Frau Muttis Jahresrückblick. Outtakes und Bilder ohne künstlerischen Anspruch, wie jedes Jahr.

(vgl. Teil I, Teil II, Teil III, Teil IV, Teil V, Teil VI, Teil VII , Teil VIII ,Teil IX und Teil X)

Januar

januar

Mit alter Brille und ganz neuer Mütze. Endlich erfüllte ich nämlich einen Vorsatz, den ich seit Jahren immer wieder fasse: ich frischte sehr verrostete Häkelkenntnisse auf und hatte ein bißchen Spaß bei der Sache! Am meisten Spaß bereitete mir im Januar allerdings, neben diversen Auf- und Umräumarbeiten im Haus, die Tatsache, dass der Jüngste sich einen Ausbildungsplatz an Land gezogen hatte! Treue Leser mögen sich erinnern, neuen Lesern erzähle ich es rasch: er bewarb sich bei einem Installateur hier vorort, nachdem er ein zweiwöchiges Schulpraktikum dort geleistet hatte. Er wurde direkt genommen, dass er spezielle Bedürfnisse hat und etwas Geduld bei der Ausbilung braucht, war bekannt.

Das Jahr startete großartig!

Februar

februar

Der Winter ließ mich mal wieder im Stich, was Schnee anbelangte. Echter Schnee der unter den Füßen knirscht liegt in Nierstein sehr selten, deswegen fuhren der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib für ein Wochenende in die Rhön. Und dort fanden wir das Zeug, das mich glücklich macht. Nicht jeder Schneespaziergang fand so leicht bekleidet wie der oben gezeigte statt, samstags begann es sogar heftig zu stürmen und zu schneien und ich war froh um meinen dicken Schal, der mir das Gesicht schützte. Ein Wochenende pures Glück, das werden wir auf jeden Fall im nächsten Jahr wiederholen, versprachen wir uns.

Außerdem feierten wir im Februar den 16. Geburtstag (SECHZEHN!) des Jüngsten. Ich erfuhr, dass ich unaufhaltsam auf die Menopause zuschliddere, wir feierten groß und bunt mit Freunden das mittlerweile traditionelle Kreppelessen am Wochenende vor Fastnacht und ich fuhr zu einem Treffen von Instagram-Menschen in die Landeshaupstadt. Ich begann, meine lose gesammelten Rezepte auf Karteikarten zu schreiben, weil ich hatte da ja einen Neujahresvorsatz.

März

maerz

Jede freie Minute verbrachte ich in Ernels Garten, denn das Wetter war ungewöhnlich mild. Ich säte verschiedenste Gemüsesorten, im Hinterkopf schon die Bilder von einem üppigen Gemüsegarten und mir mittendrin, Rotkohl und Mangold streichelnd. Brachliegendes Gartenland wurde umgegraben und ich nahm den Kampf gegen die Spontanvegetation auf. Frau Kunterbunt besuchte mich und konnte angesichts meines brachliegenden Gartens die Füße nicht stillhalten. Sie schnappte sich die Grabgabel und grub sich durch den ehemaligen Kartoffelacker. Danke nochmals dafür, Du Liebe!

Gerade als ich dachte, dass dieser Frühling unfassbar schön ist, kam der Anruf. Der Bruder der Freundin, ein guter Freund, hatte den Kampf gegen die Depressionen verloren. Die Nachricht seines Todes kam am 18. Geburtstag der Tochterfreundin und bis heute kann ich nicht fassen, wieviele Emotionen, Hochs und Tiefs, in einem einzigen Tag Platz haben, wieviel man gleichzeitig Lachen und Weinen kann.

Ich hebe mein Glas auf Dich, lieber Freund. Ich hoffe, Du hast Frieden gefunden.

April

april

Ein wunderbarer Kurzurlaub mit der Klecksefrau und Mme Ouvrage verging viel zu rasch, doch auch daheim  war es nicht allzu schlecht. Ich grub und wühlte mich durch meine Gärten. Das Rosa Gartenhüttchen wurde eingeweiht und bekam obendrein einen kleinen Teich vor die Tür. Ostern feierten wir mit Eiersuche, der allerbesten Freundin und strahlendem Sonnenschein im Garten. Am Ende des Monats warf mich ein tödlicher Männerschnupfen um und ich schloss dieses kleine, feine Blog. Keine Lust, keine Themen, kein nix.

Mai

mai

Noch nicht wieder vollständig genesen fuhr ich ganz alleine für ein paar großartige Tage nach Berlin zur re:publica. Ich traf jede Menge dieser tollen Menschen aus „meinem“ Internet und kam vor lauter Vorträge hören, Schwätzchen halten, Essen gehen überhaupt nicht dazu, unter dem Schnupfen zu leiden. Also nahm ich ihn wieder mit heim und kurierte ihn dort. Ich war wieder vollends genesen und kann deshalb keinen Fieberwahn oder ähnliches vorschieben, als wir eine lebensverändernde Entscheidung trafen und uns einen Hund zulegten. Die vier Monate junge Lola zog bei uns ein. Ein abenteuerlicher Mix aus Dalmatinermutter und einem unbekannten Vater, mit ungewisser Endgröße und einer gigantischen Portion Charme.

Sämtliche Sommerpläne, die sich im Großen und Ganzen hauptsächlich um größere Radtouren drehten, weil ich nämlich ein neues Fahrrad bekommen hatte, wurden umgehend auf Eis gelegt. Stattdessen suchten wir uns eine Hundeschule und lernten das Leben mit Hund kennen.

Der beste Vater meiner Kinder musste eine Woche aus beruflichen Gründen nach Las Vegas, schaffte es aber pünktlich, trotz ausgefallener Flüge und ungeplanten Übernachtungen und Zwischenstopps noch rechtzeitig zur Taufefeier des Babymädchens.

Juni

juni

Wie unschwer zu erkennen ist, entpuppte sich das Leben mit Hund als ein klitzekleines Bißchen anstrengend. Ans Durchschlafen hatten wir uns einfach schon zu gut gewöhnt, das Ausschlafen an den Wochenenden war ein gerne genommer Luxus. Bis Lola kam. Noch nicht ganz stubenrein, dafür aber mit großem Bewegungsdrang gesegnet. Zum Glück aber umwerfend niedlich, wir verziehen ihr eine Menge Welpen-Scheisselkram.

Das Wetter war großartig und ich versuchte weiterhin, freie Minuten für meinen pflegeaufwändigen Gemüsegarten abzuzweigen. Nicht genug, aber was da heranwuchs, gefiel mir sehr gut.

Mitte Juni hatte ich zum Häkel-Hüttchen-Event geladen. Zu siebt (später kam sogar noch Oma Eis dazu) quetschten wir uns mit Wolle, Häkelnadeln, unzähligen Häkelbüchern und vielen Köstlichkeiten ins Rosa Gartenhüttchen, häkelten ein bißchen (ich sah eigentlich nur interessiert zu) und schwätzten bis tief in die Nacht. Sehr, sehr schön war das und ich würde das gerne wiederholen.

Juli

juli

Seit Jahren hatte ich ein Knubbelchen in der Ferse. Irgendwann war ich wohl in etwas reingetreten und hatte es dann vergessen. Mal schmerzte es ein wenig, meistens spürte ich aber nur die Erhebung unter der Haut. Sehr plötzlich wurde das Knubbelchen aber rot und heiß und musste entfernt werden. Eine Woche hüpfte ich mit Krücken herum, die täglichen Hunderunden mussten organisiert werden, aber letztlich klappte das prima. Und was das im Fuß war, weiß ich bis heute nicht, denn ich hatte mir die Fäden selbst gezogen und deshalb den Abschlussbericht verpasst.

Der jüngste Sohn wurde (endlich) aus der Schule entlassen, der große Sohn entschloss sich sehr spontan, ein Chemiestudium zu beginnen. Vorher aber fuhren beide als Köche in die Mädchenfreizeit, in der ihre Schwester Betreuerin war. Alle drei Kinder aus dem Haus bedeutete noch letztes Jahr ein laues Luxusleben, doch mit Lola im Haus war dem natürlich nicht mehr so. Mittlerweile kannte ich jeden Meter der Wege durch die Weinberge, doch langweilig wurde es mir trotzdem nicht.

August

august

Der Sommer wurde immer heißer, die 40°C-Marke wurde mehrmals geknackt. Auch nachts fielen die Temperaturen kaum unter 30°C, die Gärten verdorrten. In Ernels Garten gibt es eine Handpumpe, doch irgendwann war das Grundwasser weg. Salate, Erbsen, Tomaten, Paprika, selbst die Zucchini kümmerten vor sich hin. Die Hunderunden fanden sehr, sehr früh morgens und ganz spät am Abend statt, dazwischen lagen Hund und Kater platt in den kühlsten Ecken des Hauses auf dem Boden.

Der beste Vater meiner Kinder und die hinreißenden Bestien fuhren für eine Woche in die Dolomiten und kraxelten dort auf den Klettersteigen herum, ich saß währendessen in der abgedunkelten Villa und wartete auf ein erlösendes Sommergewitter, das aber nicht kam. Der Rhein wurde immer schmäler, die Risse in der Gartenerde immer tiefer. Mein Gartenfrust war groß.

Die Familie kam wieder heim und die Kindelein reisten direkt weiter ins Zeltlager, diesmal war die Tochter für das Kochen zuständig. Statt nun mit dem besten Vater meiner Kinder eine ruhige Urlaubswoche zu genießen, ließ ich mich mit dem Krankenwagen schnell zu einem schmerzstillenden Tropf in die Klinik fahren. Der Magen, meine Schwachstelle, krampfte, die Schleimhaut war entzündet. Medikamente und Schonkost halfen und eine umfassende Ursachenforschung startete.

Dazwischen schwappte die Flüchtlingswelle auch in unser gemütliches Leben. Mit dem unbestimmten Gefühl, irgendwie helfen zu müssen, fuhren wir mit Wasser und Müsliriegeln bepackt nach Frankfurt, um dort mit vielen anderen Menschen zusammen einen #trainofhope zu empfangen.

September

september

Die Kindelein kamen dreckig und erschöpft aus dem Zeltlager zurück, doch zumindest für den Jüngsten blieb keine Zeit zum Ausruhen. Seine Ausbildung begann am Tag danach. Wenige Tage später startete Töchterlein in ihr letztes Halbjahr vor dem Abitur und der Große musste (eher unbegeistert) in den Mathe-Vorkurs für sein Studium. Der Alltag kehrte ein und der Herbst kam. Scheinbar hatte die Hitze des Sommers auf die Walnußbäume keine schädigende Wirkung, denn wir sammelten sehr viele Nüsse. Die Weinlese begann und Lola lernte, dass die riesigen Vollernter, die nun täglich unseren Weg kreuzten, keine Bedrohung darstellten. Außerdem lernte sie, dass sie weder Trauben, noch Trester fressen darf. Auch keine Kaninchen oder Rehe oder die Hinterlassenschaften von anderen Hunden, Kaninchen, Rehen oder gar Menschen. Falls Sie einer Frau im Wingert begegneten, die einen entzückenden, weiß-schwarzen Hund mit lauten „NEIN!“-Rufen durch die Gegend dirigierte: das war ich.

Für ein ganz wunderbares Wochenende fuhren wir zu Familie Brüllen in die Schweiz, aßen und tranken dort viel zu viel, sahen beinahe bei einer kleiner Wanderung die Gipfel von Eiger, Mönch und Jungfrau und verwirrten die Menschen aus unserer gemeinsamen Filterbubble mit von Sonnencremeflaschen gephotobombten Bildern. Ich brach mir zum Abschied rasch eine Zehe, doch das tat der Erholung keinen Abbruch. Fein war´s.

Das Wichtigste des Monats war allerdings Töchterleins großer Geburtstag! Das zweite Kind der Familie wurde volljährig und wir mussten das Haus verlassen, damit wir die große Party nicht sprengen. Zum Gratulieren um Mitternacht durften wir allerdings wieder heimkommen und ich wischte mir nur ganz heimlich ein Rührungstränchen aus dem Augenwinkel. Volljährig! Mein Baby!

Oktober

oktober

Dieses wunderbare Bild schenkte mir der Sohn von Mme Ouvrage und Herrn Skizzenblog und als gewiefte Kunstkennerin entdecke ich hier ganz klar das Talent seines Vaters!

Einen großen Teil des Monats verbrachten wir mit Feiern. Das nun schon traditionelle Federkuchenfest in der Grünen Villa zog sich über drei Tage, in dieser Zeit wurden sehr viele Zwiebelkuchen verzehrt und literweise Federweißer dazu getrunken. Der Geburtstag des besten Vaters meiner Kinder wurde gefeiert und danach der Geburtstag der Oppenheimer Freundin. Leider konnte ich diese Feste nicht ganz so ausschweifend genießen, denn der Magen zickte und ich ernährte mich in der Hauptsache von Haferschleim und Gemüsesüppchen. Ein großes Organscreening zeigte immerhin, dass einige fiese Krebsarten ausgeschlossen werden konnten, meine Milz nahezu jugendlich ist, Nieren und Leber gut aussehen und dass meine Gallenblase eine medizinisch zwar unrelevante, für Mediziner aber duchaus interessante Form hat. Weswegen ich ständig müde, beinahe erschöpft und warum mein Magen so sehr empfindlich war – danach wurde weiter geforscht und ich musste gefühlt literweise Blut lassen.

Der Garten gab noch einmal alles. Als wollten die Pflanzen den heißen Sommer aufholen, begannen sie zu blühen und Früchte zu produzieren. Für die Tomaten war es dann aber zu spät. Die unzähligen grüne Früchte fielen rasch der Braunfäule zum Opfer, doch die Paprikaernte war toll. Sehr zur Begeisterung der Kinder litten wir nicht unter einer Zucchinischwemme, dafür gab es jede Menge Kohlrabi und Mangold aus dem immer mehr zuwuchernden Garten zu holen. (Zwischen all den Feiern und Hunderunden hatte ich nämlich die Idee, für den Weihnachtsmarkt zu nähen, alles zu Lasten des Gartens.)

November

november

„Mit diesen Werten werden Sie 150 Jahre alt!“, versprach mir Dottore und entließ mich mit sehr niedrigem Blutdruck, Zucker und Eisenspeicher. Aber immerhin: Eisen im Speicher! Dieser Wert sah schon sehr viel schlechter aus. Außerdem fanden wir den Zusammenhang zwischen diesen niedrigen Werten, die natürlich für Müdigkeit sorgen und meinem verkorksten Magen, der zum Glück heliobakterfrei ist: wenn mich die Müdigkeit überfällt, habe ich das Gefühl ihr nicht nachgeben zu dürfen, sondern immer weitermachen zu müssen. Das stresst den Körper, der Stress landet im Magen, der das nicht mag – so die Kurzfassung, die sich so niedergeschrieben beinahe esotherisch liest. Ich weiß jetzt aber was Sache ist, weiß, dass ich eigentlich ziemlich gesund bin und kann der Magengeschichte vorbeugen, auch mit Haferschleim und Medikamenten.

Weil der Urlaub mit den Freundinnen im April so toll war, wiederholte ich ihn kurzerhand mit dem besten Vater meiner Kinder, dem Schreinerfreund und der ehemaligen Freitagsfreundin. Und schaffte es ein zweites Mal in diesem Jahr, meine Füße ins Meer zu stellen. Viel mehr brauche ich nicht zum Glücklichsein. Wir bummelten durch Amsterdam und Alkmaar und ernährten uns in der Hauptsache von Pommes mit lustigen Soßen.

Pünktlich zum 20. Geburtstag (20!!) des großen Sohnes kamen wir wieder heim, die nächste Party, die in der Grünen Villa gefeiert wurde.

Mittlerweile hatte der große Sohn beschlossen, dass ein reines Chemiestudium nichts für ihn sei, er beschloss Sozialkunde dazuzunehmen und das Ganze auf Lehramt zu studieren. Kein Problem für uns, Hauptsache das Kind ist glücklich.

Das Thema Flüchtlinge holte uns endlich richtig ein, ich übernahm sehr spontan die „Patenschaft“ für einen 16jährigen, dem ich nach der Schule Deutschunterricht geben durfte. Deutschunterricht war (und ist) dabei eher nebensächlich. Es geht um Hausaufgabenbetreuung und ein bißchen Nachhilfe, in erster Linie aber um „schau mal, da ist jemand, der sich um dich kümmert.“ Gegen Ende des Monats kam auch noch der Onkel zum Deutschlernen dazu und ich tauchte tiefer in die Sprachmittlersache ein, befasste mich mit Arbeistmaterialien und meldete mich für einen Kurs an der Volkshochschule an. Und verwarf zeitgleich die Idee, dass irgendwo noch Zeit sei, um für den Weihnachtsmarkt zu nähen. (ich hatte ja als neue Lebensaufgabe: Ressoucen schonen, nicht übernehmen, denk an deinen Magen, Kind.)

Dezember

dezember

Ich wurde 45. (FÜNFUNDVIERZIG!) Das ist jetzt wirklich richtig alt, auch wenn ich mich längst nicht so fühle :) Sie ahnen es schon, wir feierten dann wieder ein bißchen. Das schönste Geschenk bekam ich übrigens ein paar Tage nach meinem Geburtstag von meinen „Syrern“. Die hatten Geld zusammengelegt und mir davon einen wunderschönen Blumenstrauß geschenkt. Die Rührung darüber hallt noch immer nach.

Weihnachtsstimmung wollte sich nicht so recht einstimmen, irgendwie hatte ich auch keine Zeit dafür. Die Sprachmittlerschulung startete und viele neue (Hilfs)Pläne nahmen langsam Gestalt an, denn immer mehr Flüchtlinge ziehen in die Verbandsgemeinde. Die Erstversorgung ist gewährleistet, doch gerade an Sprachkursen hapert es etwas. Für den Januar sind aufregende Sachen geplant, davon berichte ich aber, wenn es soweit ist.

Der Jüngste verlor seinen Ausbildungsplatz, weil man ihm aus Zeitmangel keine adäquate Ausbildung mehr ermöglichen konnte, doch schon zwei Wochen später fand er einen Betrieb, in dem es am 5. Januar mit der Ausbildung weitergeht. Schock und Erleichterung in allerkürzester Zeit, immerhin gut für meinen Blutdruck. Dem Großen wurde von einem bekannten Chemiekonzern eine Ausbildung zum Chemielaboranten angeboten, was er umgehend annahm. Somit sind die Studienpläne für ihn über Bord, aber hej! Das Kind ist zufrieden. Die Tochter stellte sich einen Lernplan zusammen und begann sehr gewissenhaft für die Abiturprüfungen zu lernen. Mitte Januar ist es soweit!

Irgendwann waren alle Geschenke besorgt, die Weihnachtsmärkte in Nierstein und Oppenheim besucht, der Vorweihnachtsbummel mit den Freundinnen erledigt und das Weihnachtsblasen im Niersteiner Stadtpark verklungen. Heilig Abend feierten wir mit reduzierter Besetzung, da der Lebensgefährte von Oma Eis erkrankt war, genauso wie die allerbeste Freundin. Das hatte den erfreulichen Nebeneffekt, dass wir am ersten Feiertag einfach sämtliche Reste essen konnten. Am zweiten Feiertag saßen sehr viele Menschen um meinen Küchentisch herum. Wir hatten „meine“ Syrer geladen, mein Schwager samt Familie und Schwiegervater kamen ebenfalls dazu. Wie toll das war, habe ich ja neulich erst beschrieben.

Zwei Tage später feierte der Schreinerfreund seinen 50. Geburtstag. Wir schenkten ihm die „Location“, sprich: er durfte in der Halle feiern. Über siebzig Gäste fanden in der Halle Platz und auch wenn zur Enttäuschung des einen oder anderen Gastes keine Alleinunterhalter mit lustigen Programmen auftraten, war es eine wunderbare Feier. (auch das Aufräumfest am Tag später war schön und die Reste des üppigen Festmahls reichten bis gestern. Oder noch länger, denn der Gefrierschrank ist voll.)

Und das war dann auch der Dezember. Der gar nicht mehr so kleine Hund beschloss gestern, dass der Zeitpunkt günstig für die erste Läufigkeit sei. Sie klebt wie ein kleiner Schatten an mir, hält sich sonst aber vorbildlich sauber und wir wissen jetzt auch, warum seit Tagen die Hunde vor unserem Haus bellen und jaulen, die sind alle sehr interessiert.

Heute abend werden wir gemütlich mit Mme Ouvrage, Herrn Skizzenblog, deren Kindern und unserem Jüngsten zusammensitzen. Der Große und die Tochter feiern wilde Partys, die sehen wir erst nächstes Jahr wieder.

Zusammengefasst war es ein gutes Jahr mit sehr viel Bewegung an der frischen Luft und sehr vielen Feiern, ein paar Krankheiten zu viel und mit aufregenden Plänen, die mich aus meiner wunderbaren Comfort Zone herausszerren. Das nächste Jahr muss gar nicht schlechter werden :)

 

Rutschen Sie gut ins neue Jahr, wir lesen uns!

Und für meine besorgten Leser habe ich hier noch ein Bild von vor drei Tagen, damit Sie sehen, dass der Kater, der auch in diesem Rückblick nicht auftauchte, kein Weihnachtsbraten war:

dezember2

Danke für´s bis hierhin Lesen, immer die Ihre.

Weihnachtsfeiern, gemischt

27. Dezember 2015

Wir trafen uns am 23. Dezember traditionell mit Freunden im Park zum Weihnachtsblasen, bescherten am 24. genauso traditionell nach dem Familiengottesdienst und verbrachten den ersten Weihnachtsfeiertag vor dem Fernseher, um alle Hobbit-Filme zu sehen, weil sich der Jüngste das gewünscht hatte. (Apropos Jüngster: DANKE für alle Daumen, am 5. Januar 2016 setzte er seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker fort, in einem größeren Betrieb. HURRA!)

Und am zweiten Weihnachtsfeiertag feierten wir dann groß. „Meine“ Syrer waren geladen, wir wussten nicht, ob sie sich trauen und wenn ja, wieviele kommen würden. Spontan waren auch der Schwager, die Schwägerin und deren beiden Kinder angereist, wir luden sie und den Opa ebenfalls ein.

Ich hatte lang hin und her überlegt, was ich kochen würde und irgendwann beschloss ich, ziemlich Deutsch zu kochen. Es gab (Rinder)Gulasch, selbstgemachte Nudeln und Feldsalat. Hinterher hausgemachtes Vanilleeis mit heißen Himbeeren. Schlicht, leicht zu kochen und zumindest bei meiner Familie auf der „Essen wir gerne“-Liste recht weit oben.

Zwei Syrer kamen. Meine beiden Sprachschüler, 16 und 33 Jahre alt.Ob die anderen sich nicht trauten oder ob die Einladung falsch verstanden worden war – egal.

Anfangs war es schwierig, ziemlich verkrampft. Mein Schwiegervater war besorgt, dass wir alle Englisch sprechen würden und er ausgegrenzt sei, doch meine Sprachschüler sprechen kein Englisch, nur wenige Brocken Deutsch. Wir sprechen weder Arabisch noch Kurdisch. Aber wir lächelten viel und irgendwann war das Eis gebrochen. Mit Händen und Füßen, analogen und digitalen Übersetzungshilfen unterhielten wir uns. Wir lernten einige Worte Arabisch, ich kann jetzt auch „ich“ schreiben. :)

Natürlich brannten uns Fragen unter den Nägeln: Wo kommt ihr her? Wie lange seid ihr unterwegs gewesen, wie war die Reise?

Auch ohne eine gemeinsame Sprache kann man diese Fragen stellen und die Antworten verstehen. Die Zeichen für „schießen“ und „Boot sinken“ und „schwimmen“ sind unverkennbar. Lachend erzählten die beiden von Verhaftungen, Bedrohungen, sich verlieren und wiederfinden, von zurück gelassenen Familien. Von vierjährigen Töchtern, die man als Baby zuletzt im Arm hielt. Sie lachten, wir weinten. Und dann lachten wir wieder alle zusammen, weil wir die arabische Bezeichnung für Hündin falsch aussprachen und damit wohl sehr saftig fluchten.

Auf der Liste der tollsten Weihnachtsfeiern, die wir je erlebten, ist diese ganz weit oben. Sie endete um halb eins und wird wiederholt werden, auch ohne Weihnachten. Einfach gemeinsam essen, erzählen und sich weiter kennenlernen.

Mit großen Kindern

22. Dezember 2015

bleibt das Leben spannend.

Der große Sohn hatte sich ein bißchen umentschieden, nachdem er festgestellt hatte, dass das Chemiestudium auch noch Mathematik und Physik auf Recht hohem Niveau umfasst. Sozialkunde wollte er dazu nehmen und beides auf Lehramt für das Gymnasium studieren.

Kaum hatte er uns das mitgeteilt (und wir uns darüber gefreut), rief ein großer Chemiekonzern an und bot einen Ausbildungsplatz.

Ab nächsten Herbst startet der große Sohn also eine Ausbildung, bis dahin studiert er noch ein bißchen, so zum Spaß. Vielleicht entscheidet er sich ja auch noch einmal um, möglich scheint alles.

Von der Tochter gibt es nichts Neues. Sie hat einen ausgeklügelten Lernplan erarbeitet, an den sie sich streng hält. Mitte Januar schreibt sie die Abiturarbeiten, bis dahin versuchen wir alle einfach nur nicht durchzudrehen.

Und der Jüngste hat morgen früh ein Vorstellungsgespräch! Wie von der Handwerkskammer und dem alten Chef empfohlen bei einem größeren Betrieb. Er ist mächtig aufgeregt, wir nicht weniger. Vielleicht gibt es für ihn dieses Jahr ein besonders tolles Weihnachtsgeschenk. Daumen halten, bitte.

Apropos Weihnachten. Selten war ich so gestresst. Keine Ahnung, wo das herkommt, denn eigentlich ist es wie jedes Jahr: ich muss Geschenke einpacken,mir überlegen, was es zum Essen gibt und zwischendurch die Bude wieder ein bißchen in Ordnung bringen. Wie jedes Jahr habe ich kurz vor knapp (heute) erfahren, wann die Schwagerfamilie anreist, wie jedes Jahr habe ich das Gefühl, irgendetwas Wichtiges vergessen zu haben. Tatsächlich neu ist die überwältigende Müdigkeit, die mir meinen ganzen Schwung raubt und der auch mit viel Schlaf nicht beizukommen ist. Lästig. Und doof, denn weil ich jetzt meine Kräfte einteilen muss, bleiben schöne Sachen wie Weihnachtskarten schreiben und Kleinigkeiten für nette Menschen einpacken auf der Strecke. (Was zu Traurigkeit und noch mehr Müdigkeit führt.)

Ein großer Teil der To-Do-Liste ist aber seit heute abgearbeitet und der große Sohn hat dann doch noch einen Weihnachtsbaum erjagt. Ganz ohne Baum fehlt etwas und zum Glück habe ich noch die Plastikkugeln, die wir damals anschafften, als der Ringelkater noch jung und wild war. Um dem gar nicht mehr so kleinen Hund die Versuchung gering zu halten, hänge ich auch dieses Jahr keine Lebkuchensterne an den Baum.

Und noch mal apropos: nämlich apropos Katze. Selbstverständlich lebt der Kater noch, obwohl er mit seinem Leben spielte, als er eine halbverdaute Ratte auf den Küchentisch kotzte. So ein reizendes Tier.

Falls wir uns vor Weihnachten nicht mehr lesen: ich wünsche ein frohes Fest, viele Geschenke, leckeres Essen und Zusammensein mit den Menschen, die sie lieben.

Nämlich den, mindestens einmal pro Woche ein mir neues Rezept nachzukochen. Um wegzukommen von den ewigen fünf Lieblingsessen und der spannungsgeladenen Abwechslung wegen. (Kochen ist ja sonst eher eine geruhsame Tätigkeit.)

Die Familie nahm diesen Vorsatz gefasst und mit dem Wissen um Pizza- und Dönerlieferantenkarten in der Schublade draußen im Flur. Und so richtig schlimm waren meine Kochexperimente auch noch nie. Vielleicht damals, als ich Wirsingbällchen zauberte, die außer dass sie von entzückend grüner Farbe waren, sich vor allem durch eines auszeichneten: ihre Geschmackslosigkeit. Immerhin haben sie unsere Familiengeschichtchen bereichert und gerne antwortet man mir auf die Frage „Was wollen wir am Wochenende essen?“ mit „Alles, außer Wirsingbällchen.“

Seitdem ist viel Nudelwasser durch den Abfluss geflossen und es ist Zeit für Neues. Anregungen für Neues gibt es jede Menge, denn ich bin leidenschaftliche Kochbuchsammlerin. Ständig verliebe ich mich in diese Bücher, schwelge beim Lesen von Zutatenlisten und beim Anschauen der verlockenden Bilder in der Vorstellung von der liebreizenden Familie, die begeistert das isst, was da so WasserimMundzusammenlaufend gezeigt wird. Neulich gab es das Safran-Honig-Hähnchen mit Haselnüssen nach Ottolenghi. Mein Gekochtes sah fast so aus, wie das auf dem Bild und zumindest der beste Vater meiner Kinder und sein holdes Weib waren ausgesprochen entzückt. Die Kindelein zeigten sich eher zurückhalten und äußersten höfliche Phrasen wie „Joah, das ist mal was anderes.“ Davon ließ ich mich natürlich nicht entmutigen, denn dass es wirklich allen gleichermaßen schmeckt ist eben schwer zu erreichen.

Am Dienstag gab es eine grüne Suppe. Nach den Wirsingbällchen in ansprechendem Grün nun eben eine Suppe in dieser Farbe. Ich mag grün. Das Rezept las sich interessant und bei Suppen kann man nicht so furchtbar viel falsch machen. Dachte ich. Eine grüne Suppe, _diese_ grüne Suppe besteht hauptsächlich aus Spinat. Damit man den Spinat löffeln kann, wird er mit Brühe, Kichererbsen und Sahne püriert. Zwiebeln und Knoblauch kommen dazu, gewürzt wird mit Curry und Kreuzkümmel. Das las sich nett, leicht und schnell zu kochen und das Bild dazu war wirklich hübsch. Eine leuchtend grüne Suppe in hübschem Suppenteller, eine Scheibe rustikales Brot dazu.

Eine grüne Suppe, die so schmeckt, als habe man aus Versehen Curry und Kreuzkümmel in den Spinat gekippt, dafür aber Kartoffeln und Spiegeleier vergessen. Die Kichererbsen halten sich geschmacklich vornehm zurück und mehr lässt sich auch nicht zur Suppe sagen. Außer, dass ich vorsorglich das doppelte Rezept gekocht habe, weil bei Suppe kann man ja nix falsch machen. Der Sättigungsgrad ist allerdings enorm hoch, vor allem wenn man sehr viel rustikales Brot, das dick mit gesalzener Butter bestrichen ist, dazu verzehrt.

Nächste Woche probiere ich ein neues Suppenrezept aus. „Gekochtes Wasser“ heißt es und da _kann_ man doch nix falsch machen!

Sprachkurs, Zwischenstand

14. Dezember 2015

Heute saß nur ein Sprachschüler am Küchentisch, der andere besucht jetzt einen Kurs an der Volkshochschule. Einzelunterricht macht nicht so viel Spaß, ist auch nicht so effektiv. Zwei Schüler spornen sich gegenseitig an und es gibt immer eine Menge Gelächter, wenn derjenige der gerade nicht dran ist glaubt, dass er alles besser weiß. Und dann eines Besseren belehrt wird, wenn er an der Reihe ist.

Nun gut. Heute Einzelunterricht für einen 16jährigen. Aus den Unterrichtsmaterialien, die das Internet ausspuckt, sind wir rausgewachsen. Ich muss mir also für jede Stunde überlegen, wie ich neuen Stoff auf dem alten aufbauend ein bißchen interessant verpacke.

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Der leichte Part dieser Übung war das Zuordnen der Verben. Darin ist er echt fix. Schwieriger wurde es, als er Sätze bilden musste. „Ich höre Musik.“ „Du hast ein Fahrrad.“ „Wir schreiben eine Mail.“

Mittlerweile ist sein Wortschatz so groß, dass wir mit Hilfe dieser Zettelchen kleine Gespräche führen können. Heute erfuhr ich, wo er herkommt. Wann er herkam und mit wem. Warum und wer zurückgeblieben ist und was er auf seinem Weg hierher erlebt hat, das würde er gerne erzählen, doch auch Übersetzer-Apps und der Langenscheidt helfen uns nicht, es fehlen Worte und Redewendungen. Wir lächeln uns dann an und zucken mit den Schultern. Das bedeutet so viel wie „das erzählen wir uns eben später“.

Den Satz „Ich mag dich.“ gibt es aber schon und weil die anderen Worte fehlen, bekam ich heute Blumen mitgebracht.

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Und jetzt bin ich sehr gerührt.