Naturnahes Gärtnern bedeutet leider nicht, dass man einfach alles wachsen lässt und dann wird das schon irgendwie super. Dann wäre es ja nur Natur und nix Gegärtnertes und in meinem Garten würde es bedeuten, dass Brennnesseln, Brombeeren, Kermesbeeren, Holunder, Kirsche und Ahorn (von wo auch immer der seinen Weg ständig zu mir findet) einfach die Herrschaft übernähmen. Blühen würde kaum etwas, vielleicht ein bißchen Schöllkraut und ein paar Feinstrahlastern, im Frühjahr Löwenzahn.

Das weiß ich deshalb so genau, weil unser Garten exakt so aussah, als wir die Grüne Villa kauften. 15 Jahre hatte der Garten brach gelegen. (unser beliebtestes Werkzeug in der Anfangszeit war eine Sense)

Naturnahes Gärtnern definiert vermutlich jeder anders, ich erzähle mal, wie ich es handhabe.

1. Ich spritze und dünge nicht.

Beim Durchgang heute durch den Garten entdeckte ich …

… die Läuse nehmen überhand. Am Holunder sitzen sie dicht an dicht, zum Glück nur an einem Busch. Die beiden anderen sind komplett lausfrei, ich kann also Holunderblütensirup brauen.

An sämtlichen Rosen sitzen grüne Läuse, die eine Rose leidet sichtlich, die Knospen verkümmern.

Gegen Läuse gibt es tolle Mittel zum Sprühen oder, sogar in Kombination mit Dünger, zum auf die Erde streuen.

Ein bißchen wehmütig schaue ich meine Rosen an, aber ich lasse es. Kein Gift in meinem Garten. Auch keine Brennnesseljauche (die stinkt so gotterbärmlich) und auch kein Spülmittel, weil das wäre ja auch eher nicht naturnah. Stattdessen warte ich sehnsüchtig auf Marienkäfer, die sich dieses Jahr einfach nicht blicken lassen wollen. War der Winter zu kalt? Und tröste mich, dass es den Ameisen mit den Läusen super geht. Und Ameisen sind die Müllabfuhr im Garten, denen darf es unbedingt gut gehen. Außerdem mögen nicht nur Ameisen die Ausscheidungen der Läuse, Bienen flippen da auch drauf und ab Freitag darf hier im Garten ein Bienenvolk wachsen!

Wenn die Marienkäfer nicht mehr kommen, werde ich beginnen, die Läuse von den Zweigen zu streifen und zwischen den Fingern zu zerreiben. Nein, das ist nicht brutal, nur eklig. Und halt viel offensichtlicher als Gift.

Ein Blick in die Apfelbäume …

… zeigt, dass die Gespinstmotten dort viel Spaß haben. Ich beobachte sie seit vorletztem Jahr, der Befall verdoppelt sich jährlich. Ganz schlimm ist das übrigens in den Randbepflanzungen an den Wingerten. Das ganze Steinobst (Kirschen, Zwetschgen, Mirabellen, Wildpflaumen) ist komplett eingesponnen und kahl gefressen. Das sieht nicht nur gruselig aus, das ist auch sehr eklig, weil die Raupen zu hunderten an Fäden aus Büschen und Bäumen hängen. Die Büsche und Bäume erholen sich im Laufe des Sommers und tragen auch wieder laub, Früchte gibt es aber keine mehr.

Meine Apfelbäume sind – ich sag mal so – übersichtlich befallen. Aber doch so stark, dass ich jetzt handeln muss. Wir haben also heute so viele befallene Stellen wie erreichbar ausgeschnitten und in die Biotonne gesteckt. Kompostieren kann ich da nix.

Es wird vermutet, dass die Gespinstmottenplage zurückzuführen ist auf den eklatanten Zurückgang der Singvogelpopulation. Und da wird es mir ein bißchen schlecht, wenn ich darüber nachdenke, wie diese Abwärtsspirale weiterschreiten wird. Befallene Obstbäume müssen gespritzt werden, was dann nicht nur Gespinstmotten den Garaus macht. Weniger Insekten, noch weniger Vögel und ach, es ist ein Elend.

Meine Obstbäume kämpfen nicht nur gegen Schädlinge …

… sondern auch mit Krankheiten. Der Birnbaum hat einen komischen Rost, der immer zwischen Rosen und Baum hin- und herspringt. Teilweise befällt dieser auch die Früchte, die bekommen dann harte Stellen. Die schneiden wir einfach aus und essen die Birnen trotzdem. Bisher keine Ausfälle auf Menschenseite.

Außerdem leidet der Birnbaum unter einem Pilz. Im Sommer entstehen auf den Blättern orangefarbene Flecken. An der Unterseite der gefleckten Blätter wachsen Knubbelchen, die dann im Herbst aufbrechen und Sporen freigeben. Ich pflücke befallene Blätter und habe den Pilz so einigermaßen im Griff.

Beide Pfirsichbäume leiden unter der Kräuselkrankheit. Die Blätter wellen sich, werden dürr und fallen schließlich ab. Im Februar könnte ich dagegen spritzen, denn diese Krankheit schwächt den Baum. Beide Bäume sind aber stark und kräftig, der Ertrag ist überwältigend und so sind die Baumschneiderin und ich einig: kein Handlungsbedarf, allenfalls betroffenes Laub aufsammeln und entsorgen.

Nicht spritzen bedeutet also, dass mehr Einsatz gebraucht wird. Spritzen ist leichter und außerdem ist man ja nicht direkt am Umbringen von lästigem Viehzeug beteiligt. Es ist nämlich furchtbar, Schadinsekten zu töten. Ich ertränke Kartoffelkäfer, Nacktschnecken zerteile ich mit einer spitzen Schaufel. Ich könnte Kartoffelkäfertod sprühen und Schneckenkorn legen, das würde es mir vermutlich emotional leichter machen. Das Ergebnis bliebe gleich und es wäre ein bißchen mehr unnötiges Gift im Kreislauf.

Mit dem Düngen, bzw. Nicht-Düngen läuft es hier so: wachs oder stirb. Was nur durch besondere Unterstützung gedeiht, passt nicht in meinen Garten. Rhododendron zum Beispiel. Der bräuchte Torf und den kann und will ich ihm nicht bieten. Ich verteile regelmäßig Kompost, die Grünfläche wird gemäht und der Schnitt gemulcht. Kalter Kaffee, abgestandenes Bier und Tee, in dem ein Käfer ertrunken ist, landen im Garten.

Der Hund pinkelt in verschiedene Ecken, diverse Katzen kacken in meine prächtig gedeihenden Tomaten und wenn es sich ergiebt, arbeite ich ein paar Pferdeäpfel in den Gemüsegarten ein.

Ich achte ein bißchen auf Fruchtfolgen, auf Stark- und Wenigzehrer, lasse die Gründüngung durch den Garten wuchern und bisher gibt mit der Erfolg recht. Tolles Obst, tolles Gemüse.

2. Tierfreundliche Pflanzen.

Das ist ein mindestens genauso wichtiger Punkt wie der erste und deshalb schreibe ich eine Fortsetzung!

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