Neulich schrieb ich, dass das Thema Erziehung bei uns durch ist, weil die Kindelein einfach zu alt dafür sind. Unser Zusammenleben basiert nun auf dem, was wir den hinreissenden Bestien an Erziehung angedeihen ließen und ganz stolz und angeberisch kann ich sagen: die Mühe von früher trägt Früchte.

Ein Geheimrezept gibt es nicht. Journelle spielt nicht mit ihren Kindern, weil sie das doof und langweilig findet. Wer nun empört aufzuckt und loswettern möchte, bitte erst ihren Artikel lesen, in dem sie das hübsch zusammenfasst und begründet. Und manchen Eltern vielleicht ein „Gottseidank, ich dachte schon, ich wäre eine schlechte Mutter/ein schlechter Vater.“ entlockt. Ich persönlich habe nicht gerne mit den Kindern gespielt, spielen im Sinne von: auf dem Boden liegen und playmobil-Männchen quieken lassen. Aber ich habe gerne mit ihnen gebaut, egal ob zum zigsten Mal die Playmobil-Burg wieder auf, diverses aus Duplo und Lego, die Brio-Bahn und das Puppenhaus hab ich auch gerne neu tapeziert. Ich ließ mir Sandkuchen backen und verspeiste diese, genauso wie diverse Luftmahlzeiten und leere Tassen mit „Achtung Mama, heißer Kaffee!“ drin. Hat mir keinen Spaß gemacht, war aber auch nicht schlimm. Am Liebsten habe ich mit den Kindern Sachen gemacht, bei denen man großartig erzählen kann. Malen zum Beispiel. Oder kneten. Oder backen und kochen. Oder spazieren gehen. Schaukeln. Im Garten wurschteln, den Haushalt erledigen. Abends hatte ich eine trockene Kehle, einen brummenden Kopf und war nahezu leergeredet. Bei uns funktionierte das prima, weil es unser Ding war und ist. Ein Teil unseres Erziehungsstils, den man nicht nachlesen oder „nachmachen“ kann.

Ich habe bewusst jeden Erziehungsratgeber gemieden und bin Mütteransammlungen ferngeblieben, habe Babyschwimmen und PEKIP verweigert. Es war mir ja sowieso klar, dass mein Kind das klügste, tollste, größte, blondeste und am schnellsten trockene/durchschlafende/krabbelnde/laufende war. (Achtung: das war ironisch.) Und wir erzogen aus dem Bauch heraus. Mit viel Humor und noch mehr Ironie, dabei streng und beharrlich Grenzen ziehend und einfordernd, Abmachungen treffend, Bestechung durchaus legitim, Freiwilligkeit aber höher bewertend und Einiges mehr. Wir schlugen und klappsten nicht, wir schrieen so selten wie möglich, aber wir straften. Sachbezogen, konsequent und unmittelbar.

Vieles erforderte eine Menge Überlegung, Reflexion. Grenzen mussten ständig überprüft werden, ob sie überhaupt noch Sinn hatten, Entwicklungsschritte der Kinder verlangten, dass wir mitrannten und neue Wege suchten. Und allem voran eigentlich das, was auch Frische Brise in ihrem Artikel fordert: Gelassenheit. Nicht im Sinne von „laissez-faire“, sondern im Sinne von: „orientiere dich nicht an anderen, schau dir dein Kind an, überlege, was es brauchst. Und was DU willst. Mach einfach dein Ding.“

*****

Noch eins, denn eigentlich bin ich fertig: unser geliebtes Internet, samt seiner sozialen Netzwerke ist wirklich Fluch und Segen. Reizende Familienbilder auf Instagram können zu allergrößter Frustration führen, denn verdammt nochmal, warum spielen dort glücklich-lachende Kinder in phantastisch eingerichteten Zimmern friedlich und phantasievoll miteinander, während meine Brut sich schon wieder gegenseitig die Burgen einreißt? Wo hat diese Mutter da nur die Zeit her, jeden Tag so grandios und vollwertig zu kochen und obendrein noch diese Mahlzeiten ansprechen zu knippsen und das Rezept zu bloggen? Ich bin froh, wenn die Kinder nur ein Drittel der Nudeln unter den Tisch werfen. Zum Glück ohne Soße, weil blanke Nudeln gerade am Besten schmecken. Da gäbe es viele Beispiele mehr. Überall nur tolle Familien und man selbst dreht am Rad.

In Blogs, Foren, Instagram und Twitter ist es auch nicht anders als in der Krabbelgruppe und beim PEKIP: da wird ebenfalls verglichen, angegeben und so getan, als ob.  Wer hat die stressigste Zeit? Welcher Vater hilft am wenigsten mit? Wer kocht am Fleischlosesten? Wer kleidet die Kinder am Biologischsten? Wer hat den lässigsten Umgang mit den Kindern, wer verabscheut am meisten pinkes Glitzerzeug und wer ist am Allermeisten noch er/sie selbst geblieben und hat sein Leben nicht geändert, obwohl da plötzlich Kinder sind.

Besser ist das aber auch nicht. Aber scheinbar doch so ein Elternding.

21 Kommentare zu “Erziehung. Eigentlich nicht schwer.”

  1. Trine sagt:

    Sie sprechen mir aus der Seele. Ich bin auch ein Ich-mache-mein-Ding-Mensch und bin damit bisher sehr gut gefahren, denn so geht man am besten auf sein Kind ein. Sollte ich doch mal an eine Grenze stoßen, an der ich nicht weiter weiß, hole ich mir auch gern mal Anregungen (!!) von der Kindergarten-Erzieherin. Sie kennnt mein Kind schließlich genauso gut wie ich und kann auf ihn abgestimmte Tipps geben…

    Lg Trine

  2. Simone sagt:

    Besonderes Danke für den Link zu Journelle…..ich dachte 13 Jahre lang ERNSTHAFT, dass ich die EINZIGE Mutter auf dem Planeten bin, der es so geht…..
    Das ist Einschnitt in meinem Mutter-Da-Sein!!! :-D
    LG

  3. Frische Brise sagt:

    An mein Herz! ❤

  4. nicole sagt:

    wow, ein toller post mit verdammt viel wahrheit drin!
    danke dafür! sie sprechen mir aus der seele.
    nur finde ich nicht so treffende worte dafür…
    liebe grüße, nicole

  5. Doris Schmidt sagt:

    Wie wahr!
    aber was nach aussen toll ausschaut ist nicht immer wirklich so !
    Und sorry ich hatte immer so mein Problem mit den perfekten Muttis, die sich über ihr Kind definieren.
    Mein Kind kann dies kann das! Ein Kind sollte nicht den Ehrgeiz der Eltern ausbaden müssen, was für eine Verantwortung !
    Tschüss
    Doris

  6. LittlebinHH sagt:

    DANKE für diesen Artikel! Ich habe auch schon Journelle gedankt.
    Ich halte es genauso. Denn ich denke, dass ich meinem Kind nur auf Augenhöhe begegnen kann, wenn es merkt, dass ich mich dabei nicht verbiege. Zum Glück habe ich auch ein ausreichend dickes Fell (und eine extrem kompetente Mutter), dass ich mein Ding, unsere Erziehung so durchziehe, wie ich’s für richtig halte.

  7. Marie Sturm sagt:

    Danke, Frau … äh Mutti! Sie haben mir aus dem Herzen geschrieben! Ganz besonders das hier: „Ich habe bewusst jeden Erziehungsratgeber gemieden und bin Mütteransammlungen ferngeblieben (…)wir erzogen aus dem Bauch heraus. Mit viel Humor und noch mehr Ironie, dabei streng und beharrlich Grenzen ziehend und einfordernd, Abmachungen treffend“ – und diese konsequent einhaltend kann ich für uns ergänzen. Um für das Fräulein Tochter ein endgültiges Fazit zu ziehen, ist es noch zu früh, Herr Sohn nähert sich gerade erst dem Ende der Pubertät, ist also auch noch nicht ganz zurechn… ansprechbar, aber: Frau Tochter hat mir neulich, nachdem wir uns wieder zusammengerauft haben, gesagt, dass wir alles richtig gemacht hätten. Und dass sie hofft, es mit ihren Kindern später einmal ähnlich hinzukriegen.

    Was will man als Eltern mehr?

    Herzlichst
    Marie

  8. tina sagt:

    *hahahaha* GENAUSO :)

    allerdings gibt es hier noch eine zusätzliche gattung mutter: nämlich die, der alles schwer fällt, das leben zu anstrengend ist, die kinder nicht funktionieren (wie sie sollen), die kinder ständig „krank“ sind, zuviele termine (die man sich selbst auferlegt hat), die eben diesem {bilderbuch}idealbild hinterherrennt,….

    die liste der gründe, warum das leben nicht schön ist, ist bei solchen müttern ebenso lang wie bei der oben beschriebenen gattung, warum SIE das perfekte leben hat.

    anstrengend ist das leben mit beiden arten ->der grund warum ich lesend auf dem balkon sitze während die kinder einfach NUR auf der wiese spielen. ohne physisch-fördernder spielplatzgeräte. was soll ich sagen? das leben ist schön… und die kinder trotzdem zufrieden ♥

    liebe grüße
    tina

  9. Cati Basmati sagt:

    Danke für diesen Aufmunterungspost! Das kann jede Mutter immer gebrauchen, weil ja eigentlich keine so ist, wie diese erfundenen Persönlichkeiten auf Instagram, Twitter und so weiter. Oder gibt es die tatsächlich? Ich zweifle…

    Grüßen Sie die Brut,
    Cati

  10. Katrin sagt:

    Sehr geehrte Frau Mutti,
    ich denke, Sie haben das alles ganz richtig gemacht. Danke fuer diesen Aufmunterungspost.
    Katrin, die sich momentan als Erziehende ganz schoen in Frage stellt…

  11. Doro sagt:

    Ja. Ja! Ja!!
    Und jetzt ab zu Journelle.

  12. nordlicht sagt:

    Danke! Wirklich ganz großes Danke, Sie machen mir immer wieder (und heute ganz besonders) Mut und stärken mein Durchhaltevermögen. Es klingt fast ein bißchen pathetisch, aber: Sie helfen mir grad ganz arg mit dem Geschriebenen! Danke!

  13. anabel sagt:

    Zeit, mal wieder ein Lob für Sie da zu lassen.
    (neben der Tatsache, dass ich treu jeden Artikel sehr zeitnah lese, das spricht ohnehin für sich und Sie ;) )
    Wieder ein Frau… äh… Mutti-Artikel wie wir ihn lesen möchten.
    Toll geschrieben, inhaltlich proppevoll und doch locker-flockig verfolgbar und das ein oder andere zustimmende Nicken veranlassend…
    Danke schön!!
    (Laissez-faire habe ich am Montag erst gegoogelt… den Ausdruck gekannt schon tausend Jahre, aber ich wollte wissen, was er prinzipiell „wirklich“ bedeutet).

    die geneigte Leserin :)

  14. Karla sagt:

    Ich mag oft nicht Kommentieren, nur des „gefällt mir“ Buttons wegen, aber heute mache ich das mal. Danke für den Beitrag und den Link. War mal so frei, beides ebenfalls zu verlinken und meinen Senf dazuzugeben.

  15. Michelle sagt:

    Liebe Frau Mutti,
    danke für den link und Ihren Beitrag!
    Gerade vorhin erzählte ich einer Freundin, dass ich -als die kleinen Katzen ins Haus kamen – zig Ratgeber gekauft habe, weil ich keinen blassen Schimmer von Katzen hatte und bloß nichts falsch machen wollte.
    Als das Kind kam, habe ich instinktiv keine derartigen Bücher gekauft, obwohl ich von der Materie auch keine Ahnung hatte.
    Was Fotos angeht: Letzte Woche suchte in in alten Posts ein ganz bestimmtes Foto und ich kann nur sagen: Das sind ehrliche Fotos. Krabbelkind auf schmuddeligem Küchenboden, welches zahnlos das Trockenfutter aus dem Katzennapf klaubt, während der Kater das verschmähte Gläschen ausschleckt. Ich könnte jetzt noch im Boden versinken, aber ich war jung etc und ausserdem bin ich eine Niete im Foto bearbeiten.
    Gruß,
    Michelle

  16. Frau Buntschwarz sagt:

    Liebe Frau.. Mutti,
    wieder einmal so ein Post, bei dem ich nickend vor dem Rechner sitze. Genau deshalb lese ich sie so gerne… es ist nicht das übliche Übersupermutti-Geschreibe, sondern ein wundervoller Post von einer normalen Mutter mit normalen Problemen und nicht ganz perfekten (und deshalb so tollen) Kindern.
    Ich habe hier einen Teenie (14) und dazu noch zwei kleine Kinder ( 4 und 2) – und unser Alltag läuft auch meist eher spontan und leicht chaotisch ab.
    Ich hasse Erziehungsratgeber und habe bei allen Kindern Pekip etc. vermieden, aufgrund der Höher-Schneller-Besser-Mütter.
    Ich spiele schon gerne mit meinen Kindern – aber einem bleibt so wenig Zeit dafür.. und ich bin eher so die Mal- und Brettspiel-Mama. Wir gehen auch viel raus und toben. Den Rest erledigen die Kids schon für gemeinsam .. da brauchen sie mich nicht dafür.

    Noch einmal vielen Dank für ihre so normalen Posts .. ich liebe es, sie zu lesen!

    Liebe Grüße,
    Simone

  17. Manja sagt:

    ein sehr schöner Beitrag! Mir ging es als ich jünger war genauso und nicht anders. Heute allerdings sitze ich oft auf dem Fußboden, ziehe Babypuppen an, spiele mit einem Plastikpferd und mach die Geräusche dazu. Jetzt macht es Spaß, jetzt liebe ich es. Ich brauch mir keine Gedanken zu machen ob das erzieherisch wertvoll ist und ob ich nicht besser erstmal so nebenbei noch schnell den Abwasch erledige. Jetzt bin ich Oma und ganz wirklich, es ist eine ganz wunderbare Zeit.
    Ich finde die jungen Eltern von heute machen es genau richtig. Aus dem Bauch heraus und mit viel, viel Liebe.
    Liebe Grüße

  18. Christina sagt:

    Liebe Frau Mutti,

    danke für den tollen Beitrag! Mein Sohn wird bald zwei und manchmal habe ich das Gefühl ich bin ganz alleine mit meinen Ansichten und werde nur schief angeguckt. Da kam ihr Post gerade richtig! Wir werden weiter unseren Weg gehen ohne uns mit den anderen zu vergleichen.

    Liebe Grüße aus Hamburg

  19. Sigrid sagt:

    Für diesen Beitrag möchte ich Sie ganz fest drücken.
    Danke.
    Lg aus Österreich

  20. Madame Mim sagt:

    Ich bin froh, dass ich sowas VOR der Geburt eines Kindes lese. Ich denke, das spart mir Jahre voller Selbstvorwürfe. :-)

  21. Pony sagt:

    sehr schön geschrieben! Wenn ich an meine Kindheit denke, fallen mir spontan 2 Sätze ein: „Was sollen denn die Nachbarn denken, wenn…“ und „Die anderen dürfen das auch nicht!“

    Dass die anderen teilweise mehrere Jahre jünger waren – egal. Dass es keinerlei Interessenüberschneidungen zwischen „den anderen“ und mir gab – egal.

    Aber wehe, „die anderen“ durften irgendwas, was meinen Eltern missfiel. Dann hieß es „Mir egal, was die anderen machen!“

    Ich bewundere Sie wirklich für Ihre Konsequenz gegenüber Ihren Kindern. Und zwar in jeder Hinsicht, nicht (nur) auf Regeln und Strafen bezogen. Ich lese Ihr blog schon länger und habe mich oft für Ihre Kinder gefreut, da ich den Eindruck habe, dass Sie Ihren Kindern keine Steine in den Weg werfen, sie aber auch nicht übermäßig behüten oder verhätscheln. Sicher ist nicht immer alles perfekt, aber ich denke doch, dass Sie was Ihre Kinder betrifft sehr viel sehr richtig gemacht haben.

    Achso, ebenfalls beliebter Satz bei uns „Das kriegst du eh nicht hin!“ oder gar „Das schaffst du nie!“ Ich schätze, dass Ihre Kinder das von Ihnen eher nicht eingetrichtert bekommen ^^

    Viele Grüße

    Pony