdorf, und damit meine ich nur das Dorf, in dem die Elternblogger wohnen, ist nämlich sehr leicht umzupusten und durcheinander zu wirbeln.

Kleiner Schwenk.

Obwohl ich es doch (besser) wissen sollte, war ich voller Begeisterung und voll motivierender Worte, als meine Tochter das Vorhaben äusserte, vielleicht auch ein Blog zu schreiben. Darüber, was sie in Afrika erlebt und vielleicht auch schon darüber, was sie bis zu ihrer großen Reise plant und tut. „Mach das! Das ist super, das ist interessant!“, jubelte ich ihr so lange pompomschwingend vor, bis ihr Blog online ging.

Wer jemals ein Blog eröffnet hat, kann sich vielleicht daran erinnern, mit welchem Herzklopfen der erste Artikel abgeschickt wird. Wie oft man den umschreibt, ergänzt, verwirft, um dann irgendwann tatsächlich auf „senden“ zu drücken. Und danach minütlich zu aktualisieren oder die Mails abzurufen, ob da vielleicht ein Kommentar geschrieben wurde. Können Sie sich an den ersten Kommentar in Ihrem Blog erinnern? Ich kann es, ich bin fast geplatzt vor Stolz.

Es hat nur sechs freundliche Kommentare lang gedauert, bis die Tochter per Kommentar darauf hingewiesen wurde, dass ihre Zeichensetzung nicht dem entspräche, was eine Abiturientin können müsse. Sie hat diesen Kommentar verständlicherweise nicht freigeschaltet, denn wir alle wissen ja: mein Haus, meine Regeln. Was ich nicht mag, muss ich nicht aushalten. Wie diese kleine Episode weiterging können Sie sich vorstellen, haben Sie vermutlich selbst erlebt und wäre ganz sicher ein Feld im Bullshit-Bingo gewesen: der Folgekommentar, der erneut und sehr viel eindringlicher auf das Unvermögen hinweist, gepaart mit patzigem Löschen = kein Niveau-Vergleich, kam.

Das Töchterlein lernte also heute, dass das Internet gar nicht so freundlich ist. Sie lernte außerdem von mir, dass sie nicht auf diesen Kommentar antworten darf, denn dann wird eine Diskussion losgetreten, die genauso fruchtlos und nicht hilfreich ist, wie der Hinweis auf mangelnde Kommaregelkenntnisse. Sie hat gelernt, dass sie ein dickes Fell braucht, denn sie wird es niemals allen recht machen, selbst wenn sie nur über das Wetter schreibt. Sie hat auch gelernt, wie warm und wohlig man sich fühlt, wenn andere freundliche, verteidigende Worte schreiben, dass aber dieser eine, doofe Kommentar nachhängen wird. Und dass er sie bei jedem Artikel, den sie künftig schreiben wird, begleitet und hemmt.

Ich habe gelernt, dass ich endlich diese verdammte rosarote Brille abnehmen muss.

(klar schreibt sie weiter! Ich gebe ihr einfach ein paar von meinen Kommata ab, denn ich verwende die immer zu großzügig)

 

 

*die frühen Jahre finden Sie nicht in diesem Archiv, die liegen auf Platte.