Warm, satt und gesund
30. Oktober 2016
Dass die Familie und ich weder über Kälte noch Hunger klagen müssen und das größte gesundheitliche Elend derzeit mein Schnupfen ist, unter dem alle mitleiden dürfen, ist ein wahrer Segen. Und keine Selbstverständlichkeit. Gerade diese Gesundheitssache ist ein äußerst fragiles Konstrukt, das überraschend, „aus heiterem Hinmel“ sehr wackelig werden kann. Wenn Krankheit dann noch dazu führen kann, dass „warm und satt“ unsicher werden, braucht es Hilfe.
Anne und ihre Familie brauchen Hilfe. Ich kenne Anne nur unter dem Pseudonym Giftzwerg, unter dem sie vor langer Zeit ein Blog schrieb. Nicht ganz meine Themen, auch nicht ganz meine Meinung, aber Kleinbloggersdorf war klein und man kannte sich eben. Wer Persönliches ins Internet schrieb galt als verschroben und das verbindet ungemein.
Anne ist sehr krank. So krank, dass ihr Leben bedroht ist und so krank, dass sie ihren Teil zum Lebensunterhalt für ihre Familie nicht mehr beisteuern kann, was in diesem Fall eine existenzielle Bedrohung bedeutet.
Weil aber Kleinbloggersdorf noch da ist, weil dieses Internet eben doch noch immer wunderbare Dinge bewirken kann, wurde eine Spendenseite erstellt, die zwar keine Gesundheit, aber der Familie ein bißchen Ruhe und Erleichterung schenken kann.
Hilfe für Anne – gemeinsam gegen Krebs.
Es ist wie immer, jeder noch so kleine Betrag hilft und es freut mich so sehr zu sehen, wieviel kleine und große Beträge sich schon summiert haben.
Alles Gute, liebe Anne. Werde gesund!
Brenne auf mein Licht,
17. Oktober 2016
brenne auf mein Licht, aber nur meine liebe Laterne nicht!
Bald ziehen die Martinsumzüge wieder durch die Gemeinden und ich werde missmutig „früher war das alles besser!“ in meinen Damenbart grummeln. Früher nämlich, als Laternen noch Laternen waren.
Ich hasse, hasse, hasse nämlich diese beknackten batteriebetriebenen Leuchtstäbe in den Laternen!Haben Sie mal Kindern zugesehen, die Laternen mit batteriebetriebenen Leuchtstäben tragen? Die schlenkern und schleudern ihre Laternen durch die Gegend, spielen Laserschwertkampf und manchmal blinkt der Stab in schreienden Farben oder dudelt die Laterne-Laterne-Melodie, denn nur Lichteffekte reichen nicht.Warum macht man das? Ständig höre und lese ich, dass Kinder keine tollen, aufregenden Erfahrungen mehr machen dürfen, weil das in unserer modernen Zeit so irre gefährlich geworden ist und dann versagt man den Kindern die Erfahrung, ganz behutsam und feierlich eine brennende Kerze in einer leicht entflammbaren Papierlaterne durch die Nacht zu tragen. Aufzupassen, dass die Kerze nicht erlischt und es auszuhalten, wenn die Laterne vielleicht doch Feuer fängt.*
Die lichterloh brennende Bienenlaterne der Tochter hat der beste Vater meiner Kinder damals austreten müssen. Ja, der Schmerz war groß, aber raten Sie mal, welcher Laternenumzug heute zu den immer wieder erzählten Familiengeschichten gehört? Genau.
*ja, ich weiß, dass Kindergärten oftmals „vorschreiben“, dass kein offenes Feuer getragen werden darf, aber mal ehrlich: da kann man ziemlich leicht gegenargumentieren, oder?
12 von 12 im Oktober
12. Oktober 2016
Und schon wieder: 12 Bilder am 12. eines jeden Monats, gesammelt von Caro Kännchen.
So beginnen derzeit die Tage: einen Kaffee im Bett und danach klettere ich in meinen Stützstrumpf. Das ist mittlerweile gar nicht mehr schlimm, denn die Schnitte an Bein sind prima verheilt, der Schorf größtenteils abgefallen. Die oberflächlichen Blutergüsse verblassen, aber ich spüre, dass es im Bein noch mächtig arbeitet. Heute vor drei Wochen wurde ich operiert, es ist großartig, wie verlässlich mein Körper heilt. (und nur noch drei Wochen Stützstrumpf, Hurra!)
Mit das Tollste an Frühling und Sommer ist ja, dass man die Wäsche raus hängen kann. Das geht jetzt nicht mehr, sie wird nicht mehr trocken. Der Wäscheständer steht jetzt vor dem Ofen. Das beschleunigt zwar das Trocknen, führt aber auch dazu, dass die Klamotten immer etwas geräuchert riechen.
Die Hunderunden im Herbst sind eine prima Gelassenheitsübung für den gar nicht mehr so kleinen Hund. Traktoren, Maischewagen, Vollernter sind unterwegs, Lola muss sich an den Wegesrand setzen und sie vorbeilassen. Die Winzer freuen sich und winken, der Hund freut sich auch, denn jedesmal wenn er brav sitzt, gibts ein Leckerli hinterher. Der Hund wird fett :)
Wenn ich morgens losgehe, dämmert es gerade und ich genieße das sehr. Manchmal gibt es spektakuläre Sonnenaufgänge zu bestaunen, manchmal ist es einfach nur ein grauer, diesiger Herbstag und der Morgennebel hängt in den Wingerten. Heute konnte ich weit über den Rhein schauen und spürte pures Glück, weil es so schön bei uns ist.
Nach der Hunderunde gab es Frühstück für mich. Ich mag es gerne, mir den Tisch ein bißchen hübsch zu machen und damit es nicht zu idyllisch wird, läuft netflix dazu. Schließlich muss ich die letzten beiden Staffeln Gilmore Girls noch schaffen, bevor die Fortsetzung kommt.
Franz und Lola haben das nächste Level erreicht! Sie können friedlich nebeneinander auf dem Küchensofa schlafen!
Gestern abend nähte ich in liebevoller Handarbeit Broschennadeln auf dunkelrote Filzstücke, heute nähte ich diese mit der Maschine säuberlich an Gesticktes.
Am Niersteiner Weihnachtsmarkt (zweites Adventswochenende) wird es nämlich diese hübschen Broschen zu kaufen geben.
Ich bin ganz verliebt in diese bunten Dinger und hoffentlich schaffe ich noch ein paar mehr. (Die Stickdatei heißt „tierische Ahnengalerie“. Erhältlich bei Kunterbuntdesign.)
Oma Eis kam rasch auf einen Kaffee vorbei und brachte mir eine Tasche frischgeernteter Quitten. Jetzt duftet die ganze Küche nach diesen Quitten und das leuchtende Gelb macht mich fröhlich. Obendrein freue ich mich auf das köstliche Quittengelee, zu dem ich sie verarbeiten werde. :)
Ich ließ im Nähzimmer die Stickmaschine rattern und schon war es Zeit zum Kochen. Seit beide Söhne in der Ausbildung sind, gibt es abends für alle Gekochtes. Mein eingespielter Tagesrhythmus hat sich also geändert und im Moment finde ich es noch sehr lästig, mich abends nochmal an den Herd zu stellen. Naja, ich hatte ja freundliche Gesellschaft (die für ungekochte Nudeln beinahe jedes Kunststück macht).
Der Tag ist vorbei, ich lege auf dem Sofa die Beine hoch. Der Stützstrumpf darf dann auch weg und das ist ein merkwürdiges Gefühl. Er hält das Bein so wunderbar zusammen und ohne diese schützende Hülle habe ich das Gefühl, mein Bein besonders beschützen zu müssen.
Sofaarbeit habe ich heute keine, ich habe mein letztes Füllwattekissen geleert und vergessen, Nachschub zu besorgen. Zum Glück hat das blaugelbe Möbelhaus eine Onlineshop, ich habe direkt fünf neue Kissen bestellt.
Und jetzt: Feierabend, ich gehe ins Bett. Morgen wage ich mich zum ersten Mal für eine längere Strecke aufs Rad und probiere, ob ich schon wieder joggen kann. Ich freu mich drauf!
Testschläferin. ***Werbung***
11. Oktober 2016
Damals, als ich süße 17 Jahre jung war, das Korsett (Bostonkorsett mit Milwaukee-Aufsatz wegen Skoliose) nach dreieinhalb endlosen Jahren endlich an den Nagel gehängt hatte, meldete sich das Knie. Die lange Leidensgeschichte kennen Sie ja, ich habe hier schon ausführlichst darüber berichtet.
Damals dachte ich „was kannst du nur mal werden, so als orthopädisches Kuriositätenkabinett?“ Denn für den langen Artikel in einer Fachzeitschrift, der über mein Knie verfasst wurde, bekam ich natürlich keinen Pfennig. ;)
Krankenschwester wäre ich gerne geworden, doch wegen des Rückens riet man mir davon ab. Ich würde große Probleme bekommen, weil als Krankenschwester müsse ich ständig Menschen von A nach B tragen. Oder so ähnlich. Das leuchtete mir ein und deshalb beschloss ich Erzieherin zu werden.
Die Ausbildung schloss ich sehr gut mit Fachabitur und Studierwunsch ab, doch vorher musste ich arbeiten, der studierende Gatte musste unterstützt werden. Ich bewarb mich für die Stelle einer Erzieherin in einer städtischen Einrichtung, scheiterte aber letztlich am Tuberkulosetest. Der Pricktest schlägt bei mir nämlich immer positiv an, weil ich als Kind gegen TB geimpft wurde. Irgendwann hat man mir das mal erklärt, dass das mit aktiven und passiven Inhalten zu tun hat, aber eigentlich isses Wurscht. Ich habe keine TB und bekomme keine, muss aber jedesmal zur Sicherheit geröntgt werden, wenn ein Test erforderlich ist. So auch in diesem Fall. Das Röntgenbild zeigte eine einwandfreie Lunge, aber eben auch meine Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung) und die disqzalifizierte mich dann für die freie Stelle. Aufgrund dieser Beeinträchtigung sei mit häufigen Ausfällen zu rechnen, begründete man die Absage.
Damals war ich äußerst gefrustet, eine vierjährige Ausbildung für nichts? Welchen Beruf würde ich den uneingeschränkt ausüben können? Eigentlich konnte ich mir nur „Testschläferin für orthopädische Matratzen“ vorstellen.
Nach vielen Jahren bin ich nun tatsächlich fast am Ziel angelangt, denn mittlerweile ist die zweite Matratze zum Testen in der Grünen Villa angekommen und ich bin somit diesem Berufswunsch einen entscheidenden Schritt näher. Neben der Matratze gibt es zwei Kopfkissen und die passende Bettwäsche, die ordentlich und ausgiebig beschlafen werden wollen. (und diese Formulierung klingt schon merkwürdig, aber mir fällt keine bessere ein)
Matratze, Kissen und Bettwäsche sind von eve, genauso wie die Matratze, auf der wir seit längerem sehr zufrieden schlafen. Die neue Matratze ist fünf Zentimeter dicker, etwas stabiler am Rand, hat einen waschbaren Bezug und wird in Deutschland produziert. Außerdem stinkt sie nicht, das war mein einziger Kritikpunkt an der alten Matratze.
Als gewissenhafte Testschläferin werde ich also demnächst berichten können, ob ich noch besser, tiefer und kuscheliger schlafe.
Abschließend noch: meine Skoliose hat mir niemals zu schaffen gemacht. Weder während der Schwangerschaften, noch beim Schleppen der Kinder. Nicht beim Renovieren der Grünen Villa und auch nicht, wenn ich stundenlang ungünstig vor einem Monitor saß. Pfft.
mutig sein
9. Oktober 2016
Mit Höhen habe ich es nicht so. Ich kann auf hohe Berge steigen und ganz entspannt die Aussicht genießen, wenn ich festen Boden unter den Füßen und vielleicht sogar noch ein Geländer/einen Fels/irgendeine Absperrung vor mir habe. Schlimmstenfalls robbe ich auf Bauch oder Hintern bis zur Felskante, das klappt schon. Sowie mir aber der feste Boden unter den Füßen fehlt, wird es schwierig. Seilbahn fahren ist eine Herausforderung, im Flugzeug fliegen ziemlich schlimm. Ich habe beschlossen, dass ich das doof und unerträglich finde und ich mich obendrein mit dem Gedanken vertraut machen sollte, in einem halben Jahr elf Stunden in einem Flugzeug aushalten zu müssen. Deshalb suche ich mir jetzt Herausforderungen, denen ich mich mutig stelle. Heute bin ich deshalb mit dem besten Vater meiner Kinder gleich zweimal über die längste Hängebrücke Deutschlands gelaufen.
Gestartet sind wir in Sosberg. Laut Webseite ist das der totale Geheimtipp :) Wenn Sie in Sosberg parken wollen, sorgen sie für Münzgeld im Geldbeutel, der Parkscheinautomat will mit passenden Münzen gefüttert werden. Haben Sie nur Scheine (so wie wir), können Sie diese im Brückencafé wechseln lassen, „das sind wir gewohnt“, wurde uns versichert. (und gehen Sie nochmal aufs Klo.)
Zur Brücke ist es nicht weit. Knapp 1,7 Kilometer oder mit kleiner Schleife durch den Wald 1,9 Kilometer. Gemütliches Gehen ohne nennenswerte Steigungen, vorbei an abgeernteten Feldern, im Wald auf geschottertem Weg.
Der erste Blick auf die Brücke schreckte mich gar nicht so. Das sieht ja doch recht stabil aus, die Stahlseile ausreichend dick und gequälte Angstschreie hörte ich auch nicht. Alles prima.
Ich marschierte tapfer los und fand es erstmal gar nicht schlimm. Die Brücke ist 85 cm breit, das Geländer wirklich hoch und man muss sich sehr ungeschickt anstellen, um mit dem Fuß zwischen Brückenboden und Geländer zu rutschen.
Ein paar Meter weiter wagte ich einen Blick nach unten. Schlagartig wurde es mir ziemlich mulmig, denn 100 Meter bis zum Boden sind echt viel! Gleichzeitig fiel mir auf, dass man zwischen den Holzdielen auch den Boden schimmern sehen kann …
… und ich beschloss einfach stur nach vorne zu schauen. Ein Schritt nach dem anderen, atmen, durchhalten. Unglücklicherweise gab es eine Menge Gegenverkehr. Das bedeutet, dass man sich manchmal ans Geländer drücken muss. Außerdem bedeutet erhöhtes Verkehrsaufkommen auf einer Hängebrücke, dass diese ins Schwingen kommt. Das ist kein heftiges Schaukeln, aber doch eine sehr spürbare Bewegung, die man mit dem Körper ausgleichen oder sogar mit der Hand am Geländer auffangen muss. Im Grunde genommen nicht dramatisch, doch meine Phantasie zeigte mir Überschläge und Stahlseile, deren einzelne Stränge mit lautem „TWÄÄÄNG“ reißen. Die 360 Meter Länge der Brücke zogen sich sehr lange hin und ich war schweißgebadet, als ich die andere Seite erreichte. (und mein Herz schlug direkt unter dem Schlüsselbein)
Gleichzeitig war ich selbstverständlich sehr stolz auf mich und froh, nicht umgedreht zu haben. Das „jetzt hab ich versagt“- Gefühl, das völlig unnötig und irrational ist, hätte mich lange gequält. Dass ich wieder über die Brücke zurück zum Auto musste … ließ sich leicht verdrängen. (man kann auch einen wunderbaren Rundweg laufen, den traue ich mir längen- und höhenmetermäßig aber noch nicht zu, das Bein schmerzt dann doch ziemlich. Und ich soll es ja langsam angehen.)
Durch den Wald ging es knapp zwei Kilometer nach Mörsdorf. Ein kleines Dorf, das nun versucht mit den Touristenströmen klarzukommen und ein bißchen Geld zu verdienen. Verhungern oder verdursten muss deshalb kein Wanderer, wir aßen eine überraschend gute frischgebackene Waffel am Straßenrand. Zu besichtigen gab es sonst nichts, deswegen gingen wir zurück zur Brücke.
Diesmal den bequemen und sehr vollen asphaltierten Weg.
Die Brücke hing noch und sah noch immer recht stabil aus. Also lief ich einfach wieder rüber. Und tatsächlich war es beim zweiten Mal nur noch halb so schlimm, diesmal schwitzte ich nur deshalb so doll, weil die Sonne schien. Glaube ich, behaupte ich.
Richtung Auto liefen wir vorbei an Feldern voll blühender Bienenweide. Ganz wunderbar, viel schöner als wackelnde Brücken!
Zum Schluss noch zwei eher gruselige Auswirkungen, die eine neue Touristenattraktion auf Einheimische hat:
die letzte Toilette. Nun ja. Viele Anwohner haben aber auch Bänke oder nette Rastplätze für Wanderer aufgestellt!
So. Ich habs also geschafft, habe diese Kröte gekillt. Und weil es so gruselig und schlimm und toll und spannend und herausfordernd war, wage ich mich demnächst auf den Skywalk.