Das Letzte.
31. Dezember 2009
Kommen Sie gut rüber.
Ich jedenfalls tue alles dafür, dass sich ein Dutzend Menschen heute hier wohlfühlen und satt werden. Und falls Sie denken, das wäre die Mega-Silvester-Party hier und ein leises Neidgefühl in Ihnen hochkriecht, weil Sie womöglich nur ganz gemütlich auf dem Sofa sitzen werden und vierhundert Mal „Dinner for One“ schauen – seien Sie sicher: ich beneide Sie.
Für mich müsste diese riesige Silversterfeier nämlich nicht sein, ich mag´s gerne klein und beschaulich. Das allerbeste Silvester war das Weltuntergangssilvester ´99 auf 2000, als der beste Vater meiner Kinder arbeiten und evtl. abstürzende Computer fangen musste und ich mit der allerliebsten Freundin in dicke Decken gemummelt draußen auf der Terrasse saß. Und wir uns gegenseitig in hysterische Panik steigerten in Erwartung auf russische Raketen oder so.
Vorbereitet sind fünf verschiedene Dips bzw. Brotaufstriche, drei davon vegetarisch. Dreissig tiefgefrorene Brezeln wollen aufgebacken werden, Rosmary Breadsticks will ich noch backen, weil die schmecken so lecker (freundliches Winken Richtung Betageuze) und die gestampften Kartoffeln für zwei Kartoffelbrote kühlen schon seit gestern abend ab und warten auf Weiterverarbeitung. Drei Salaten sollen die Köpfe gewaschen werden und meiner müsste auch nochmal unter die Dusche. Karotten, Gurken und Paprikastreifen zu den Dips, fünf Sorten Chips und Salzstangen auf die Hüften.
Putzen sollte ich nicht, denn das Suddelwetter da draußen bleibt an den Schuhen kleben und wird mitgebracht. Doch die verseuchten Bäder sind mit Sakrotan geschrubbt, damit auch die letzte Vire weichen musste.
Schwager und Schwägerin haben spontan zwei Gäste eingeladen, eine Freundin der Schwägerin aus Manchester und deren Mann/Freund/Lover/wasweißich. Das bedeutet, dass ich heute abend auch Englisch sprechen muss. Uff. Ich glaube, ich gehe früh ins Bett :-)
Die vier Jungs sind gerade mit dem Opa losgezogen, um Silvesterknallzeug zu kaufen. Der Opa darf das, wir Eltern sind da eher dagegen. Wir einigten uns rasch auf maximal zwei Raketen pro Kind und nicht auf das vom Opa vorgeschlagene 10 Euro/Kind. Töchterlein und ich schwören auf Wunderkerzen und Knallerbsen, doch damit lassen sich die harten Kerle nicht mehr beeindrucken. Schade. Ich feiere eben lieber leise und funkelnd.
Töchterlein und ich verbrachten heute morgen noch ein paar vergnügliche Minuten im Nähzimmer, denn das Silvesteroutfit wollte vervollkommend werden. Nicht meines, sondern das der Tochter. Sie trägt nun einen orangefarbenen Samtrock mit petrolfarbenem Einsatz und mit allerliebsten Vögelchen bestickt über Jeans. Dazu einen geerbten dunkelblauen Pulli vom Großen, der noch rasch mit Stickerei gepimpt werden musste. Ich schreibe dies hier so ausführlich, weil ich mich so arg darüber freue ,dass sie nun endlich Genähtes/Gepimptes von mir haben möchte. Und ich freue mich, dass sie so farbmutig ist. Und dabei so abseits von dem, was „in“ ist.
(mein zauberhaftes Outfit besteht aus Jeans mit dickem Pulli. Jedenfalls noch.)
So. Ich glaube, das war es für dieses Jahr. Einen Jahresrückblick (oder etwas Ähnliches) gab es ja schon, weswegen ich sie mit fünf zugenommenen Kilos und sieben Zentimeter längeren Haaren verschonen werde. Falls es heute abend/nacht doch noch richtig klasse wird, kann ich ja morgen mit Bildern prahlen.
Bleibt nur den Satz von oben nochmal zu wiederholen:
Kommen Sie gut rüber.
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30. Dezember 2009
Im Mai bei der Gartenparty saß Frau Webschaf zusammen mit ihrem Mann im Wohnzimmer der Grünen Villa. Gemeinsam blätterten sie im Buch: Ein Kind entsteht
Ziemlich frisch war das Wissen um das kleine Webschaf, aber hey! Erfahrenenen Müttern kann man nix vormachen. Ich sah das Funkeln in den Augen. Und manchmal haben werdende Mütter auch so etwas Besonderes. Ich kann nicht mal sagen, was den Unterschied ausmacht. Viele Frauen wirken weicher. Wissender.
Wie auch immer, ich wusste es sofort und es wurde nicht abgestritten.
Ich sah den Bauch wachsen, einen unglaublich großen Bauch für eine Frau, die mittlerweile in der Größe von meiner Tochter überholt wurde! Wir saßen zusammen am Küchentisch und alberten über Namen, die das Kind auf gar keinen Fall haben darf. Das Kind, ein Junge, wie sich kurze Zeit später herausstellte.
Und gestern nacht, gegen 23 Uhr, hat dieser kleine Junge nun endlich, nach einigen Tagen Verspätung und auch nicht ganz freiwillig, das Licht der Welt erblickt.
Liebe Alke, wir alle in der Grünen Villa, freuen uns riesig mit Dir, mit Euch und wünschen Euch einen guten Start ins Abenteuer Elternschaft. Ich bin mir ganz sicher, dass Ihr das ganz wunderbar machen werdet!
(und lasst den kleinen Jungen keine Fauchschaben anknabbern oder so.)
Statusbericht
29. Dezember 2009
Heute morgen um fünf Uhr aß ich einen Apfel.
Er blieb bei mir und das ist ein wirklich tolles Gefühl.
Die Familie ist wieder fit, nur ich, und das ist ja immer so, hänge richtig in den Seilen, mit Fieber, Schweissausbrüchen und üblen Kopfschmerzen. Und der Jüngste, der verschont geblieben ist, hustet fürchterlich und muss deswegen heute noch zum Arzt.
Eigentlich sollen heute die Familie Schwager samt dreier Kinder anreisen, doch ich glaube, ich brauche noch einen ruhigen Regeneratiostag.
*****
Genug gejammert!
Schicken Sie doch bitte gute Gedanken und Wünsche zu Frau Webschaf, die seit 24 Stunden vor sich hinweht. Heute wird ein kleiner Junge geboren! Ist das nicht großartig?
urgsurgs.
27. Dezember 2009
Sowie ich zwei Teelöffelchen Wasser in das Kind fülle, spuckt es diese in doppelter Menge und hübsch gallig gefärbt zurück in die rote Schüssel. Deshalb beließen wir es bei diesem einen Versuch, den fürchterlichen Durst zu stillen.
Seit fünf Uhr spuckt die Tochter in schöner Regelmäßigkeit. Manchmal auch dann, wenn sie gerade am anderen Ende übelriechende Flüssigkeiten von sich gibt.
Der beste Vater meiner Kinder war in der Notdienstapotheke und erstand einen nach künstlicher Kirsche schmeckenden Anti-Übelkeits-Sirup, den Töchterlein allerdings im wahrsten Sinne des Wortes zum Kotzen fand. Auf dem Beipackzettel des Sirups steht übrigens, dass dieser zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen kann und das verunsichert mich stark. Oder das Zeug ist irgendwie homöopathisch und das sind dann die berühmt-berüchtigten Erstverschlimmerungen. (Verzeihung. Ich werde bösartig. Ich kann nur vier Stunden in Kotzedämpfen als Entschuldigung vorschieben.)
Das Schreiben dieses Textes dauerte eine halbe Stunde. In dieser Zeit war dreimal eine rote Schüssel zu spülen. Mir ist etwas flau im Magen.
Falls ich irgendwann mal irgendwo in einem Kleinkindmutterblog geschrieben habe, dass das mit den Krankheiten besser wird, irgendwann … es tut mir leid. Das war dann wohl zu früh gefreut.
(muss jetzt mal nach dem Jüngsten sehen, der hustet so arg.)
***** update, 0:39 Uhr
Die Tochter schläft wieder seit einer halben Stunde. Wenn wir Glück haben, hatte das Zäpfchen ausreichend Zeit um absorbiert zu werden, bevor der nächste Krampf Flüssigkeiten nach außen drückte.
Der große Sohn bekam vor einer Stunde eine Schüssel vor´s Bett gestellt, die er gerade auf dem Weg die Treppe hoch brav füllte. Er bekam eine große Dosis Vomex, in der leicht getrübten Hoffnung, dass das lange genug drin bleibt.
Der beste Vater meiner Kinder wurde gerade nach unten ins Gästebet geschickt, ebenfalls mit Schüssel. (Gästebett, weil in seinem Bett liegt seine Tochter)
Der Jüngste schläft.
Ich nicht. Heute nacht jedenfalls nicht.
(Danke für die guten Wünsche, ich nehme sie alle.)
***** update 2:22 Uhr
Schlaf wird überbewertet. Wäre heute Silvester, würde ich mich wohl auch nicht beklagen. Also.
Der Jüngste schläft weiterhin friedlich. Töchterlein schläft sehr unruhig, hat aber bereits vier Schlucke Wasser seit einer Stunde nicht ausgespuckt, Herr Noro liegt hier in den Endzügen.
Das ist eventuell ein Trost für den Großen und den besten Vater meiner Kinder, dass das Virus so schnell durchmarschiert. Wahrscheinlich derzeit noch ein kleiner, denn wir befinden uns im „Saft-Auskotz und noch zu stark Durchfall für Zäpfchen“ – Stadium. Der beste Vater meiner Kinder liegt mittlerweile im Bett der Tochter, der große Sohn ist auf dem Sofa zwischengeparkt. Alle auf einem Stockwerk ist schonender für Frau Knie.
Die ollen Geschirrhandtücher gehen mir langsam aus und ich überlege, ob ich rasch das Bad putze, falls es mich morgen erwischt. Wenn schon kotzen, dann bitte in ein frischgeputztes Klo.
Ok, Zeit für meine Runde.
***** update 3:02 Uhr
Alles ruhig.
Wenn ich es jetzt wage, die Fleecejacke und die ausgeleierte Jogginghose gegen irgendein Deckbett, das ich irgendwo vielleicht finde, zu tauschen, werde ich dann doch noch schlafen? Oder warten alle kleinen Noroviren nur genau auf diesen Moment, um in empfindliche Magenwände zu treten?
Ich werde es wagen. Auch wenn dann wahrscheinlich der dicke Martin eine Maus auf den Teppich kotzt. Heute schockt und ekelt mich nix mehr.
***** update 3:34 Uhr
kein Schlaf.
Tochter trinkt wieder ohne Rückfahrschein und gleicht nicht mehr einem Pandabären. Sehr fein.
Sohn kotzt. Kleiner Sohn schläft. Mann schläft.
Erwähnte ich schon, dass ich Scharlach habe?
***** update 5:51 Uhr
naja, KEIN Scharlach, ich meine Angina. Halsentzündung. Aua in dem Ding unterm Kopf. Ich bin müde.
Schlafen unmöglich, bzw. nicht länger als zehn Minuten am Stück . Die Zeiten, in denen ich eine durchgemachte Nacht lässig wegsteckte sind wohl schon lange vorbei.
Ich hoffe, dass in etwa drei Stunden die ganze Familie kerngesund aus ihren Betten kriecht, damit ich für den Rest des Winters in meinem schlafen kann.
Jetzt erstmal Kaffee.
***** update 10:02 Uhr
Das jüngste Kind ist fröhlich aus seinem Bett geklettert und hat ein sehr großes Käsebrot verspeist. Töchterlein schläft und zwischendurch trinkt sie jede Menge Wasser, überstanden, wage ich zu sagen. Der große Sohn sitzt am Küchentisch und liest Zeitung. Zur Lektür ebenfalls literweise Wasser, ebenfalls überstanden.
Der beste Vater meiner Kinder schläft noch.
Und ich selbst? Ich habe eben dankend das Angebot des Schwiegervaters abgelehnt, heute Mittag Lendchen in Blätterteig zu speisen, allein der Gedanke dreht mir den Magen. Keine Ahnung, ob dies die Vorboten des Herrn Noro (ich weiß, dass das kein Noro-Virus ist, weil das ist deutlich hartnäckiger, aber „Herr Nor“o lässt sich so schön abfällig betonen) sind oder der Schlafmangel oder hysterisches Solidaritätsgefühl. Jedenfalls halte ich mich vorerst an Tee. Und weiß ja nun auch: egal, wie es weitergeht, es dauert höchstens zehn Stunden. Wenn das mal kein Trost ist.
Zweiter Kaffee des Tages
26. Dezember 2009
und der Krustenbraten gart im Ofen. Sellerie- und Karottenduft harmonieren eigentlich ganz gut mit dem vom der allerliebsten Freundin selbstgebackenen Elisenlebkuchen. Ian Anderson singt und flötet with the Frankfurt Neue Philharmonie Orchestra. Die Kindelein vernichten Plätzchen und Lebkuchen und teilen sich, der Vitamine wegen und damit die Mutter beruhigt ist, eine Mandarine. Angezogen ist noch niemand.
Und wie jedes Jahr an Weihnachten nehme ich mir vor, diese unbefangene Gemütlichkeit auch an „normalen“ Wochenenden zu leben, doch meistens klappt das nicht. Fehlen dann die Lebkuchen?
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Apropos Lebkuchen: wie jedes Jahr nur die sauteuren von Schmidt und dieses Jahr in der ganz großen Blechtruhe. Die Lebkuchen sind die allerbesten und die Truhe wird uns noch viele Jahre begleiten, jedes Jahr auf´ s Neue mit selbstgebackenen Plätzchen befüllt. Genauso wie die mittlerweile ca. 30 Jahre alte Lebkuchenblechtruhe, die ich von meiner Oma erbte. In der großen Blechtruhe ein echtes Stück Kindheitserinnerung: das Märchenhäuschen mit Schokolade-Lebkuchenherzen. Ein Papphäuschen, bei dem sich Fenster und Türen öffnen lassen. Hab ich als Kind geliebt, wird jetzt von meiner Tochter geliebt.
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Draußen übrigens strahlender Sonnenschein bei kuscheligen 10°C. Kein bißchen weihnachtlich, aber ideal, um lange Listen zu schreiben, was in nächster Zeit hier erledigt werden muss. In der Küche zum Beispiel müssen zwei Stühle neu geleimt werden. Ausserdem muss die jährliche Schrankinspektion durchgeführt werden. Dabei wird der Inhalt der Schränke überprüft auf a) wichtig und unentbehrlich und ständig in Gebrauch, b) wichtiges Küchengerät, das häufig zum Einsatz kommt, c) selten gebraucht, aber wenn, dann ist die Freude es zu besitzen riesengroß, d) unnötig, aber voll sentimentaler Erinnerungen und e) Quatsch und überflüssig. Letzteres fliegt sofort raus (= landet in der Halle und bleibt dort liegen, weil die Mülltonne gerade voll ist. Ein halbes Jahr später wird es gefunden, von irgend einem Familienmitglied, womöglich sogar von mir, und wieder in die Küche geschleift, voller Begeisterung ob der tollen Entdeckung. Seufz.) Bei der Gelegenheit werden Vorratsschränke und -schubladen auf Schädlinge und Abgelaufenes hin untersucht. Mittlerweile hab ich das aber tatsächlich gut im Griff, die Schädlinge sind sauber „eingetuppert“ und die Haltbarkeits-Fastleichen gibt es nicht mehr. (war mal ein guter Vorsatz, der tatsächlich in die Tat umgesetzt wurde. Jeah!)
Auch auf der Liste ist eine farbliche Neugestaltung der Küche, weil mir ist nicht mehr grün mit rot, mir ist mehr so vanillegelb-pastellig, aber doch irgendwie rot. Kommt Zeit, kommt Farbe.
Der Flur auch. Der ist nämlich seit unserem Einzug vor beinahe elf Jahren nicht mehr verändert worden und mittlerweile nicht mehr unseren Bedürfnissen entsprechend.
Ausserdem soll das Nähzimmer türkis werden und die Küchen-, bzw. Wohnzimmerdecke muss gestrichen werden. Das ist unvermeidlich, weil die neuen Lampen anders an der Decke hängen, als die alten, die alten Lampen aber ihre Schatten hinterlassen haben.
Und dann ist ja auch schon fast Frühling und ich darf wieder in den Garten, kriechend, robbend, knieend. Schmerzfrei, glücklich und mit ungebremsten Tatendrang.
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So. Der Krustenbraten will gehätschelt werden, Frau … äh … Mutti muss geduscht werden und die Kindelein in ordentliche Klamotten hinein überredet werden. In einer Stunde geht´s zu Oma und Opa.
Genießen Sie den letzten Feiertag!