Das letzte Jahr war eigentlich ein grauer, trüber Brei voller Sorge, Krankheit, Mutlosigkeit, Rumhängerei und allgemeinem „Wääh!“, garniert mit bunten, glitzernden Streusel aus Liebe, Freundschaft, Viecherei, Natur, „einfach machen“ und „Mut haben“. Was dann letztlich ein ganz okay-ishes Ganzes ergab.

Für den ganz langen Rückblick fehlt mir das Erinnerungsvermögen und derzeit auch die Energie, weil -um dem Ende vorzugreifen- wir das Jahr nur knapp genesen beendet haben.

Januar:

Das Hundekind lernt Schnee kennen und lieben, braver Hund.

Ich klapperte diverse Ärzte ab, um diesem Long/PostCOVID- Mist vielleicht doch endlich zu entkommen. Nur um zu schauen, ob ständige Kopfschmerzen vielleicht andere Ursachen haben, wurde ein Schädel-MRT angefertigt. Eine Sorge weniger, das sieht in meinem Kopf so aus, wie es im Kopf eine knapp über 50jährigen auszusehen hat und da wächst auch nix, was nicht da wachsen soll. Immerhin.

Die Wucherung an Lolas Bein ist ein Lipom, das können wir vernachlässigen, das entzündete Ding am anderen Bein muss beobachtet werden, fällt aber wahrscheinlich von alleine ab (das Ding, nicht das Bein) , sprach der Tierarzt. Und so war es dann auch.

Den Rest des Monats verbrachte ich mit Hunderunden und damit, dem Hundekind beim rasanten Wachstum zuzusehen. (vermutlich gab es noch zwei, drei andere Sachen, aber ach. Mein Siebhirn.)

Februar:

Zwangsläufig, weil Hunderunde, verbringe ich viel Zeit draußen, obwohl ich das nicht wirklich will. Das trübe Wetter zerrt an meinen Nerven und ich kann den Frühling kaum abwarten. Die blühenden Mandelbäume am Wartturm sind eine leise Vorahnung, aber wirklich nur sehr, sehr leise, denn der Frost kam natürlich zurück und hey! Ist halt Winter. Aber diesmal war er hart.

Wir feierten den 24. Geburtstag des Jüngsten, zum ersten Mal in dessen hübscher, kleiner Wohnung. Noch gibt es eine Nabelschnur in Form der Wendeltreppe zu unserem Wohnbereich, doch die Tage der Treppe sind gezählt (im Mai wurde sie abgebaut!) und dann muss ich es aushalten, dass das Baby ganz alleine sein Leben stemmt.

Apropos alleine:

„Ich würde gerne mal alleine durch den Wald ziehen“, vertraute ich dem Gatten an, woraufhin dieser loszog und mir ein kleines Zelt kaufte. „Mach!“, sagte er.

März:

Während hier endlich, endlich der Frühling aus den Löchern kroch, reiste ich zur Tochter nach München. Die zeigte mir Münchner Highlights und, zum Ausgleich, ein bißchen „ihre“ Berge. So kam ich tatsächlich nochmal in den Genuss von echtem Schnee. Also Schnee, der höher als dreieinhalb Zentimeter liegt. Das war ganz wunderbar!

Gegen Ende des Monats brauten sich sehr dunkle Wolken zusammen. Nicht über unserem Haus, aber über dem von Freunden. Bis heute sind sie nicht verschwunden, das werden sie auch nie wieder tun. Ein bißchen heller ist es immerhin, aber letztlich bleibt zu sagen: Depressionen sind ein Arschloch.

April:

Frühjahrsputz! Es stellte sich als äußerst befriedigend heraus, die Terrasse mit diesem Hochdruckreiniger auf Hochglanz zu bringen und ich fürchte, ein weiteres Hausfrauenlevel wurde freigeschaltet. Zum Ausgleich schliff ich Küchenschränke ab und lackierte neu. Und gleich wieder um, denn das gewünschte Senfgelb deckte nicht. Die Küche wurde anthrazit und mintgrün, ungewohnt seriös, weswegen ich mir sehr sicher bin, dass das nicht lange so bleiben wird.

Ich begann durch den Garten zu robben, um gigantische Ernten vorzubereiten. Und, Sie wissen es ja, je dreckiger meine Hände sind und je lauter der Rücken jammert, desto glücklicher bin ich.

Mai:

Ich kroch weiterhin durch den Garten. Nicht nur wegen der zukünftigen Ernte, sondern auch um eine ordentliche Garty-Party-Location vorzeigen zu können. Letztere fand Ende des Monats stand. Ich habe sie sehr genossen und ich glaube, den meisten Gästen ging es genauso.

Um das mit dem Zelten ein bißchen zu üben, baute ich mein Zelt im Garten auf und wollte danach eigentlich direkt losziehen! Zuerst schliefen wir aber mit den Hunden eine Nacht im Wingert, Neuland für Lutz. Wir stellten fest: das Hundekind ist bereit für Wanderabenteuer und unser großes Drei-Personen-Zelt reicht knapp für das Hundekind allein, wir dürfen uns am Rand dazuquetschen.

Juni:

Der Wandermonat!

Der Gatte, die Hunde und ich zogen mit zwei Zelten auf dem Soonwaldsteig los. Zuerst gemeinsam, dann trennten wir uns. Der Gatte fuhr mit den Hunden wieder heim, ich wanderte drei Tage alleine weiter. Schlief alleine in meinem Zelt auf Trekkingplätzen, lief alleine auf (perfekt ausgeschilderten) Wanderwegen, langweilte mich nicht, hatte keine Angst und war danach total bereit für den großen Weg. der Westweg. Den kannte ich schon, deshalb rechnete ich nicht mit allzu großen Überraschungen. Dass meine Wanderschuhe an Tag vier unbrauchbar wurden und ich das bereits am zweiten Tag hätte feststellen können, als sich die ersten Blutflecken in den Wandersocken zeigten, war dann doch sehr überraschend. Noch überraschender war es, dass mich meine unschön zerfleischten Füße daheim fast zwei Wochen ins Bett zwangen, bis ich wieder einigermaßen schmerzfrei laufen konnte.

Immerhin gab es von der Wanderschuhfirma eine schöne Entschädigung und das Ersatzmodell wird bereits eingelaufen, für das nächste Solo-Abenteuer. Der Westweg will beendet werden.

Juli:

Der Sommer ist da, die Hunderunden finden sehr früh und sehr spät statt, dazwischen liegen alle Tiere, auch die Katzen, in kühlen Ecken herum und schlafen.

Ich genoß die Schattenecken im Garten und kümmerte mich um Gemüsebeete, Beerenernte und das Gewächshaus.

Der Gatte reiste mit den Söhnen zur Tochter. Gemeinsam kletterten sie auf ein paar Gipfel und als krönenden Abschluss auf die Zugspitze. Klettersteige sind nicht meine Wohlfühlorte, ich war nicht traurig, mit dem ganzen Viehzeug daheim zu bleiben.

August:

Der Gatte hatte erneut Stellplatz auf den Trekkingplätzen entlang des Soonwaldsteiges gebucht, doch nachdem wir erst im Juni dort waren und ihn auch im Jahr vorher komplett gewandert waren, überließ ich dem Jüngsten (und den Hunden) meinen Platz im Zelt und blieb daheim. Ich bin nämlich sehr gern allein daheim. Trotzdem war ich dann doch ein bißchen neidisch auf die Zeit im Wald, logisch.

Wir planten den nächsten Wanderurlaub. Diesmal mit deutlich mehr Anteil am Meer und ich hoffe wirklich sehr, dass das alles so klappt, wie wir uns das vorstellen.

Das Hundekind wurde ein Jahr alt und ist definitiv kein kleiner, niedlicher Fellflausch mehr. Ganz im Gegenteil: die Pubertät kickt schwer rein und das Tier fängt an zu stinken. Und der pubertäre Hörverlust macht immer häufiger den Gebrauch der Schleppleine nötig.

September:

Es gab eine Zeit, da war ich hier „die bunte Frau“. Das verliert sich immer mehr, aber ich arbeite am Titel „verrückte Hundefrau mit Hut“, das könnte mir gefallen.

Tatsächlich lässt es sich nicht leugnen: es herbstelt. Die Trauben, die zuerst prall und gesund und in großen Mengen an den Reben hingen, werden durch heftigen, langen Regen sauerfaul. Tag und Nacht fahren die Vollernter und retten, was zu retten ist.

Mein Garten ist unbeeindruckt vom Wetter. Er ist grüner als im Frühling und ich freue mich über reichlich Gießwasser für die Tomaten im Gewächshaus.

Oktober:

Wir starten den Monat mit Freunden in Freiburg. Bummeln durch das entzückende Städtchen, speisen und trinken hervorragend und genießen unseren Miniurlaub.

Danach … wird es grau. Ich krache mit voller Wucht ins PostCOVID-Tal und sehe mir von außen dabei zu. Völlig hilflos trudele ich immer weiter runter und überlasse es letztlich dem Gatten, daheim alles zu stemmen. Es gab über das Jahr hinweg immer wieder Einbrüche, aber dieser ist wirklich heftig. Ich deaktiviere meine Social Media Kanäle, weil sämtlich Reize zu viel sind. (bastele mir einen kleinen Instagramaccount, auf dem ich meine Hunderunden festhalte. Und ja, wer Hashtags nutzt, wird dann halt auch schnell wieder gefunden.)

Der Geburtstag des Gatten geht vorbei, die Tage schwimmen ineinander. Durch die Depression des Freundes sensibilisiert sprechen wir lange, auch im Freundeskreis, über das „was wäre wenn“ und „ab wann“.

November:

Nach langer Planung, vielem Hin und Her und einigen „uppsi“s seitens der Solarplattenfirma ging es dann zackig: auf dem Dach liegen jetzt sehr viele Solarplatten, in der Halle hängen zwei Wechselrichter. Der eine speist den größten Teil des Stromes ins Netz ein, der andere versorgt uns selbst. Haken dran. Nächster Plan: eine Wärmepumpe. Und ein Zisterne im Gewölbekeller. Weil dann kann die große Zombieapokalypse kommen.

Vermutlich waren das schon die Novemberhighlights, ich hing nämlich immer noch rum. Der Gatte hielt weiterhin alles am Fliegen, zusätzlich zu einem durch ein hirnrissiges Projekt heftig angestiegenes Arbeitspensum. Ich beobachtete, wie angesterngt und gehetzt er war und konnte nichts dagegen tun. Was mich noch tiefer trudeln ließ. Aber irgendwann wurde es wieder besser. Einfach so.

Dezember:

Ich sag ja immer, dass wir im Dezember das allerwichtigste Fest feiern, nämlich meinen Geburtstag. Und so ungern der Gatte den seinen feiert, so begeistert mag ich meinen zelebrieren. Und so geschah es. Der Große hatte die obligatorische Binzessinnenkrone gebastelt, es gab Besuch, Glückwünsche auf allen Kanälen, Alkohol und sehr viele Brownies, denn ich hatte zur Brownieparty geladen. Sehr, sehr toll, sehr anstrengend.

Mit mir ging es immer weiter aufwärts, das Stresslevel des Gatten sank, doch meine Weihnachtsfeierlust bewegte sich gegen null. Mit der allerbesten Freundin und der Tochter plante ich ein köstliches Weihnachtsessen und war dann sehr traurig, als die Freundin am 23. erkrankte und absagen musste. Als der Jüngste ein paar Stunden später hustend vor mir stand, irgendwas von Schnupfen sagte und kurz darauf die zweite Linie im Teststäbchen erschien, war ich gar nicht so traurig Weihnachten absagen zu müssen. Erst als es den Gatten erwischte und kurz darauf die Tochter hörte der Spaß auf. Ich spielte dann eben auch mit und einzig der Große hielt weiterhin die Stellung, verbannte uns in unsere Quarantänezonen, die wir nur mit Maske verlassen durften und versorgte uns mit ausgezeichnetem Essen. Wir fieberten, husteten, schnupften und fühlten uns elend, der Große übernahm die Hunderunden und langweilte sich dazwischen auf dem Sofa.

Mittlerweile sind alle Tests wieder negativ, die Kinder wieder in ihren Wohnungen in den verschiedenen Städten verschwunden. Richtig gesund sind wir noch nicht, weswegen wir den Jahreswechsel nicht wirklich rauschend gefeiert haben. Es gab nicht mal Sekt.

(dafür aber eine tote Ente am Morgen, damit hat das scheidende Jahr uns nochmal so richtig eine Nase gedreht.)

Das war also dieses 2023. Ich sags mal so: da ist für 2024 noch Luft nach oben.

Vorsichtshalber habe ich mal keine Vorsätze formuliert. Kein Vorsatz sondern eine Notwendigkeit: die überzähligen Kilos wieder loszuwerden. Ich neige leider sehr zum Frustessen und in Verbindung mit „kann nicht, will nicht, geht nicht“-PostCOVID führt das zu unschönen Ergebnissen. Nicht nur zu kneifenden Klamotten, sondern halt auch zu „ich mag mich so nicht“ und das ist ja eh kontraproduktiv.

Fertig!

Alles Liebe und Gute, Glück und Gesundheit Ihnen da draußen. Sie wissen ja: immer die Ihre.

Was geht (und was nicht)?

4. Dezember 2023

Vor etwas über einem Jahr habe ich über LongCOVID (oder PostCOVID) geschrieben, da wäre es durchaus an der Zeit für ein update.

kurz: Einiges ist besser, Vieles gleich und Manches neu.

Besser ist mein körperlicher Zustand. Der Husten ist verschwunden, das Herz rast nicht mehr ständig und die Kopfschmerzen, die grauenhaften, ständigen, quälenden Kopfschmerzen, sind ganz selten geworden. Letzteres ziemlich sicher aufgrund einer Hormonersatztherapie, die mir auch Schlafstörungen und Hitzewallungen erspart. (mittlerweile ist es mir fast wurscht, weswegen etwas hilft, Hauptsache Besserung)

Gleich geblieben sind Konzentrations- und Wortfindungsstörungen. Mir nahestehende Menschen können damit ganz gut umgehen, wenn ich in Gesprächen etwas planlos durch die Themen hüpfe oder zwischendrin den Faden verliere. Das nimmt mir die Sprechhemmung, die mich bei „Fremden“ befällt. Ich kann also noch immer nicht wieder „frei von der Leber weg schwätzen“ und wirke deshalb in Gesprächen mit Fremden eher hölzern oder auch so, als könnte ich nur knapp bis drei zählen. Das ist schwierig bei Arztterminen, wenn ich mein Anliegen vorbringen muss, Fragen beantworten soll und mir Antworten merken will. Klappt nicht, schaffe ich nur mit Begleitung. Hier also leider keine nennenswerte Besserung, es wird sogar eher noch einschränkender, weil ich mittlerweile versuche, SmallTalk-Situationen zu vermeiden. Zum Frisör habe ich es schon sehr lange nicht mehr geschafft, weil ich diese Schwätzchen nicht hinbekomme oder mich dabei so sehr anstrengen muss, dass ich hinterher zwei Stunden Schlaf brauche.

Ebenfalls gleich sind die Befindlichkeitsschwankungen. Von „eigentlich geht es mir ganz gut“ bis runter ins „LongCOVID-Tal“. Und dort ist es nicht nur anstrengend, sondern auch -seit ein paar Monaten neu im Programm- sehr, sehr finster. So finster, dass ich sowohl mit dem Gatten als auch mit den besten Freunden ein „wenn ich da nicht mehr rauskomme, müsst ihr mich dorthin bringen, wo man mir hilft“-Gespräch hatte. Im finsteren COVID-Tal ist nämlich alles schlecht, nichts mehr lebenswert und auch ein bißchen „wozu das Ganze?“ Noch habe ich das im Blick und im Griff, kann gegensteuern und mich heraushieven, doch meine Angst, dass das irgendwann vielleicht doch nicht mehr klappt, wächst. Und es kostet mich jedes Mal mehr Kraft, das auch zu wollen. (wie grauenhaft, das vor mir zuzugeben!)

Sie ahnen also: vor diesem Tal habe ich Angst. Und ich habe in den letzten zwei Jahren gelernt, wie ich den Flug dort hinein etwas bremsen oder auch umgehen kann. Dazu gehört, dass ich schnell erkenne, was mich stresst. Irritierenderweise kann mich etwas heute amüsieren und schon am nächsten Tag unter massiven Druck setzen. Das ist auch ein Grund, warum zur Zeit mein Instagramaccount ruht. Jetzt muss ich keine Bilder zeigen (jajaja, muss ich sowieso nicht, aber…) und muss mir auch keine ansehen. Muss mich nicht schlecht fühlen, weil ich keine Mandeln gebrannt, Christmas Crunch gerührt (doch, doppeltes Rezept sogar) und nur sehr wenige Plätzchen gebacken habe (nur Spritzgebäck und Schneeflocken). Muss meine Weihnachtsdeko nicht vergleichen (lassen), muss mich nicht über Konsum, Werbung, Black Friday, Influencerhühnchen und Trolle aufregen. Ich knippse meine Hunderunde-Bildchen und bin damit sehr entspannt, auch ohne Kommentare. Kein Druck, kein drohendes Tal. Hoffe ich.

Ich weiß nicht, wohin mich dieser ganze COVID-Mist noch führt. Manchmal denke ich, dass ich gut zurechtkomme, dass meine Strategien funktionieren. Dann haut es mich aus heiterem Himmel wieder um und ich sage zum Gatten „boah, jetzt schwächele ich hier schon wieder seit fast einer Woche herum“ und er sagt „naja, eigentlich sind es mittlerweile fast drei Wochen“. In diesen Zeiten schaffe ich meistens nur eine Hunderunde und vielleicht das abendliche Kochen, den Rest des Tages hänge ich auf dem Sofa, schlafe oder heule, weil ich nur herumhänge und schlafe. Wenn es wenigstens eine Regel gäbe: einmal im Monat, heulendes Elend, Haken dran. Dem ist aber halt nicht so und deshalb versuche ich so „normal“ wie möglich zu leben, plane Wanderungen und Unternehmungen und versuche nicht allzu oft über diesen Scheiß zu jammern.

In einem Jahr dann wieder.

(den Instagramaccount fülle ich ab Januar wieder)

(danke für die vielen (Geburtstags)Grüße, die mich auf teils abenteuerlichen Umwegen erreicht haben, das nächste Mal melde ich mich ganz ordentlich ab)

Adventsbloggen am 16.12.22

16. Dezember 2022

Der Nestbautrieb hält an. Das Hundekind kann jetzt auch in die Wohnzimmerschränke schauen, ich habe sie heute alle aufgeräumt und abgestaubt, außerdem Stoff an die Rahmen der Glastüren getackert, mir ist nach ruhigem, einheitlichen Rosa statt bunten Buchrücken. Das Tackern hat mich ausgiebig fluchen lassen, weil dieser blöde Tacker nur nach jedem vierten, fünften Hebelzug eine Tackernadel ins Holz schoss, Höllenlärm veranstaltete er aber jedesmal, auch bei Fehlschüssen. Aus Versehen habe ich außerdem die Tischdecke an den Küchentisch getackert, war klar, dass das Ding genau dann funktionierte, als ich dem Gatten die Fehlfunktionen vorführen wollte.

Außerdem sind wir eingeknickt und haben den uralten Ölradiator aus der Halle hoch ins Bad geschleppt. Wir sind schuld, wenn das Niersteiner Stromnetz zusammenbricht, aber hey! Mein Hintern friert nicht mehr an der Klobrille fest! Das nun warme Bad sieht noch viel besser aus als vorher, was freue ich mich auf unseren Heizkörper. Vielleicht klappt das nächste Woche noch?

Ansonsten … es bleibt kalt. Irgendwann die Tage habe ich erklärt, dass die Enten Wasser für die Gefiederpflege brauchen. Heute gab es nur das Wasser aus der Trinkschüssel, beide Entenpools sind komplett durchgefroren. Nächste Woche sollen die Temperaturen wieder deutlich im Plus sein, dann darf wieder ausgiebig im Garten gebadet werden. Die Enten können das aushalten, so lange sie ausreichend Wasser zum Trinken haben,

Damit wir doch einen bunten Plätzchenteller an Weihnachten haben, kurbelte ich heute abend eine Portion Teig durch den Fleischwolf für Spritzgebäck. Jetzt bin ich wirklich durch mit der Backerei, wir werden garantiert nicht verhungern. Mandeln will ich noch brennen, auch weil ich die tütenweise beim Weihnachtsblasen im Freundeskreis verteile. Ich erkläre es vorsichtshalber nochmal: am 23.Dezember wird vom Posaunenchor in den Stadtpark zum traditionellen Weihnachtsblasen geladen. Es werden Weihnachtslieder gespielt, die wir laut, schief und inbrünstig mitsingen, weil Glühwein gibt es auch. Zwei Jahre fand das nicht statt, dieses Jahr aber wieder und ich freue mich riesig darauf, denn nach dem Weihnachtsblasen im Park landen wir immer bei den Freunden „auf einen Absacker“ im Wohnzimmer. Vor ein paar Jahren führte dieser Absacker dazu, dass wir alle beinahe einen Flug nach Barcelona buchten, wir waren kurz vor „jetzt buchen“ klicken, als die Tochter der Freunde ins Wohnzimmer kam und, nachdem wir berichtet hatten, was wir da gerade tun, mit bebender Unterlippe „aber morgen ist doch Weihnachten!“ anmerkte. In einem kitschigen Film wären wir ungestört nach Barcelona geflogen und hätten irgendwas Ergreifendes getan/erlebt, doch so erzählen wir uns immer wieder gegenseitig, wie witzig das war, als wir fast nach Barcelona geflogen sind, nach dem Weihnachtsblasen. Oder wie „Udo Gärrätsch die Fischlis auf den Boden gekippt hat“, eine Geschichte aus einem anderen Jahr, die nur wir zum Totlachen finden, weil wir a) halt alle dabei und b) sehr betrunken waren. Sie sehen: Weihnachtsblasen gehört hier einfach dazu.

Jetzt habe ich genug erzählt, mein Whisky Sour (mit schlechtem Whisky leider nicht so gut wie sonst) ist getrunken, alle Tiere schlafen und ich werde das jetzt auch tun, denn morgen bekomme ich ein (Hunde)Baby.

Long COVID

10. November 2022

Anderthalb Jahre ist es her, seit der Jüngste uns Corona von einer Baustelle mitbrachte. So lange schon her!

Geimpft waren wir noch nicht, Impfpriorität hatten damals ältere und immunschwache Menschen. Die Alpha-Variante des Virus, die britische Variante hatte uns erwischt.

Wir gehörten zu den leichten Fällen. Kein Klinikaufenthalt nötig, keine Beatmung. Dennoch fühlten wir uns so krank wie nie, mit täglich neuen Symptomen und großer Schwäche.

Der Jüngste war schnell wieder auf den Beinen, der Gatte brauchte über einen Monat, ich bin es bis heute nicht. Ich lebe jetzt mit „Long COVID“ und richtig viel Spaß macht das nicht.

Seit anderthalb Jahren lebe ich auf Sparflamme. Ich bin ständig müde, sehr oft völlig erschöpft. Ohne Mittagsschlaf geht es nicht. Wenn ich an einem Tag keinen Mittagsschlaf haben kann, liege ich sehr, sehr oft am nächsten Tag komplett flach, zu müde und schwach, um aufzustehen.

Es fällt mir schwer, Unterhaltungen zu folgen. Menschen, die durcheinander reden oder sich schnelle, witzige Wortgefechte liefern, kann ich kaum folgen, ich muss mich ausklinken, das ist zu anstrengend. Beteiligen ist selten möglich, ich suche ständig nach Worten, nach Formulierungen oder verliere mich in langen Sätzen und ende mit „äh, was wollte ich sagen?“

Mein Gedächtnis ist ein Sieb. Ohne Einkaufszettel einkaufen ist nicht möglich, drei verschiedene Sachen aus der Halle holen funktioniert nicht, auf dem Weg vergesse ich mindestens ein Teil. „Das muss ich dem Gatten erzählen“ muss zeitnah geschehen, sonst ist es weg.

Meine Konzentrationsfähigkeit lässt mich nur seichte oder schon bekannte Bücher lesen, den Inhalt von längeren Artikeln kann ich nicht erfassen, selbst wenn mich das Thema brennend interessiert.

Bei körperlicher Anstrengung gerate ich in Atemnot und mein Herz „stolpert“, ich muss husten.

Ich rieche sehr oft Rauch, manchmal auch Fäkalien. „Phantomgeruch“ nenne ich das und manchmal kann ich nur einschlafen, wenn ich mir ein parfümiertes Handgelenk oder Taschentuch vor die Nase halte.

An mindestens vier Tagen/Woche habe ich Kopfschmerzen. Manchmal sind sie nur ein Hintergrundrauschen, manchmal so, dass ich ein Schmerzmittel brauche, manchmal wachsen sie zu heftigen Migräneattacken.

Diese Symptome „schwanken“. Es gibt gute Tage, meistens kopfschmerzfreie Tage, an denen ich mich fit fühle und ich so etwas wie Tatendrang fühle. Es gibt aber auch Tage oder sogar Wochen, in denen außer einer Hunderunde und Essen kochen nichts möglich ist. Nur schlafen, doofes Zeug streamen oder Daddelspielchen auf dem Tablet.

Und was bedeutet das jetzt für mein Leben?

Zuerst einmal versuche ich mich „damit abzufinden“. An guten Tagen laufe ich auf 80%, das ist doch was und das muss dann halt reichen. Statt drei Stunden im Garten zu wühlen, höre ich eben nach zwei Stunden auf. Unsere Rucksacktouren sind möglich, weil ich viele Pausen machen kann und wir eben das Zelt aufbauen, wenn nichts mehr geht, das ist in Ordnung. Manchmal gibt es halt nur Nudeln mit Pesto, Aufgetautes oder gelieferte Pizza, es ist nicht dramatisch, wenn das Bad einen Tag später geputzt wird oder der Bettbezug eine Nacht länger drauf ist.

Gleichzeitig ist das alles aber zum Heulen schlimm. Ich will Sachen erledigen und kann einfach nicht. Ich bin nicht mehr ich, ich kann mich nicht mehr ausdrücken und unglücklicherweise vergesse ich ausgerechnet diese Tatsache nicht. (haha, so witzig) Kreatives im Nähzimmer geht nicht immer, manchmal weiß ich nämlich nicht mehr, welche Farben mir gefallen.

Ich fühle mich dreißig Jahre älter, nutzlos und nicht mehr liebenswert und es kostet mich sehr viel von der Kraft, die ich eh kaum habe, um mich nicht von diesem ganzen Dreck runterziehen zu lassen. Leider ist die „ich nehme es mit Humor“-Phase vorbei, stattdessen bin ich oft sehr verzweifelt und wütend.

Und weil das früher ja auch schon geholfen hat, kippe ich den ganzen Frust und Kummer ins Blog, in der leisen Hoffnung, dass ich in ein paar Jahren diesem Text lächelnd und „boah ja, das war wirklich Scheiße, zum Glück isses vorbei“ sagend lesen kann.

Fasten – erledigt

10. Februar 2022

Ein bißchen piekst es mich ja schon, dass der Gatte die Fasterei noch durchhält, während ich mich schon wieder fester Nahrung annähere. Kurz bevor ich völlig zitterig und erschöpft mein erstes Apfelstück verspeist hatte, saß ich heulend vor dem Gatten und erklärte ihm, dass er einfach alles besser kann als ich, sogar hungern. Nachträglich ausgesprochen witzig. Und auch sehr erschreckend, wie schlecht es mir gegangen sein muss, um solch einen Unsinn zu verzapfen. Diese Schwäche und Abgeschlagenheit hat mir übrigens einen astreinen flashback Richtung COVID-Infektion verpasst und im nachhinein bin ich ziemlich sicher, dass es nicht meine beste Idee war, mit noch immer anhaltendem Long-Covid-Scheiß zu fasten. Wie auch immer, abgehakt. Essen schmeckt großartig und tut mir gut. Der Gatte wird am Samstag morgen sein Fasten brechen, er freut sich darauf. Ich mich auch, denn ich habe jede Menge Ideen, was ich in nächster Zeit kochen will und außerdem habe ich heute viel Geld für zwei neue Töpfe ausgegeben.

Heute morgen wurde erneut eine große Fuhre Sperrmüll abgeholt, die Halle leert sich. Beim Sperrmüll dabei war auch mein Korbsofa. Unrettbar durchgesessen, der Rahmen durchgebrochen. Und trotzdem hatte ich einen Kloß im Hals, was ja zugegebenermaßen sehr albern ist, aber dieses Korbsofa war das erste Möbelstück, das ich mir selbst gekauft habe. Es steht für den Lebensabschnitt, in dem mein Vater endlich auszog, ich mich zum ersten Mal „frei“ fühlte. Ich bekam ein zweites Zimmer in unserem Haus und erstmalig die Gelegenheit „eigenen Geschmack“ zu testen. IKEA kannte ich damals noch nicht, wir fuhren zur Rheinmöve nach Worms. Dort stand das Zweisitzer-Korbsofa zusammen mit dem passenden Sessel, kurze Zeit später wurde es in mein Wohnzimmer geliefert. Ich habe sehr viel Zeit darauf verbracht, habe fürchterlich aromatisierten Tee darauf getrunken und dabei sehr schlechte, schwermütige Gedichte und Briefe geschrieben. All das, was ich halt gegen Ende der 80er so tat, wenn ich abends auf meinem Korbsofa saß.

Als ich ein paar Jahre später aus- und mit dem damals noch nicht Gatten zusammenzog, ließ ich es stehen. Vermutlich habe ich es dann vergessen, erst als wir das Wintergärtchen an die Grüne Villa bauten und feststellten, dass es sich darin prima sitzen ließe, gäbe es nur ein passendes, gemütliches Möbelstück, fiel es mir wieder ein. Zum Glück hat Oma Eis eine ähnlich ausgeprägte Wegwerfschwäche wie ich und das Korbsofa stand bei ihr. Mittlerweile mit in ein neues Haus gezogen.

Da ich in der Zwischenzeit nähen gelernt hatte, konnte ich für einen Ersatz des merkwürdig geblümten Polsterbezugstoffes sorgen und das Korbsofa im Wintergärtchen wurde ein Lieblingsplatz. Ein Mittagsschläfchen darauf war möglich, selbst der knapp zwei Meter große Älteste schaffte das. Vom Wintergärtchen zog das Korbsofa irgendwann in die Küche, wo sich die Sitzfläche unter Familien-, Besucher- und Tierhintern immer weiter durchbeulte und letztlich auch eine Mittelstrebe brach. Schon damals war es reif für den Sperrmüll, aber ich konnte mich noch nicht trennen und mit einem Polster ließ sich immer noch prima darauf sitzen. Deshalb schleppten wir es zum Rosa Gartenhüttchen in den Garten, wo es zum Bienen-Kaffee-Sofa wurde. Bis gestern. Der Gatte und ich trugen es aus dem Garten auf die Terrasse, dort übernahm der Jüngste meinen Part, um es die Treppe zur Halle hinunter und danach auf die Straße zu tragen. Heute morgen, als ich zur Hunderunde losging, habe ich ihm noch Tschüss gesagt und war ein bißchen traurig.

Und jetzt habe ich hier quasi einen Nachruf für ein Korbsofa geschrieben. Aber hey, das Ding war 33 Jahre alt! So stabile Möbel werden heutzutage gar nicht mehr gebaut! *Krückstockgefuchtel

(schniefend ab)